Geschichtlicher Überblick Empirische Sozialforschung = Geschichte des Datensammelns 16.-18. Jahrhundert Im Zuge der Herausbildung der ationalstaaten wurden primär Daten über die Bevölkerung gesammelt. Ziele: - militärisches Potential feststellen - Finanzierung des Staates sichern - potentielle Märkte erschließen rationale administrative Planung ermöglichen 19. Jahrhundert: Elend als Folge der Industrialisierung und Urbanisierung - Armutsforschung wird im späten 19.Jhdt in großen Stil von den herrschenden finanziert. Gründe: 1. Unter dem Bedürfnis nach rationaler administrativer Planung sollte Lage der Armen verbessert werden 2. Sorge um die Moral der Gesamtbevölkerung 3. Machterhalt: Aufkommende Arbeiterbewegung bedrohte den Staat Studie: Charles Booth A Survey of London Life and Labour (~1890) - unsystematische und theorielose Untersuchung - massive Datensammlung in 17 Bänden veröffentlicht Datengrundlage - unsystematische Beobachtungsdaten (Besuche in armen Haushalten) - unstrukturierte Experten - Interviews (Polizisten, Geldeintreiber, Hygieneinspektoren, Sozialfürsorger) - Ergebnisse - 30% der Londoner Bevölkerung lebt in Armut - Korrelation zwischen Hilfs- bzw. Gelegenheitsarbeit und niedrigem Lohn
Methodische Entwicklung Soziographie = der Versuch, mit Hilfe von systematisch erhobenen Daten (durch Beobachtung, Fallstudien und anderen Methoden) auf induktivem Weg zu allgemeinen Aussagen zu gelangen aus dieser Tradition differenzieren sich qualitative und quantitative Ansätze aus USA ab 1920 Quantitative Tradition Pollster - Umfragen im Vorfeld von Wahlen - Messung politischer Einstellungen - Zufallsstichproben - Statistische Auswertungsverfahren Qualitative Tradition Chicago School - teilnehmende Beobachtung - Dokumentenanalyse - Theoretical Sampling - Detailanalysen/Interpretation Deutschland ab 1920 und mit Unterbrechung ab 1950 Quantitative Tradition Kölner Schule - Orientierung an US-Tradition - Stärkere Theorieeinbindung - v.a. Sozialstrukturanalyse Meinungsforschungsinstitute - EMID, Allensbach, etc. - V.a. Politische Umfragedaten Qualitative Tradition Frankfurter Schule - Empirische Forschung im natürlichen Kontext (z.b. Gruppendiskussionen) - Historische Einbettung Interpretative Forscher - Wissenssoziologie - Symbolischer Interaktionismus
Forschungslogischer Ablauf quantitativer Untersuchungen Soziales Problem Theorie Auftrag Entdeckungszusammenhang Theorie (bestehende Untersuchungen, etc.) Definition von Begriffen Hypothesen Operationalisierung geeignete Methode Stichprobe Evtl. Pretest Datenerhebung Auswertung und statistische Prüfung B E G R Ü D U G S Z U S A M M E H A G Interpretation Hypothesentest Darstellung, Publikation, Vorträge, Pressemitteilung, Soziale Planung Verwertungszusammenhang
Beispiel für quantitative Vorgehensweisen 1. Entdeckungszusammenhang Soziales Problem: Ausländerfeindlichkeit 2. Begründungszusammenhang Theorien: - Wenn in Gesellschaften hohe Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt herrscht, kommt es vielfach zu ausländerfeindlichen Einstellungen Hypothesen: Explanans Allaussage Wenn Konkurrenz, dann Ausländerfeindlichkeit Randbedingung In Gesellschaft X besteht Konkurrenz Explanandum Zu erklärendes Phänomen In Gesellschaft X besteht Ausländerfeindlichkeit ominaldefinition Ausländerfeindlichkeit = egative Einstellungen gegenüber Ausländern, etc. Konkurrenz = Operationalisierung Ausländerfeindlichkeit = Wenn auf bestimmte Fragen mit ja geantwortet wird (Bsp. Finden Sie, dass zu viele Ausländer in Deutschland leben ) Methode: Befragung (standardisiert, geschlossene Fragen) Stichprobenziehung: Zufallsstichprobe Schwedenschlüssel Pretest: Wenn zu viele Antworten auf Weiß nicht oder Sonstiges fallen, müssen die Instrumente (=Fragebogen) nochmals neu konstruiert werden Datenerhebung: Schulung der Interviewer, Durchführung nach Schwedenschlüssel Auswertung und statistische Prüfung: Berechung von Korrelationen mit SPSS Interpretation Trifft die Hypothese zu oder wird sie falsifiziert?
Kennzeichen qualitativer Forschung 1. Reflexivität des Forschers 2. Einzelfallbezogenheit 3. Offenheit 4. Methodenkontrolle 5. Induktion 6. Fallrekonstruktion
Quantitative Methoden Qualitative Methoden Ausgangspunkt Theorien Theorien und Gegenstand Erster Schritt Hypothesenbildung Vorverständnis offen legen Gegenstand Methode muss dazu passen (bspw. können seltene Fälle nicht untersucht werden) Methode kann angepasst werden Geeignete Methode wird vorab festgelegt Methoden-Mix möglich Forschungsprozess Quantifizierung Fallgröße Verallgemeinerbarkeit Datenauswertung Erkenntnisprinzip Rückbindung der Empirie an die Theorie Subjektivität standardisiert und hypothesengeleitet Untersuchung erfolgt nur, wenn Q prinzipiell möglich ist Große Fallzahl, Stichprobenziehung Rückschlüsse auf Grundgesamtheit möglich Korrelationen durch statistische Verfahren Erklären von Ursache- Wirkungszusammenhängen Erfolgt nur begrenzt im Rahmen des Pre-Test Wird als Störvariable ausgeklammert offen und regelgeleitet Q kann angeschlossen werden Einzellfälle, beliebige Ausweitung möglich ur bedingt möglich Regelgeleitete Interpretation und Typenbildung Verstehen und Rekonstruktion komplexer Zusammenhänge Erfolgt auf allen Stufen des Forschungsprozesses Wird als unausweichlicher Faktor reflektiert einbezogen Forschungslogik Deduktion Induktion