TTIP & CETA stoppen! Für einen gerechten Welthandel! Juni 2015 Uwe Wötzel - uwe.woetzel@verdi.de Bundesverwaltung, Ressort 1, Bereich Politik und Planung
TTIP Transatlantisches Handels- und Investitionsabkommen (Transatlantic Trade and Investment Partnership, EU-USA) CETA Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement EU-Kanada) TISA Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen (Trade in Services Agreement, plurilateral, EU + 22 Staaten)
Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.v. Noch bedeutsamer als jede Wohlfahrtsdividende durch TTIP sind die gesellschaftspolitischen Aspekte des Abkommens: Das einzigartige an TTIP ist, dass es auf der Basis von unternehmerischer Freiheit und freier Konsumentenentscheidungen die Chance für globale, technische Standards bietet, die wir zusammen mit den USA zurzeit noch prägen können. 19. November 2014
Handelspolitik Herausforderung für Demokratie iberalisierung hne Sozialstandards tötet. ber 1200 Tote, ber 2500 Verletzte n der Textilfabrik ana Plaza (April 2013)
Entscheidungsprozess der EU-Handelspolitik
Inhalte von Freihandelsverträgen Abbau von Handelshemmnissen Zölle, Nichttarifäre Barrieren Liberalisierung der Investitionsbestimmungen Starker Schutz für Investoren Verlust von regionalen und nationalen Gestaltungsmöglichkeiten Recht auf Gewinntransfer Öffnung von Dienstleistungsmärkten Marktzugang und Inländerbehandlung Fixierung von Privatisierungen Geistige Eigentumsrechte
Das Ziel: Die Liberalisierung der Märkte Abkommen zielen auf allseitige größtmögliche Marktöffnungen exklusiven starken Investitionsschutz Abkommen funktionieren wie ein Schaltrad, mit einer Sperrklinke, das sich nur in diese eine Richtung dreht. Kein Ziel sind wirksame Regeln zur Durchsetzung von soziale oder ökologische Standards.
Welthandelspolitik á la Merkel Die Doha-Runde der Welthandelsorganisation hat sich nicht so gut weiterentwickelt, wie wir uns das gewünscht hätten. Also wird man zunehmend auch auf bilaterale Freihandelsabkommen setzen. Deutschland wird in diesem Konzert eine sehr proaktive Rolle für mehr Freihandelsabkommen spielen. Deshalb bleibt die wesentliche Aufgabe eine politische Aufgabe, nämlich wirtschaftliche Rahmenbedingungen in Europa zu schaffen, die Spaß auf Investitionen machen. Rede von Bundeskanzlerin Merkel beim Jahrestreffen des World Economic Forum 24. Januar 2013
GLOBAL EUROPE
Transatlantic Trade and Investment Partnership TTIP - das Vorbild für neue Handelsverträge? Anspruch: umfassend, sehr ambitioniert, WTO-plus Inhalt: Abbau von Zöllen und Nichttarifären Handelshemmnissen, Investorenschutz. Regelungsbereiche: Industriestandards, Lebensmittelrecht, öffentliche Beschaffung Soll alle Ebenen der öffentlichen Verwaltung binden Regulatorische Kooperation
EU-Versprechen: Wachstum
Gabriel zieht rote Linie für TTIP-Abkommen "Wir werden keinen Zwang zur weiteren Liberalisierung oder Privatisierung akzeptieren. Wir werden keine Sozialstandards absenken und auch keine Umwelt- und Verbraucherschutzstandards. Die Parlamente werden nicht ausgehebelt. Und wir werden, da bin ich absolut sicher, auch keine Privatisierung der Schiedsgerichtsbarkeit erleben", sagte Gabriel. (Süddeutsche Zeitung 21. März 2015)
Verzicht auf Vermögens-, Erbschaftsund erhöhter Spitzen-Steuer Wachsende Armut, wachsende Vermögen Schuldenbremse Wachsender Druck auf Löhne und Arbeitsbedingungen Unterfinanzierung der öffentlichen Infrastruktur Verlust guter und erschwinglicher Daseinsvorsorge Mit PPP versteckte Schulden und attraktive Renditen für private Investoren Verlust an kommunaler Organisationsfreiheit Investitionsschutz in CETA, TTIP... Liberalisierungen, Privatisierungen dauerhaft geschützt
Die USA haben 6 von 8 ILO-Kernarbeitsnormen nicht ratifiziert Es fehlen Ratifizierungen zu den Übereinkommen Nr. 29 über Zwangs- oder Pflichtarbeit (von 1930) Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes (1948) Nr. 98 über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungs-rechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen (1949) Nr. 100 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (1951) Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (1958) Nr. 138 Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (1973)
International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID) Internationales Zentrum für Investitionsstreitbeilegungen Schiedsstelle, gegründet 1965 Unterorganisation der Weltbank, Washington D.C. schützt Investoren vor ungerechter Behandlung Verfahren sind nicht öffentlich, umgehen staatliche Justiz Schiedssprüche gelten unmittelbar sind einzige Instanz und nicht öffentlich beschränken nationale Souveränität (Schadensersatz zu Lasten öffentlicher Haushalte, indirekte Wirkung auf Gesetzgebung)
Bundeswirtschaftsministerium fördert den Ratgeber für Investoren Zitat: Hilfe, ich werde enteignet
Organe der Rechtspflege Die auf Investitionsschutz spezialisierte Rechtsbranche wird von einer kleinen, eng miteinander verflochtenen Gruppe von Anwaltskanzleien und Schiedsrichter/innen dominiert, die daran sehr gut verdienen. Drei Kanzleien Freshfields (GB), White & Case (US) und King & Spalding (US) haben nach eigenen Angaben 130 Investitionsstreitigkeiten bearbeitet. Gerade einmal 15 Schiedsrichter/innen, fast alle aus Europa, den USA oder Kanada, haben 55 Prozent aller bekannten Investitionsschutz-Klagen entschieden. Quelle: Corporate Europe Observatory und Transnational Institute (2012)
Kritik an Investor-Staat-Klagen I Beispiel Argentinien: 41 Klagen vor internationalen Schiedsstellen Hintergrund war Schuldenbekämpfungspolitik darunter Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung wie das Einfrieren der Preise für Wasser und Strom Mehrere Schiedsgerichte sahen darin eine Verletzung von Argentiniens Investitionsabkommen und sprachen den Klägern bis Ende 2008 knapp eine Milliarde Euro an Schadenersatz zu, damit hätten die Jahresgehälter von 150.000 Lehrer/innen oder 95.800 Ärzt/innen in Argentinien bezahlt werden können.
Kritik an Investor-Staat-Klagen II Klagen gegen Gesundheits- und Umweltauflagen: Philip Morris (US) gegen Australien und Uruguay wegen Auflagen bei Tabakwerbung daraufhin stoppt Neuseeland Gesetzesvorhaben mit Auflagen zur Tabakwerbung Vattenfall (SE) gegen Deutschland wegen Umweltauflagen für Kohlekraftwerk Moorburg Ausstieg aus der Atomenergie Lone Pine (CD, via US-Tochter) gegen Kanada wegen Fracking Moratorium in Quebec.
Kritik an Investor-Staat-Klagen III Prominente Klagen gegen Arbeits- und Sozialstandards: Veolia (FR) gegen Ägypten wegen Einführung des Mindestlohns Noble Ventures (US) gegen Rumänien wegen Streiks und Betriebsbesetzungen Centerra (CD) gegen Kirgisien wegen Lohnzuschlag für Minenarbeit unter schweren Bedingungen Paushok (RUS) gegen Mongolei wegen Gesetz zur Förderung einheimischer Arbeitskräfte
Kritik an Investor-Staat-Klagen IV Prominente Klagen gegen wirtschaftspolitische Maßnahmen in der Krise: Postova Bank (SLO) gegen Griechenland wegen Schuldenschnitt Marfin Investment (GR) gegen Zypern wegen Verstaatlichung der Laika Bank Diverse Aktienfonds gegen Spanien wegen Streichung von Subventionen für erneuerbare Energien Hedgefonds gegen Argentinien wegen Schuldenschnitt Bolivien, Ecuador, Venezuela verlassen ICSID
Ergebnis der EU-Konsultation zum Investitionsschutz in TTIP: 149.399 schriftliche Eingaben Mehr als 145 000 Absender lehnten das Handelsabkommen entweder komplett ab oder den Teil zum Investorenschutz. "Aus der Konsultation geht klar hervor, dass gegenüber dem Instrument der ISDS äußerste Skepsis herrscht", sagte Handelskommissarin Malmström am 13. Januar 2015
Verlust an demokratischen Gestaltungsräumen Verhandlungsgegenstand ist die Einrichtung eines Regulierungsrates mit der Verpflichtung zur gegenseitigen Abstimmung in Expertengruppen vor Einbringung in Parlamente. Die Risiken sind: Entmachtung der Parlamente, Entdemokratisierung, Einschränkung des Initiativrechts. Absenkung der Standards zwischen USA und EU Stärkung der Wirtschaftslobby. Noch weniger Einfluss für Gewerkschaften und Zivilgesellschaft.
Verlust an demokratischen Gestaltungsräumen Neue Risiken für Finanzkrisen? Finanzlobby fordert besseren Zugang für EU- Finanzmarktprodukte auf US-Märkten EU-Kommission will gegenseitige Anerkennung von Standards und stellt US-Finanzmarktregeln in Frage. Umgehung von US-Gesetzen (Dodd-Frank Act) Senkung der Eigenkapitalanforderung
Verlust an demokratischen Gestaltungsräumen Bisher sperrt sich die EU-Kommission gegen Transparenz gegen starke öffentliche Beteiligung gegen den Positivlistenansatz gegen den Ausschluss der kulturellen Dienste gegen den Verzicht auf Investor-Staats- Schiedsverfahren gegen durchsetzbare Arbeits- und Sozialstandards gegen Beschwerdeverfahren für die Zivilgesellschaft und die Gewerkschaften.
DGB Bundeskongresses 2014 fordert einstimmig: Freihandelsverhandlungen mit den USA aussetzen. Kein Abkommen zu Lasten von Beschäftigten, Verbrauchern oder der Umwelt
2015 fallen Entscheidungen: TTIP wird verhandelt (10. Runde im Juli 2015) CETA (die Blaupause für TTIP) soll 2015 ratifiziert werden TiSA (GATS+) wird weiter verhandelt EU-Parlament: Entschließung zu TTIP, Beschlussfassung am 10. Juni 2015 Stoppt TTIP: Kommt alle zur großen Demonstration am 10. Oktober 2015 in Berlin
Für eine gerechten Handel Umwelt-, Sozial-, Daten- und Verbraucherschutz-Standards erhöhen statt sie zu senken oder auszuhebeln Arbeitsstandards wie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festschreiben statt sie auszuhöhlen, öffentliche und gemeinnützige Dienstleistungen und Daseinsvorsorge stärken statt sie zu schwächen, kulturelle Vielfalt und öffentliche Bildungsangebote fördern statt sie als Handelshemmnis zu betrachten, bäuerliche und nachhaltige Landwirtschaft sowie artgerechte Tierhaltung voranbringen statt Gentechnik und industrielle Landwirtschaft zu fördern, die Macht von Konzernen und Finanzmarkt-Akteuren begrenzen statt sie zu vergrößern, global ausgerichtet sind statt die Mehrheit der Menschen auszugrenzen und transparent und offen verhandelt werden statt geheim und in Hinterzimmern.
Die EU-Kommission lässt eine Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA nicht zu. Doch die Initiative sammelte bereits über 2 Millionen Unterschriften! ver.di unterstützt die Initiative: https://stop-ttip.org/de/ Weitere Informationen: www.verdi.de