Mitgliederversammlung Haus- und Grundbesitzerverein e.v. 04.04.2016 Aktuelle Rechtsprechung/Themen Referent: RA Lucian Schliffka, Kanzlei SCHLIFFKA & SCHWAB
Zugang von Erklärungen Der Zugang ist eine Wirksamkeitsvoraussetzung empfangsbedürftiger Willenserklärungen (z.b. Kündigungen und Abmahnungen). Voraussetzung des Zugangs ist, dass die Willenserklärung so in den Herrschaftsbereich des Adressaten gelangt ist, dass nach der Verkehrsauffassung bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse mit dessen Kenntnisnahme von der Erklärung zu rechnen war. Auch der genaue Zeitpunkt des Zugangs, mit dem die Willenserklärung dann wirksam wird, 130 Abs. 1 BGB, hängt davon ab, wann nach diesen Kriterien mit der Kenntnisnahme zu rechnen war. Uhrzeit? Urlaub Zugangsvereitelung
Wie sollten Zustellungen erfolgen? Wer muss was beweisen? Einfaches Schreiben? (kein Nachweis) Einschreiben/Rückschein (Nicht sinnvoll, da bei Abwesenheit des Empfängers im Zeitpunkt der Zustellung durch die Post keine Bestätigung des Zugangs erfolgen kann, weil lediglich eine Benachrichtigung über den Zustellungsversuch erfolgt, nicht aber das Schriftstück selbst in den Briefkasten eingelegt wird) Einwurfeinschreiben (grundsätzlich möglich: Bundesgerichtshof durch Urteil vom 25.01.2012, Az. VIII ZR 95/11; Aber: Es wird nur der Einwurf eines Briefes bestätigt; welcher Brief jedoch nicht) 2 sichere Zustellarten
Sichere Zustellungsarten Zustellung per Gerichtsvollzieher (Kosten: ca. 15-30 ) Zustellung per Boten/Zeugen Nicht Vermieter Naher Angehöriger? Dokumentation: Kopie des Originals erstellen Zeuge notiert auf Kopie das Datum und Uhrzeit des Einwurfs in den Briefkasten/Empfangsvorrichtung Unterschrift Foto des Einwurfs Bestätigung und Foto zum Vorgang nehmen.
BGH 18.11.2015, Az.: VIII ZR 266/14 Wohnfläche Urteil in Bezug auf die Mieterhöhung Bisher: die vereinbarte Wohnfläche war maßgebend, wenn die tatsächliche Wohnfläche zum Nachteil des Mieters nicht mehr als 10 % davon abwich. Künftig: die tatsächliche Wohnfläche ist bei einer Mieterhöhung zu Grunde zu legen. Die Kappungsgrenze ist weiterhin nach der zum Stichtag bestehenden tatsächlich gezahlten Miete zu berechnen. Die Kappungsgrenze knüpft daher nicht an die fiktive Miete an, wie sie unter Berücksichtigung der tatsächlich größeren Wohnfläche hättet gebildet werden können. Der Mieter kann sich nicht die Rosinen heraus picken: Ist die tatsächliche Wohnfläche größer als im Mietvertrag angegeben, kann sich der Mieter nicht darauf berufen, er habe dauerhaft auf die geringere Mietfläche als Berechnungsgröße vertrauen dürfen. Folgen für die Praxis: Berechnung der tatsächlichen Wohnfläche zukünftig notwendig; Feststellung der tatsächlich vermieteten Fläche als Bemessungsgrundlage auch für eine ordnungsgemäße Nebenkostenabrechnung, da geplant ist, auch die Umlage der Betriebskosten nach dem Anteil der Wohnfläche künftig nach den tatsächlichen Flächenverhältnissen zu richten (anstehende Mietrechtsreform in der 18. Legislaturperiode) Hinweis: Der BGH hält ausdrücklich daran fest, dass ein zur Minderung der Miete führender Mangel der Wohnung gegeben ist, wenn die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10 % unter der im Mietvertrag gegebenen Wohnfläche liegt.
AG Brandenburg 22.01.2016, Az.: 31 C 138/14 Zulässigkeit einer Videoüberwachung Eine Videoüberwachung, die sich auf den eigenen privaten Bereich der überwachenden Person beschränkt, der nur für diese selbst und gegebenenfalls für ihre Familienangehörigen zugänglich ist, ist ohne weiteres zulässig. Sobald eine Videoüberwachung aber zumindest auch Bereiche erfasst oder erfassen kann, die für Dritte zugänglich sind, müssen die berechtigten Interessen der von den Videoaufnahmen betroffenen dritten Personen auch berücksichtigt werden. Diesen Personen steht ein Recht am eigenen Bild, sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu. Sie können verlangen, dass die Videokamera so einzustellen ist, dass sie nicht das benachbarte Privatgrundstück oder gar öffentliche Bereiche mit erfasst. Die Installation einer Kamera, mit der eine gezielte Überwachung des Eingangsbereichs eines Mehrparteienhauses möglich ist, stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mieter dar. Eine solche Anlage bedarf daher der Zustimmung sämtlicher Mieter (AG Schöneberg, Urteil vom 8.6.2012, 19 C 166/12).
BGH: Az. VI ZR 272/94 Nur in Ausnahmefällen kann eine Überwachung gerechtfertigt sein, etwa wenn der Vermieter konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass Angriffe auf seine Person oder auf Mitbewohner bevorstehen oder zu befürchten sind.
Änderung des Mess-und Eichgesetzes Die Bundesregierung hat ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Mess- und Eichgesetzes den Entwurf eines Ersten Gesetzes zu dessen Änderung eingebracht. Damit sollen zum einen europarechtlich geforderte Umsetzungshinweise ergänzt und zum anderen klargestellt werden, wer neue oder erneuerte Messgeräte an die Eichbehörden melden muss. Der nach dem Inkrafttreten des Eichgesetzes Anfang 2015 von den Dienstleistern entfachte Streit über die Anzeigepflicht von neuen oder erneuten Messgeräten dürfte mit dem neuen Gesetzesentwurf beendet sein. Der Gesetzgeber stellt mit der neuen Formulierung in 32 Abs. 1 MessEG richtig, dass der Verwender von neuen oder erneuerten Messgeräten die Anzeigepflicht nicht zu erfüllen hat wenn er einen Dritten mit der Erfassung der Messwerte beauftragt hat dies nachweisen kann. Zudem wurde die Geldbuße für das fahrlässige oder vorsätzliche versäumen der Anzeigepflicht von ehemals 30.000 auf 10.000 abgesenkt ( 60 Abs. 2).
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit