Bevacizumab bei HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom



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Transkript:

33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie bei HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom King s College School of Medicine/SPL/Agentur Focus INHALT Einsatzrationale für bei HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom: 3 Kasuistiken bei metastasiertem Mammakarzinom: klinische Datenlage ZUM THEMA Der Angiogenesehemmer ist für die First-line-Behandlung von Patientinnen mit HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom in Kombination mit Paclitaxel oder Capecitabin zugelassen. Die Gabe von zusätzlich zur Chemotherapie verbessert unabhängig vom Hormonrezeptor-Status des Mammakarzinoms die Prognose von Patientinnen mit einem HER2-negativen metastasierten Mammakarzinom. Welche Patientinnen besonders von der zusätzlichen -Gabe profitieren und welche Rationale dem First-line-Einsatz von zugrunde liegt, diskutierte eine Expertengruppe gynäkologisch-onkologisch tätiger Ärzte anhand von drei Kasuistiken.

Grundlage jeder evidenzbasierten Therapieentscheidung sind die Daten aus klinischen Studien, die im klinischen Alltag auf jeden Patienten individuell übertragen werden müssen. Kontrollierte klinische Studien, darunter mehrere randomisierte Phase-III-Studien, haben Wirksamkeit und Verträglichkeit des Angiogenesehemmers (Avastin ) bei Patientinnen mit HER2-negativem (HER2-) metastasiertem Mammakarzinom gezeigt [1 11]. Die Kombination plus Chemotherapie erhöht in der Erstlinientherapie des HER2-negativen metastasierten Mammakarzinoms die objektive Ansprechrate (ORR) und verlängert die progressionsfreie Überlebenszeit (PFS) im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie. Dies gilt unabhängig vom Hormonrezeptor (HR)-Status des HER2-negativen Mammakarzinoms: So profitieren Patientinnen mit HR-positivem Mammakarzinom ebenso von der zusätzlichen -Gabe wie Patientinnen mit triple-negativem Mammakarzinom (TNBC: Östrogenrezeptor-negativ {ER-}, Progesteronrezeptor-negativ {PR-}, HER2-) [2, 4, 6, 7]. Vor dem Hintergrund der aktuellen klinischen Datenlage diskutierte eine Expertengruppe gynäkologisch-onkologisch erfahrener Ärzte die Einsatzrationale von bei Patientinnen mit HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom. Im Fokus standen drei Therapiesituationen: das TNBC, das endokrin vorbehandelte HR-positive sowie das rezidivierte HER2-negative Mammakarzinom mit adjuvanter Taxan-haltiger Vortherapie. Kasuistik 1 Einsatzrationale für bei metastasiertem TNBC Für Patientinnen mit metastasiertem TNBC stehen vergleichsweise wenige wirksame Therapieoptionen zur Verfügung. Die Bedeutung des zusätzlichen Einsatzes von im Rahmen der First-line-Chemotherapie sowie die zugrunde liegenden Entscheidungskriterien wurden anhand der nachfolgenden Kasuistik diskutiert. Der Fall Bei einer 69-jährigen postmenopausalen Patientin wurde im Januar 212 ein invasiv-duktales TNBC ohne Lymphknotenbefall diagnostiziert (ct1 {18 mm}, pn {sn-, /2}, G3, M, ER %, PR %, HER2-, Ki-67 45 %). Die Patientin erhielt neoadjuvant vier Zyklen Docetaxel/Cyclophosphamid (TC) und wurde nachfolgend brusterhaltend operiert: ypt1a (4 mm), L, V, R (>3 mm). Im Mai 212 folgte eine adjuvante Bestrahlung plus Boost Abbildung 1 (links). Knapp ein Jahr später (März 213) hatten sich an der Thoraxwand Hautmetastasen entwickelt. Die Re-Testung der Metastase bestätigte eine triple negative Tumorbiologie (ER-, PR-, HER2-). Das weitere Staging ergab multiple Lebermetastasen und einen um den Faktor 1,5 erhöhten Transaminase-Wert. Weitere Therapieoptionen Aufgrund der klinischen Situation und der aggressiven Tumorbiologie (TNBC, G3-Tumor, hoher Ki-67-Wert) hat die Patientin eine eher ungünstige Prognose. Es ist davon auszugehen, dass sich in absehbarer Zeit tumorbedingte Beschwerden einstellen, sofern der Tumor medikamentös nicht gut kontrolliert werden kann. In dieser palliativen Situation ist das Therapieziel eine gute Tumorkontrolle, um der Patientin eine möglichst lange symptomfreie Zeit zu ermöglichen. Die Patientin benötigt Triple-negatives Mammakarzinom: Ansprechrate unter /Paclitaxel Ansprechrate (%) 6 5 4 3 2 1 Gesamtpopulation 49 22 Paclitaxel (n=243) [2] modifiziert nach [2, 8, 11] (n=229) [2] triple-negatives Mammakarzinom 49 43 (n=84) [11] TURANDOT (n=63) [8] daher eine Behandlung mit hoher Ansprechwahrscheinlichkeit, weshalb sie auf jeden Fall eine Chemotherapie plus erhalten sollte. Vor diesem Hintergrund ist die Firstline-Behandlung mit /Paclitaxel eine sinnvolle und potenziell hoch wirksame Therapieoption (Abb. 1). Die neoadjuvante Taxan-Vorbehandlung spricht im vorliegenden Fall nicht gegen den erneuten Einsatz eines Taxans, da sie schon länger zurückliegt. Unabhängig davon sollten die Erfahrungen in der neoadjuvanten Therapie und der Wunsch der Patientin in die Entscheidung einfließen. Eine mögliche Alternative zu /Paclitaxel ist die Kombination /Capecitabin. In der Zulassungsstudie RIB- BON1 erreichte diese Kombination eine signifikant (p=,97) höhere Ansprechrate und eine signifikant längere progressionsfreie Überlebenszeit (p=,2) im Vergleich zur Capecitabin- Monotherapie [5]. Hinsichtlich des medianen Gesamtüberlebens zeigte sich in der TURAN- DOT-Studie für die mit /Capecitabin behandelten Patientinnen keine Unterlegenheit im Vergleich zur Behandlung mit / Paclitaxel [6]. Fazit der Experten für die Praxis Aufgrund der ungünstigen Prognose benötigt die Patientin eine First-line-Behandlung mit hoher Ansprechwahrscheinlichkeit. Primär bietet sich die Kombination /Paclitaxel und alternativ die Kombination /Capecitabin an. C 2 Springer Beilage für Onkologen

Kasuistik 2 Einsatzrationale für bei HR-positivem HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom Auch für Patientinnen mit HR-positivem, HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom ist der Einsatz von plus Chemotherapie eine hochwirksame Therapieoption. Die Bedeutung dieser Option bei endokrin vorbehandelten Patientinnen sowie die zugrunde liegenden Entscheidungskriterien wurden anhand der nachfolgenden Kasuistik diskutiert. Der Fall Bei der 54-jährigen postmenopausalen Patientin wurde im Oktober 29 ein HR-positives (ER 6 %, PR 4 %) HER2-negatives (IHC1+) Mammakarzinom mit Lymphknotenbefall und aufgebrochener Tumorfront diagnostiziert (ct2, cn+, G2, L, V, M). Die Patientin hatte keine klinisch relevanten Begleiterkrankungen und eine unauffällige Familienanamnese. Im Rahmen des neoadjuvanten Therapiekonzeptes erhielt sie sechs Zyklen TAC (Docetaxel, Doxorubicin, Cyclophosphamid). Unter der Therapie kam es zu einer deutlichen Tumorrückbildung (>75 %). Die Patientin wurde brusterhaltend operiert (Axilla Level I+II; ypt1, ypn, L, V, G2, R), adjuvant bestrahlt und mit Tamoxifen gefolgt von Anastrozol endokrin weiterbehandelt. Etwa 2,5 Jahre nach Beginn der endokrinen Therapie wurde eine große asymptomatische Lebermetastase (7 cm) diagnostiziert. Die Re-Testung an der Metastase bestätigte die HR-positive, HER2-negative Tumorbiologie des Primärtumors. Die Patientin erhielt Exemestan/Everolimus. Sie vertrug die Behandlung gut und erreichte eine Krankheitsstabilisierung. Nach sechs Monaten hatte die Metastasenlast in der Leber deutlich zugenommen (+2 %). Die Frage ist, wie die Patientin weiterbehandelt wird und ob eine Indikation für eine Chemotherapie plus besteht. Abbildung 2 Hormonrezeptor-positives Mammakarzinom: Medianes PFS unter /Paclitaxel medianes PFS (Monate) 14 12 1 8 6 4 2 5,8 Paclitaxel (n=354) [2] Gesamtpopulation (n=368) [2] PFS=progressionsfreies Überleben modifiziert nach [2, 4, 6, 7] 11,3 11, Weitere Therapieoptionen Bei Patientinnen mit HR-positivem Mammakarzinom ist die endokrine Behandlung Therapie der Wahl. Eine Chemotherapie ist indiziert, wenn aufgrund der klinischen Situation ein erhöhtes Risiko mit aktuellem Behandlungsdruck besteht. Das ist bei symptomatischen Patienten der Fall sowie immer dann, wenn in absehbarer Zeit eine tumorbedingte Symptomatik oder ein Organausfall zu erwarten ist. Eine Chemotherapie-Indikation besteht daher zum Beispiel bei Vorliegen viszeraler Metastasen, bei großer Tumorlast, multiplen Metastasen bzw. einem ungünstigen Verhältnis von Metastasenlast zur Organgröße (z. B. große Metastasen 5 cm) sowie bei weiteren Risikofaktoren wie z. B. einer ungünstigen Lokalisation der Metastase(n) im Organ (z. B. Hilusnähe bei Lebermetastasen). Die Experten betonen, dass endokrine Vortherapien keinen Einfluss auf die Entscheidungskriterien für die First-line-Chemotherapie bzw. den First-line-Einsatz von haben. Die Kriterien für die Indikation der First-line-Chemotherapie und den zusätzlichen Einsatz von gelten unverändert. Im vorliegenden Fall war die Lebermetastase bei Diagnose asymptomatisch, was die Einleitung einer palliativen endokrinen Therapieschiene rechtfertigt. Gleichwohl hätte angesichts der Größe der Metastase (7 cm) auch eine Chemotherapie eingesetzt werden können. Die deutliche Größenzunahme der Metastase um etwa 2 % innerhalb TURANDOT (n=285) [6] Hormonrezeptor-positiv 12,7 12,1 (n=232) [4] TURANDOT (n=221) [7] von sechs Monaten unter laufender endokriner Behandlung macht spätestens jetzt die Umstellung auf eine Chemotherapie notwendig. Die deutliche Größenzunahme der Metastase impliziert einen klaren Behandlungsdruck: Es drohen Leberkapselschmerzen und Organversagen. Deswegen benötigt die Patientin eine Therapie mit hoher Ansprechwahrscheinlichkeit. Die Experten empfehlen daher zusätzlich zur Chemotherapie den Einsatz von. Sowohl die Kombination / Paclitaxel als auch /Capecitabin sind wirksame und sichere Therapieoptionen für die First-line-Therapie. Im vorliegenden Fall empfehlen die Experten primär die Weiterbehandlung mit /Paclitaxel. Subgruppenanalysen der Zulassungsstudie und der TURANDOT-Studie [4, 7] weisen Paclitaxel/ für die Patientinnen mit HRpositivem, HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom als hochwirksame First-line- Therapie aus (Abb. 2). Kommt eine Taxan-haltige Therapie nicht in Frage, ist / Capecitabin eine wirksame Alternative. Fazit der Experten für die Praxis Nicht der HR-Status, sondern die klinische Risikosituation ist entscheidend für den Einsatz von Chemotherapie in Kombination mit. C 3

Kasuistik 3 Einsatzrationale für im Rahmen der First-line- Chemotherapie nach adjuvanter Taxan-haltiger Therapie Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom sind vielfach adjuvant bzw. neoadjuvant vorbehandelt. Jene mit HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom und speziell jene mit metastasiertem TNBC haben in der Regel (neo)adjuvant eine Taxan-haltige Chemotherapie erhalten. Die Frage ist, ob diese Patientinnen im Fall der Metastasierung erneut eine Taxan-haltige Behandlung erhalten können und ob im Rahmen der Firstline-Behandlung eine Indikation für die Kombination /Paclitaxel besteht. Das Expertengremium diskutierte dies am Beispiel einer Patientin mit TNBC. Der Fall Bei der seinerzeit 55-jährigen Patientin war ein TNBC ohne Lymphknotenbefall diagnostiziert worden (pt1c {1,8 cm}, pn {sn}, M, L, V, R, G3). Postoperativ erhielt die Patientin eine adjuvante Chemotherapie mit vier Zyklen Epirubicin/Cyclophosphamid gefolgt von vier Zyklen Paclitaxel wöchentlich. Drei Jahre nach Erstdiagnose wurden multiple Leber- und Lungenmetastasen diagnostiziert. Für die anstehende First-line-Chemotherapie stellt sich die Frage, ob erneut eine Taxan-haltige Therapie in Frage kommt. Taxan-Reinduktion plus? Die Experten waren sich einig, dass die Patientin aufgrund der multiplen viszeralen Metastasen zusätzlich zur Chemotherapie erhalten sollte. Die Subgruppenanalysen der - und der TURANDOT- Studie hatten gezeigt, dass TNBC-Patientinnen unter zusätzlicher -Gabe signifikant länger ohne Tumorprogression bleiben als unter alleiniger Chemotherapie [6, 8]. Darüber hinaus profitierten in Subgruppenanalysen der Zulassungsstudie die Patientinnen mit (neo)adjuvanter Taxan-haltiger Vortherapie ebenso deutlich von der zusätzlichen -Gabe wie das Gesamtkollektiv [4]. Das mediane progressionsfreie Überleben hatte sich von 5,8 Monate auf 13,1 Monate verlängert (Hazard Ratio {HR}=,33). Im vorliegenden Fall ist aufgrund des langen krankheitsfreien Intervalls von drei Jahren die erneute Gabe einer Taxan-haltigen Therapie eine potenziell hochwirksame Therapieoption. Die Experten empfehlen daher den First-line-Einsatz von / Paclitaxel. Eine Alternative ist die Kombination /Capecitabin, die in der TURANDOT- Studie eine vergleichbare mediane Überlebenszeit erreichte wie die Kombination /Paclitaxel [6]. Die Experten empfehlen, die Therapieentscheidung mit der Patientin zu besprechen und in Abhängigkeit von den Nebenwirkungen bzw. der Verträglichkeit der adjuvanten Paclitaxel-Therapie zu treffen. Grundsätzlich ist die Reinduktion desselben Taxans hier Paclitaxel möglich, wenn das therapiefreie Intervall mindestens zwölf Monate betragen und die Patientin das Taxan gut vertragen hat. Alternativ kann bei anhaltenden Langzeitnebenwirkungen der adjuvanten Taxan-Therapie mit Capecitabin kombiniert werden. Das erwähnte lange therapiefreie Intervall von drei Jahren könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Patientin einen weniger aggressiven Subtyp des TNBC hat. Dies spricht aber nach Ansicht der Experten nicht gegen die First-line-Therapie mit / Chemotherapie, da die aktuelle klinische Situation und der Behandlungsdruck entscheidend sind. Fazit der Experten für die Praxis Auch nach (neo)adjuvanter Taxan-haltiger Vorbehandlung ist die First-line-Behandlung mit /Paclitaxel eine hochwirksame Therapieoption für Patientinnen mit HER2-negativem Mammakarzinom. GCA / SPL / Agentur Focus Mammakarzinom: Magnetresonanztomographie Nach Ansicht der Experten ist bei einem kurzen therapiefreien Intervall auch / Capecitabin eine Alternative. C Springer Beilage für Onkologen 4

Klinische Datenlage bei metastasiertem Mammakarzinom Die Diskussion der drei Kasuistiken erfolgte vor dem Hintergrund der klinischen Studienlage zu, die im Folgenden zusammengefasst wird. Zulassungsstudien Die Zulassung der Kombination /Paclitaxel für die First-line-Behandlung von Patientinnen mit HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom basiert auf der randomisierten Phase-III-Studie [1, 2]: Im direkten Vergleich mit der alleinigen Paclitaxel-Gabe verdoppelte die zusätzliche -Gabe die Ansprechrate (49 % versus 22 %; p<,1) und verlängerte die mediane progressionsfreie Überlebenszeit (PFS) auf 11,3 Monate versus 5,8 Monate Abbildung 3 Überlebenswahrscheinlichkeit (%) 1 8 6 4 2 (n=285) + Capecitabin (n=279) Intention-to-treat-Population (n=564) HR: 1,36 (95 %-KI: 1,9 1,68) p=,52 8,1 11, 6 12 18 Zeit (Monate) HR=Hazard Ratio; KI=Konfidenzintervall (HR,48; p<,1) [3]. Subgruppenanalysen bestätigen dies unabhängig vom Alter der Patientinnen und dem HR-Status des Tumors (Abb. 2, [4]). Die Zulassung der Kombination /Capecitabin für die First-line- Behandlung des HER2-negativen metastasierten Mammakarzinoms basiert auf den Daten der randomisierten Phase-III-Studie RIBBON-1 [5]: Die Ergebnisse zeigen die Effektivität der Kombination /Capecitabin mit einer signifikanten PFS-Verlängerung (8,6 Monate versus 5,7 Monate; HR,69; p=,2) und einer signifikant höheren objektiven Ansprechrate (ORR: 35,4 % versus 23,6 %; p=,97) und bestätigen darüber hinaus die gute Wirksamkeit von in Kombination mit Paclitaxel. 24 Progressionsfreies Überleben von Patientinnen mit metastasiertem HER2-negativem Mammakarzinom: First-line-Behandlung mit / Paclitaxel bzw. /Capecitabin modifiziert nach [6] Aktuelle Studiendaten aus 213 Aktuelle Daten randomisierter Phase-III-Studien untermauern die Ergebnisse beider Zulassungsstudien. In der TURANDOT-Studie wurden mehr als 5 Patientinnen mit HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom first-line mit /Paclitaxel oder /Capecitabin behandelt [6]. Primärer Studienendpunkt war die Nicht-Unterlegenheit von /Capecitabin beim Gesamtüberleben. Beide Regime bestätigten ihre Wirksamkeit und Verträglichkeit. Trotz einer kürzeren medianen PFS (11, versus 8,1 Monate; HR 1,36; p=,52, Abb. 3), war die Kombination Capecitabin/ der Kombination Paclitaxel/ beim medianen Gesamtüberleben nicht unterlegen (HR 1,42; p=,593). Wie Subgruppenanalysen auch hier zeigen, profitieren sowohl Patientinnen mit TNBC als auch jene mit positivem HR-Status von einer guten Wirksamkeit [7, 8]. Unterschiede zwischen beiden Regimen gab es erwartungsgemäß bei den Chemotherapie-assoziierten Nebenwirkungen: Myelotoxizität und Neuropathien standen unter Paclitaxel im Vordergrund, während unter Capecitabin Diarrhö und das Hand-Fuß-Syndrom dominierten (Abb. 4). In der deutschen TABEA-Studie wurde untersucht, ob die zusätzliche Gabe von Capecitabin die Wirksamkeit der First-line-Behandlung mit /Paclitaxel erhöht [9]. Abbildung 4 /Paclitaxel im Vergleich zu /Capecitabin: Nebenwirkungsprofil 2 (n=284) + Capecitabin (n=277) Patienten (%) 15 1 5 periphere Neuropathie Neutropenie Leukopenie Polyneuropathie Nagelveränderungen periphere sensorische Neuropathie Diarrhoe Fatigue Asthenie Dyspnoe Anämie Knochenschmerzen Hypertonie Hand-Fuß- Syndrom alle unerwünschten Ereignisse Grad 3 in 2 % in jeder Gruppe (Safety Population); modifiziert nach [6] 5 Springer Beilage für Onkologen

Dies war nicht der Fall: Die First-line-Therapie mit /Paclitaxel war genauso wirksam wie die 3er-Kombination /Paclitaxel/Capecitabin bei insgesamt geringerer Toxizität. Die mediane PFS betrug unter /Paclitaxel 11,3 Monaten (versus 1,3 Monate im Vergleichsarm) und lag damit im Bereich der -Studie [2]. Daten aus dem klinischen Alltag Die Ergebnisse der nicht-interventionellen Studie ML21165 aus Deutschland bestätigen Wirksamkeit und Sicherheit von /Paclitaxel unter klinischen Alltagsbedingungen bei mehr als 8 Patientinnen mit HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom, darunter 154 Patientinnen mit TNBC [1]. Erneut profitierten Patientinnen von der zusätzlichen - Gabe, unabhängig davon, ob das Mammakarzinom triple-negativ war oder nicht. Die mediane PFS betrug 8, Monate (TNBC) bzw. 1,1 Monate und die ORR 51 % (TNBC) bzw. 65 %. In allen Studien zeigte sich: Der Wirksamkeitsvorteil durch wird in der Regel nicht durch kumulierende Nebenwirkungen geschmälert. Das gilt auch für ältere Patientinnen. Aufgrund der guten Verträglichkeit ist die zugelassene Erhaltungstherapie mit nach Beendigung der Chemotherapie sinnvoll und wird empfohlen. Zusammenfassung Der Angiogenesehemmer ist in Kombination mit Paclitaxel bzw. Capecitabin eine wirksame First-line-Therapie für Patientinnen mit HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom. Das gilt unabhängig vom HR-Status und der Vorbehandlung der Patientinnen. Das krankheitsfreie Intervall von Patientinnen, die (neo)adjuvant mit Taxanen vorbehandelt wurden, sollte zur Therapieentscheidung herangezogen werden. Entscheidend für den First-line-Einsatz von zusätzlich zur Chemotherapie ist laut der Experten die aktuelle klinische Situation: Besteht ein Behandlungsdruck, z.b. aufgrund multipler viszeraler Metastasen, akuter Symptomatik oder einer zugrunde liegenden aggressiven Tumorbiologie, sollte unabhängig vom Subtyp des HER2-negativen Karzinoms first-line eingesetzt werden. C Literatur 1. Miller K et al., NEJM 27, 357:2666 2676 2. Gray R et al., J Clin Oncol 29, 27:4966 4972 3. Klencke BJ et al., J Clin Oncol 28, 26 (Suppl):Abstract 136a 4. O Shaughnessy J et al., Cancer Res 29, 69 (Suppl 3):Abstract 27a 5. Robert NJ et al., J Clin Oncol 211, 29:1252 126 6. Lang I et al., Lancet Oncol 213, 14:125 133 7. Kahàn Z et al., AACR 213, Poster LB 177 8. Inbar MJ et al., J Clin Oncol 213, 31 (Suppl):Abstract 14 9. Lück HJ et al., J Clin Oncol 213, 31 (Suppl):Abstract 182a 1. Schneeweiss A et al., EJC 211, 47 (Suppl 1):Abstract 573a 11. Phase-III-Studie, Roche, data on file Impressum Einsatz von Avastin bei HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom Expertenmeeting im Rahmen der 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie, München, 27.6.213 Teilnehmer: Prof. Dr. Christian Jackisch, Offenbach; PD Dr. Sherko Kümmel, Essen; PD Dr. Michael Lux, Erlangen; Prof. Dr. Hans-Joachim Lück, Hannover; Prof. Dr. Volkmar Müller, Hamburg; Prof. Dr. Andreas Schneeweiss, Heidelberg Bericht: Birgit-Kristin Pohlmann, Nordkirchen Titelbild: Röntgenbild eines Mammakarzinoms, King`s College School of Medicine/SPL/Agentur Focus Druck: Druckpress GmbH, Leimen Mit freundlicher Unterstützung der Roche Pharma AG, Grenzach-Whylen Corporate Publishing (verantwortlich): Ulrike Hafner, Dr. Michael Brysch, Dr. Katharina Finis, Dr. Friederike Holthausen, Sabine Jost, Ann Köbler, Dr. Claudia Krekeler, Inge Kunzenbacher, Dr. Christine Leist, Dr. Sabine Lohrengel, Dr. Ulrike Maronde, Dr. Annemarie Musch, Dr. Monika Prinoth, Yvonne Schönfelder. Dr. Petra Stawinski, François Werner, Teresa Windelen Springer Medizin Springer-Verlag GmbH Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media Beilage in Der Onkologe Band 19, Heft 12, Dezember 213 Springer-Verlag Berlin Heidelberg 213 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in dieser Zeitschrift berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annah me, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für An gaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsfor men kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Rich tigkeit überprüft werden. 1311/2113566 6 Springer Beilage für Onkologen