Titelthema. Das Pfandrecht im Transportgeschäft

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Transkript:

5 Das Pfandrecht im Transportgeschäft Von RA Christof Fiedler * Die nachfolgenden Ausführungen sollen dem im Transportgeschäft tätigen Unternehmern einen Überblick darüber geben, unter welchen Voraussetzungen ein Pfandrecht an dem Beförderungsgut zur Sicherung der eigenen Frachtforderungen geltend gemacht werden kann. Für den Frachtführer ist es mitunter schwierig, von seinem Auftraggeber die vereinbarte Fracht zu erlangen, die gemäß 420 Abs. 1 HGB regelmäßig mit der Ablieferung bei dem Empfänger fällig ist. Steht zu befürchten, dass der Frachtenschuldner nicht leisten werde, kann der Frachtführer unter bestimmten Voraussetzungen seine Frachtforderungen durch Ausübung von Pfandrechten sichern. I. Maßgebliche Pfandrechtsregelungen Insbesondere wegen der vielfachen Bezugnahme auf die 441, 442, 443 Handelsgesetzbuch (HGB) können diese Vorschriften als die Grundvorschriften des Pfandrechts betrachtet werden. Die maßgeblichen Vorschriften zum Pfandrecht finden sich im einzelnen a) für den Frachtführer in den 441, 442, 443 HGB, b) für den Spediteur in den 464, 465 HGB sowie c) für den Lagerhalter in den 475 b HGB, d) für den Verfrachter in den 623 HGB e) für den Binnenschiffer in 26 BinSchG Ferner finden sich in Ziffer 20 ADSp und 36 VBGL vertragliche Pfandrechtsregelungen, die weitreichender sind als das gesetzliche Pfandrecht nach 441, 464 HGB II. Anwendungsbereich des Frachtführerpfandrechts Grundsätzlich kommt die Geltendmachung des Pfandrechtes bei allen innerdeutschen Güterbeförderungen in Betracht, die 407 Abs. 3 Satz 3 HGB unterfallen, also bei Beförderungen zu Lande, auf Binnengewässern oder mit Luftfahrzeugen. Ferner sind über die Verweisungen in den 451, 452 HGB auf den ersten Unterabschnitt der frachtrechtlichen Vorschriften die Regelungen des Frachtführerpfandrechts auch auf Beförderungen von Umzugsgut und die Beförderung mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln (Multimodalverkehre) anzuwenden. Auf grenzüberschreitenden Güterbeförderungen nach der CMR oder dem Warschauer Abkommen bzw. Montrealer Übereinkommen kommt das Frachtführerpfandrecht des 441 HGB zur Anwendung, wenn ergänzend deutsches Recht zur Anwendung kommt. Ob ergänzend das deutsche (Pfand-) Recht zur Anwendung kommt, richtet sich nach dem sog. Internationalen Privatrecht. Nach dem Grundsatz der lex rei sitae ist das Recht desjenigen Ortes maßgeblich, in dem sich die Sache zum Zeitpunkt der Pfandrechtsausübung befindet. Deutsches Frachtführerpfandrecht kommt demnach immer (nur) dann zum Tragen, wenn sich das Beförderungsgut auch in Deutschland befindet. III. Konnexe und inkonnexe Forderungen Pfandrechte können nicht nur wegen aktueller, d. h. den konkreten Verkehrsvertrag betreffender Forderungen (Konexität) geltend gemacht werden, sondern können - bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen - auch dann ausgeübt werden, wenn der Frachtführer Altforderungen wegen bereits in der Vergangenheit ausgeführter Verkehrsverträge mit demselben Absender durchsetzen will (sog. Inkonnexität), 441 Abs. 1 HGB. Unerheblich ist dabei, ob es sich bei den früheren Verkehrsverträgen um Fracht-, Speditions- oder Lagerverträge oder auch gemischte Verträge handelt. Da im geschäftlichen Alltag in den meisten Fällen die Frachtrechnungen gestellt werden, wenn das Gut bereits ausgeliefert wurde, ist für den Frachtführer in der Praxis die Pfandrechtsausübung wegen Frachtforderungen aus längst abgeschlossenen Verkehrsverträgen besonders wichtig (Inkonnexität). In der Regel kann in diesen Fällen ein Pfandrecht nicht mehr an dem bereits ausgelieferten Sendungsgut ausgeübt werden, weswegen hier nur die Geltendmachung eines Pfandrechts anlässlich eines aktuellen Verkehrsvertrages in Betracht kommt. Während die Pfandrechtsausübung wegen konnexer Forderungen ohne Weiteres möglich ist, setzt die Pfandrechtsausübung wegen inkonnexer (Alt-)Forderungen voraus, dass diese unbestritten sind. Unbestritten heißt dabei entweder a) eine rechtskräftige Feststellung, b) die ausdrückliche Anerkennung oder c) die Nicht-in-Frage-Stellung der Altforderungen, wobei offenkundiges (willkürliches) unberechtigtes In- Frage-Stellen unbeachtlich ist. IV. Erstreckung des Pfandrechts Pfandgegenstand ist das nach dem konkreten Frachtauftrag zu befördernde Gut inklusive Verpackung und erstreckt sich ferner auf übergebene Papiere, die bspw. Rechte am Gut verkörpern (wie etwa das Konnossement oder der Kfz-Brief) oder solche Begleit-

oder Beweispapiere, ohne die eine Verwertung des Pfandgegenstandes nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, bspw. Veterinärzeugnisse, Zertifikate etc. V. Grundvoraussetzungen einer wirksamen Pfandrechtsausübung 1. Grundsätzliche Ausgangsvoraussetzung einer jeden wirksamen Pfandrechtsausübung ist, dass ein wirksamer Verkehrsvertrag geschlossen wurde; der Frachtführer den Besitz an dem mit Pfand belegten Gut von oder zumindest mit Willen des Absenders erlangt haben muss; der Absender Eigentümer des Pfandgutes oder diesbezüglich verfügungsbefugt ist; Der Pfandgegenstand muss sich ferner entweder noch im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz des Frachtführer befinden oder es muss ein besitzloses Pfandrecht begründet worden sein. Während sich die Pfandrechtsausübung im Regelfall immer dann als unproblematisch durchführbar erweisen dürfte, wenn sich das Sendungsgut zum Zeitpunkt der Inpfandnahme im Besitz des Frachtführer befindet, gestaltet es sich deutlich komplizierter und aufwändiger, wenn sich das Pfandgut nicht mehr im Besitz des Frachtführer befindet, insbesondere wenn es schon an den Empfänger ausgeliefert oder einem nachfolgenden Frachtführer zur weiteren Transportausführung übergeben wurde. 2. Besitzloses Pfandrecht: Hat der Frachtführer das Pfandgut bereits an den Empfänger ausgeliefert, kann er das (sog. besitzlose) Pfandrecht noch innerhalb von drei Tagen nach der Ablieferung gerichtlich geltend (bspw. im Wege eines Mahnbescheides, einer Klage, einer einstweiligen Anordnung) machen. Allerdings läuft das besitzlose Pfandrecht selbst bei rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung ins Leere, wenn sich das Gut nicht mehr im Besitz des Empfängers (also bspw. in dessen Lager) befindet, 441 Abs. 3 HGB letzter Halbsatz. 3. Verlängertes Pfandrecht: Hat der Frachtführer das Pfandgut an den nachfolgenden Frachtführer zur weiteren Transportausführung übergeben, treten andere Schwierigkeiten bei der Pfandrechtsausübung auf. Hier bedarf es nämlich der Beteiligung dieses nachfolgenden Frachtführers, der gemäß 442 HGB...die Rechte der vorhergehenden Frachtführer, insbesondere auch das Pfandrecht auszuüben hat. In diesem Fall spricht man von einem sog. verlängerten Pfandrecht. Hat der letzte, abliefernde Frachtführer in der Kette pflichtwidrig und schuldhaft bei Ablieferung des Bilder-Quelle: Herbert Schadewald 6

7 Gutes das Pfandrecht nicht geltend gemacht, dann ist er den vorhergehenden Frachtführern nach den 442 Abs. 1, 433 HGB schadenersatzpflichtig, wobei der zu ersetzende Schaden darin besteht, das Beförderungsgut nicht mehr als Sicherheit für die Forderungen des vorhergehenden Frachtführer zur Verfügung steht. Die Obergrenze des zu ersetzenden Schadens bildet dabei regelmäßig der Forderungsbetrag, der vom abliefernden Frachtführer im Wege des Pfandverkaufs hätte erzielt werden können. VI. Eigentumssituation und Verfügungsbefugnis am Beförderungsgut Die Pfandrechtsausübung ist unproblematisch, wenn der Absender Eigentümer des Pfandgutes ist. Diese Situation dürfte regelmäßig bei Ladungsverkehren gegeben sein. Ist der Absender indes nicht Eigentümer des Sendungsgutes (was überwiegend der Fall sein dürfte), ist eine wirksame Pfandrechtsausübung möglich, wenn der Frachtführer den Absender zum Abschluss des Frachtvertrages für befugt hält (arg. 366 Abs. 1 und 3 HGB). Auf Grundlage dieser Versendungsbefugnis wird daher regelmäßig eine sog. Verfügungsbefugnis des Absenders im Sinne des 185 BGB angenommen, OLG Stuttgart, WM 1978, 1330, 1332. Eine Verfügungsbefugnis des Absenders wird dabei auch dann angenommen, wenn der Eigentümer mit dem Transport konkludent einverstanden war, OLG Köln, MDR 2002, 957. Dieser Fall dürfte regelmäßig auf Transportaufträge zutreffen, die von Spediteuren erteilt werden. VII. Guter Glaube an das Eigentum oder an die Verfügungsbefugnis des Absenders Sofern der Absender weder Eigentümer des Beförderungsgutes ist noch insoweit verfügungsbefugt ist, kann ein Pfandrecht schließlich nur dann wirksam ausgeübt werden, wenn der Frachtführer im Hinblick auf das Eigentum des Absenders oder dessen Verfügungsbefugnis gutgläubig war, wobei insbesondere ein guter Glaube an die Verfügungsbefugnis des Absenders immer dann anzunehmen sein dürfte, wenn keine besonderen Umstände den Verdacht des Gegenteils aufkommen lassen. Dem Frachtführer ist nämlich nicht zuzumuten, bei jedem Frachtauftrag die rechtsgeschäftliche Verfügungsbefugnis des Absenders zu hinterfragen oder gar zu überprüfen, BGH, NJW 1977,1240 und NJW 1983, 2140. Zu beachten sind allerdings unterschiedliche Maßstäbe im Hinblick auf die der Pfandrechtsausübung zugrundeliegenden Forderungen beachten. Während bei den sog. konnexen Forderungen (anlässlich des konkreten Frachtvertrages) gem. 366 III HGB ein Pfandrecht sowohl bei gutem Glauben des Frachtführer an das Eigentum des Absenders (z.b. weil er das Ladungsgut direkt vom Absender erhalten hat, OLG Düsseldorf VersR 1974, 661, 662) als auch bei dessen guten Glauben an die Versendungsbefugnis des Frachtführer begründet werden kann (z.b. weil der Frachtführer das Sendungsgut von einem Dritten auf Weisung des Absenders erhalten hat), begründet bei sog. inkonnexen Forderungen (Altforderungen) lediglich ein guter Glaube an das Eigentum des Absenders das Frachtführerpfandrecht. Ein guter Glaube an die Verfügungsbefugnis des Absenders lässt also bei inkonnexen Forderungen ein Pfandrecht regelmäßig nicht wirksam entstehen. Merksatz: Ist der Absender weder Eigentümer des Beförderungsgutes noch darüber verfügungsbefugt, kann bei Altforderungen lediglich der gute Glaube an das Eigentum ein Pfandrecht begründen. Die Variante des gutgläubigen Erwerbes eines Pfandrechtes bei inkonnexen Forderungen dürfte daher regelmäßig nicht greifen, wenn der Frachtführer den Frachtauftrag durch einen Spediteurs oder Hauptfrachtführer erhalten hat, da diese in den seltensten Fällen Eigentümer des Gutes sein dürften. Hauptanwendungsfall der Ausübung des Frachtführerpfandrechtes wegen inkonnexer Forderungen ist daher der Ladungsverkehr. VIII. Die Pfandverwertung Die Pfandverwertung richtet sich nach den allgemeinen Pfandverwertungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, 1228 Frachtführer. BGB. Die Pfandverwertung erfolgt danach im Wege des Verkaufes. Zu beachten ist, dass der Frachtführer nur so viele Pfandgüter zum Verkauf bringen darf, als zu seiner Befriedigung erforderlich sind (sog. Gebot des maßvollen Verkaufs). 1. Voraussetzungen eines rechtmäßigen Pfandverkaufs Die Pfandverwertung setzt ein rechtmäßiges Pfandrecht (Voraussetzungen siehe oben) die sog. Pfandreife, 1228 Abs. 2 BGB die Verkaufsandrohung, 1234 BGB öffentliche Bekanntmachung der Versteigerung, 1237 BGB den Ablauf der Wartefrist, 368 HGB, 1234 Abs. 2 BGB die Berücksichtigung des Gebotes des maßvollen Verkaufs, 1230 Satz 2 BGB

Verkauf im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung an den Meistbietenden, 1235 BGB voraus. 2. Pfandreife Die Pfandreife setzt voraus, dass die der Pfandrechtsausübung zugrundeliegende Forderung fällig ist. Soweit keine individualvertraglichen Abreden bzgl. der Fälligkeit getroffen sind, sind Forderungen des Frachtführers gemäß 420 HGB mit Ablieferung, Forderungen des Spediteurs gemäß 456 HGB mit Übergabe des Gutes an den Frachtführer oder Verfrachter und Forderungen des Lagerhalters gemäß 467 Abs.2 HGB, 699 BGB mit Beendigung der Lagerung fällig. Eine weitere Fälligkeitsregelung findet sich darüber hinaus in Ziffer 18.1 ADSp. Die VBGL setzen ebenfalls eine sofortige Fälligkeit voraus. 3. Die Verkaufsandrohung und öffentliche Bekantmachung der Versteigerung Den Verkauf des Pfandgutes hat der Pfandgläubiger (Inhaber des Pfandrechtes) dem Empfänger, hilfsweise dem Absender anzuzeigen und dabei den Geldbetrag zu bezeichnen, weswegen der Verkauf stattfinden soll. Die Androhung soll dem Empfänger die Möglichkeit geben, das Pfandgut freizulösen. Die von 1237 BGB geforderte öffentliche Bekanntmachung der Versteigerung ist idr durch Zeitungsanzeige vorzunehmen, 383 Abs. 3, 816 ZPO. 4. Die Wartefrist In Abweichung von der Regelfrist (1 Monat) des 1234 Abs. 2 BGB darf der Verkauf des Pfandgutes frühestens eine Woche nach der Verkaufsandrohung erfolgen. Praktisch wird ein Verkauf bereits nach einer Woche allerdings nicht in Frage kommen, da im Regelfall bereits die öffentliche Bekanntmachung mehr Zeit in Anspruch nehmen dürfte. Zu beachten ist die abweichend in Ziffer 20 ADSp geregelte Wartefrist von zwei Wochen. 5. Gebot des maßvollen Verkaufs Besteht das Beförderungsgut aus mehreren Pfändern dürfen gemäß 1230 Satz 2 BGB nur so viele Pfänder verkauft werden, als zur Befriedigung des Pfandgläubigers erforderlich sind. 6. Verkauf in öffentlicher Versteigerung Nach 1235 BGB ist der Verkauf an den im Rahmen der öffentlichen Versteigerung Meistbietenden vorzunehmen. Von dem Meistbietenden ist der Verkaufspreis in bar zu entrichten, 1238Abs. 1 BGB. 7. Erlösverteilung Grundsätzlich sind aus dem Verkaufserlös zunächst die Kosten der Pfandrechtsverwertung zu decken, 1210 Abs.2 BGB. Anschließend erfolgt die Befriedigung des Pfandgläubigers aus dem Erlös. Erreicht der Pfandverwertungserlös nicht den Betrag der Kausalforderung, bleibt der nicht vom Erlös gedeckte Teil der Frachtforderung bestehen. Übersteigt der Verwertungserlös den Betrag der Frachtforderung erwirbt der Eigentümer den die Frachtforderung übersteigenden Erlös, 1247 Satz 2 BGB. Geht dem Pfandgläubiger ein anderes Pfandrecht im Range vor, kann er sich nur aus dem verbleibenden Erlös befriedigen. Soweit der Eigentümer und der Frachtenschuldner personenidentisch sind, erlischt die pfandgesicherte Frachtenforderung, 1252 BGB. Sind der Eigentümer und der Frachtenschuldner personenverschieden, erfolgt ein Übergang der Frachtenforderung auf den Eigentümer, 1225 BGB. I m p r e s s u m Herausgeber: Fuhrgewerbe-Innung Berlin-Brandenburg e. V. Hedemannstraße 13, 10969 Berlin Redaktion: Gerd Bretschneider Sandra Elsanowski Tel.: 030.251 06 91 - Fax: 030.251 06 93 www.fuhrgewerbe-innung.de - info@fuhrgewerbe-innung.de Satz, Layout, Druck, Anzeigenverwaltung: FGIBB Service GmbH Hedemannstraße 13, 10969 Berlin Tel.: 030.25 29 50 10 - Fax: 030.25 29 50 11 www.fgibb.de - post@fgibb.de Titelbild/Quelle: Herbert Schadewald Versand: Fuhrgewerbe-Innung Berlin-Brandenburg e. V. 8

IX. Fortsetzung auf Seite 9 Verhältnis mehrerer Pfandrechte 443 HGB regelt das Verhältnis der an demselben Beförderungsgut begründeten Pfandrechte des Kommissionärs, Frachtführers, Spediteurs, Lagerhalters und der Verfrachters. Nach dieser Konkurrenzregelung geht das durch die Versendung oder durch die Beförderung des Gutes später entstandene Pfandrecht dem früher entstandenen Pfandrecht ( 443 Abs.1 HGB) vor. Ebenso gehen beförderungsbezogene Pfandrechte nicht aus der Versendung entstandenen Pfandrechten, also insbesondere handelsrechtlichen Pfandrechten, wie beispielsweise Wertnachnahmen ( 443 Abs. 2 HGB) vor. 442 BGB Gemäss 442 HGB ist im Falle der Beförderung durch mehrere Frachtführer der letzte Frachtführer verpflichtet, die Rechte der vorhergehenden Frachtführer, insbesondere auch das Pfandrecht auszuüben. Das Pfandrecht jedes vorhergehenden Frachtführers bleibt dabei so lange bestehen wie das Pfandrechts des letzten Frachtführer. Vorhergehende Frachtführer sind dabei solche, die das Gut in der Kette befördert haben, einschließlich der Spediteure, die den Transport des Gutes organisiert haben. Befriedigt ein nachfolgender Frachtführer oder Spediteur seinen Vormann, so gehen dessen Forderungen und akzessorischen Pfandrechte kraft Gesetzes auf den nachfolgenden Frachtführer oder Spediteur über ( 412 BGB). X. Fazit: Die Pfandrechsausübung ist kompliziert. Spätestens vor der Pfandverwertung sollte anwaltlicher Rat hinzugezogen werden, um die Rechtmäßigkeit der Pfandrechtsausübung prüfen zu lassen. Bei unrechtmäßiger Pfandrechtsausübung drohen Schadenersatzforderungen. * Der Verfasser: Christoph Fiedler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Transportund Speditionsrecht, Vorsitzender des Fachanwaltsausschusses für Transport- und Speditionsrecht bei der Rechtsanwaltskammer des Landes Brandenburg Anwaltsozietät Leinen & Derichs Köln Potsdam Berlin Brüssel Kurfürstenstraße 31, 14467 Potsdam Tel.: 0331 / 28 999-0 Fax: 0331 / 28999-14 christoph.fiedler@leinen-derichs.de Anzeige 9