Das Recht auf eine Innenentwicklung

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Transkript:

März 2015 Quartier Talgut Winterthur Gebiet Das Recht auf eine Innenentwicklung entwickelt Die Gebietssanierung gemäss BG ist gegenwärtig das griffigste gesetzliche Instrument im Dienst der Innenentwicklung. Es wurde nun erstmals in Winterthur auf privater Basis sinngemäss angewandt. Dabei wurde erkannt, wie die heutigen gesetzlichen Regelungen verbessert werden müssten. Suter von Känel Wild AG

Öffentliches Interesse an der Innenentwicklung Die allgemein geforderte Innenentwicklung wird aufgrund von unterschiedlichen Entwicklungsvorstellungen der Beteiligten und von kleinteiligen arzellarstrukturen oftmals behindert. Im Quartier Talgut in Winterthur haben vier Bauträgerinnen zusammen mit der Stadt Winterthur auf der Basis eines überzeugenden städtebaulichen Konzeptes eine umfassende vertragliche Regelung zur Neuordnung des Grundeigentums und zur Erschliessung getroffen. Die Bauträgerinnen sind nun frei, ob und wann sie ihre Überbauungen erneuern oder ersetzen wollen. Ein zeitgemässes Instrumentarium zur Gebietsentwicklung muss eine umfassende Regelung der Bebauung, des Freiraums und der Erschliessung beinhalten und die heutige arzellenordnung auf demokratische Weise überwinden können. Eine qualifizierte Mehrheit der Grundeigentümer sollte ihr Recht auf eine Innentwicklung, nötigenfalls mit Landumlegung, einfordern können. Siedlungsentwicklung nach innen Vorgehen zur arzellenanpassung Was versteht man unter einer Siedlungsentwicklung nach innen? Der zukünftige Flächenbedarf für Einwohner und Arbeitsplätze muss innerhalb des heutigen Siedlungsgebietes abgedeckt werden, die «grüne Wiese» steht nicht mehr zur Verfügung. Die haushälterische Bodennutzung verlangt ein dichteres Bauen. Der Anteil an Erschliessungsflächen soll so tief wie möglich gehalten werden. Trotzdem sind grosszügige Aussenräume zu sichern. Gleichzeitig sollten identitätsbildende Merkmale in der Neuüberbauung übernommen werden. Insgesamt sind die Ansprüche an hochwertige Siedlungen einschliesslich qualitätvoller Freiräume gestiegen. Eine kleinteilige, oftmals mit einer ungünstigen Grundstücksform verbundene arzellarordnung steht einer zeitgemässen Bebauung und Erschliessung eines ganzen Gebiets entgegen. Das öffentliche Interesse ist im 187 BG wie folgt umschrieben: Ein öffentliches Interesse an der Erneuerung liegt vor, wenn die bestehende Überbauung a. zu den Zielen der Bau- und Zonenordnung in einem starken Missverhältnis steht und dadurch entweder die erwünschte Entwicklung erheblich gefährdet oder eine mit andern Mitteln nicht korrigierbare schwerwiegende Fehlentwicklung fördert oder b. hinsichtlich der Hygiene, der Erschliessung, der Ausstattung, der Ausrüstung oder der ortsbaulichen Gestaltung erhebliche Missstände aufweist, die nicht auf andere Weise beseitigt werden können. Die Abstandsvorschriften und die Anforderungen an die Erschliessung ergeben anspruchsvolle roblemstellungen. Die über Jahrzehnte entstandenen Überbauungen und die kleinteiligen Eigentumsverhältnisse erweisen sich als kompliziert und kaum änderbar. Das otenzial zur Verdichtung für den einzelnen Eigentümer bleibt dadurch begrenzt. Um dem Abhilfe zu schaffen, kennt das lanungs- und Baugesetz des Kantons Zürich (BG) den 186 Abs. 1: «In überbauten Ortsteilen, deren Zustand im öffentlichen Interesse einer Erneuerung bedarf, kann die Gebietssanierung durchgeführt werden.» Das Verfahren zur Gebietssanierung bezweckt eine Teil- oder Gesamterneuerung und besteht aus einem Quartierplan und einem darin eingebetteten Gestaltungsplan. Das bisher noch nie hoheitlich angewandte Vorgehen zur Gebietssanierung richtet sich bezüglich dem Grundeigentum nach dem Quartierplanverfahren (Erschliessung und Landumlegung). Das Quartierplanverfahren hat sich bewährt, wenn es darum geht auf der mehrheitlich grünen Wiese Grundstücke zu erschliessen und für eine Erstbebauung baureif zu gestalten, hingegen fehlen gute Beispiele für Quartierpläne im bereits bebauten Gebiet. Wie im Quartierplan geht auch bei einer Gebietssanierung das Interesse der Mehrheit der Grundeigentümer dem Interesse eines einzelnen Eigentümers vor. Ein Einzelner hat unter Wahrung der Eigentumsgarantie Anspruch auf eine erschlossene und zonengerecht überbaubare arzelle. Was im Quartierplan meist unproblematisch ist, kann bei der Gebietssanierung zu ernsthaften Konflikten führen. Im Verfahren gemäss 186 BG werden arzellen mit Gebäuden in unterschiedlichstem Zustand, welche langjährige Bewohner und bestehende Nutzungen beheimaten, verändert. Eine solche behördlich gesteuerte Landneuordnung im bebauten Gebiet ist nicht nur eigentumsrechtlich anspruchsvoll, sondern kann auch erhebliche soziale Auswirkungen und damit politischen Zündstoff haben. [ 2 ] Suter von Känel Wild AG

Auch aus wirtschaftlicher Sicht ergeben sich Hürden. Wie geht man beispielsweise mit den unterschiedlich amortisierten Liegenschaften und ausserordentlichen Abschreibungen um? Gemäss BG müssen sehr hohe Missstände vorherrschen, um eine Gebietssanierung einzuleiten (vgl. Kasten auf der Seite 2 unten). So erstaunt es nicht, dass der 186 BG bis heute noch nie angewandt wurde. Eine Diskussion über diese Anforderungen ist daher im Rahmen einer nächsten BG-Revision unumgänglich. Hindernisse zur Innenentwicklung olitisch ist das Ziel der baulichen Verdichtung unbestritten. Dabei geht vielfach vergessen, dass eine höhere bauliche Dichte häufig auch zu einer anderen Bebauungsform führt: Beispielsweise werden anstelle von frei stehenden Häusern Zeilenbauten oder eine offene Blockrandbebauung entstehen. Folglich müssten insbesondere bei einer kleinteiligen arzellarstruktur die Abstandsregelungen angepasst oder kleine Grundstücke zu grossen zusammengelegt werden. Bei der Umsetzung müssen demnach alle Grundeigentümer mitziehen, diese haben jedoch meist unterschiedliche Ansprüche. So ist der Veränderungsbedarf bei einem Teil der Grundeigentümer aufgrund von guten Gebäudezuständen und von individuellen Absichten gering. Eine Veränderung kann in diesen Fällen zudem eine erhebliche Wertvernichtung mit sich bringen. Meist ist die Rendite von Altbauten mit Neubauten kaum zu erzielen. Die veränderungswilligen Grundeigentümer oder ein Arealentwickler könnten eine langfristig zweckmässige Neuüberbauung eines grösseren Gebietes nur durch den Aufkauf aller Liegenschaften erreichen (Bsp. Wallisellen). Diese Lösung ist jedoch die Ausnahme und nicht die Regel. Kommt keine Einigung unter den Grundeigentümern zustande, baut jeder Einzelne für sich. Dies führt selten zu einer gesamthaft nachhaltigen und qualitätsvollen Siedlungserneuerung. Verpasste Chancen gibt es genügend. Im Gebiet nordöstlich des Bahnhofs Wallisellen konnte ein Investor alle Liegenschaften mit älteren und neueren Gebäuden (grau) kaufen und eine dichte Neuüberbauung (rot) erstellen. Die Wertausgleiche oder Abschreibungen sind Sache der Gesamtrechnung. Bildquelle: rivater Gestaltungsplan Zentrumsüberbauung MITTIM Wallisellen, Suter von Känel Wild AG, 2006 Suter von Känel Wild AG [ 3 ]

Zukunftsweisendes Quartierkonzept Talgut Winterthur Im Quartier Talgut beabsichtigt die Aktiengesellschaft für Erstellung billiger Wohnhäuser in Winterthur (GEbW) ihre in die Jahre gekommenen Überbauungen in einer zweigeschossigen Quartiererhaltungszone zu ersetzen. Das Quartier weist zwar eine hohe Siedlungsqualität auf, eine qualitätsvolle Verdichtung ist aus der Sicht des Amts für Städtebau Winterthur aber möglich. Das Team Architekturbüro Miroslav Sik und w+s Landschaftsarchitekten erarbeitete im Rahmen eines Konkurrenzverfahrens unter Miteinbezug der drei Wohnbaugenossenschaften (WGT Wohnbaugenossenschaft Talgut, HGW Heimstätten-Genossenschaft Winterthur, GWG Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft Winterthur) eine überzeugende Lösung für den gesamten Quartierteil. Die Struktur der Siedlung bleibt weitgehend erhalten und die Wohnqualität wird erhöht, obwohl die bauliche Dichte beinahe verdoppelt wird. Da die Entscheide der vier Genossenschaften bezüglich der Liegenschaftenstrategie «Erneuerung» oder «Ersatzneubauten» noch nicht gefällt sind, überzeugte das Konzept auch durch die sehr gut mögliche Etappierung. Intensive Zusammenarbeit der Bauträgerinnen Genossenschaften sind es gewohnt, Ziele gemeinsam anzugehen. Auch erreichen sie oftmals eine qualitätsvolle Siedlungserneuerung ihrer eigenen Grundstücke, vorausgesetzt diese sind genügend gross. Aus diesem Grund sollte auch die gemeinsame Entwicklung von kleineren Grundstücken unterschiedlicher Genossenschaften möglich sein, nach dem Motto «Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile». Dies gilt auch für die Bewirtschaftung der Überbauungen, wo durch ein gemeinsames Handeln Synergien erreicht werden können. Wichtig für die zielgerichtete Entwicklung ist dabei eine schlanke Organisation. Der Auftrag an die verhandelnden Gremien (Vorstand) muss klar und weitgehend sein. Fallweise sollte eine enge Zusammenarbeit bis hin zu einer Fusion von Genossenschaften erfolgen. Was für Genossenschaften gilt, gilt auch für institutionelle Anleger oder rivate. Überbauung heutiger Zustand Das heutige Quartier Talgut aus den 1950er-Jahren mit seinem Gartenstadtcharakter. Bildquelle: Heutiger Zustand, Leitbild Quartier Talgut, Miroslav Sik und w+s Landschaftsarchitekten AG, 2011 [ 4 ] Suter von Känel Wild AG

Überbauung Konzept Der Wohnbautypus aus den 1950er-Jahren mit den flach geneigten Dächern wird in zeitgemässer Form übernommen. Bildquelle: Visualisierung, Siegerprojekt Quartier Talgut, Miroslav Sik und w+s Landschaftsarchitekten AG, 2011 Die durchlaufenden Grünräume bleiben das zentrale Element der Überbauung. Bildquelle: Freiraumkonzept, Siegerprojekt Quartier Talgut, Miroslav Sik und w+s Landschaftsarchitekten AG, 2011 Suter von Känel Wild AG [ 5 ]

rivater Gestaltungsplan Das lanungsbüro Suter von Känel Wild AG hat das Konzept in einem privaten Gestaltungsplan umgesetzt. Dieser wurde in der Folge von den vier Bauträgerinnen dem Stadtrat unterbreitet und der Grosse Gemeinderat Winterthur stimmte ihm Anfang 2014 zu. Im Gestaltungsplan sind die Baufelder, die Gebäudehöhen, die freizuhaltenden Grünräume und die Erschliessungsräume festgelegt. Damit ist die Weiterentwicklung des bewährten Siedlungstyps sichergestellt. Ebenfalls im Gestaltungsplan festgeschrieben wurde das rinzip der Kostenmiete. Die Anpassung der Eigentumsverhältnisse, die Details der Etappierung und die Finanzierung der Erschliessungsanlagen konnten nicht innerhalb des Gestaltungsplans geregelt werden. Dazu war eine privatrechtliche Regelung erforderlich. Mit dem Gestaltungsplan werden im Wesentlichen die Baufelder, die Grünräume sowie die Erschliessung festgelegt. Mantellinie Wohnpark latz Fussweg Tiefgarage zwingende Mantellinie Wohnstrasse Freiraumkorridor Bildquelle: rivater Gestaltungsplan Quartier Talgut Winterthur, Suter von Känel Wild AG, 2013 Bericht über die Sozialverträglichkeit Im Bericht über die sozialen Auswirkungen, welcher Bestandteil des Berichts zum Gestaltungsplan ist, haben die Bauträgerinnen den heutigen Bestand analysiert und die sozialen Auswirkungen der Entwicklung ermittelt. Es wurden folgende flankierenden Massnahmen festgelegt: Es werden Wohnungen im Zuschnitt der heutigen Bedürfnisse geschaffen. Bei der ersten Vermietung der Neubauten werden die Wohnräume vorab den bisherigen Mietern angeboten. Vor Beginn des Abbruchs bestehender Wohnräume werden alle zumutbaren Anstrengungen zur Beschaffung oder Vermittlung von geeigneten Ersatzräumen für die betroffenen Mieter vorgekehrt. Bei der Vermietung werden sich die Bauträgerinnen gegenseitig unterstützen. [ 6 ] Suter von Känel Wild AG

20700559 20700561 20700558 207009 25203600 20700563 20700557 20700240 20700562 207001 20700241 207007 20700242 25203720 207002 20700226 20700559 20700227 207005 20700561 25203710 20700558 207006 207009 25203600 20700563 20700228 20700557 20700240 20700562 20700229 207001 25203320 20700241 207007 20700242 25203720 207002 20700226 20700227 207005 Freiwillige Gebietssanierung als Weg zum gemeinsamen Ziel Die vier gemeinnützigen Bauträgerinnen teilen zwar das Ziel der Erneuerung, ihr Fahrplan der Modernisierung unterscheidet sich jedoch. Das vom siegreichen Team entwickelte Konzept ist aber nur umsetzbar, wenn vorgängig die Erschliessungsanlagen und die Grundstücksgrenzen angepasst werden. Die Bauträgerinnen einigten sich in der Folge darauf, eine «Gebietssanierung» auf privater Basis durchzuführen. Erschliessung und Landzuteilung werden neu geregelt und Etappierungsgrundsätze festgeschrieben, die den Fortbestand aller bisherigen Bauten bis zum Zeitpunkt des Ersatzneubaus garantieren. Darüber hinaus wird mit der Darlegung von Auswirkungen und Massnahmen zu Gunsten der Mieter die Sozialverträglichkeit nachgewiesen. Die Anpassung der arzellarstruktur wurde in einem detaillierten privatrechtlichen Landumlegungs-, Erschliessungs-, Kauf- und Tauschvertrag geregelt. Dieser wurde von allen Beteiligten unterzeichnet und öffentlich beurkundet. Die Stadt revidierte parallel dazu die Baulinien und entwidmete wegfallende öffentliche Strassen. Entstanden ist damit ein Gesamtprodukt, welches dem Resultat einer durch die Behörden angeordneten Gebietssanierung entspricht mit dem Unterschied, dass sich im vorliegenden Fall alle Grundeigentümerinnen freiwillig dem Verfahren unterordneten und miteinander kooperierten. Nachteil der privatrechtlichen Lösung ist, dass sie Einstimmigkeit voraussetzt und dass für den Vertrag, die Baulinienrevision und die Strassenentwidmung je gesonderte Verfahren durchgeführt und koordiniert werden mussten. Der private Vertrag wurde im Mai 2014 unterschrieben. Nun können die Grundeigentümerinnen nach ihrem Fahrplan den Ersatz der Bauten mit hoher Rechtssicherheit in Angriff nehmen. 7/590 57 5839 300 3512 68 7/1401 59 5840 5809 61 Mattenbachweg 7/1931 28 7/589 7/1402 7/1403 7/1399 5829 7/1405 21 7/1384 7/19 7/1404 5830 Mit dem Vertrag werden die Grundstücke so arrondiert, dass die neue Überbauung in Etappen umgesetzt werden kann. 7/590 vorher 7/1435 nachher 7/1435 35 36 37 38 5831 5893 5832 5833 5834 5822 5824 5843 5844 58 5842 5845 5841 5846 30 66 25 5894 27 32 29 31 5896 34 33 25 58 27 39 21 41 7/1385 7/1930 43 45 7/1406 7/1414 7/1377 7/1376 64 62 7/1407 7/1375 7/1400 7/1415 7/1386 7/1408 60 7/1409 7/1416 35 7/1387 7/1378 7/1938 7/1410 7/1417 7/1411 7/1412 7/1418 7/1936 7/1937 5897 29 5825 7/1419 7/1425 5810 36 Unterer Deutweg 31 5826 33 5827 7603 37 35 5828 37 7/1413 7/1420 4 5863 38 5811 Mattenbachstrasse 7/1388 7/1422 Stadt HWG 7/1424 300 7/1421 7/1389 GEbW GWG WGT 5864 5865 7/14 40 7/1870 39 5 7/1393 7/1390 426 430 48 5812 3944 5866 42 50 7 41 5873 3 1 5816 5933 5876 44 2777 5813 5934 46 6275 9 43 1739 6 8 10 12 7/1391 7/1426 7/1392 7/1433 7/1429 5877 Salomon Bleulerweg 7/1434 5814 48 5939 17 1737 5940 11 50 5868 14 3709 5820 51 52 54 56 7/1427 52 Kindergarten 5860 5857 7/1939 7/1939 Bildquelle: Landumlegungs-, Erschliessungs-, Kauf- und Tauschvertrag, Quartier Talgut Winterthur, Suter von Känel Wild AG, 2014 3719 45 5871 60 15 4099 7/1436 16 52 13 18 58 55 7/1431 20 57 5856 7/1438 5771 7/1430 22 59 5855 4852 Zwinglikirche 5862 61 Weberstrasse 58 5773 62 64 66 7/1428 7/1605 7/1437 Talgutstrasse 5861 63 2 5779 65 46 44 16 5853 5775 24 26 6416 67 17 69 4858 19 5777 4859 5883 Zwinglistrasse 18 20 22 7/1609 6016 7/1611 5780 5736 7/1440 6015 Turnhalle 63 25 27 5724 5884 40 38 36 68 7/1454 5757 70 76 63 65 67 1015 6017 6020 5886 6018 13 5742 72 78 69 34 74 86 24 26 28 7/1930 7/1606 7/1936 7/1606 7/1613 7/1607 7/1608 57 300 3512 5839 68 7/1401 59 5840 5809 61 Mattenbachweg 7/1931 28 7/589 7/1402 7/1403 7/1399 5829 7/1405 21 7/1384 7/19 7/1404 5830 37 35 36 5831 5893 5832 5833 5834 7/1451 7/1439 5822 7/1452 7/1410 7/1818 7/1411 7/1897 5824 5843 5844 58 5842 5845 5841 5846 30 66 25 5894 27 32 29 31 5896 34 33 25 58 27 5897 5825 5810 5826 5827 7603 5828 5863 5811 300 5864 5865 G 39 21 41 43 45 7/1406 7/1414 7/1385 7/1377 7/1376 64 62 7/1407 7/1375 7/1400 7/1415 7/1386 7/1408 60 7/1409 7/1416 35 7/1387 7/1378 7/1938 7/1417 7/1412 7/1418 7/1937 29 7/1419 7/1425 36 Unterer Deutweg 31 33 37 35 37 7/1413 7/1420 Mattenbachstrasse 7/1388 7/1422 4 38 7/1424 7/1421 7/1389 7/14 40 7/1870 39 5 7/1441 7/1393 7/1390 426 430 48 H 5812 3944 5866 42 50 7/1612 7/1391 7/1819 3m 3m 10.5m 7 41 5873 3 1 5816 5933 5876 44 2777 E 5813 7/1610 5934 46 6275 9 43 1739 F 6 8 10 12 7/1426 7/1392 7/1433 7/1429 7/1550 5877 Salomon Bleulerweg 7/1434 7/1598 5814 48 5939 17 1737 7/1599 5940 11 5868 5m 5m 50 A 31m 14 13m 3709 5820 51 52 54 56 7/1607 7/1608 7/1427 3719 45 5871 52 6m 4099 Kindergarten 7/1436 60 15 16 52 13 5860 18 58 5857 55 7/1431 20 57 5856 7/1438 5771 7/1430 22 59 D 5855 4852 Zwinglikirche 5862 61 Weberstrasse 58 5773 62 64 66 7/1428 7/1605 7/1437 Talgutstrasse 5861 63 2 5779 65 46 44 16 5853 5775 24 26 7/14 7/143 6416 6 Suter von Känel Wild AG [ 7 ]

Optimierung der Instrumente zur Innenentwicklung Auf der Grundlage von zeitgemässen und zielorientierten Anforderungen kann entweder das heutige Instrument der Gebietssanierung weiterentwickelt oder ein neues umfassendes Instrument zur Gebietsentwicklung geschaffen werden. Dieses müsste alle Möglichkeiten von Gestaltungsplan (G) und Quartierplan (Q) gebündelt umfassen. Aber auch Elemente von weiteren Instrumenten wie der Strassenentwidmung (ES) oder des Gewässerraumes (GR) könnten integriert werden. Ziel ist ein einheitlicher Verfahrensablauf und eine möglichst einheitliche Entscheidungskompetenz. Gebietsentwicklung statt G + Q + ES + GR + etc. Gestaltungsplan Der Gestaltungsplan regelt im Wesentlichen die Überbauung (Dichte, Höhe der Bauten, Nutzungen usw.), den Aussenraum, die Zufahrten und die arkierung sowie die energetischen Anforderungen, dies in Vertiefung zur Bau- und Zonenordnung. Nicht geregelt werden können die privatrechtlichen Aspekte wie eine Anpassung von Grundstücken. Quartierplan Der Quartierplan regelt die Erschliessung (Strassenbau, Kanalisation, Leitungen) und deren Kostentragung. Zudem werden die Grundstücke im Hinblick auf eine zonenkonforme Nutzung arrondiert und die Dienstbarkeiten bereinigt. Zeitgemässes Instrument Gebietsentwicklung Eine Ausdehnung von Bauzonen ist zur Vermeidung der Zersiedlung keine planerische Option mehr. Eine bauliche Verdichtung im Quartier Talgut Winterthur wurde möglich, weil die Grundeigentümerinnen und die Stadt am gleichen Strick zogen. Es ist zu hoffen, dass dieses Vorgehen Schule macht. In Gebieten, wo unter den Grundeigentümern keine Einigkeit herrscht, wäre eine umfassende Gebietsentwicklung eine Lösung, um das «Recht auf Innenentwicklung» mit demokratischen Mitteln einzufordern. Der Widerstand einzelner Grundeigentümer gegen eine Entwicklung sollte unter Wahrung ihrer Rechte überwunden werden können. Eine Gebietsentwicklung muss für Investoren berechenbar werden und kann zur Baulandverflüssigung beitragen. Dennoch ist das Instrument in Anbetracht gegenläufiger Ziele und Auswirkungen (Verdichtung kontra Freiräume und identitätsstiftender Altbestand, Zerstörung von billigem Wohnraum, Gentrifizierung) sorgsam anzuwenden. Hilfreich wäre eine sanfte Revision der Gesetzgebung zur Gebietssanierung ( 186 ff BG) oder die Schaffung eines neuen, umfassenden Instrumentariums, welches die neuen Ziele und lanungserkenntnisse aufnimmt. Bereits das Vorhandensein eines griffigen Verfahrens wird dazu führen, die Eigentümer eines Gebiets mit Sanierungsbedarf an einen Tisch zu bringen, um die Entwicklung gemeinsam in eine zukunftsfähige Richtung zu leiten. Fazit Es besteht ein öffentliches Interesse an der Innenentwicklung. Um diese bei kleinteiligem Eigentum umzusetzen, ist vielfach ein Eingriff in die arzellarordnung unumgänglich. Grundsätzlich ist das lanungsinstrumentarium vorhanden, es ist jedoch zielorientiert anzupassen. Die Eingriffe ins Eigentum sind auf die planerisch besonders wichtigen Gebiete zu beschränken. Diese Gebiete könnten zum Beispiel in den Richtplänen oder im Zonenplan bestimmt werden. Impressum Die Urheberrechte der einzelnen Abbildungen (namentlich langrundlagen) sind vor ublikation zu klären. Suter von Känel Wild AG Siedlung Landschaft Verkehr Umwelt Förrlibuckstrasse 30 8005 Zürich skw.ch Tel. +41 (0)44 315 13 90 info@skw.ch Reto Wild, Stefan eter, Nils Epprecht [ 8 ] Suter von Känel Wild AG