IV Aufbau von Werkstoffen 1 Bindungsarten o Ionenbindung o kovalente Bindung o Metallische Bindung o Van-der-Waals-Bindung Kern Proton A. Aufbau eines Atoms: Ein Atom besteht aus dem Atomkern (z Protonen und u-z Neutronen, z: Ordnungszahl, u: Massenzahl) und der Elektronenhülle. Die Elektronen besetzen Schalen, die durch die Hauptquantenzahl n beschrieben werden (max. 2n 2 Elektronen). Neutron Bohr-Modell Elektron
Energieschema: Niels Bohr (1913): E 2 2 me 2 2 n h 4 13,6 2 n ev Nach dem Pauli-Prinzip kann nur ein Elektron einen Zustand einnehmen, der durch die vier Quantenzahlen beschrieben wird: Energie 0 ev 4. Schale 1,5 ev 3. Schale 3,4 ev 2. Schale 13,6 ev 1. Schale 4f 4d 4p 4s 3p 3s 2p 2s 1s 3d Hauptquantenzahl n = 1, 2, 3,... (auch K, L, M,...) Nebenquantenzahl l = 0, 1,, n-1 (auch s, p, d, f) magnetische Quantenzahl m mit l m -l (auch z.b. p x ) Spinquantenzahl s = ½
Energie L O T Entstehung der charakteristischen Röntgenstrahlung: Ein Elektron wird aus seiner Schale herausgeschlagen, beim Auffüllen des leeren Platzes durch ein Elektron einer äußeren Schale wird die Energiedifferenz als Röntgenquant frei. M M Null 0 N M L L L K L M N 0 K K K K L K
2n 2 Hinweis: Übergangsmetalle Stabile Elektronkonfigurationen: Komplette s and p Schallen, ist unreaktive Edelgaskonfiguration ns 2 np 6 z Elemente Konfiguration 2 He (Helium) 1s 2 10 Ne (Neon) 1s 2 2s 2 2p 6 18 Ar (Argon) 1s 2 2s 2 2p 6 3s 2 3p 6 36 Kr (Krypton) 1s 2 2s 2 2p 6 3s 2 3p 6 3d 10 4s 2 4p 6
Period. Tabelle
B. Atomare Bindung: Gas: Die Atome oder Moleküle befinden sich in einem sehr großen Abstand ( 10facher Durchmesser) und bewegen sich mit hoher Geschwindigkeit. Kondensierte Phase: Die Atome liegen dicht zusammen ( 10 3 mal dichter als im Gas), die Kompressibilität ist gering (d.h. K ist groß). Unabhängig vom Bindungstyp ergibt sich der Abstand der Atome aus einem Gleichgewicht aus -abstoßender Energie Elektronenhüllen durchdringen sich -anziehender Energie Absenkung der Energie meist durch elektrostatische Wechselwirkung
C. Bindungsarten: a) Ionenbindung: vollständiger Elektronenübergang zwischen den Bindungspartnern, dadurch entstehen Kationen (positiv) und Anionen (negativ), die anziehende Energie im Festkörper ist die Coulomb-Energie. Beispiel NaCl: Na (z=11): 1s 2 2s 2 2p 6 3s 1 Na + : (1s 2 2s 2 2p 6 ) + Cl (z=17): 1s 2 2s 2 2p 6 3s 2 3p 5 Cl - : (1s 2 2s 2 2p 6 3s 2 3p 6 ) - Triebkraft: Bildung einer Edelgaskonfiguration b) kovalente Bindung: Bildung gemeinsamer Elektronenpaare zur Erreichung einer Pseudoedelgaskonfiguration, Bindung ist stark gerichtet NaCl Beispiel Diamant und SiC: Kohlenstoff hat vier Außenelektronen und kann damit vier kovalente Bindungen eingehen.
c) Metallische Bindung: Alle Atome geben ihre äußeren Elektronen (e - ) ab, die dann ein "Elektronengas" bilden, in das die positiven Atomrümpfe eingebettet sind. Die Bindung ist ungerichtet. Beispiel: Lithium (gibt ein e - pro Atom ab), Mg (2 e - pro Atom) d) Van-der-Waals-Bindung: Bindung zwischen kovalent gebundenen Molekülen (z.b. H 2 oder CH 4 ) oder Edelgasatomen. Bindungsenergie ist sehr schwach. Beispiel: Bindung zwischen Polymer-Ketten, Edelgaskristalle
Properties of Different Crystals
2 Kristallstrukturen Unterschiede zwischen einem amorphen und einem kristallinen Zustand: a) kristallin: strenge Periodizität der Atomanordnung, geringe Kompressibilität, starre Form (geringe Fluidität), exakt definierte Erstarrungstemperatur b) amorph: keine Fernordnung, sondern unregelmäßige Anordnung, ebenfalls geringe Kompressibilität, strukturmäßig gleich wie Flüssigkeit, kontinuierliche Abnahme der Fluidität mit abnehmender Temperatur
Metalle sind in der Regel kristallin. Ausnahme: metallische Gläser, die durch sehr rasche Abkühlung mit dt T 10 6 Ks 1 dt aus dem schmelzflüssigen (amorphen) Zustand an der Umwandlung in den kristallinen Zustand (Kristallisation) gehindert wurden. 4 Beispiel: Glas, Grundbaustein ist der SiO 4 -Tetraeder a) Quarzkristall (kristallin), b) Quarzglas, c) Glas (amorph) Im Glas werden durch die Zugabe von Na 2 O und CaO Netzwerksunterbrecher eingebracht, so dass die Si-O-Si-Ketten aufgebrochen werden und damit eine leichtere Verarbeitbarkeit (Fluidität) entsteht.
Wichtigste Kristallstrukturen: Dargestellt werden die Elementarzellen der Gitter, die das Prinzip der Atomanordnung wiedergeben und durch Wiederholen in alle Raumrichtungen das Kristallgitter liefern.
a) kubisch primitiv (dient als Modell) b) kubisch raumzentriert (krz, bcc, -Fe, -Ti, Na, Mo) c) kubisch flächenzentriert (kfz, fcc, -Fe, Cu, Au, Ag)
d) hexagonal (hdp,hcp) Mg, Zn, Cd, -Ti e) weitere Kristallgitter NaCl-Gitter: zwei versetzte kfz Teilgitter für Na + und Cl -, häufig bei 1:1 Ionenkristallen (FeO, MgO) Gitter des Kohlenstoffs: Diamantgitter (kfz + 4 Atome in Tetraederlücken) Graphit (Schichtstruktur mit kovalenter Bindung innerhalb der Schicht und Van-der- Waals-Bindung zwischen den Schichten)
Weitere Konfigurationen des Kohlenstoffs o Fullerenes (Nobel prize chemistry 1986) o Onions o Carbon nanofibers o Nanotubes o Graphene (Nobel prize physics 2010)
Beispiele: a) krz Gitter Anzahl der Atome pro Elementarzelle 1 + 8 1/8 = 2 Koordinationszahl: 8 d. g. Richtung: Raumdiagonale [111] d. g. Ebene: zur Flächendiagonalen (110) b) kfz Gitter Anzahl der Atome pro Elementarzelle 6 ½ + 8 1/8 = 4 Koordinationszahl: 12 d. g. Richtung: Flächendiagon. [110] d. g. Ebene: zur Raumdiagonalen (111)
Gitter mit maximaler Raumerfüllung (dichteste Kugelpackung) Die dichteste Packung von Kugeln in einer Ebene führt auf eine Anordnung, in der jede Kugel gleichmäßig von sechs Nachbarkugeln umgeben ist. Stapelt man diese Schichten dicht aufeinander, so ergibt sich für jede Schicht zwei Anordnungsmöglichkeiten (Positionen B oder C in den Mulden der Schicht A):
Die zwei Kristallstrukturen, welche eine dichteste Kugelpackung (Raumerfüllung 74%) realisieren, unterscheiden sich in der Stapelfolge: a) hexagonales Gitter: Stapelfolge...ABABABABAB...
b) kubisch flächenzentriertes Gitter: Stapelfolge...ABCABCABC...
Die Millerschen Indizes Zur Beschreibung von Richtungen und Ebenen im Kristallgitter. Die Festlegung erfolgt für ein allgemeines (nichtkartesisches) Koordinatensystem. a. Richtung in einem Kristallgitter Verschiebe eine Gerade, die in die gesuchte Richtung zeigt, so dass sie durch den Ursprung geht. Ein (beliebiger) Punkt auf der Geraden wird durch seine Koordinaten (Vielfaches der Einheitslängen) festgelegt. Die gesuchten Indices u, v und w ergeben sich aus diesen Koordinaten durch Multiplikation mit der Zahl, die zu den kleinsten (teilerfremden) ganzen Zahlen führt. z z.b.: Koordinaten 1/4, 1/3, 1/12 u=3, v=4, w=1 Schreibweise: [u v w] (z.b. [341] ), negative Zahlen werden durch Überstreichen gekennzeichnet (z.b. 101 ) x y
b) Bezeichnung einer Ebene 1) Ermittle die Schnittpunkte der Ebene mit den Koordinatenachsen (Parallelverschieben erlaubt)! Die Lage der Schnittpunkte wird bestimmt durch n 1 a, n 2 b und n 3 c. 2) Bilde die Kehrwerte der Werte n 1, n 2 und n 3 (z.b.: 1/4, 1/2, 1/3) 3) und multipliziere dieses Zahlentripel (mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner), bis die kleinsten ganzen Zahlen entstehen (z.b. h=3, k=6, l=4). Schreibweise: (h k l) (z.b. (364)) Hinweis: In einem Kristallgitter sind die Richtungen und Ebenen wichtig (dicht mit Atomen besetzt), die mit kleinen Zahlen der Millerschen Indizes verknüpft sind.
Beispiele für wichtige Ebenen im kubischen System:
3 Das Gefüge eines Werkstoffes Technische Werkstoffe sind in der Regel polykristallin (nicht einkristallin), d.h. sie setzen sich aus Körnern zusammen, die unterschiedliche Kristallorientierung aufweisen. Eine Phase ist ein Bereich konstanter Struktur und chemischer Zusammensetzung. Technische Werkstoffe sind oft mehrphasig. REM-Aufnahmen Diamantschichtmaterial mit unterschiedlichen kristallographischen Orientierungen
K 1 K 2 K 3
Reales Werkstoffgefüge Schematische Darstellung L O T Beispiele: a) einphasiges, polykristallines Gefüge ( -Fe-Ni-Leg.) b) zweiphasiges (lamellares), polykristallines Gefüge (Fe 3 C und -Fe) c) einphasige und zweiphasige Körner (Perlit und Ferrit) d) zweiphasiges Gefüge (TEM: Al 2 Cu-Ausscheidungen in Al- Legierung)
Die Gitterbaufehler = die Störungen im perfekten Aufbau eines Werkstoffes werden nach ihrer Dimensionalität unterteilt: punktförmige Störungen = nulldimensionale Fehler (0D) linienförmige Störungen = eindimensionale Fehler (1D) flächenförmige Störungen = zweidimensionale Fehler (2D) räumliche Störungen = dreidimensionale Fehler (3D) A. Nulldimensionale Baufehler: Für den Stofftransport im Festkörper von großer Bedeutung sind die atomaren Fehlstellen Zwischengitteratom Leerstelle
Diese Defekte liegen bei ausreichend hoher Temperatur im thermischen Gleichgewicht vor. Für ihre Konzentration c gilt dann c c e o Q RT Arrhenius-Ausdruck Q: Energieaufwand zur Bildung einer Fehlstelle (Bildungsenergie) Typischer Zahlenwert: Knapp unterhalb der Schmelztemperatur ist jeder 10.000te Gitterplatz unbesetzt. Die Zwischengitterkonzentration ist geringer, da wegen der hohen Verzerrung Q groß ist. Frenkel-Paar: entsteht, wenn ein Atom in das Zwischengitter geht und dabei eine Leerstelle zurücklässt (z.b. bei Strahlenschädigung).
Fremdatome (eines Legierungselementes) können im Gitter auf zwei Arten gelöst werden: a) als Substitutionsatom b) als Einlagerungsatom (interstitiell) Hinweis: Verzerrung im Gitter ( Mischkristallhärtung)
B. Eindimensionale Baufehler: Für die plastische Verformung kristalliner Werkstoffe von großer Bedeutung sind die Versetzungen. a) Stufenversetzung: Eine eingeschobene Halbebene definiert eine Stufenversetzung. Der Verschiebungsvektor (Versatz) wird als Burgersvektor bezeichnet.
1 2 3 4 5 6 7 L O T 1 2 3 4 5 6 7 8 9 b (a) (b)
b) Schraubenversetzung:
Stufen- und Schraubenversetzungen sind Extremfälle. Eine Versetzungslinie liegt meist kreisförmig geschlossen vor und besitzt nur an bestimmten Stellen einen reinen Schrauben- oder Stufencharakter. Dazwischen handelt es sich um eine gemischte Versetzung c) Gemischte Versetzung: Blick auf zwei Atomlagen (kubisch primitiv): Punkte: Atome der unteren Lage Kreise: Atome der oberen Lage
Typische Zahlenwerte: Die Versetzungsdichte wird als Versetzungslinienlänge pro Volumen definiert. Man findet typischerweise: in versetzungsarmen Metallen: 10 12 m/m 3 (1km pro mm 3 ) in stark verformten Metallen: 10 16 m/m 3 in sehr guten Si-Einkristallen: 10 3 m/m 3 Diese Konzentrationen sind Nichtgleichgewichtskonzentrationen und entstehen bei der Herstellung und/oder der Verformung.
C. Zweidimensionale Baufehler: a) Oberflächen b) Stapelfehler Es liegt lokal ein Fehler in der Stapelfolge vor. Beispiel: Im kfz-gitter (Stapelfolge...ABCABC...) folgt auf eine B-Ebene eine A-Ebene: ungestörtes Gitter Stapelfehler ungestörtes Gitter
c) Großwinkelkorngrenze (Korngrenze) Korngrenzen entstehen bereits bei der Erstarrung (Kristallisation) eines Werkstoffes, da die Kristallisation an mehreren Stellen einsetzt (Keime), und diese Bereiche wachsen, bis sie sich berühren. Durch die unterschiedliche Kristallorientierung der so entstehenden Körner entstehen Korngrenzen, die meist mit großen Orientierungswinkelunterschieden verknüpft sind.
K 1 K 2 K 3
d) Zwillingsgrenze (Spezielle Korngrenzen) Die Atome werden an dieser Grenze gespiegelt. L O T Zwillingsgrenzen entstehen z.b. bei plastischer Verformung und sind aufgrund ihres geradlinigen Verlaufs im Schliff erkennbar. e) Kleinwinkelkorngrenze Versetzungen können sich zu regelmäßigen Versetzungswänden oder Versetzungsnetzwerken zusammenlagern. Im Falle von Stufenversetzungen entsteht eine Kippgrenze. Für den Kippwinkel gilt: D sin b / D Der Kippwinkel nimmt kleine Werte ein (z.b. 1 o ).
f) Phasengrenzen Je nachdem ob sich die Gitterebenen der Matrixphase in einer zweiten Phase fortsetzen, bezeichnet man die Phasengrenze als kohärent teilkohärent inkohärent
D. Dreidimensionale Baufehler: a) Poren, Lunker b) Ausscheidungen etc. Hinweis zu der Richtungsabhängigkeit von Eigenschaften: Ein Polykristall kann in seinen Eigenschaften richtungsunabhängig (isotrop) sein. Häufig kommt es aber zu einer Textur, d.h. bestimmte Kornorientierungen treten bevorzugt auf. Konsequenz: Anisotropie ohne Textur mit Textur
Statistisch (001)-Texturiert (001)-hochorientiert oder epitaktisch REM-Aufnahmen Diamantschichtmaterial mit unterschiedlichen kristallographischen Orientierungen