Dr. Holger Flaig Landwirtschaftliches Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg Ref. 12: Ökologischer Landbau und Agrarökologie Photos: LTZ Maistagung 2016, Emmendingen-Hochburg, 25. 2. 2016
Jahresmitteltemperatur Deutschland 1881-2015 2040-2100 Deutscher Wetterdienst, Deutscher Klimaatlas SRES-Szenario A1B
Ensemble-Auswertung regionaler Klimamodelle für Baden-Württemberg: Tropentage Istwert Beobachtung: 3,8 d Istwert Modellierung: 3,6 d Quelle: LUBW/Hydron 2013
Ensemble-Auswertung regionaler Klimamodelle für Baden-Württemberg: Niederschläge Vegetationsperiode Istwert Beobachtung: 433 mm Istwert Modellierung: 459 mm Quelle: LUBW/Hydron 2013
Monatliche klimatische Wasserbilanzen in regionalen Klimamodellen Quelle: LUBW/ Hydron 2013
Die häufigen Trockenheitsepisoden im Frühjahr/Frühsommer der letzten Jahre werden von den Klimamodellen nicht reproduziert! DWD 2014; Deutscher Wetterdienst, Abteilung Agrarmeteorologie
Starkniederschläge, Überschwemmungen, Bodenerosion Bild entfernt Oakville Farm, Iowa, USA Deichbruch Mississippi Juni 2008 Erosion im Maisfeld Juli 2009 Thomashof bei Karlsruhe-Stupferich Photo: LUBW
Klimawandel in diesem Jahrhundert Temperaturanstieg (bis 2050 ca. +1,5 C, bis 2100 ca. +3-4 C oder mehr). Niederschläge: Zunahme der Niederschlagsmengen in Herbst, Winter und Frühjahr, Rückgang der Niederschläge im Sommer (bis 2050 0-10%?, bis 2100 10-20%??), Projektionen unsicher! Die Variabilität des Wettergeschehens steigt, das Wetter wird unberechenbarer. Damit werden auch die Erträge unsicherer und variabler. Extremereignisse werden häufiger und evtl. intensiver (Starkregen, Hitze, Trockenperioden, Hagel; Stürme eher nicht; noch erhebliche Unsicherheiten bei der Prognose). Zunahme der CO 2 -Konzentration. Ozon?
CO 2 Hitze Trocken- heit
Anstieg der CO 2 -Konzentration eher ein Vorteil Netto-Photosyntheserate [µmol -2 s -1 ] Transpiration [mmol m -2 s -1 ] Photonenflussdichte [µmol m -2 s -1 ] Sommerweizenblatt: mehr CO 2, mehr Photosynthese mehr CO 2, weniger Wasserverlust Quelle: S. Burkart (Thünen-Institut) 2007, unveröffentlicht Nettophotosyntheserate Biomassebildung & Erträge Nutzungseffizienz von Wasser, Licht und Stickstoff Schonung Bodenwasservorrat! Aber: Mehr C im Vergleich zu N, (evtl. Nitrataufnahme gestört); daher geringere Stickstoff- und Proteingehalte, auch im Korn. Qualitätsprobleme zumindest bei Brotgetreide Qualitätsvorteil bei Braugerste und Gemüse? Was ist mit C 4 -Pflanzen?
Auswirkungen des Temperaturanstiegs Temperaturabhängigkeit der Photosynthese C3 C4?
Temperaturanstieg Vorteile und Nachteile Konkurrenzverschiebung zu wärmeliebenden Kulturen: Mais, Soja, Hirsen? Getreide, Raps, Grünland, Zuckerrüben? Wird die Wasserversorgung adäquat sein? Chance für neue Arten/Sorten auch bei Obst, Gemüse, Wein. Verlängerung der Vegetationsperiode mehr Ertrag; ggf. zwei Nutzungen pro Vegetationsperiode (Wasser? Pflanzenschutz?) Bei Getreide in warmen Regionen: Verkürzung der Wachstumsdauer, dadurch Verkürzung der Kornfüllungsphase weniger Ertrag, insb. bei zusätzlichem Trockenstress (z. B. Oberrhein) Sehr hohe Temperaturen: Störungen der Pollenentwicklung, Blütenentfaltung, der Befruchtung und der Ausfärbung (Getreide, Tomaten, Zierpflanzen) Ertrags- und Qualitätsprobleme bei Getreide, Obst, Gemüse und Wein.
Kornzahl pro Ähre (Winterweizen) und max. Temperatur Erhöhte CO 2 -Konz. Normale CO 2 -Konz. Maximaltemperatur [ C] maximale halbstündige Temperatur in den letzten 5 Tagen vor der Anthese Quelle: Wheeler et al., J. Agric. Sci. 127, 37-48, 1996
Getreide- und Rapserträge Ertrag [dt/ha] 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Winterweizen Eigene Graphik nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg 1000 900 800Wintergerste 700 Ertrag [dt/ha] 600 500 400 300 200 100 0 Erträge wichtiger Kulturarten in Baden-Württemberg 1952-2015 Hackfrucht-Erträge Zuckerrüben Kartoffeln Silomais Körnermais
Klimatische Wasserbilanz 2003 vs. 1961-90 2003 1961-90 Mittel Deutscher Wetterdienst
2003 ein Modelljahr für die Zukunft? Ertragsreaktionen Hitze-/Trockenjahr 2003 im Vergleich zu 1998-2002 Kultur B-W ø 2015 LK Karlsruhe LK Emmendingen Alb-Donau- Kreis Winterweizen -13 +5-13 -16-8 Wintergerste -13 +2-12 -18-7 Sommergerste -2-4 -5-11 +8 Winterraps -22 +12 --- -18-22 Silomais -13-15 -19-21 -12 Zuckerrüben -23-12 -18-21 -13 Kartoffeln -22-9 -22-25 -15 Warme Regionen hatten höhere Ertragsrückgänge zu verkraften. Mais benötigt Wasser, um sein Ertragspotential zu entfalten. Erträge etwa auf dem Niveau der 1980er Jahre. Eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg
Die Erträge der Feldfrüchte in Baden-Württemberg und ihre Beziehung zu Klima und Boden Fragestellung: Koller, E. & Flaig, H. 2014 Hat der historische Klimawandel bereits Auswirkungen auf die Erträge der wichtigsten Feldfrüchte in Baden-Württemberg gezeigt? (Winterweizen, Wintergerste, Sommergerste, Winterroggen Kartoffeln, Zuckerrüben, Silomais, Körnermais und Winterraps) Temperatur und Niederschlag in Bezug auf Ertrag Abhängigkeit der Beziehung zwischen Klima und Ertrag von Bodeneigenschaften und klimatischer Ausgangssituation Auswirkung extremer Wetterereignisse, z.b. Hitze, Trockenheit etc.
Analyse der Extremwetterlagen Hitzetage 30 C, Extremjahre auch 28 C 30 C 32 C Anzahl konsekutiver Hitzetage (> 5d über 28 C, > 10d) Trockenheit nfk < 40% Anzahl konsekutiver Trockentage (0 mm Nd für > 5d, > 10d) Frosttage < - 10 C Nässetage > 99% nfk Evapotranspiration, Bodenfeuchte in 10 cm Tiefe, Ariditätsindex Anzahl Starkregenereignisse März-August, > 35 mm/d Jahresdurchschnitt Vegetationsperiode Hauptwachstumszeit monatlich Baden-Württemberg Landesdurchschnitt gepoolte Kreisdaten Landkreise Interaktionen: Temperatur Niederschlag Temperatur Hitze Temperatur Trockenheit Hitze Trockenheit Lineare Regression multiple Regression Ertrag Temperatur Bodenzahl Ertragseinbrüche 2003 (Landkreise je nach Ausgangstemperatur) Ertragseinbrüche 1983, 2003, 2006 (Temp., Nd., Hitze, Trockenheit, Nässe)
Landkreis Kurvenparameter Steigung (a) Abschnitt (c) Statistik P t DF R 2 Alb-Donau-Kreis *** 9,52-6,83 <0,001 4,14 38 0,29 Biberach -2,92 95,56 0,20-1,33 15 0,04 Böblingen 2,72 40,59 0,16 1,43 20 0,04 Bodensee ** 8,00-10,73 0,01 2,57 28 0,16 Breisgau 5,15 3,84 0,06 1,92 36 0,06 Calw 1,60 37,59 0,59 0,53 26-0,02 Emmendingen * 5,14 4.24 0,03 2,27 32 0,11 Enzkreis * 5,50 4,78 0,02 2,42 30 0,13 Esslingen * 4,21 24,66 0,03 2,17 25 0,12 Freudenstadt *** 8,75-0,57 <0,001 4,13 37 0,29 Göppingen *** 7,25 7,17 <0,001 3,89 38 0,26 Heidenheim -0,07 57,16 0,97-0,02 29-0,03 Heilbronn * 4,19 22,16 0,05 1,98 37 0,07 Hohenlohe ** 5,56 10,51 0,01 2,66 38 0,13 Karlsruhe * 4,26 14,03 0,05 2,00 38 0,07 Konstanz *** 7,01-6,18 0,001 3,42 37 0,22 Lörrach * 3,68 15,09 0,05 2,00 35 0,07 Main-Tauber-Kreis 4,08 23,27 0,06 1,91 38 0,06 Neckar-Odenwald-Kreis 1,10 47,04 0,69 0,40 37-0,02 Ortenaukreis 5,29 5,68 0,06 1,93 38 0,06 Ostalbkreis *** 7,38-1,27 <0,001 3,80 37 0,26 Rastatt 2,98 25,01 0,21 1,27 34 0,01 Ravensburg *** 9,29-18,18 <0,001 3,82 38 0,25 Rems-Murr-Kreis 3,79 22,26 0,07 1,87 29 0,07 Reutlingen *** 6,78 8,83 <0,001 3,67 35 0,25 Rhein-Neckar-Kreis 2,72 29,51 0,29 1,05 35 0,003 Rottweil 4,15 31,09 0,23 1,20 29 0,01 Schwäbisch Hall ** 6,59 3,09 0,01 2,59 27 0,16 Schwarzwald-Baar-Kreis *** 9,14-2,41 <0,001 4,15 38 0,29 Sigmaringen *** 8,94-2,10 0,001 3,47 37 0,22 Stuttgart * 4,31 23,16 0,03 2,16 34 0,09 Tübingen * 4,96 18,78 0,04 2,13 18 0,15 Tuttlingen -0,01 54,71 0,87-0,16 35-0,07 Waldshut * 4,56 16,09 0,05 1,96 37 0,06 Zollernalbkreis *** 6,96 1,59 <0,001 5,40 38 0,41
Beziehung zwischen Temperatur und Ertrag (Beispiel Winterweizen) In vielen Landkreisen (22 von 35) hatten höhere Temperaturen einen positiven Effekt auf Erträge (Winterweizen) Manche Landkreise (Freudenstadt) zeigen eine stärkere Temperaturabhängigkeit, andere weniger stark (Karlsruhe), einige keine Temperaturabhängigkeit (Main-Tauber-Kreis)
Beziehung zwischen Temperatur und Ertrag (Beispiel Winterweizen) in Abhängigkeit von den klimatischen Ausgangsbedingungen in den Landkreisen Temperatur hatte einen größeren Effekt auf Erträge in ursprünglich kalten Landkreisen
Beziehung zwischen Niederschlag und Ertrag (Beispiel Winterweizen) In den meisten Landkreisen hatten Niederschläge (in der Summe) keinen klaren Effekt auf Erträge (Winterweizen). In den Landkreisen, in denen es einen Zusammenhang zwischen Niederschlagssummen und Erträgen gab (8 von 35), war die Steigung der Kurve sehr flach.
Zusammenhang Klima und Ertrag Zusammenfassung Besonders bei den Getreiden trug die Temperaturerhöhung neben Fortschritten in der Züchtung und in der Bewirtschaftung zur Steigerung der Erträge bei. Der Effekt höherer Temperaturen auf den Getreideertrag war bei kühleren Landkreisen größer. Die Niederschläge sind eher bei einem Zuviel negativ mit Erträgen korreliert, ein Zuwenig nur ausnahmsweise: bestimmte Landkreise, z.b. Main-Tauber-Kreis, Silomais und beim Zusammentreffen von Hitze und Trockenheit. Einzelne Tage mit Extremwerten werden relativ gut toleriert. Grenzen der Hitzebelastung zeigten sich vor allem beim Zusammentreffen von Hitzetagen mit hoher Durchschnittstemperatur oder Trockenheit.
Hitze- und Trockenperioden wirkten sich signifikant nur im Landkreis Karlsruhe dem wärmsten Kreis aus, und zwar negativ. Ausnahme: Silomais war fast überall negativ mit der Anzahl der Hitze- und Trockenperioden korreliert. Silomais bricht oft aus dem Muster der anderen Kulturen aus. Seine Erträge korrelieren öfter negativ mit der (Mehr-)Anzahl an Hitzetagen oder Trockenheit und positiv mit Niederschlägen oder Bodenfeuchtewerten. Extreme Klimaereignisse (Hitze, Trockenheit ) werden häufiger werden. 2003 war ein Extremjahr in Baden-Württemberg mit Ertragseinbrüchen. Parameter für die Analyse des Ertragseinbruchs 2003: 1) Mehrtage Hitze (28, 30 und 32 C): Die Anzahl der Tage, an denen 2003 über 28 C (oder 30 bzw. 32 C) erreicht wurden minus die mittlere Anzahl dieser Tage in den fünf vorhergehenden Jahren (1998-2002) 2) Ertragseinbruch: der mittlere Hektarertrag der fünf vorhergehenden Jahre (1998-2002) minus dem Hektarertrag 2003 Ableitung eines Schwellenwerts möglich?
Auswirkungen von extremen Klimaereignissen auf die Erträge: Winterweizen 2003 Je mehr Hitzetage, desto größer der Ertragseinbruch, und zwar schon bei 28 C
Auswirkungen von extremen Klimaereignissen auf die Erträge: Silo- und Körnermais 2003 Je mehr Hitzetage, desto größer der Ertragseinbruch, aber erst ab 32 C! Je mehr Hitzetage, desto größer der Ertragseinbruch ab 28 C und ab 32 C!
Die Beziehung zwischen Temperatur und Ertrag: eine Hypothese Die Analyse der Jahre 1983, 2003 und 2006 mit besonders vielen Hitzetagen zeigte die Grenzen der Hitzebelastung. Sowohl Körnermais als auch Silomais reagierten bereits auf jeden Mehrtag über 28 C mit Ertragsdepressionen, verglichen mit dem Fünfjahreszeitraum vorher, und zwar empfindlicher als Winterweizen (Daten noch unveröffentlicht).
Interaktion zwischen CO 2 und Trockenheit bei Mais FACE-Versuche: herrschende CO 2 -Konzentration: 378 ppm erhöhte CO 2 -Konzentration: 550 ppm Ausreichende Wasserversorgung (WET) Reduzierte Wasserversorgung (DRY): 2007: WET 12% 2008: WET 48% Kein CO 2 -Effekt bei WET in 2007 und 2008 Kein CO 2 -Effekt bei DRY (550 ppm) 2007 CO 2 -Effekt bei DRY 2008! Biomasse + 24% im Vergleich zu DRY (378 ppm) Kornertrag + 41% Bodenwassergehalt unter 550 ppm bei WET und DRY signifikant erhöht; Ursache: verminderte Transpiration, Folge: bessere Wassernutzungseffizienz! Bei Trockenheit kann Mais von steigenden CO 2 -Konzentrationen profitieren! Die Ursache liegt in einer besseren (längeren) Bodenwasserversorgung, nicht in einer effizienteren Photosynthese. Manderscheid et al. 2014, 2015
Literatur DWD (2014): Klimawandel und Roggenanbau besteht die Gefahr von Trockenstress? Deutscher Wetterdienst, Offenbach. http://www.dwd.de/de/fachnutzer/landwirtschaft/berichte/3-1 aktuelles/2014/roggen_klimawandel_2014. pdf? blob=publicationfile&v=3 (letzter Zugriff: 10. 2. 2016) Flaig, H. et al. (2013): Anpassungsstrategie Baden-Württemberg an die Folgen des Klimawandels: Fachgutachten für das Handlungsfeld Landwirtschaft (Kurz- und Langfassung). LUBW, Karlsruhe. http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg. de, ID Umweltbeobachtung U13-W04-N14 Koller, E. und Flaig, H. (2014): Die Ertragsdaten der Feldfrüchte in Baden-Württemberg und ihre Beziehung zu Klima und Boden. Forschungsbericht Klimopass; Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (Hrsg.), wird in Kürze veröffentlicht (http://www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/244202/). LUBW (Hrsg. 2013): Zukünftige Klimaentwicklung in Baden-Württemberg Perspektiven aus regionalen Klimamodellen. Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg, Karlsruhe. http://www.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/229984/ Manderscheid, R., Erbs, M., Burkart, S., Wittich, K-P., Löpmeier, F-J., Weigel, H-J. (2015): Effects of free-air carbon dioxide enrichment on sap flow and canopy microclimate of maize grown under different water supply. J Agron Crop Sci, in press, DOI:10.1111/jac.12150 Manderscheid, R., Erbs, M., Weigel, H-J. (2014): Interactive effects of free-air CO 2 enrichment and drought stress on maize growth. Eur J Agron 52: 11-21, doi:10.1016/j.eja.2011.12.007 Rosenzweig, C. und Hillel, D. (1998): Climate Change and the Global Harvest: Potential Impacts of the Greenhouse Effect on Agriculture. Oxford University Press. Weigel, H-J., Manderscheid, R., Schaller, M. (2007) Mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf Ertrag und Qualität von Getreide. Getreidetechnol. 61(3):142-149 Wheeler T.R., Batts G.R., Ellis R.H., Hadley P., Morison J.I.L. (1996): Growth and yield of winter wheat (Triticum aestivum) crops in response to CO 2 and temperature. J. Agric. Sci. 127: 37 48.