SVS Schweizerischer Verband der Sozialversicherungs-Fachleute Berufsprüfung 2008 Probeprüfung 2008 Invalidenversicherung (IV) Lösungsvorschläge Zeitvorgabe: max. Punktzahl: 30 Minuten 40 Punkte
Aufgabe 1 Versicherungsmässige Voraussetzungen (3 Punkte) Ein mexikanischer Staatsbürger, geboren am 17.02.2002, begründet seit 26.01.2004 zusammen mit seinen Eltern zivilrechtlichen Wohnsitz und Aufenthalt in der Schweiz. Am 12.12.2006 wird für ihn die Kostenübernahme eines Hörgeräts bei der IV beantragt. Der behandelnde Facharzt bestätigt im eingeholten Arztbericht, dass das versicherte Kind seit Sommer 2006 auf das Tragen eines Hörapparates angewiesen ist. Werden die versicherungsmässigen Voraussetzungen für die Kostenübernahme des Hörgeräts durch die IV erfüllt? Nennen Sie die Rechtsgrundlagen. Ja, gemäss Art. 6 Abs. 2 IVG und Art. 9 Abs. 3 IVG. Aufgabe 2 Koordination IV-UV (6 Punkte) Ein Arbeitnehmer wurde in der Folge eines Berufsunfalls querschnittgelähmt. Nach der Rehabilitation macht er folgende Leistungen geltend: a. Rollstuhl b. Invaliditätsbedingte Anpassung des Badezimmers in seiner Wohnung c. Umschulung d. Rente Welche Leistung ist von der IV zuzusprechen? Nennen Sie die gesetzliche Koordinationsbestimmung. Invaliditätsbedingte Anpassung des Badezimmers Umschulung Rente Art. 65 ATSG Art. 65 ATSG Art. 66 ATSG 2
Aufgabe 3 Rente (20 Punkte) Frau H. Müller, geb. am 17.06.1960, beantragt am 16.12.2006 wegen eines psychischen Leidens die Ausrichtung einer IV-Rente. Frau Müller ist verheiratet und Mutter zweier Kinder. Seit Jahren geht sie neben der Aufgabe als Hausfrau und Mutter keiner Erwerbstätigkeit nach. Den Abklärungen der Invalidenversicherung zufolge besteht als Hausfrau seit 15.12.2005 eine 40%-ige Einschränkung. a. Besteht Anspruch auf eine IV-Rente? Wenn ja, ab welchem Zeitpunkt? b. Wie und nach welcher Methode ist der Invaliditätsgrad zu ermitteln? c. Höhe des Invaliditätsgrades? a. Ja, ab 01.12.2006 (oder 15.12.2006) besteht Anspruch auf eine IV-Rente (2 P). b. Die Bemessung des Invaliditätsgrades erfolgt nach der spezifischen Methode im Rahmen eines Betätigungsvergleichs. Dabei wird der Aufgabenbereich als Hausfrau vor und nach Eintritt der Behinderung miteinander verglichen (2 P). c. 40% (1 P). 3
Im Abklärungsgespräch mit dem Mitarbeiter der IV gab Frau Müller bekannt, dass die Ehe per 30.06.2007 geschieden wird. Aus finanziellen Gründen müsste sie deshalb ab 01.07.2007 neben der Besorgung des Haushaltes einer 50%-igen Erwerbstätigkeit nachgehen. Behinderungsbedingt ist der Versicherten die Aufnahme einer ausserhäuslichen Erwerbstätigkeit nicht zumutbar. d. Liegt ein Revisionsgrund vor? Begründen Sie Ihre Antwort. e. Wenn ja, ändert sich der Leistungsanspruch, und ab welchem Zeitpunkt ist gegebenenfalls welche Rente auszurichten? Zeigen Sie den Berechnungsweg auf. Geben Sie die massgebenden Gesetzes und Verordnungsartikel (inkl. Absatz und Buchstaben) an. f. Frau Müller ist mit dem Entscheid der IV nicht einverstanden. Welche rechtlichen Schritte kann sie unternehmen, um eine Korrektur des IV-Entscheids zu bewirken? d. Ja, da sich der Wechsel der Bemessungsart von der spezifischen zur gemischten Methode auf die Bemessung des Invaliditätsgrades auswirkt. (2 P) e. Bemessung: Aufgabenbereich Anteil Einschränkung IV-Grad Hausfrau 50 40 20 Erwerbstätige 50 100 50 Total IV-Grad: 70 (4 P) Mit Wirkung ab 01.10.2007 besteht Anspruch auf eine ganze IV-Rente. (2 P) Art.17 ATSG / Art. 88a Abs. 2 IVV / Art. 88bis Abs. 1 Bst. a IVV. (4 P) f. Einwände gegen den Vorbescheid vorbringen. Beschwerde gegen die Rentenverfügung beim VG des Kantons. Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. (3 P) 4
Aufgabe 4 Eingliederungsmassnahmen für Minderjährige (4 Punkte) Das versicherte Kind weist angeborene Refraktionsanomalien mit Visusverminderung an beiden Augen auf 0.3 mit Korrektur aus. Besteht Anspruch auf folgende Leistungen der IV: a. Zusprechung von medizinischen Massnahmen zur Behandlung des GG 425? b. Heilpädagogische Früherziehung im Vorschulalter? c. Hilflosenentschädigung für Minderjährige? d. Brille? a. Ja b. Nein c. Nein d. Ja 5
Aufgabe 5 Berufliche Eingliederungsmassnahmen Taggeld (7 Punkte) 6 Monate vor seiner Lehrabschlussprüfung, welche der Versicherte aufgrund seiner schulischen Leistungen problemlos bestanden hätte, erleidet ein 19-jähriger Metzgerlehrling bei einem Schwingfest einen Halswirbelbruch. Er meldet sich bei der Invalidenversicherung an, welche ihm eine berufliche Eingliederungsmassnahme in Form einer Lehre zum Hochbauzeichner ab Sommer 2008 ermöglicht. a. Ist die Ausbildung zum Hochbauzeichner als erstmalige berufliche Eingliederungsmassnahme oder als Umschulung zuzusprechen? Nennen Sie die gesetzliche Grundlage. Die Ausbildung zum Hochbauzeichner ist im Rahmen von Art. 16 IVG als erstmalige berufliche Ausbildung zuzusprechen. (2 P) b. Besteht während der Ausbildung zum Hochbauzeichner Anspruch auf ein grosses oder kleines Taggeld der Invalidenversicherung? Wie hoch ist die Grundentschädigung des IV-Taggeldes vor Abzug des Lehrlingslohns? Nennen Sie die massgebende Bestimmung in der Verordnung. Es besteht während der Ausbildung zum Hochbauzeichner Anspruch auf ein kleines Taggeld der Invalidenversicherung. Die Grundentschädigung beträgt Fr.103.80 pro Tag, Art. 23 Abs. 2 IVG (3 P). Während der Ausbildung zum Hochbauzeichner erhält der Versicherte im 1. Lehrjahr einen Lehrlingslohn über Fr. 900.-- (x13). c. Welches Taggeld richtet die IV im 1. Lehrjahr zum Hochbauzeichner aus? Der Taggeldbetrag ist auf 10 Rappen gerundet anzugeben. Nennen Sie die massgebende Bestimmung in der Verordnung. Fr. 71.30 (Fr. 103.80 Fr. 900.-- x 13 : 360) (2 P) 6