PRAKTISCHE UMSETZUNG DER ERNÄHRUNGS- THERAPIE BEI NIERENERKRANKUNGEN Doris Borgmann Diätassistentin/ Leitung der Diätassistentenschule Akademie für Gesundheitsberufe Johannes Wesling Klinikum Minden
Ernährung ein wichtiger Teil der Therapie Medizin Medikamente Nierenerkrankung Ernährung Bewegung 2
Ernährungstherapie UMFASST EINE individualisierte, definierte und gezielte Ernährungsmaßnahme mit Hilfe künstlicher oder herkömmlicher Ernährung (Valentini et al. 2013: 105) Neben dem BEDARF müssen auch die BEDÜRFNISSE des Patienten berücksichtigt werden 3
Ziele der Ernährungstherapie bei CNI IN DER PRÄDIALYSEPHASE Progression der CNI reduzieren durch Anpassung der Eiweißzufuhr IN DER DIALYSEPHASE (HD ODER PD) Akute Komplikationen verhindern (Hyperkaliämie, Überwässerung) Kardiovaskuläres Risiko minimieren (Gefäßverkalkung) ALLGEMEIN Förderung und Erhalt eines guten Ernährungszustandes Gute Lebensqualität und Freude am Essen erhalten 4
Ernährungsempfehlungen bei CNI nach Stadien 5
Kaliummanagement Kalium ist ein wasserlöslicher Mineralstoff und ist in allen sowohl pflanzlichen als auch tierischen Lebensmitteln in unterschiedlicher Menge enthalten. Die Kaliumzufuhr lässt sich beeinflussen durch Geeignete Lebensmittelauswahl Verzehrsmenge Kaliumreduzierende Zubereitungsmethoden 6
Kaliummanagement - Lebensmittelauswahl kaliumreich mg Kalium kaliumarm mg Kalium 200 ml Trinkmilch 3,5 % Fett 282 50 ml Sahne / 150 ml Wasser 55 100 g Nektarine 170 100 g Apfel 144 100 g süße Kirschen, frisch 230 100 g Kirschkompott o. Saft 145 100 g Karotte 290 100 g Karotte kaliumarm zuber. 123 100 g Tomate, frisch 242 100 g Gurke, frisch 141 100 g Pellkartoffeln 400 100 g Kartoffeln, kaliumarm zuber. 170 200 g Heringsfilet in Tomatensoße 700 200 g Heringsstipp mit Mayonnaise 310 100 g Milchschokolade 470 100 g Schokolinsen 270 100 g weiße Schokolade 350 100 g Geleefrüchte 94 Quelle: eigene Berechnung mit DIDA 2009; Diätetische Datenbank; Gutzmann, Lipke 7
Kaliummanagement feste Portionsgrößen Kaliumzufuhr 2000 2500 mg/ Tag 150 g geeignetes Gemüse, ggf. kaliumsparende Garmethode wählen Kaliumzufuhr < 2000 mg/ Tag Max. 150 g geeignetes Gemüse in kaliumsparender Zubereitung 150 180 g Kartoffeln in kaliumsparender Zubereitung Besser Reis oder Nudeln < 150 g geeignetes Obst 100 g Kompott ohne Saft Ca. 50 g Salat oder rohes Gemüse weglassen Quelle: eigene Berechnung mit DIDA 2009; Diätetische Datenbank; Gutzmann, Lipke 8
Phosphatmanagement Phosphor kommt in fast allen Lebensmitteln in unterschiedlicher Menge vor. Alle eiweißreichen Lebensmittel sind phosphatreich! Die Phosphatzufuhr lässt sich beeinflussen durch: Geeignete Lebensmittelauswahl Vermeidung von Lebensmitteln mit phosphathaltigen Zusatzstoffen Die richtige Handhabung von Phosphatbindern 9
Phosphatmanagement - Lebensmittelauswahl Portion/g Lebensmittel Eiweißgehalt/g Phosphor/mg 150 Schweineschnitzel 33 258 70 Wiener Würstchen 9 119 150 Lachssteak 30 380 30 Edamer 45% F. Tr. 7 121 60 Hühnerei 8 128 200 Nudeln, gekocht 10 136 200 Kartoffeln 3 100 50 Weizenmischbrot 3 66 60 Schmelzkäse 8 566 60 Camembert 45% F. Tr. 13 210 200 Milch 7 184 50 150 Sahne Wasser Quelle: eigene Berechnung mit DIDA 2009 Diätetische Datenbank; Gutzmann, Lipke 1 32 10
Phosphatmanagement - Phosphathaltige Zusatzstoffe E-Nummer Bezeichnung Vorkommen E 322 Emulgator, Antioxidationsmittel Instant-Produkte, Backwaren, Süßigkeiten E 338, E 339 a-c, E 340 a-c E 341 b+c, E 343 Säuerungsmittel, Säureregulatoren Cola, Sportgetränke, Milchgetränke, Schnelldesserts, Nahrungsergänzungsmittel Brotbackmischungen E 450 Schmelzsalze Schmelzkäse, Scheibletten, Automatengetränke.. E 451 a+b Antioxidantien, Schaumverhüter Trockenlebensmittel in Pulverform E 341 a, E 541 Backtriebmittel Backpulver, Feingebäckmischungen. E 1410, 1412, 1413, 1414 und E 1442 Modifizierte Stärken Instant-Produkt, Fertiggerichte, Dessert Auszüge aus: Ernährung, Diätetik, Diaetologische Behandlung, Nierenerkrankungen und Harnsteine; Verband der Diaetologen Österreichs 2011 11
Phosphatmanagement - PEP Das Phosphat-Einheiten-Programm Phosphatgehalt der Lebensmittel wird in Phosphateinheiten angegeben 1 PE entspricht einem Phosphatgehalt von 50 100 mg im Lebensmittel Keine fixe Dosierung der Phosphatbinder = Ziel des Programms ist der eigenverantwortliche Umgang des Patienten mit Phosphatbindern nach jeweiligem Phosphatgehalt der Lebensmittel Autoren des Programms: PD Dr. med. Martin K. Kuhlmann in Zusammenarbeit mit Irmgard Landthaler und Simone Höchst; www.nieren-und-gefaesse.de/downloads/.../broschuere_einfuehrung_pep.pdf 12
Vermeidung eines Protein-Energy-Wasting-Syndroms Energiezufuhr Die Kalorienzufuhr muss an den aktuellen Ernährungszustand angepasst werden! Eiweißzufuhr Die Eiweißzufuhr richtet sich nach der Nierenfunktion. Biologisch hochwertige Eiweißkombinationen sind zu bevorzugen = Unzureichende Energie- und Eiweißzufuhr führt zu einer negativen Stickstoffbilanz und damit zum Muskelabbau. 13
Vorkommen von Eiweiß in Lebensmitteln pflanzliche Eiweißlieferanten Getreide Brot Cerealien Getreideerzeugnisse Kartoffeln, Reis, Nudeln tierische Eiweißlieferanten Fleisch- und Wurstwaren Fisch Eier Milch/ Milchprodukte Käse Quark Gemüse und Obst Hülsenfrüchte Soja(-produkte), Tofu Erbsen, Bohnen, Linsen
Biologisch hochwertige Eiweißkombinationen Kartoffeln Mit Ei, Milch, Fleisch und Fisch Kartoffelgratin mit Käse Bauernomelett Rührei mit Kartoffeln Bratkartoffeln mit Fisch oder kleinem Steak Kartoffeln mit Quark Hülsenfrüchte mit Milch, Ei, Fisch, Fleisch oder Getreideerzeugnissen Bohnensalat mit Brot Grünkernsalat mit Erbsen Getreide mit Milch, Ei, Fisch, Fleisch, Hefe Brot mit Käse Milchreis Spaghetti mit Käse Nudeln mit Ei Tagliatelle mit Lachs Nudeln mit Fleischklößchen Reis mit Fisch, Fleisch, Eiern Hefekuchen Auszüge aus: Cornelia A. Schlieper; Grundfragen der Ernährung; Handwerk- und Technik-Verlag Hamburg, 22. Auflage, S. 128. 15
Nährstoffzufuhr in unterschiedlichen Stadien PATIENTENBEISPIEL: PERSON MIT 70 KG KÖRPERGEWICHT Energie: 35 kcal/kg Körpergewicht Bei 70 kg 2.450 kcal Eiweiß: 0,8 1,4 g/kg Körpergewicht 0,8 g/kg Körpergewicht 56 g Eiweiß 1,2 g/kg Körpergewicht 84 g Eiweiß 1,4 g/kg Körpergewicht 98 g Eiweiß Phosphatarm: 800-1.200 mg Kaliumarm: 2.000-2.500 mg Flüssigkeitsbilanziert: Trinkmenge 500-800 ml + Restdiurese 16
Morgens Frühstück Mittags Nachmittags Abends Spätmahlzeit Nährwerte Nährstoffzufuhr in unterschiedlichen Stadien 50-60g Eiweiß 2 Brötchen, 20 g Streichfett, Honig, 30 g Frischkäse 150 ml Tee 1 Sch. Brot, Margarine, 25 g veget. Pastete 70 g Hühnerfleisch, 150 g Gemüse, Öl zum Braten, 180 g kaliumarme Kartoffeln, 100 ml Wasser 60 g Hefekuchen, 150 ml Kaffee 3 Scheiben Brot, 30 g Butter, Streichfett, 15 g 15 Käse, g Käse, 15 g 15 Wurst, g Wurst, 50 g Gurke, 50 g Gurke, 150 ml Tee 100 g Obstkompott 2.102 kcal; 57 g Eiweiß, 31 g pfl. / 26 g tier. 1960 mg Kalium, 900 mg Phosphor, 550 ml Trinkmenge 57 g Eiweiß, 31 g pfl. / 26 g tier. 80-90g Eiweiß + 30 g Bierschinken 100 g Quark, 20 g Konfitüre 120 g Hühnerfleisch 30 g Käse, 30 g Wurst 2.075 kcal; 84 g Eiweiß, 25 g pfl./ 59 g tier. 2.140 mg Kalium, 1.200 mg Phosphor, 550 ml Trinkmenge 90-100g Eiweiß 150 g Hühnerfleisch + 30 g Tofu 2.149 kcal; 96 g Eiweiß, 30 g pfl. / 66 g tier. 2.360 mg Kalium, 1.1308 mg Phosphor, 550 ml Trinkmenge 17
Stufenplan der Ernährung Lebensqualität Oral Energieanreicherung Zusatznahrung ENTERAL Zusatznahrung PEG Parenteral IDPE 18
Abschließende Betrachtung ERNÄHRUNGSTHERAPIE BEI NIERENERKRANKUNGEN Stellt aufgrund der vielfältigen Einflussfaktoren und zu beachtenden Parameter eine große Herausforderung sowohl für den Arzt als auch für den Ernährungstherapeuten dar. Die Ernährungsgewohnheiten und eine adäquate Lebensqualität des Patienten sollten bei der Vielfalt der diätetischen Vorschriften so weit wie möglich berücksichtigt werden. Empathie und mitfühlendes Verhalten in der Therapie tragen ebenso zu einer verbesserten Gesundheit und Wohlbefinden bei. 19
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit Doris Borgmann 20