Besonderheiten beim Einsatz Allgemeiner Geschäftsbedingungen Lehrveranstaltung Vertragsgestaltung am Beispiel des Schuld- und Sachenrechts Dr. Till Schemmann LL.M. (Cantab) Notar in München 1
Inhaltsübersicht 1. Einführung 2. Anwendbarkeit der 305 ff. 3. Die Wirksamkeitskontrolle im Überblick 4. Fehlerfolgen 5. Die Klauselverbote des 307 im Überblick 6. Die einzelnen Klauselverbote der 307-309 (Beispiel Neuwagenkauf) 2
Standortbestimmung Welcher Regelungsbedarf besteht (Lebenssachverhalt, mögliche Entwicklungen)? Welches Regelungsziele verfolge ich (Mandanteninteressen, Neutralität)? Reicht bereits die gesetzliche Regelung aus? Welche vertragliche Regelungen sind denkbar? Sind diese mit dem geltenden Recht vereinbar? allgemeine und besondere Grenzen der Vertragsgestaltung Sie befinden sich hier! 3
Anwendbarkeit der 305 ff. AGBs: für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert, einseitig gestellt ( 305 I) oder im Verbrauchervertrag reichen Einmal- und Drittbedingungen ( 310 III Nr. 2, s.a. 13 f.) aber Ausnahmen: Bereichsausnahmen, insbes. Erb-, Familienrecht, Arbeitsrecht? ( 310 IV) Schutzbeschränkungen ggü. Unternehmern u.ä. ( 310 I) nähere Prüfung nur entbehrlich, wenn Vertrag eindeutig individuell ausgehandelt (s. Beweislast, 305 I 3!), kaum bei Unternehmerbeteiligung 4
Inhaltsübersicht 1. Einführung 2. Anwendbarkeit der 305 ff. 3. Die Wirksamkeitskontrolle im Überblick 4. Fehlerfolgen 5. Die Klauselverbote des 307 im Überblick 6. Die einzelnen Klauselverbote der 307-309 (Beispiel Neuwagenkauf) 5
Wirksamkeit von AGBs Einbeziehung ( 305 II) (Prüfungsschema) keine vorrangige Individualabrede ( 305b) keine überraschende Klausel ( 305c I) Auslegung (vgl. 305c II) Anwendbarkeit der Inhaltskontrolle ( 307 III) dann von besonderen Klauselverboten ( 309, 308)...... zu allgemeinem Verbot unangemessener Benachteiligung ( 307) Rechtsfolgen immer nach 306; außerdem 1, 3 UKlaG! 6
Vorrangige Individualabrede ( 305b) Konkurrenzproblem nur bei wirksam einbezogenen AGB Individualabrede dann wegen höherer Richtigkeitsgewähr vorrangig wichtige Konsequenz: Schriftformklauseln immer unwirksam 7
Überraschende Klauseln ( 305c I) idr Benachteiligung > 307 ff. Gesetz unterstellt mangelnden Geschäftswillen Rspr stellt auf typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden ab äußere Gestaltung (Druckbild...) wird berücksichtigt 8
Auslegung kundenfeindliche Auslegung für Inhaltskontrolle und im Unterlassungsprozess dann kundenfreundliche Auslegung für Bestimmung des Vertragsinhalts kompensiert Gestaltungsmacht des Verwenders 9
Anwendbarkeit der Inhaltskontrolle ( 307 III) von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen 1. reine Wiedergabe von Gesetzesrecht ( deklaratorische Klauseln ) 2. Preis- und Leistungsbeschreibungen («Preisnebenabreden) 10
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Rechtsfolgen bei Unwirksamkeit / Nichteinbeziehung Vertrag bleibt wirksam, Lückenfüllung durch gesetzl. Regelung ( 306 BGB, Ausn. Absatz 3) 139 BGB keine graduelle Unwirksamkeit (Verbot geltungserhaltender Reduktion ) Beschränkung auf Teilklauseln möglich ( blue pencil test ) salvatorische Klauseln unwirksam 12
Beispiel (folgenloser) salvatorischer Klausel Ist eine Regelung dieses Vertrages unwirksam, so sollen die restlichen Bestimmungen dennoch gelten. deklaratorisch, s. 306 An Stelle der unwirksamen Regelung soll eine Regelung treten, die dieser im wirtschaftlichen Ergebnis möglichst nahe kommt. unwirksam, da Versuch geltungserhaltender Reduktion 13
Klauselverbote des 307 I 1: I 2: missbräuchliche Interessendurchsetzung auf Kosten des Vertragspartners durch einseitige Vertragsgestaltung (Generalklausel) Verständlichkeit für aufmerksamen und sorgfältigen Vertragspartner (Transparenzgebot) II Nr. 1: Vergleich mit dispositivem Gesetzesrecht ( nicht abdingbares Gerechtigkeitsgebot / wesentliches Schutzbedürfnis ) II Nr. 2: betr. insbesondere Freizeichnung von Kardinalpflichten 14
Inhaltsübersicht 1. Einführung 2. Anwendbarkeit der 305 ff. 3. Die Wirksamkeitskontrolle im Überblick 4. Fehlerfolgen 5. Die Klauselverbote des 307 im Überblick 6. Die einzelnen Klauselverbote der 307-309 (Beispiel Neuwagenkauf) 15
Vertragsabschluss 1 Der Käufer ist an die Bestellung höchstens bis vier Wochen sowie bei Fahrzeugen, die beim Verkäufer vorhanden sind, bis zehn Tage gebunden. Abweichung / Konkretisierung zu 147 II prinzipiell zulässig, vgl. 148 lt. BGH mit 308 Nr. 1 vereinbar, zw. 16
Vertragsabschluss 2 Der Kaufvertrag ist abgeschlossen, wenn der Verkäufer die Annahme der Bestellung des näher bezeichneten Kaufgegenstandes innerhalb der jeweils genannten Fristen schriftlich bestätigt oder die Lieferung ausführt. betr. nicht Verbrauchererklärung i.s.d. 309 Nr. 13 solche werden auch nicht fingiert (s. 308 Nr. 5) 307 II, vgl. Rspr. zu Schriftformklauseln? 17
Vertragsabschluss 3 Der Verkäufer ist jedoch verpflichtet, den Besteller unverzüglich zu unterrichten, wenn er die Bestellung nicht annimmt. betr. nur Verwenderpflichten 18
Übertragung von Rechten und Pflichten des Käufers Übertragungen von Rechten und Pflichten des Käufers aus dem Kaufvertrag bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Verkäufers. zu Pflichten s. bereits 415 Schriftform betr. nicht Verbrauchererklärung (s. 309 Nr. 13) aber mdl. Zust. wirksam nach 305b? Abtretungsverbot vereinbar mit 307 I/II, vgl. 399 Fall 2 19
Preise Der Preis des Kaufgegenstands versteht sich ohne Skonto und sonstige Nachlässe zuzüglich Umsatzsteuer (Kaufpreis). Vereinbarte Nebenleistungen (z.b. Überführungskosten) werden zusätzlich berechnet. wohl Entgeltregelung (s. 307 III 1) Bruttopreis im Vertrag gefährlich ( 307 III 2) 20
Zahlung 1 grenzwertig hins. 307 I 2 Der Kaufpreis und Preise für Nebenleistungen sind bei Übergabe des Kaufgegenstandes und Aushändigung oder Übersendung der Rechnung zur Zahlung fällig. kontrollfähig i.s.d. 307 III 1 (s. 271 I, 320 I 1) aber deklaratorisch, s. 433 I 1, 320 I 1 21
Zahlung 2 Gegen Ansprüche des Verkäufers kann der Käufer nur aufrechnen, wenn die Gegenforderung des Käufers unbestritten ist oder ein rechtskräftiger Titel vorliegt; ein Zurückbehaltungsrecht kann er nur geltend machen, soweit es auf Ansprüchen aus dem Kaufvertrag beruht. abgestimmt auf 309 Nr. 2b abgestimmt auf 309 Nr. 3 22
grenzwertig hins. 307 I 2 Lieferung und Lieferverzug 1 Liefertermine und Lieferfristen, die verbindlich oder unverbindlich vereinbart werden können, sind schriftlich anzugeben. Lieferfristen beginnen mit Vertragsschluss. OK trotz 309 Nr. 13 Fristberechnung / Auslegungsregel, weder 308 Nr. 1 noch 307 I / II 23
Lieferung und Lieferverzug 2 sonst 286 II Nr. 1 wohl zul. nach 308 Nr. 1 Fall 3 Der Käufer kann sechs Wochen nach Überschreiten eines unverbindlichen Liefertermins oder einer unverbindlichen Lieferfrist den Verkäufer auffordern zu liefern. Mit dem Zugang der Aufforderung kommt der Verkäufer in Verzug. deklaratorisch bzw. zugunsten Käufer, s. 286 I 1, IV 24
Sachmängel 1 = 438 I Nr. 3, II Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen in zwei Jahren ab Ablieferung des Kaufgegenstandes. Bei arglistigem Verschweigen von Mängeln oder der Übernahme einer Garantie für die Beschaffenheit bleiben weitergehende Ansprüche unberührt. deklaratorisch, evtl. riskant ( 475!) = 438 III, 195, 199 25
Exkurs: Anwendungsfälle von 309 Nr. 8 neben 475 unbewegliche Sachen (aber neu hergestellt, z.b. Bauträgervertrag!) echte Werkverträge ( Werklieferungsverträge i.s.d. 651) Verträge zwischen Verbrauchern, aber mit AGB 26
Sachmängel 2 Für die Abwicklung einer Mängelbeseitigung gilt folgendes: Erweiterung der Käuferrechte a) Ansprüche auf Mängelbeseitigung kann der Käufer beim Verkäufer oder bei anderen, vom Hersteller / Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieben geltend machen; im letzteren Fall hat der Käufer den Verkäufer hiervon zu unterrichten. Bei mündlichen Anzeigen ist dem Käufer eine schriftliche Bestätigung über den Eingang der Anzeige auszuhändigen. Recht auf Neulieferung nach 439 I, III? 27
Sachmängel 3 b) Wird der Kaufgegenstand wegen eines Sachmangels betriebsunfähig, hat sich der Käufer an den dem Ort des betriebsunfähigen Kaufgegenstandes nächstgelegenen, vom Hersteller / Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten dienstbereiten Betrieb zu wenden. gefährlich, 309 Nr. 8 b aa ( 254 II 1?) 28
Haftung wg. 309 Nr. 7 b Hat der Verkäufer aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen nach Maßgabe dieser Bedingungen für einen Schaden aufzukommen, der leicht fahrlässig verursacht wurde, so haftet der Verkäufer beschränkt: Die Haftung besteht nur bei Verletzung vertragswesentlicher Pflichten und ist auf den bei Vertragsabschluß vorhersehbaren typischen Schaden begrenzt. Diese Beschränkung gilt nicht bei Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit. lt. BGH zulässig vgl. 307 II Nr. 2 wg. 309 Nr. 7 a 29
Gerichtsstand zulässig nach 38 ZPO, aber selten! Für sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung mit Kaufleuten einschließlich Wechsel- und Scheckforderungen ist ausschließlicher Gerichtsstand der Sitz des Verkäufers. Der gleiche Gerichtsstand gilt, wenn der Käufer keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat, nach Vertragsabschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Inland verlegt oder seinen Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthaltsort zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist. Im übrigen gilt bei Ansprüchen des Verkäufers gegenüber dem Käufer dessen Wohnsitz als Gerichtsstand. 30