Klausur vom 12.02.2010 Algebra I Rolf Farnsteiner Lösungen Daiva Pučinskaitė
Aufgabe 1. Seien U 1, U 2 G Untergruppen einer Gruppe G. Zeigen Sie, dass folgende Aussagen äquivalent sind: (1) U 1 U 2 ist eine Unterguppe von G. (2) U 1 U 2 oder U 2 U 1. (1) (2) Angenommen, es gilt U 1 U 2. Zu zeigen ist U 2 U 1. Da U 1 U 2, gibt es ein x U 1 mit x U 2. Nach der Voraussetzung (1) ist U 1 U 2 eine Untergruppe von G, damit gilt x y U 1 U 2 für jedes y U 2. Es gilt also x y U 1 oder x y U 2. Aus y U 2 folgt y 1 U 2 und damit gilt nach unserer Annahme also x = x (y y 1 ) = (x y) y 1 U 2, somit kann x y nicht in U 2 liegen. Folglich gilt x y U 1. Aus x U 1 folgt x 1 U 1 und damit gilt y = x 1 (x y) U 1. Da y ein beliebiges Element aus U 2 ist, gilt U 2 U 1. (2) (1) Wenn U 1 U 2, dann gilt U 1 U 2 = U 2 und damit ist U 1 U 2 eine Untergruppe von G. Im Falle U 2 U 1 gilt U 1 U 2 = U 1, also ist U 1 U 2 eine Untergruppe von G.
Aufgabe 2. Sei I R ein Ideal eines kommutativen Rings R, sowie X eine Unbestimmte. Beweisen Sie folgende Aussagen: (1) Die Menge I := { n a ix i ; n N 0, a i I für 0 i n} ist ein Ideal von R[X]. (2) Es existiert ein Isomorphismus R[X]/I = (R/I)[X]. { } Zu (1). Die Menge I = a i X i ; n N 0, a i I für 0 i n erfüllt die Axiome { m } eines Ideals von R[X] = r i X i ; n N 0, r i R für 0 i n : I ist eine Untergruppe von R[X] bezüglich + : Es gilt I, denn 0 I. m Seien a := a i X i, b := b i X i I, o.b.d.a. n m, dann gilt: a + b = (a i + b i )X i + m i=n+1 b i X i I, denn a i + b i I für alle 1 i n (Abgeschlossen bzgl. der Addition), a = ( a i )X i I, denn a i I für alle 0 i n, ( ) m m+n Sei r R[X] mit r = r i X i, dann gilt r a = r µ a η X i. Da I ein Ideal von R ist und a 0,..., a n aus I sind, gilt und damit gilt r a I. µ+η=i µ+η=i r µ a η I für jedes i {0,..., m + n} Die Teilmenge I ist damit ein Linksideal von R[X]. Der Ring R[X] ist kommutativ, weil R kommutativ ist. Damit gilt r a = a r I für alle r R[X] und a I. Somit ist I auch ein Rechtsideal und folglich ein Ideal von R[X]. Da R ein kommutativer Ring ist, ist auch R[X] ein kommutativer Ring und damit ist I ein Ideal. Zu (2). Da I ein Ideal von R ist, ist R/I ein Ring. Die Abbildung ι : R/I (R/I) [X] mit ι(r) = r ist ein injektiver Ring-Homomorphismus (hier r = r + I).
Sei π : R R/I mit π(r) = r der kanonische surjektive Ring-Homomorphismus, dann ist ϕ := (ι π) : R (R/I) [X] ein Homomorphismus von kommutativen Ringen; es gilt ϕ(r) = r (R/I) [X]. Nach der Vorlesung gibt es genau einen Ring-Homomorphismus ϕ : R[X] (R/I) [X] mit ϕ (r) = ϕ(r) und ϕ (X) = X. Es gilt: ( ) ϕ : R[X] (R/I) [X] mit ϕ a i X i = a i X i (a) Der Ring-Homomorphismus ϕ ist surjektiv: Sei a i X i (R/I) [X], dann gilt ϕ(a i ) = a i für alle a 0,..., a n R und damit gilt auch ϕ ( Wir erhalten also im ϕ = (R/I) [X]. a i X i ) = a i X i. (b) Es gilt ker ϕ = I, dabei ist I das ( Ideal von R[X] aus (1): ) Sei a i X i R[X] mit ϕ a i X i = 0, dann gilt ϕ(a i ) = a i = 0 für alle 1 i n, d.h. a i I für alle 0 i n und damit ist a i X i I. Sei a i X i I, dann sind a 0,..., a n aus I und damit gilt ϕ (a i ) = a i = 0 für alle i {0,..., n}. Es gilt ϕ ( a i X i ) = 0 oder anders gesagt a i X i ker ϕ. Bekannt ist, dass R/ ker f = im f für jeden Ring-Homomorphismus f : R R gilt (Homomorphiesatz). In unserem Fall erhalten wir deshalb R[X]/I = (R/I) [X] aus (a) und (b).
Aufgabe 3. Sei k ein Körper sowie X 1,..., X n Unbestimmte über k (n 1). Zeigen Sie, dass folgende Aussagen äquivalent sind: (a) k[x 1,..., X n ] ist ein Hauptidealring. (b) n = 1. Bekannt ist, dass R[X] ein Hauptidealring ist und zwar genau dann, wenn R ein Körper ist. (a) (b) Aus k[x 1,..., X n ] = k [X1,..., X n 1 ] [X n ] folgt, dass k [X 1,..., X n 1 ] [X n ] nur dann ein Hauptidealring ist, wenn k [X 1,..., X n 1 ] ein Körper ist. Bezüglich der Multiplikation ist deshalb jedes Element f aus k [X 1,..., X n 1 ] \ {0} invertierbar: Sei f k [X 1,..., X n 1 ] \ {0}, dann existiert ein g k [X 1,..., X n 1 ] \ {0} mit f g = 1. Jeder Körper ist ein Integritätsbereich, somit gilt deg (f g) = deg (f) + deg (g) = deg (1) = 0. Daraus folgt deg (f) = deg (g) = 0 und damit gilt f k. Ist also k [X 1,..., X n 1 ] \ {0} ein Körper, dann gilt k [X 1,..., X n 1 ] = k oder anders gesagt, wenn n = 1. (b) (a) Der Ring k[x] ist ein Hauptidealring, nach dem Satz oben.
Aufgabe 4. Sei p eine Primzahl sowie N G ein Normalteiler einer endlichen Gruppe G derart, dass p G/N. (a) Zeigen Sie, dass jede Sylow-p-Untergruppe von G in N enthalten ist. (b) Bestimmen Sie die Sylow-3-Untergruppen des Normalteilers A 4 := {σ S 4 ; sgn(σ) = 1} S 4. Zu (a). Nach dem Satz von Lagrange gilt G = G/N N. Sei S eine Sylow-p-Untergruppe von G, dann existieren m, q N 0 mit S = p m und G = p m q sowie p q. Wir zeigen, dass S in N enthalten ist. Sei G/N = p 1 p r eine Zerlegung in Primelemente. Nach der Voraussetzung p G/N gilt p p i für alle i {1,..., r}. Aus G = G/N N = p m q folgt damit, dass p m ein Teiler von N ist. Ausserdem ist p m+1 kein Teiler von G und damit auch kein Teiler von N. Es existiert also ein q N mit N = p m q und p q. Nach dem Satz von Sylow existiert eine Untergruppe U von N (und damit von G) mit U = p m. Damit ist U eine Sylow-p-Untergruppe von G, die in N enthalten ist. Außerdem existiert nach dem Satz von Sylow ein g G mit g U g 1 = S. Damit erhalten wir S = g U g 1 g N g 1. Ein Normalteiler hat die Eigenschaft g N g 1 = N für alle g G. Es gilt also S = g N g 1 = N. Damit ist S eine Untergruppe von N. Zu (b). Für den Normalteiler A 4 von S 4 gilt S 4 /A 4 = S 2 A 4 = 2. Die Primzahl 3 ist kein Teiler von S 4 /A 4, deswegen erhalten wir Syl 3 (S 4 ) = Syl 3 (A 4 ) aus (a). Es gilt S 4 = 3 8 und 3 8, somit sind alle Untergruppen S von S 4 mit S = 3 die Sylow-3-Untergruppen von S 4 und damit von A 4 (sie sind die von 3-Zykeln erzeugten Untergruppen). Nach dem Satz von Sylow gilt Syl 3 (S 4 ) = 1 mod(3) und Syl 3 (S 4 ) = [S 4 : N S4 (S)] = S 4 N S4 (S) (hier ist N S 4 (S) der Normalisator von S Syl 3 (S 4 )). Da S N S4 (S) ist S = 3 ein Teiler von N S4 (S) und damit ist Syl 3 (S 4 ) ein Teiler von 8. Wir erhalten also Syl 3 (S 4 ) {1, 4}. Die Untergruppen, die von 3-Zykeln (1, 2, 3) und (2, 3, 4) erzeugt sind, sind verschieden. Also gibt es genau 4 Sylow-3-Untergruppen von A 4 : (1, 2, 3) = {Id S4, (1, 2, 3), (1, 3, 2)}, (1, 2, 4) = {Id S4, (1, 2, 4), (1, 4, 2)}, (1, 3, 4) = {Id S4, (1, 3, 4), (1, 4, 3)}, (2, 3, 4) = {Id S4, (2, 3, 4), (2, 4, 3)}.
Aufgabe 5. Sei L : K eine algebraische Körpererweiterung sowie a L ein Element mit Minimalpolynom µ a K[X]. Ferner sei n N derart, dass für jede Primzahl p n gilt: p deg(µ a ). Zeigen Sie, dass K(a) = K(a n ) gilt. Die Körpererweiterung K(a) : K ist algebraisch, somit gilt [K(a) : K] = deg(µ a ). Da a n K(a), ist K(a n ) ein Teilkörper der Erweiterung K(a) : K. Nach dem Gradsatz gilt [K(a) : K] = [K(a) : K(a n )] [K(a n ) : K] = deg(µ a ). Das Element a ist algebraisch über jeden Körper Q mit K Q K(a), somit auch über K(a n ). Sei µ a K(a n )[X] das Minimalpolynom von a über K(a n ) und es gelte deg( µ a ) = m (es gilt [K(a) : K(a n )] = m), dann ist µ a ein Teiler jedes Polynoms f K(a)[X] mit f(a) = 0. Da a eine Nullstelle des Polynoms X n a n K(a n )[X] ist, ist µ a ein Teiler von X n a n und damit gilt deg( µ a ) = m deg (X n a n ) = n. Folglich gilt [K(a) : K] = [K(a) : K(a n )] [K(a }{{} n ) : K] = deg(µ a ). m Damit ist m ein Teiler von deg(µ a ), anders gesagt deg(µ a ) = m r für ein r N. Wir zeigen nun m = 1. Angenommen m > 1, dann existiert eine Primzahl p, die m teilt (jede natürliche Zahl n mit n > 1 ist ein Produkt aus gewissen Primzahlen). Dann teilt p auch m r = deg(µ a ). Da m n, gilt auch p n und dies ist ein Widerspruch zu der Voraussetzung, dass eine Primzahl, die kleiner ist als n, kein Teiler von deg(µ a ) ist. Es gilt also m = 1 und damit [K(a) : K(a n )] = 1. Daraus folgt K(a) = K(a n ).
Aufgabe 6. Bestimmen Sie die Anzahl der Homomorphismen ϕ : Q( 3 2) C. Hinweis: Sie können folgende Tatsache benutzen. Es gibt kein Element α Q mit α 3 = 2. Sei ϕ : Q ( 3 2 ) C ein Homomorphismus, dann erfüllt die Teilmenge L ϕ := { x Q ( 3 2 ) ϕ(x) = x } von Q ( 3 2 ) alle Körper-Axiome und damit gilt Q L ϕ, denn Q ist der Primkörper von Q ( 3 2 ) und damit in allen Teilkörpern von Q ( 3 2 ) enthalten. Für jeden Homomorphismus ϕ : Q ( 3 2 ) C gilt damit ϕ Q = Id Q. Aus char(q) = 0 folgt, dass die Erweiterung Q ( 3 2 ) : Q separabel ist und damit gilt { ϕ : Q ( 3 2 ) C ; ϕ ist ein Homomorphismus } { ϕ : Q ( 3 2 ) } C ; ϕ Q = Id Q [ Q ( 3 2 ) : Q ] S [ Q ( 3 2 ) : Q ] Zu bestimmen ist also der Grad der Körpererweiterung Q( 3 2):Q. Das Element 3 2 Q ( 3 2 ) ist eine Nullstelle von X 3 2 Q[X], also ist 3 2 algebraisch über Q und damit ist [ Q ( 3 2 ) : Q ] der Grad des Minimalpolynoms µ 3 2 von 3 2 über Q. Das Polynom X 3 2 aus Q[X] ist normiert und 3 2 ist eine Nullstelle. Angenommen X 3 2 ist nicht irreduzibel, dann existieren normierte Polynome f, g aus Q[X] mit deg(f) = 1, deg(g) = 2, so dass X 3 2 = f g gilt, denn 3 = deg(x 3 2) = deg(f) + deg(g) (Q ist ein Integritätsbereich). Das Polynom f ist somit von der Form X α für ein α Q, also ist α eine Nullstelle von f und damit von X 3 2, anders gesagt, es gilt α 3 = 2. Nach dem Hinweis gibt es kein Element aus Q mit dieser Eigenschaft und dadurch erhalten wir einen Widerspruch zu der Annahme, dass X 3 2 nicht irreduzibel ist. Das Polynom X 3 2 ist also das Minimalpolynom von 3 2 über Q und damit gilt [ Q ( 3 2 ) : Q ] = 3. Es gibt also genau 3 Homomorphismen Q( 3 2) C.
Aufgabe 7. (1) Bestimmen Sie den Grad der Körpererweiterung Q( 3 2):Q. (2) Bestimmen Sie den Grad der Körpererweiterung Q( 2, 3 2):Q. Hinweis: Sie können folgende Tatsache benutzen. Es gibt kein Element α Q mit α 2 = 2 oder α 3 = 2. Zu (1). Siehe Aufgabe 6. Zu (2). Zunächst gilt [ Q ( 2 ) : Q ] = 2 = deg (X 2 2), denn X 2 2 ist das Minimalpolynom von 2 über Q (mit der analogen Argumentation für die Bestimmung des Minimalpolynoms von 3 2 in Aufgabe 6). Es gilt Q ( 2, 3 2 ) = Q ( 2 ) ( 3 2 ) = Q ( 3 2 ) ( 2 ) und damit sind Q ( 3 2 ) und Q ( 2 ) Teilkörper der Erweiterung Q ( 2, 3 2 ) : Q. Da 2 ein Element aus Q ( 3 2 ) ist, ist X 2 2 ein normiertes Polynom aus Q ( 3 2 ) [X] und 2 ist eine Nullstele von X 2 2. Daraus folgt, dass das Minimalpolynom µ 2 von 2 über Q ( 3 2 ) ein Teiler von X 2 2 ist. Somit gilt deg ( µ [ ( 2) 2 und damit Q 2, 3 2 ) : Q ( 3 2 )] 2. Aus Teil (1) und bereits Errechnetem erhalten wir [ ( Q 2, 3 2 ) : Q ] [ ( = Q ) ( )] [ ( ) ] 3 3 3 2, 2 : Q 2 Q 2 : Q } {{ } } {{ } 2 =3 = [ Q ( 2, 3 2 ) : Q ( 2 )] [ ( ) ] Q 2 : Q } {{ } =2 6 Der Grad der Körpererweiterung Q ( 2, 3 2 ) : Q ist also eine natürliche Zahl n 6, die von 2 und 3 geteilt wird. Wir erhalten n = 6 und damit [ Q ( 2, 3 2 ) : Q ] = 6.
Aufgabe 8. Sei L:K eine Galoiserweiterung mit G(L:K) = S 4. Bestimmen Sie die Anzahl der Zwischenkörper K Q L mit [Q:K] = 8. Ist L : K eine endliche Galois-Erweiterung mit der Galois-Gruppe G := G(L : K), dann sind die Abbildungen {Untergruppen von G} γ {Zwischenkörper von L : K} H L H {Untergruppen von G} γ {Zwischenkörper von L : K} G(L:Q) Q bijektiv und invers zueinander. Außerdem gilt H H für Untergruppen H und H von G genau dann, wenn L H L H. Es gilt auch H = [ L : L H] für jede Untergruppe H G. Hier eine schematische Darstellung: e G H H G L L H L H K Für jeden Zwischenkörper Q von L : K gilt nach dem Gradsatz und dem Satz von Lagrange [L : K] }{{} G(L:K) = [L : Q] }{{} G(L:Q) [Q : K] }{{} [G(L:K):G(L:Q)] Nach unserer Voraussetzung gilt [L : K] = [L : Q] [Q : K] = G = S 4 = 24. Für einen Zwischenkörper Q von L : K gilt [Q : K] = 8 genau dann, wenn [L : Q] = 3. Die Anzahl der Zwischenkörper K Q L mit [Q : K] = 8 stimmt somit mit der Anzahl der Zwischenkörper K Q L mit [L : Q] = 3 überein. Dies ist genau die Anzahl der Untergruppen von G (und damit von S 4 ) mit 3 Elementen. Da S 4 = 3 8 und 3 8 ist Syl 3 (S 4 ) die Menge der Untergruppen, die aus 3 Elementen bestehen. Wie bereits bekannt gilt Syl 3 (S 4 ) = 4 (Übungsaufgaben). Damit gibt es genau 4 Zwischenkörper Q von L : K, mit [Q : K] = 8.