Seminar für Versicherungswissenschaft 26. Juli 2005 Prof. Ray Rees Diplomvorprüfung für Volkswirte (APO) Methoden der Volkswirtschaftslehre (VWL III) Grundstudium Sie haben für die Bearbeitung der folgenden 4 Aufgaben 120 Minuten Zeit. Insgesamt können 120 Punkte erreicht werden. Alle Aufgaben gehen mit gleicher Gewichtung in die Benotung ein. Die angegebenen Punktezahlen zu den Teilaufgaben sind ungefähre Angaben und nicht verbindlich. Alle Antworten müssen begründet werden! Achten Sie bei der Erstellung von Graphiken auf eine ausreichende Beschriftung! Bitte geben Sie auf jedem Papier Ihre vollständigen Angaben zur Person an, mindestens aber Ihren Namen und Ihre Matrikelnummer. Blätter, auf denen dies nicht angegeben ist, können nicht bewertet werden. Erlaubte Hilfsmittel: Nicht-programmierbarer Taschenrechner Viel Erfolg! 1
1. Aufgabe: Maximierung mit Nebenbedingungen (30 Punkte) Arnold konsumiert zwei Güter, nämlich Besuche im Fitness-Studio (x 1 gibt die Zahl der Stunden an, die er dort verbringt) und ein allgemeines Gut x 2. Der Preis pro Stunde im Fitness-Studio sei p 1, der Preis des Numeraireguts p 2 = 1. Arnold maximiert seinen Nutzen, der durch die Nutzenfunktion u(x 1 ; x 2 ) = x 1 + 10 ln x 2 gegeben ist. Er kann maximal ein Budget von m ausgeben. (a) Stellen Sie Arnolds Optimierungsproblem auf. Zeigen Sie, dass die Nichtnegativitätsbedingung für x 2 nicht bindet. Für welche Werte von m bindet die NNB für x 1? Stellen Sie für beide Fälle (NNB bindet/bindet nicht) das Optimum gra sch dar. Interpretieren Sie kurz die Auswirkung einer Änderung von m auf die Art der Lösung. (10 Punkte) (b) Im folgenden sei m = 100, p 1 = 5. Außerdem muss Arnold nun noch eine Zeitrestriktion beachten. Diese sei gegeben durch x 1 + 2x 2 30. Stellen Sie das neue Optimierungsproblem und die Kuhn-Tucker-Bedingungen auf. (10 Punkte) (c) Argumentieren Sie, dass keine der NNB im Optimum binden kann. Tipp: Betrachten Sie separat die Fälle, dass Budget- bzw. Zeitrestriktion bindet und verwenden Sie Ihr Ergebnis aus (a). Zeigen Sie, dass im Optimum die Zeitrestriktion bindet und berechnen sie die optimalen Konsummengen. (10 Punkte) 2. Aufgabe: Maximierung ohne Nebenbedingungen (30 Punkte) In der sozialistischen Republik Schwaben werden Autos der Marke "Schwabi" angeboten. Die konstanten Grenzkosten der Herstellung betragen c, Fixkosten fallen keine an. Der staatlich festgelegte o zielle 2
Verkaufspreis beträgt p. Allerdings kann der Betriebsleiter heimlich ein Bestechungsgeld in Höhe von b von den Kunden verlangen, so dass der tatsächliche Preis für einen Schwabi p = p + b beträgt. Die Nachfrage nach Schwabis ist gegeben durch D(p) = 1 p = 1 p b. Um die Wohlfahrt aller Schwaben zu maximieren, setzt die Partei p = c. (a) Nehmen Sie an, der Betriebsleiter sei ehrlich und wählt b = 0, so dass sein Gewinn aus Korruption K = 0 ist. Wie hoch ist der of- zielle Gewinn des Betriebs und wie hoch ist die Konsumentenrente KR der Schwaben? Leiten Sie daraus die Gesamtwohlfahrt W = K + + KR ab. (4 Punkte) (b) Nehmen Sie nun an, dass der Betriebsleiter b so wählt, dass er damit seinen Gewinn aus Korruption optimiert. Stellen Sie sein Maximierungsproblem auf und bestimmen Sie das optimale b. Wie hoch sind der tatsächliche Preis p und die Nachfrage D(p) im Gleichgewicht? (7 Punkte) (c) Errechnen Sie für die Situation in (b) erneut K,, KR und W. Zeigen Sie, dass W kleiner ist als in Aufgabe (a). (Falls Sie b in (b) nicht ermitteln konnten, dürfen Sie mit b = 1 c weiterrechnen. 4 Dies ist nicht das richtige Ergebnis!) (6 Punkte) (d) Die Partei ist beunruhigt, dass nur eine geringe Menge an Schwabis angeboten wird, obwohl zum o ziellen Preis große Nachfrage herrschen müsste. Um diese Rationierung zu beseitigen, möchte sie nun den o ziellen Preis erhöhen. Berechnen Sie b für einen o ziellen Preis p, bestimmen Sie die resultierende Verkaufsmenge und zeigen Sie, dass diese sinkt, wenn p steigt. (7 Punkte) (e) Warum führt eine Preiserhöhung hier zu einer Senkung der angebotenen Menge, während sie normalerweise zu einer Erhöhung des 3
Angebots führt? Begründen Sie kurz. (6 Punkte) 3. Aufgabe: Theorie der Konsumentennachfrage (30 Punkte) Betrachten Sie einen Konsumenten mit der Nutzenfunktion u(x 1 ; x 2 ) = (x 1 s 1 ) (x 2 s 2 ) 1, wobei s 1 und s 2 positive Konstanten sind. Gut 1 hat den Preis p 1 und Gut 2 hat den Preis p 2. Der Konsument hat ein Einkommen m. Bei allen Teilaufgaben gilt: kürzen Sie so weit wie möglich! (a) Bestimmen Sie die Marshallschen Nachfragefunktionen des Konsumenten. (10 Punkte) (b) Bestimmen Sie die Hickschen Nachfragefunktionen des Konsumenten. (10 Punkte) (c) Bestimmen Sie die indirekte Nutzenfunktion des Konsumenten. (5 Punkte) (d) Bestimmen Sie die Ausgabenfunktion des Konsumenten. (5 Punkte) 4. Aufgabe: Komparative Statik (30 Punkte) Ein Arzt behandelt einen Patienten. Der Patient erhält daraus einen Nutzen B(q), der von der Menge der medizinischen Leistungen q abhängt. Es gilt B 0 (q) > 0, B 00 (q) < 0. Dem Arzt entstehen Kosten, die sowohl von q als auch von seinen Anstrengungen e abhängen. Für die Kostenfunktion c(q; e) gilt: c q = @c @q > 0; c e = @c @e < 0; c qq = @2 c @q 2 > 0; c ee = @2 c @e 2 > 0; c qe = @2 c @q@e < 0: Der Arzt kann durch seine Bemühungen also die Behandlungskosten senken. Dies verursacht ihm allerdings Anstrengungskosten (e), wobei 4
0 (e) > 0, 00 (e) > 0. Der Arzt kann alleine über die Behandlungsmenge bestimmen und maximiert seinen Nutzen U = y + B(q) c(q; e) (e), wobei 0 < 1. Sein Einkommen y erhält der Arzt vom Staat. Dieser zahlt ihm einen xen Betrag F und erstattet einen Anteil der anfallenden (monetären) Kosten, wobei 0 < 1. Es gilt also y = F + c(q; e). (a) Geben Sie die Bedingungen erster Ordnung für das Optimierungsproblem des Arztes an. (6 Punkte) (b) Sie können davon ausgehen, dass die Bedingungen erster Ordnung notwendig und hinreichend für ein Optimum sind. Welchen Ein- uss hat eine Änderung von auf die optimalen Werte von e und q? Interpretieren Sie kurz den Faktor. (12 Punkte) (c) Der Staat maximiert die soziale Wohlfahrt W = B(q) c(q; e) (e). Geben Sie die Bedingungen erster Ordnung an. (3 Punkte) (d) Wie ändert sich die soziale Wohlfahrt (bei gegebenem ), wenn sich ändert? Geben Sie einen allgemeinen Ausdruck an. (6 Punkte) (e) Angenommen, = 1. Wie hoch muss der Anteil der erstatteten Kosten sein, damit der Arzt das sozial optimale Behandlungsniveau q W wählt? Wählt der Arzt dann auch das sozial optimale Anstrengungsniveau e W? (3 Punkte) 5