Tutorate - Strafrecht AT HS 2014 Lektion 1 «Einführung und Deliktsaufbau»

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Transkript:

Tutorate - Strafrecht AT HS 2014 Lektion 1 «Einführung und Deliktsaufbau» Tutoren: Christina Diethelm & Benjamin Meier

Übersicht über die Tutorate 2014 Lektion 1 12./13./14.November 2014 Einführung und Deliktsaufbau Lektion 2 19./20./21. November 2014 Objektiver und Subjektiver Tatbestand Lektion 3 26./27./28. November 2014 Rechtswidrigkeit, Schuld, Irrtümer Lektion 4 3./4./5. Dezember 2014 Versuch Lektion 5 10./11./12. Dezember 2014 Täterschaft und Teilnahme Lektion 6 17./18./19. Dezember 2014 Strafen und Massnahmen, AT II

Allgemeine Hinweise Fälle: Folien OLAT: Folien LST: alle Fälle werden per OLAT aufgeschaltet nicht abschliessend, nicht notwendig, zwar aufgeschaltet, ersetzen jedoch nicht das eigenständige Lernen sowie andere Lehrmaterialien (Skripte, Lehrbücher etc.) Sind auf der Website des LST Thommen abrufbar

Lernziele Ziel 1 Ziel 2 Ziel 3 Sie sind in der Lage, einen Obersatz zu formulieren. Sie können die Subsumtionsschritte in einer strafrechtlichen Prüfung korrekt anwenden. Sie sind fähig, eine strafrechtliche Prüfung richtig aufzubauen.

Basics zur Fallbearbeitung

Die Vorgehensweise bei der Fallbearbeitung 1. Analyse 2. Vorbereitung 3. Formulierung der Falllösung Bitte nicht so: (Zitat Prüfung Sommer 2014)

1. Analyse 1. Lesen der Fallfrage 2. Sorgfältiges Lesen des Sachverhalts Was ist passiert (Tathandlungen/Taterfolge)? Wer ist beteiligt? Welche SV-Elemente könnten rechtlich relevant sein? 3. Notieren der möglichen Straftatbestände rechtlichen Probleme

2. Vorbereitung 1. Anhand der Fallfrage Tatbestände ordnen 2. Ordnungsmöglichkeiten nach Beteiligten (Grundsatz: mit dem Tatnächsten beginnen) unmittelbarer Täter mittelbarer Täter Teilnehmer chronologisch nach Schwere der Delikte

3. Formulierung der Falllösung Grundsätzlich ist die Gutachtenmethode zu wählen, bei besonders klaren Fällen (bzw. wenn eindeutig zu bejahende oder verneinende Merkmale vorliegen) kann ausnahmsweise der Entscheidstil gewählt werden.

Die Gutachtenmethode Entscheidstil 1. Obersatz formulieren (im Konjunktiv: «könnte sich strafbar gemacht haben, indem») 2. Nennen und definieren der Voraussetzungen (= Anforderungen der Rechtsnorm nennen [obj./subj. TBM]) 3. Subsumtion (= den Sachverhalt unter die Anforderungen subsumieren, d.h. im konkreten Einzelfall genau prüfen) 4. Ergebnis (= den Obersatz beantworten, d.h. im konkreten Einzelfall bejahen oder verneinen)

Zitierweise von Artikeln des Strafgesetzbuches Allgemein gilt: Gesetzesartikel müssen immer genau zitiert werden! Strafgesetzbuch (kurz: StGB) ist in Artikel (kurz: Art.) gegliedert. Abkürzung «StGB» gehört grundsätzlich hinter jeden zitierten Artikel. Innerhalb eines Artikels kann eine Gliederung erfolgen in: Absätzen (kurz: Abs.) Buchstaben (kurz: lit.) Ziffern (kurz: Ziff.)

Beispiel Obersatz A stösst dem B ein Messer tief in den Hals. Wer Wodurch/wonach Wie A könnte sich wegen schwerer Körperverletzung nach Art. 122 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er dem B das Messer in den Hals stiess. A könnte sich wegen schwerer Körperverletzung nach Art. 122 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er dem B das Messer in den Hals stiess.

Beispiel Voraussetzungen und Subsumtion Fall: Frage: A fährt dem B mit seinem Auto in die Beine. B erleidet dadurch einen Beinbruch. Hat A den B gemäss Art. 123 StGB am Körper geschädigt? Definition der Voraussetzungen: Was muss gegeben sein, damit die Frage bejaht werden kann? Unter Schädigung des Körpers i.s.v. Art. 123 StGB versteht man jedes Hervorrufen oder Steigern eines vom normalen Zustand der körperlichen Funktion nachteilig abweichenden Zustandes nicht unerheblicher Art. Subsumtion: Prüfen, ob diese Voraussetzungen im konkreten Fall erfüllt sind. Ergebnis: Die aufgeworfene Frage wird bejaht oder verneint. Vorliegend hat A dem B ein Bein gebrochen. Hierdurch weicht der Zustand des B nachteilig vom Normalzustand ab. Somit hat A den B an seinem Körper geschädigt.

Deliktsaufbau für das durch aktives Tun vollendete vorsätzliche Erfolgsdelikt Tatbestand Objektiv Täter Tatobjekt Tathandlung Taterfolg Kausal./Zurechnung Subjektiv Vorsatz (Wissen + Willen) Unrechtsfeststellung Unrecht Rechtswidrigkeit Bedrohungslage Abwehrwille Schuld Schuldfähigkeit Unrechtsbewusstsein Zumutbarkeit Weitere Strafbarkeitsvoraussetzungen Objektive Strafbarkeitsbedingungen Fehlendes Strafbedürfnis Strafausschliessungsgründe Unrechtsausschluss Vorwerfbarkeit Strafnotwendigkeit

kleine Aufgabe

Formulieren Sie die Obersätze Zeit: 3 Min Form: mit dem Banknachbar formulieren Ergebnisse: werden von Ihnen präsentiert A schlägt B mit einem Hammer ins Gesicht. B weicht geschickt aus, so dass er lediglich eine Schnittwunde davonträgt. A will auf B schiessen und trifft versehentlich den neben B stehenden C. C stirbt. A fesselt B in seinem Auto und lässt das Auto in den See stürzen, wodurch B ertrinkt.

Lösung 1 A schlägt B mit einem Hammer ins Gesicht. B weicht geschickt aus, so dass er lediglich eine Schnittwunde davonträgt. A könnte sich der qualifizierten einfachen Körperverletzung gemäss Art. 123 Ziff. 2 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er B den Hammer ins Gesicht schlug, wodurch B eine Schnittwunde erlitt. A könnte sich der versuchten schweren Körperverletzung gemäss Art. 122 Abs. 1 i.v.m. 22 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er B den Hammer ins Gesicht schlug.

Lösung 2 A will auf B schiessen und trifft versehentlich den neben B stehenden C. C stirbt. A könnte sich der versuchten Tötung von B gemäss Art. 111 i.v.m. Art. 22 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er auf B zielte und C erschoss. A könnte sich der fahrlässigen Tötung von C gem. Art. 117 StGB strafbar gemacht haben, indem er versehentlich C erschoss.

Lösung 3 A fesselt B in seinem Auto und lässt das Auto in den See stürzen, wodurch B ertrinkt. A könnte sich der Tötung von B gemäss Art. 111 StGB strafbar gemacht haben, indem er B in seinem Auto fesselte und das Auto in den See stürzen liess, wodurch B ertrank.

zur Fallbearbeitung

Fall 1 Der 57-jährige A trinkt jeden Morgen mit seiner Frau F gemütlich einen Kaffee, bevor er zur Arbeit fährt. Er hat ein Wirtschaftsstudium an der Uni Zürich absolviert und arbeitet als Konjunkturexperte in einer Privatbank an der Zürcher Bahnhofstrasse. Eines Morgens fährt A mit seinem einen Tag zuvor erworbenen neuen Auto, einem Mercedes S 500, nicht direkt zur Arbeit, sondern zur vornehmen Villa des G auf dem Zürichberg. A parkiert sein Auto in der blauen Zone, steigt aus, klingelt an der Türe. Als G die Türe öffnet, nimmt A eine Pistole des Typs Glock 19C aus seinem Aktenkoffer und feuert ohne zu zögern aus nächster Nähe einen Schuss auf G ab. Dieser ist auf der Stelle tot. A schliesst die Türe wieder und fährt gut gelaunt zur Arbeit. Wer macht sich wie strafbar?

Die Vorgehensweise bei der Fallbearbeitung 1. Analyse 2. Vorbereitung 3. Formulierung der Falllösung Auftrag: Notieren Sie sich die wichtigsten Sachverhaltselemente stichwortartig. Nennen Sie alle zu prüfende Gesetzesartikel. Überlegen Sie sich allfällige rechtliche Probleme.

Obersatz Strafbarkeit des A? A könnte sich wegen vorsätzlicher Tötung i.s.v. Art. 111 StGB strafbar gemacht haben, indem er G erschoss.

Art. 111 StGB objektiver TB Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, ohne dass eine der besondern Voraussetzungen der nachfolgenden Artikel zutrifft, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Welches sind die objektiven Tatbestandselemente? Täter Tatobjekt Tathandlung Taterfolg Kausalität/Zurechnung

Täter Täter kann jedermann sein (Allgemeindelikt). A ist der Täter.

Tatobjekt Tatobjekt ist ein anderer lebender Mensch. G lebt im Zeitpunkt, in welchem A auf ihn schiesst. Er ist daher ein anderer lebender Mensch im Sinne von Art. 111 StGB. Bitte nicht so: (Zitat Prüfung Sommer 2014)

Tathandlung Die Tathandlung wird in Art. 111 StGB nicht spezifiziert; als Tathandlung kommt jede Handlung in Frage, die zum Tod führt. Der Schuss führte zum Tod von G.

Taterfolg Art. 111 StGB verlangt als Erfolg den Tod eines Menschen. G ist gestorben, womit der Erfolg gegeben ist.

Kausalität Jede Bedingung ist kausal, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfällt. Indem A auf G schiesst, setzt er eine nicht mehr hinwegzudenkende Bedingung für den Tod von G.

Zwischenergebnis Der objektive Tatbestand von Art. 111 StGB ist erfüllt.

Art. 111 StGB subjektiver TB Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, ohne dass er eine der besondern Voraussetzungen der nachfolgenden Artikel zutrifft, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Welches ist das subjektive Tatbestandselement? Vorsatz

Vorsatz Art. 12 Abs. 2 StGB: Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Wissen: A muss wissen, dass der Schuss auf einen Menschen tödlich sein kann. Gemäss Sachverhalt ist davon auszugehen, dass A den G töten wollte.

Zwischenergebnis Der subjektive Tatbestand von Art. 111 StGB ist erfüllt.

Deliktsaufbau für das durch aktives Tun vollendete vorsätzliche Erfolgsdelikt Tatbestand Objektiv Täter Tatobjekt Tathandlung Taterfolg Kausal./Zurechnung Subjektiv Vorsatz (Wissen + Willen) Unrechtsfeststellung Unrecht Rechtswidrigkeit Bedrohungslage Abwehrwille Schuld Schuldfähigkeit Unrechtsbewusstsein Zumutbarkeit Weitere Strafbarkeitsvoraussetzungen Objektive Strafbarkeitsbedingungen Fehlendes Strafbedürfnis Strafausschliessungsgründe Unrechtsausschluss Vorwerfbarkeit Strafnotwendigkeit

Rechtfertigungs- und Schuldausschliessungsgründe Es sind weder Rechtfertigungs- noch Schuldausschliessungsgründe ersichtlich.

Fazit A hat sich wegen vorsätzlicher Tötung nach Art. 111 StGB strafbar gemacht, indem er G erschoss. Anmerkung: Grundsätzlich wäre weiterhin zu überlegen, ob A nicht auf einen Mord gemäss Art. 112 StGB verwirklicht hat. Auf die Prüfung dieses Tatbestandes wird an dieser Stelle jedoch bewusst verzichtet.

kleine Aufgabe

Welche Abschnitte sind richtig formuliert? Eine einfache Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 StGB liegt vor, wenn die körperliche Integrität beeinträchtigt wurde. Die Verletzung erfordert eine gewisse Intensität, die über eine Störung des Wohlbefindens hinausgeht. In casu wurde B eine Schnittwunde im Gesicht zugefügt, welche eine blutende und nicht nur vorübergehende Verletzung darstellt. Eine einfache Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 StGB liegt vor, wenn die körperliche Integrität beeinträchtigt wurde. Die Verletzung erfordert eine gewisse Intensität, die über eine Störung des Wohlbefindens hinausgeht. In casu wurde B eine Schnittwunde im Gesicht zugefügt, welche genäht werden muss. A schlägt B mit einem Hammer ins Gesicht. B weicht geschickt aus, so dass er lediglich eine Schnittwunde davonträgt. Eine einfache Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 StGB liegt vor, wenn B in seiner körperlichen Integrität beeinträchtigt wurde. In casu liegt keine Tätlichkeit vor, da eine gewisse Intensität erreicht wurde.

Welche Abschnitte sind richtig formuliert? Beim error in persona irrt der Täter über die Identität des Handlungsobjektes. Da A B erschiessen wollte, irrte er sich über die Identität. A erschoss versehentlich C. Art. 111 StGB verlangt Vorsatz (Art. 12 Abs. 2 StGB). Laut Sachverhalt will A auf B schiessen, weshalb er vorsätzlich handelt. A will auf B schiessen und trifft versehentlich den neben B stehenden C. C stribt. Beim aberratio ictus tritt der Erfolg bei einem anderen als dem vom Täter gefassten Objekt ein. Da A in casu B töten wollte und auf diesen zielte, aber anstelle von B den C traf, liegt eine aberratio ictus vor.

Welche Abschnitte sind richtig formuliert? Nach der «conditio sine qua non» Formel ist eine Handlung dann kausal, wenn sie eine nicht hinwegzudenkende Bedingung für den Erfolg ist. Indem A den B fesselte, setzte er eine erste Bedingung. B konnte sich nicht mehr befreien. Durch das Versenken des Autos im See kommt eine zweite Bedingung hinzu, die schliesslich zum Ertrinken des B führte. Nach der «conditio sine qua non» Formel ist eine Handlung dann kausal, wenn sie eine nicht hinwegzudenkende Bedingung für den Erfolg ist. Die Handlungen von A waren kausal für den Tod von B. A fesselt B in seinem Auto und lässt das Auto in den See stürzen, wodurch B ertrinkt. Nach der «conditio sine qua non» Formel ist eine Handlung dann kausal, wenn sie eine nicht hinwegzudenkende Bedingung für den Erfolg ist. Hätte A den B nicht gefesselt und anschliessend das Auto im See versenkt, wäre B nicht ertrunken.

Ende Vielen Dank! Nächster Termin: 19./20./21. November 2014 Thema: Objektiver und Subjektiver Tatbestand