Gesamteindruck und Einzelaspekte aus Sicht des Wissenschaftlichen Beirats Qualitätssicherung (WBQ)

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Transkript:

Akustik Wissenschaftlicher Beirat Qualitätssicherung Gesamteindruck und Einzelaspekte aus Sicht des Wissenschaftlichen Beirats Qualitätssicherung (WBQ) 1

Fahrplan 1. Gesamteindruck 2. Ausgewählte Einzelaspekte und wichtigste Herausforderungen 3. Einbettung / Vergleich mit anderen Studien 4. Fazit aus Sicht des WBQ und künftige Herausforderungen 2

1. Gesamteindruck 3

Allgemeiner Eindruck Umfangreiches Akustikprojekt mit einer Vielzahl von gut gemeisterten Herausforderungen, u.a. Berechnung der Luftverkehrsgeräusche unter direkter Verwendung von Radardaten. Detaillierte Dokumentation der Daten, Methoden, Berechnungen und Ergebnissen ("Spurensicherung"). Pegelwerte berechnet mit Werkzeugen und Methoden, welche dem Stand der Technik entsprechen (state of the art). Realitätsnahe Bestimmung der Geräuschexpositionen innen und außen (adressgenau, direkte Verwendung von Flugbahnaufzeichnungen, Verwendung eines dichten Straßennetzes und des gesamten Schienennetzes). Maximalpegel für alle drei Verkehrsgeräuscharten. Sorgfältiges Überprüfen der Ergebnisse (Plausibilisierung) und systematisches Abschätzen der verbleibenden Berechnungsunsicherheit. 4

Diskussionspunkte Detaillierte, technische Dokumentation zur Berechnung der Luftverkehrsgeräusche unter direkter Verwendung von Radardaten muss noch erstellt werden. Software zur Aufbereitung der Radarflugbahnen und Zuordnung der individuellen Flugzeugtypen zu Flugzeugklassen nach AzB im Entwicklungsstadium (β-version). Zwei unterschiedliche Methoden zur Bestimmung der Innenraumpegel: (1) Erhebung der Bauteileigenschaften, (2) Herleitung aufgrund erfragter Angaben zur Ausrichtung der Fassade bezüglich Quelle und zum Fensteröffnungsverhalten. Herleitungsmethode führt zu erheblichen Unsicherheiten bei den Innenraumpegeln. Nur ein ("maximaler") Maximalpegel pro Standort und betrachteten Zeitraum bei Straßen- und Schienenverkehrsgeräuschen. Unsicherheitsbudget ausbaufähig (beispielsweise fehlen Straßenbelag und Schienenrauigkeit als Unsicherheitskomponenten) Unsicherheit des Maximalpegels wird derjenigen des Mittelungspegels gleich gesetzt. 5

2. Einzelaspekte 6

Die wichtigsten Herausforderungen Umgang (Ermittlung, Bereitstellung, Verwaltung) einer großen, heterogenen Datenmenge. Entwicklung von Strategien/Methoden zur Ermittlung von Maximalpegeln aus Mittelungspegeln bei Straßen- und Schienenverkehrsgeräuschen. Aufbereitung von Flugbahnen für direkte Verwendung für die Berechnung von Flugverkehrsgeräuschen. Ermittlung Berechnungsunsicherheit und deren Auswirkungen auf die Expositions- Wirkungsbeziehungen. 7

Ermittlung der Berechnungsunsicherheit Sinn und Zweck: Aufzeigen, wie gut der ermittelte Pegelwert in NORAH den wahren, jedoch unbekannten Pegelwert schätzt. Prüfen, ob und wie die Unsicherheit der Pegelwerte Lage und Verlauf der Expositions- Wirkungsbeziehungen beeinflussen. Resultat: Unsicherheit des Mittelungspegels (und des Maximalpegels) liegt je nach Verkehrsgeräusch zwischen 3 und 5 db. Einfluss der Unsicherheit der akustischen Pegelwerte auf die Expositions- Wirkungsbeziehungen ist in den geprüften Fällen nur geringfügig. Würdigung: Die Unsicherheit des Mittelungspegels dürfte vor allem bei den Luftverkehrsgeräuschen zu hoch sein; Unsicherheitskomponenten beim Straßen- und Schienenverkehr ausbaufähig. Nach heutigem Erkenntnisstand decken die ermittelten Unsicherheiten den schlechtesten Fall ab (worst case). 8

3. Einbettung 16

Vergleich mit anderen Studien Akustische Berechnungen in der Regel eine Ingenieuraufgabe unter Verwendung von bestehenden Werkzeugen / Methoden / Verfahren / Vorschriften unabhängig davon, ob es sich um eine Lärmkartierung, einen Lärmbelastungskataster, ein Sanierungsprojekt oder eine Lärmwirkungsstudie handelt. Die Resultate werden in der Regel in Form von technischen Berichten dokumentiert, in welchen der Auftrag, die Grundlagen, die angewandten Methoden und die Resultate beschrieben werden. Große Studien veröffentlichen diese Berichte in der Regel nicht und in den einschlägigen Publikationen werden die akustischen Berechnungen oft nur sehr knapp und ungenügend beschrieben. NORAH macht mit der Publikation von Band 2 diesbezüglich eine wichtige und entscheidende Ausnahme; die zur Zeit in Bearbeitung stehende Schweizer Lärmwirkungsstudie SiRENE (Short and Long Term Effects of Traffic Noise Exposure) wird 2017 nachfolgen und ebenfalls einen Bericht zu den akustischen Berechnungen publizieren. SiRENE hat eine ähnliche Aufgabenstellungen wie NORAH (Wirkung von Luft-, Schienen- und Straßenverkehrsgeräuschen auf der Grundlage von Mittelungs- und Maximalpegeln in verschiedenen Zeitscheiben) und verwendet vergleichbare Berechnungsmodelle. 17

4. Schlussbemerkung 18

Fazit zur Akustik aus Sicht WBQ Die Schritte zur Bestimmung der Pegelwerte sind plausibel und gut dokumentiert. Wo möglich, werden standardisierte und etablierte Methoden angewendet, wo nötig, werden neue entwickelt und erfolgreich eingesetzt. Die Qualität akustischer Berechnungen hängt stark von der Verfügbarkeit und der Güte der Eingabedaten ab und nicht alle akustischen Phänomene können befriedigend modelliert werden, was sich in der Unsicherheitsabschätzung widerspiegelt. Die Unsicherheiten der akustischen Pegelwerte beeinflussen die Resultate der Auswirkungsanalysen nur geringfügig. Die ermittelten Pegelwerte sind geeignet für die Wirkungsanalysen; dies ist nicht selbstverständlich, denn vor allem in Metastudien werden Pegelwerte "virtuos" ineinander umgerechnet und auf Expositions-Wirkungsbeziehungen in nicht korrekter Weise angewendet. 19

Künftige Herausforderungen für die Akustik aus Sicht WBQ Ermittlung der Berechnungsunsicherheit methodisch weiter entwickeln, vervollständigen und standardisieren. Entwickeln einer Methode zur direkten Berücksichtigung der Unsicherheiten der akustischen Einzelpegel bei der Wirkungsanalyse. Entwickeln von Verfahren und Methoden zur einfachen jedoch zuverlässigen Bestimmung von Innenraumpegeln. Verfahren zur Berechnung der Luftverkehrsgeräusche unter direkter Verwendung von Radardaten weiter entwickeln und standardisieren. Berechnungsverfahren für Maximalpegel des Straßen- und Schienenverkehrs entwickeln (Fokus: Maximalpegelhäufigkeitsverteilungen). 20