Lärmwirkungen mit Blick auf die NORAH- Studien (2015) und WHO-Reviews (2017)

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Transkript:

Lärmwirkungen mit Blick auf die NORAH- Studien (2015) und WHO-Reviews (2017) Rainer Guski Ruhr-Universität Bochum, Deutschland 10.11.2017 ISGA/SSA-Veranstaltung Solothurn, Schweiz

Übersicht Einführung: NORAH und WHO-Reviews Sind heutige Expositions/Wirkungsbeziehungen anders als früher? Mögliche Ursachen des Fluglärm-Belästigungstrends NORAH-Ergebnisse zu gesundheitlichen Wirkungen des Verkehrslärms Zusammenfassung Literatur Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 2

Einführung: NORAH und WHO-Reviews (1) Zwei wissenschaftliche Prozesse, die mir viel bedeuten: 1. NORAH: Noise Related Annoyance, Cognition and Health Interdisziplinäres Lärmforschungsprojekt (2011-2015) mit 9 wissenschaftlichen Instituten Finanziert (ca. 10 Mio Euro) durch Bundesland Hessen (87%), Fraport AG (10%), Lufthansa (1%), und Kommunen um Frankfurt/Main (2%) Hauptziele: Expositions/Wirkungsbeziehungen zwischen Schallpegeln und Wirkungen von Verkehrslärmquellen (Luft-, Strassen und Schienenverkehr) auf Belästigung, Lebensqualität und Gesundheit von Anwohnerinnen und Anwohnern, plus kognitive Entwicklung von Schulkindern Extensive and unabhängige wissenschaftliche Qualitätskontrolle Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 3

Einführung: NORAH und WHO-Reviews (2) Zwei wissenschaftliche Prozesse, die mir viel bedeuten: 2. WHO-Evidenz-Reviews zur Entwicklung von Lärm-Richtlinien für die Europäische Region Meta-Analysen von empirischen Untersuchungen (2000-2014) Themen: Belästigung, cardio-vaskuläre Erkrankungsrisiken, Geburtsrisiken, Hörschäden, Interventionsfolgen, kognitive Beeinträchtigung, Schlafstörungen Extensive Qualitätssicherung durch unabhängige Gutachter Reviews werden im IJERPH (International Journal of Environmental Research and Public Health) veröffentlicht Hier wird nur über das Belästigungs-Review berichtet Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 4

Expositions/Wirkungsbeziehungen anders als früher? (1) % Highly Annoyed WHO Evidence Review 2017 [Guski, Schreckenberg & Schuemer, subm.] verarbeitete 62 Publikationen 2000-2014 : 12 Fluglärm-Untersuchungen mit EWFs, N=17,094 Modellierte Daten wurden nach Studiengröße gewichtet und aggregiert: Bei vergleichbaren Lden sind % HA höher als in der EU Standardkurve 100 80 60 40 20 0 Air Heathrow 2003 Air Berlin-Tegel 2003 Air Amsterdam 2003 Air Arlanda 2003 Air Athens 2003 Air Malpensa 2003 Air Zurich 2001-2 Air Hanoi 2009 Air HoChiMinh 2008 Air DaNang 2011 Air Amsterdam 2002 Air Frankfurt 2005 Regr WHO full dataset Regr Miedema & Oudshoorn Air 2001 C.I. Miedema & Oudshoorn Air 2001 Regr Janssen & Vos 2009 C.I. Janssen & Vos 2009 40 50 60 70 80 Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 5 Lden (db)

Expositions/Wirkungsbeziehungen anders als früher? (2) AP1 in NORAH [Schreckenberg et al. 2015, 2016] An 4 Flughäfen in Deutschland vergleichbare Befragungen: Frankfurt (FRA): Längsschnitt, 3 Wellen, 2011-2013; Neue Landebahn nach erster Welle in Betrieb; N=3.508 in allen Wellen Berlin-Schönefeld (BER), Erweiterung geplant, N=5.548 (2012) Köln/Bonn (CGN), Nachtflüge, N=2.955 (2013) Stuttgart (STR), kleiner Flughafen, keine öffentlichen Diskussionen; N=1.979 (2013) Vergleich mit FRA (2005); ähnliche Querschnittsuntersuchung, persönliche Interviews; N=2.300 Ergebnisse: EWFs in FRA 2011-2013 liegen über denen der Vergleichsflughäfen; aber auch dort sind die %HA höher als in der EU- Kurve. Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 6

Anstieg der % HA auch bei Strassen- und Schienenlärm (1) WHO Evidence Review 2017, Strassenlärmbelästigung: 25 Studien, N = 34.112 %HA bei 40-75 db Lden höher als EU Standard Problem: alpine und asiatische Daten Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 7

Anstieg der % HA auch bei Strassen- und Schienenlärm (2) WHO Evidence Review 2017, Schienenlärmbelästigung: 9 Studien verwendet, N = 10.008 %HA höher als EU Standardkurve. Problem: Streuung / Täler / Vibrationen etc. Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 8

Mögliche Ursachen des Fluglärm-Belästigungstrends (1) Methodische Unterschiede: Fluglärmberechnung insbesondere bei grosser Entfernung Pegel früher teilweise überschätzt Erfassung der Belästigung (Stichprobenziehung, Interview- Durchführung, Response-Raten, Antwortskalen) Laut Janssen et al. (2011) sind 11-Punkt-Antwortskalen mit höheren %HA Belästigung assoziiert Laut Brink et al. (2016) eher mit weniger %HA. Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 9

Mögliche Ursachen des Fluglärm-Belästigungstrends (2) Kontextuelle Unterschiede zwischen Studien (1) Änderungskontext am Flughafen: WHO-Review: Änderungserwartung erhöht %HA Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 10

Mögliche Ursachen des Fluglärm-Belästigungstrends (3) Kontextuelle Unterschiede zwischen Studien (2) Erhöhung der Anzahl von Flugbewegungen bei gleichbleibendem Dauerschallpegel Altes Problem des Leq: Annahme der Wirkungs-Äquivalenz von Maximalpegel und Anzahl von Ereignissen ANASE-Studie (MVA 2007): Flugbewegungszahl ist heute wichtiger für Wirkung als Dauerschallpegel NORAH AP1: Belästigung korreliert mit Schallpegeln an Änderungsflughäfen weniger stark als Störungsangaben Gjestland & Gelderblom (2017): Anzahl Flugbewegungen haben grossen Einfluss auf Belästigung, jedoch nur bei stabilen Flughäfen Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 11

Mögliche Ursachen des Fluglärm-Belästigungstrends (4) Kontextuelle Unterschiede zwischen Studien (3) Zusammensetzung der Luftflotten hat sich geändert In den 1970er Jahren nutzten Airlines nur wenige Flugzeugtypen, heute setzen sie sehr unterschiedliche Typen ein (Kilpi 2007) Folge für Fluglärmbetroffene: Fluglärm wurde variabler Es ist unklar, ob wenige laute oder mehr leisere Flugzeuge für Betroffene akzeptabler sind Weitere Ursachen für Unterschiede zwischen früheren und heutigen Fluglärm-Belästigungsangaben können im Bereich von Einstellungen (z.b. Vertrauen gegenüber Lärm-Verantwortlichen) und sozial geteilten Werten (z.b. Bedeutung von Gesundheit und Selbstbestimmung) liegen. Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 12

Ausgewählte epidemiologische Ergebnisse aus NORAH (1) Frage: Welche statistischen Beziehungen bestehen zwischen detailliert beschriebener akustischer Belastung (1996-2010) bei Lärmbetroffenen im Rhein/Main-Gebiet und ihren bei Krankenkassen registrieren Symptomen hinsichtlich kardiovaskulären Erkrankungen, Depressionen und Brustkrebs? Methodik: Fall-Kontrollstudie, teils mit detaillierter Befragung Beschränkt auf Personen 40 Jahre Wohnbezirke: Regierungsbezirke Darmstadt, Mainz und Worms Ergebnisse nachfolgender Folien beziehen sich auf Leq,24h und sind adjustiert hinsichtlich Geschlecht, Alter und Gebiets-bezogenen sozioökonomischen Informationen. Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 13

Ausgewählte epidemiologische Ergebnisse aus NORAH (2) Herzinsuffizienz oder Hypertensive Herzerkrankung (HDD): 104.145 Fälle mit klinisch diagnostizierter Herzinsuffizienz oder HDD (2006 2010) wurden mit 654.172 Kontroll-Patienten verglichen Statistisch signifikante lineare Expositions/Risiko-Beziehung mit Herzinsuffizienz oder HDD zeigte sich bei Fluglärm (1.6% Risiko-Anstieg pro 10 db Pegelanstieg; 95% KI 0.3 3.0%) Strassenlärm (2.4% pro 10 db; 95% KI 1.6 3.2%) Schienenlärm (3.1% pro 10 db; 95% KI 2.2 4.1%) Für Betroffene mit Fluglärmpegeln <40 db Leq,24h und nächtlichen Fluglärm-Maximalpegeln >50 db (>5 mal) zeigte sich ein signifikant erhöhtes Risiko. Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 14

Ausgewählte epidemiologische Ergebnisse aus NORAH (3) Bluthochdruck: 137.577 Fälle (neu klinisch diagnostiziert 2006-2010); 355.591 Kontrollen Er gab keine statistisch signifikanten Assoziationen mit einer der drei Verkehrslärmquellen im vollen Datensatz Fluglärm: OR pro 10 db Pegel-Anstieg 0.99 (95% KI 0.98-1.01) Strassen- und Schienenlärm: OR = 1.00 (0.99-1.01) Auch Nachtpegel zeigten keine Assoziationen mit Bluthochdruck OR stiegen in der Subgruppe mit neu diagnostiziertem Bluthochdruck und anschliessender Diagnose einer hypertensiven Herzerkankung: pro 10 db Fluglärm-Pegelanstieg: 13.9% OR-Anstieg 6.0% bei Strassenlärm, 5.4% bei Schienenlärm Statistisch signifikante Anstiege zeigten sich teilweise in Fällen mit längerer Lärmexpositions-Geschichte. Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 15

Ausgewählte epidemiologische Ergebnisse aus NORAH (4) Herzinfarkt (HI): 19.632 Fälle mit neuer klinischer HI-Diagnose (2006 2010); 834.734 Kontrollen Statistisch signifikante Risiko-Erhöhung durch Strassenverkehrslärm (2.8% pro 10 db Pegelanstieg, 95% KI 1.2-4.5) und Schienenverkehrslärm (2.3% pro 10 db Pegelanstieg [0.5-4.2]) Nicht bei Fluglärm ausser bei 2014/15 verstorbenen Patienten mit Pegeln 60 db. Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 16

Ausgewählte epidemiologische Ergebnisse aus NORAH (5) Depressionen (depressive Episoden): 77.295 Fälle mit neuer klinischer Diagnose (2006 2010); 578.246 Kontrollen Statistisch signifikanter linearer Risiko-Anstieg bei 10 db Pegel-Anstieg: Fluglärm: 8.9% (95% KI 7.4-10.4%). Kein optimaler linearer Fit Strassenlärm: 4.1% (95% KI 3.2 5.0%) Schienenlärm: 3.9% (95% KI 2.9 4.9%). Kein optimaler linearer Fit Die höchste OR von 42% (95% KI= 33 52%) zeigte sich für die kombinierte Lärmexposition > 50 db aus allen 3 Quellen. Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 17

Ausgewählte epidemiologische Ergebnisse aus NORAH (6) Brustkrebs (Frauen): 6.643 Fälle mit neuer klinischer Brustkrebs-Diagnose (2006 2010); 471.596 Kontrollen Kein statistisch signifikanter linearer Risiko-Anstieg bei 10 db Pegel- Anstieg in der Gesamtgruppe, jedoch teilweise statistische Signifikanz, wenn die Patienten nach Krebstyp stratifiziert werden ER- / ER+ : Östrogen-Rezeptor negativ / positiv Ein Risiko-Anstieg von 4.9% zeigte sich bei ER- Brustkrebs pro 10 db Fluglärm-Pegel-Anstieg. Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 18

Zusammenfassung (1) Im Rahmen des WHO-Reviews haben wir v.a. eine Zunahme des Anteils der stark durch Fluglärm belästigten Personen festgestellt, teilweise auch bei Schienen- und Strassenverkehrslärm jeweils im Vergleich mit den von Miedema & Oudshoorn (2001) veröffentlichten Kurven Methodische Unterschiede zwischen älteren und jüngeren Untersuchungen scheinen eine relative geringe Rolle für den Belästigungs-Zuwachs zu spielen Im Fall des Fluglärms ist v.a. der Änderungs-Kontext für den Belästigungs-Zuwachs verantwortlich, aber auch Änderungen im Flugbetrieb und gesellschaftliche Veränderungen scheinen wichtig zu sein. Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 19

Zusammenfassung (2) Im Rahmen der NORAH-Studien wurden u.a. sehr hohe EWFs für Belästigung durch Fluglärm gefunden auch bei stabilen Flughäfen Weiterhin zeigte die Analyse von Krankenkassen-Daten folgende Hauptergebnisse: Das statistisch größte Errankungsrisiko durch Verkehrslärm besteht bei Depressionen (ca. 4-9% Risiko-Anstieg pro 10 db Pegelanstieg), gefolgt von Herzinsuffizienz (mit hypertensiver Herzerkrankung) (ca. 2-3%) und Herzinfarkt (2-3%, nur Strassen- und Schienenlärm) Es zeigten sich Hinweise auf erhöhte Krankheitsrisiken bei nächtlichen Maximalpegeln >50 db und bei Betrachtung der Gesamtlärmbelastung. Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 20

Danke für die Aufmerksamkeit! Rainer Guski, Ruhr-Universität Bochum

Literatur (1) Gjestland, T. & Gelderblom, F. B. (2017). Prevalence of noise induced annoyance and its dependency on number of aircraft movements. Acta Acustica united with Acustica, 103, 28-33. Guski, R., Felscher-Suhr, U. & Schuemer, R. (1999). The concept of noise annoyance: how international experts see it. Journal of Sound and Vibration, 223(4), 513-527. Guski, R., Schreckenberg, D. & Schuemer, R. (submitted 2017). Review: WHO Environmental Noise Guidelines for the European Region: A Systematic Review on Environmental Noise and Annoyance. International Journal of Environmental Research and Public Health (Manuscript ID: ijerph-216936), 49+60. Hegewald, J., Schubert, M., Wagner, M., Dröge, P., Prote, U., Swart, E., Möhler, U., Zeeb, H. & Seidler, A. (2017). Breast cancer and exposure to aircraft, road, and railway-noise: a case control study based on health insurance records. Scand J Work Environ Health. doi: 10.5271/sjweh.3665 Janssen, S. A. & Guski, R. (in press). Aircraft noise annoyance. In S. A. Stansfeld, B. Berglund, S. Kephalopoulos & M. Paviotti (Eds.), Evidence Review on Aircraft Noise and Health. Bonn (D): Directorate General Joint Research Center and Directorate General for Environment, European Union. Janssen, S. A. & Vos, H. (2009). A comparison of recent surveys to aircraft noise exposureresponse relationships TNO Report (Vol. TNO-034-DTM-2009-01799, pp. 14). Janssen, S. A., Vos, H., Van Kempen, E. E. M. M., Breugelmans, O. R. P. & Miedema, H. M. E. (2008). Trends in annoyance by aircraft noise. Paper presented at the International Congress on Noise as a Public Health Problem, Foxwoods, Connecticut, USA. Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 22

Literatur (2) Janssen, S. A., Vos, H., Van Kempen, E., Breugelmans, O. & Miedema, H. M. E. (2011). Trends in aircraft noise annoyance: The role of study and sample characteristics. Journal of the Acoustical Society of America, 129(4), 1953-1962. Miedema, H. M. E. & Oudshoorn, C. G. (2001). Annoyance from transportation noise: Relationships with exposure Metrics DNL and DENL and their confidence intervals. Environmental Health Perspectives, 109, 409-416. Miedema, H. M. E. & Vos, H. (1998). Exposure-response relationships for transportation noise. Journal of the Acoustical Society of America, 104(6), 3432-3445. MVA-Consultancy. (2007). ANASE: Attitudes to Noise from Aviation Sources in England. Final Report. Woking / Norwich (UK): Queen s Printer and Controller of HMSO. Schreckenberg, D., Belke, C., Faulbaum, F., Guski, R., Moehler, U. & Spilski, J. (2016). Effects of aircraft noise on annoyance and sleep disturbances before and after expansion of Frankfurt Airport - results of the NORAH study, WP 1 'Annoyance and quality of life'. Paper presented at the Inter-Noise 2016, Hamburg (D) Schreckenberg, D., Benz, S., Kuhlmann, J., Conrady, M. & Felscher-Suhr, U. (2017). Attitudes towards authorities and aircraft noise annoyance. Sensitivity analyses on the relationship between non-acoustical factors and annoyance. Paper presented at the 12th ICBEN Conference on Noise as a Public Health Problem, Zurich (CH). Schreckenberg, D., Faulbaum, F., Guski, R., Ninke, L., Peschel, C., Spilski, J. & Wothge, J. (2015). Wirkungen von Verkehrslärm auf die Belästigung und Lebensqualität. In Umwelthaus-gGmbH (Ed.), NORAH (Noise related annoyance cognition and health): Verkehrslärmwirkungen im Flughafenumfeld (Vol. 3, pp. 639). Kelsterbach: Gemeinnützige Umwelthaus GmbH. Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 23

Literatur (3) Seidler, A., Hegewald, J., Seidler, A. L., Schubert, M., Wagner, M., Dröge, P., Haufe, E., Schmitt, J., Swart, E. & Zeeb, H. (2017). Association between aircraft, road and railway traffic noise and depression in a large case-control study based on secondary data. Environmental Research, 152, 263-271. doi: 10.1016/j.envres.2016.10.017 Seidler, A., Schubert, M., Wagner, M., Dröge, P., Römer, K., Pons-Kühnemann, J., Swart, E., Zeeb, H. & Hegewald, J. (2016). Disease risks of traffic noise - a large case-control study based on secondary data. Paper presented at the Inter-Noise 2016, Hamburg (D). Seidler, A., Wagner, M., Schubert, M., Dröge, P. & Hegewald, J. (2015). Sekundärdatenbasierte Fallkontrollstudie mit vertiefender Befragung. In Umwelthaus-gGmbH (Ed.), NORAH Noiserelated annoyance, cognition and health. Verkehrslärmwirkungen im Flughafenumfeld (Vol. 6, pp. 317). Kelsterbach: Gemeinnützige Umwelthaus GmbH. (in German) https://www.norahstudie.de//en/publications.html - see: NORAH_Bd6_M2_FKS_Endbericht_160512_Aufl2.pdf (6.6 MiB) Seidler, A., Wagner, M., Schubert, M., Dröge, P., Pons-Kühnemann, J., Swart, E., Zeeb, H. & Hegewald, J. (2016). Myocardial Infarction Risk Due to Aircraft, Road, and Rail Traffic Noise: Results of a Case Control Study Based on Secondary Data. Dtsch Arztebl Int 113(4), 407-414. doi: 10.3238/arztebl.2016.0407 Guski: NORAH + WHO Reviews SGA-SSA Herbst 2017 p. 24