Konzeption. Landeszentralstelle. Psychosoziale Notfallversorgung. Baden-Württemberg. Vom 6. Oktober 2017, - Az.: /10

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Transkript:

Konzeption Landeszentralstelle Psychosoziale Notfallversorgung Baden-Württemberg Vom 6. Oktober 2017, - Az.: 6-1402.9/10

1 Einführung Die vorliegende Konzeption beschreibt die Aufgaben und die Struktur der Landeszentralstelle Psychosoziale Notfallversorgung (Landeszentralstelle PSNV) in Baden-Württemberg. Die Konzeption berücksichtigt die Strukturen und Aufgaben vergleichbarer Einrichtungen im Bundesgebiet und orientiert sich am Ergebnis der Konsensuskonferenz PSNV 2009 (durchgeführt vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe). Aufgaben der Landeszentralstelle PSNV und Zusammenarbeit mit Gremien Mitwirkung in der Bund-Länder-Zusammenarbeit in Fragen der PSNV (BBK/NOAH/BMI), in Abstimmung mit dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration. Institutionalisierter Knotenpunkt einer interdisziplinären Abstimmung zwischen Psychosozialer Notfallversorgung und psychosozialer, psychotherapeutischer und psychiatrischer Regelversorgung beziehungsweise entsprechenden seelsorgerischen Angeboten sowie den BOS im Sinne einer mittel- und langfristigen PSNV- Versorgung. Zusammenführung aller PSNV-Aktivitäten für Betroffene (PSNV-B) und Einsatzkräfte (PSNV-E) sowie der Teilnetze auf Landesebene (auch in der langfristigen Nachsorge). Bei Bedarf Unterstützung bei der Erarbeitung von Standards zur Aufstellung und Führung akkreditierter Anbieter in Alarmierungslisten auf Kreis-, Regierungsbezirks- und Landesebene Meldung an bundesweite Datenbank PSNV. Herbeiführung einer verbindlichen Abstimmung zwischen den Akteuren der PSNV auf Landesebene, in Abstimmung mit dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration. Beratung und fachliche Unterstützung der PSNV-Führungskräfte. Bei Bedarf Unterstützung bei Großschadenereignissen und anderen Einsätzen, bei denen viele PSNV-Kräfte benötigt werden. Die Landeszentralstelle PSNV ist Kompetenzstützpunkt für Baden-Württemberg und an der Landesfeuerwehrschule Baden-Württemberg als eine dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration nachgeordnete Dienstelle angesiedelt. Sie ist als Schnittstelle darauf ausgelegt, eine behörden-, religionsgemeinschaften- und organisationsübergreifende Zusammenarbeit, Zusammenführung und Abstimmung aller vorhandenen PSNV-Aktivitäten im Rahmen der Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention im Land zu gewährleisten. 2

Zur Erfüllung ihrer Aufgaben wird ein Fachbeirat PSNV eingerichtet, der die Landeszentralstelle PSNV in der Aufgabenerfüllung berät und Empfehlungen für Schwerpunkte der weiteren Tätigkeit gibt. In grundsätzlichen Fragen der PSNV in Baden-Württemberg soll der Fachbeirat PSNV beteiligt werden. Zur strategischen Weiterentwicklung der psychosozialen Notfallversorgung in Baden-Württemberg wird zusätzlich eine PSNV-Konferenz als bedarfsorientierte Ebene allen Organisationen mit Nahtstellen in der psychosozialen Notfallversorgung zur aktiven Mitwirkung und Teilhabe angeboten. Die Landeszentralstelle PSNV stellt die Geschäftsstelle für den Fachbeirat PSNV und leitet die PSNV-Konferenz Baden-Württemberg. 2 Psychosoziale Notfallversorgung: Koordinierung bei besonders belastenden Einsätzen und Katastrophen in Baden-Württemberg Ein schweres Unglück stellt für Überlebende, Angehörige, Hinterbliebene, Zeugen oder Vermissende eine große psychische Belastung dar. Auch ehren- und hauptamtliche Einsatzkräfte werden oft physisch und psychisch durch Einsatzsituationen besonders belastet. Es ist daher notwendig, von einem Unglück Betroffene sowie ehren- und hauptamtliche Einsatzkräfte nach belastenden Ereignissen psychosozial zu betreuen. Die Belastungen müssen möglichst unmittelbar nach einem schweren Unglück oder einer Katastrophe abgebaut und die Menschen müssen in die Lage versetzt werden, ihren Stress und die daraus entstandenen Belastungen individuell zu bewältigen. Die psychologische und seelsorgerische Betreuung vor und nach einem Einsatz ist ein Aspekt der Gesundheitsvorsorge. Sicherstellung eines flächendeckenden Netzes psychosozialer Notfallversorgung für Betroffene (PSNV-B): Die PSNV-B ist in Baden-Württemberg bisher ausschließlich dezentral organisiert und wird in unterschiedlicher Art und Weise getätigt. In der Regel sind hier die Hilfsorganisationen (DRK, JUH, MHD, ASB, u.a.), Kirchen oder sogar Vereine auf diesem Feld vertreten. Sicherstellung von Psychosozialer Notfallversorgung für Einsatzkräfte (PSNV-E): Die PSNV- E ist eine wichtige Aufgabe der ehren- und hauptamtlich tätigen Helfer. Sie umfasst die Bereiche Einsatzvorbereitung, Einsatzbegleitung, und Einsatznachsorge und ist über generelle Maßnahmen in den Einsatzorganisationen zu implementieren. Dabei sind vorhandene Strukturen und laufende Vorhaben zu berücksichtigen. Bei der PSNV-E sind auch die Feuerwehren für die Angehörigen ihrer Einsatzabteilungen tätig. Psychische Belastungen nach extremen Ereignissen stehen seit einigen Jahren immer häufiger im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Neben öffentlichkeitswirksamen Großschadenereignissen und Katastrophen werden bei den inzwischen zahlreich vorhandenen Kriseninterventi- 3

onsdiensten, der Notfallseelsorge und den Betreuungsgruppen für Einsatzkräfte aber immer häufiger die psychischen Belastungen auch bei scheinbar alltäglichen Einsatzszenarien relevant (Notfallnachsorge). In der Nachsorge von örtlichen und im Ausmaß begrenzten Unglücksfällen haben sich die zahlreichen Nachsorgedienste in der Praxis bewährt. Dabei ist aber festzustellen, dass die nicht flächendeckenden Angebote psychosozialer Notfallversorgung in ihrer Vielfalt qualitativ und quantitativ sehr heterogen sind. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die bisher vorhandenen organisationsinternen Vernetzungen eine organisationsübergreifende und überregionale Vernetzung der unterschiedlichen berufsspezifischen und organisationsinternen Angebote nicht ersetzen. Mit der vorliegenden Konzeption sollen die erforderlichen Maßnahmen der psychosozialen Betreuung bei extremen und belastenden Ereignissen so vorbereitet werden, dass im Bedarfsfall eine rasche und koordinierte Aufgabenbewältigung sichergestellt werden kann. Dabei ist wichtig, dass es sich bei den Maßnahmen psychosozialer Notfallversorgung um reine unterstützende und begleitende psychosoziale Betreuungsmaßnahmen handelt. Keinesfalls sind hierbei therapeutische Maßnahmen vorgesehen, die entsprechend medizinisch oder psychologisch ausgebildetem Personal vorbehalten bleiben. Zur Sicherstellung eines reibungslosen und koordinierten PSNV-Einsatzes sind neben der Aus- und Fortbildung des notwendigen ehrenamtlich tätigen Personals auch organisatorische Vorkehrungen zu treffen und die nötigen Strukturen zu schaffen. In Anlehnung an die Empfehlungen im Endbericht zum Forschungsprojekt Entwicklung von Standards und Empfehlungen für ein Netzwerk zur bundesweiten Strukturierung und Organisation psychosozialer Notfallversorgung (im Folgenden: Netzwerkbericht) wird in Baden-Württemberg auf Landesebene derzeit für erforderlich gehalten: Eine Landeszentralstelle PSNV für Fragen der psychosozialen Notfallversorgung und einen Fachbeirat PSNV, in dem speziell die in der PSNV tätigen Organisationen und Einrichtungen vertreten sind 3. Die Landeszentralstelle PSNV: Kompetenzstützpunkt für die Psychosoziale Notfallversorgung im Land 3.1 Aufgaben der Landeszentralstelle PSNV In Anlehnung an die Empfehlungen im Netzwerkbericht ist für Fragen der gesamten psychosozialen Notfallversorgung in größeren Schadenslagen die Landeszentralstelle PSNV bei der Landesfeuerwehrschule Baden-Württemberg zuständig. Die Landeszentralstelle PSNV 4

nimmt diese Aufgabe im Auftrag des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration, Referat 64 - Katastrophenschutz, wahr. Die Aufgaben der Landeszentralstelle PSNV umfassen: Vertretung der Interessen des Landes Baden-Württemberg in der PSNV auf Bundesebene in Abstimmung mit dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration. Erfassung der PSNV-Systeme und Aktualisierung der Erreichbarkeiten, auch im Hinblick auf die Erfordernisse des Katastrophenschutzes. Koordination organisationsübergreifender und überregionaler Anliegen und Vernetzung der PSNV-Kräfte. Bei Bedarf Unterstützung organisationsübergreifender Maßnahmen der Aus- und Fortbildung. Bei Bedarf Beratung in Fragen psychosozialer Betreuung im Bereich der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr und Vermittlung von Informationen zu Hilfsangeboten. Bei Bedarf Fachberatung der Einsatzleitung vor Ort in Fragen der psychosozialen Unterstützung von Einsatzkräften und von Notfallopfern ohne überregionalen Koordinierungsbedarf. Beratung beim Aufbau von Hilfsangeboten für Einsatzkräfte. Bei Bedarf Unterstützung beim Aufbau und Koordinierung bestehender Alarmierungsstrukturen. Bildung einer organisationsübergreifenden Unterstützungsgruppe im Einsatz bei großen Schadensereignissen mit überregionalem Koordinierungsbedarf sowie zur Unterstützung anderer Länder/Bund (Siehe Pkt. 3.2.). Vermittlung von weiterführenden Informationen zu Hilfsangeboten über die Akutphase der psychischen Belastung hinaus. Bei Bedarf in Abstimmung mit dem Fachbeirat PSNV, Unterstützung bei der Entwicklung, Durchführung und Evaluation von Aus- u. Fortbildungsmodulen für ehren- und hauptamtliche Einsatzkräfte der PSNV. Angebot zur Unterstützung und fachlichen Beratung der Katastrophenschutzbehörden bei der Sicherstellung von PSNV bei Großschadenslagen und Katastrophen. Betreuung eines Netzwerks zur Psychosozialen Notfallversorgung für Opfer- und Angehörigenbetreuung in BW (PSNV-B). Betreuung eines Netzwerks zur Psychosozialen Notfallversorgung für Einsatzkräfte in BW (PSNV-E). Entwicklung und Pflege eines landesweiten Informations- und Auskunftssystems über Ansprechpartner der mittel- und längerfristigen psychosozialen Hilfen sowie der psychotherapeutischen (Früh)Interventionen in allen Bereichen der PSNV. 5

Sicherstellung der länderübergreifenden Vernetzung zu Experten und Anbietern der PSNV sowie zu Forschungseinrichtungen auf nationaler und internationaler Ebene. Ansprechpartner für alle in der PSNV mitwirkenden Organisationen und Einrichtungen in Baden-Württemberg. Zur Erfüllung dieser Aufgaben werden die Angebotsträger der Psychosozialen Notfallversorgung in Baden-Württemberg gebeten, die Landeszentralstelle PSNV durch Benennung geeigneter Ansprechpartner zu unterstützen. 3.2 Unterstützung im Einsatz Außergewöhnliche Unglücksfälle wie u. a. Amoklagen und Katastrophen können zu einer besonderen Koordinierungsbedürftigkeit psychosozialer Notfallversorgung führen. Hier ist an Unglücksfälle mit besonders vielen akut traumatisierten Personen und/oder mit besonders schwerwiegenden Traumata zu denken, bei welchen die örtlich vorhandenen Ressourcen psychosozialer Notfallversorgung (PSNV) ggf. nicht ausreichen. Die Erfahrungen aus Eschede und Winnenden sowie ähnlichen Schadensfällen haben gezeigt, dass der Einsatz und die Koordinierung von überregionalen PSNV-Kräften schnell die Leistungsfähigkeit der Einsatzleitung oder der regionalen Kräfte übersteigt. Deshalb ist als Ergebnis der vom BBK initiierten Konsensuskonferenz PSNV 2009 die Thematik der Psychosozialen Notfallversorgung bei großen Schadenslagen und Katastrophen ein wesentliches Element der Ereignisbewältigung. Im Ereignisfall geht es vorrangig darum, für diesen Bereich schnellstmöglich eine adäquate Fachberatung der zuständigen Einsatzleitung zu gewährleisten. Dies kann durch Fachberater in der operativ/taktischen Ebene und der administrativ/organisatorischen Ebene geschehen. Bedingt durch das komplexe Themenfeld der Psychosozialen Notfallversorgung sind hohe fachliche und persönliche Anforderungen an einen Fachberater PSNV zu stellen. Bei Bedarf können speziell geschulte Kräfte über die Landeszentralstelle angefordert werden. Innerhalb von Einsatzleitungen die bereits einen regionalen Fachberater oder eine PSNV-Führungskraft benannt haben, kann die Vororteinheit in Abhängigkeit des Ereignisses eine Unterstützung, Abschnittsleitung oder Ablösung sein. Die Fachberater PSNV werden vorrangig aus den bereits existierenden Strukturen bestehender PSNV-Systeme rekrutiert und qualifiziert bzw. eingewiesen. 6

Ein Weisungsrecht dieser Unterstützungsgruppe PSNV gegenüber den Angebotsträgern oder der Einsatzleitung besteht nicht. Zuständig für die Anforderung der Unterstützungsgruppe PSNV ist die jeweilige Einsatzleitung. 4. Fachbeirat PSNV Um eine Beteiligung aller im Bereich psychosozialer Notfallversorgung tätigen Organisationen und Einrichtungen sicherzustellen, die vorhandenen personellen Ressourcen sinnvoll nutzen zu können und eine fachlich abgestimmte Arbeit zu ermöglichen, ist die Schaffung eines Gremiums erforderlich, welches die Arbeit der Landeszentralstelle PSNV fördern und begleiten kann. Dabei hat in allen Angelegenheiten von allgemeiner Bedeutung, welche die PSNV berühren, eine Abstimmung zwischen der Landeszentralstelle PSNV und dem Fachbeirat PSNV zu erfolgen. Im Einzelnen hat der Fachbeirat PSNV insbesondere folgende Aufgaben: Unterstützung der Vernetzung der vorhandenen Angebote und Leistungsträger bzw. der Bildung zweckfördernder organisationsübergreifender Netzwerke. Unterstützung in der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Einsatzkräfte. Förderung von lokalen u. regionalen Arbeitskreisen mit dem Ziel der Schaffung verbindlicher Strukturen und Abläufe. Bei Bedarf Unterstützung in der Entwicklung, Durchführung und Evaluation von Ausu. Fortbildungsmodulen für ehren- und hauptamtliche Einsatzkräfte der PSNV. Unterstützung bei der Erarbeitung einheitlicher Qualitätsmindest- und Führungsstandards. Unterstützung wissenschaftlicher Tätigkeiten und Untersuchungen im Bereich der PSNV. Weiterentwicklung der Schnittstellen zur Übergabe der psychosozialen Unterstützung an die regulären Institutionen der allgemeinen Gesundheitsversorgung. Vorschläge zum Transfer der Ergebnisse der Konsensuskonferenz unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Landes Baden-Württemberg. Der Fachbeirat PSNV setzt sich zusammen aus den im Landesbeirat für den Katastrophenschutz vertretenen, in der PSNV tätigen Organisationen und Einrichtungen. Diese benennen jeweils bis zu zwei Vertreter für den Fachbeirat PSNV. Der Fachbeirat PSNV tagt mindestens einmal im Jahr. Die Sitzungen werden vom Innenministerium geleitet. Die Geschäftsstelle des Fachbeirats wird von der Landesfeuerwehrschule geführt. 7

Über die grundsätzliche Fachbeiratsarbeit hinausgehend, kann es geboten sein, eine Plattform zu schaffen, auf der grundlegende Fragen der PSNV auch auf breiterer Basis erörtert werden können. Diese Plattform kann sich als PSNV-Konferenz Baden-Württemberg konstituieren, um hier einzelne Themen aus dem Aufgabenspektrum des Fachbeirats oder der Zentralstelle einer vertieften Betrachtung unterziehen zu können und als Impulsgeber für den Fachbeirat hinsichtlich einer zukunftsorientierten Weiterentwicklung der PSNV in Baden- Württemberg zu fungieren. Mögliche Themen für die gemeinsame PSNV-Konferenz-Baden-Württemberg können dabei insbesondere sein: Die PSNV-Konferenz als Impulsgeber einer konkreten Weiterentwicklung der PSNV für Baden-Württemberg. Gemeinsame Entwicklung und Abstimmung hinsichtlich gemeinsamer Nahtstellen (z.b. Polizei, Bundeswehr, Schulbehörden, Gesundheits- u. Sozialbehörden, Ärzte- u. Psychotherapeutenkammern, Unfallkasse-BW, usw.). Auf- bzw. Ausbau gegenseitiger Unterstützung in der landes- u. bundesweiten PSNV- Netzwerkarbeit über die jeweils eigene Organisation. Klärung möglicher Einbindung und Abstimmung von Unterstützern der PSNV mit weiteren Anbietern von Angeboten der innerbetrieblichen PSNV. Beratungen über mögliche Unterstützung und Förderung von regionalen bzw. organisationsübergreifenden Arbeitskreisen mit dem Ziel der Entwicklung verbindlicher Strukturen und Verfahrensweisen vor Ort. Allgemeiner Entwicklungs- und Informationsaustausch über aktuelle Themen zur PSNV im Land. Sicherung der Ergebnisse der Konsensuskonferenz unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Landes Baden-Württemberg. Für eine Teilnahme an der PSNV-Konferenz sind grundsätzlich alle Ministerien, Organisationen und Institutionen geeignet, zu denen es im Bereich PSNV in Baden-Württemberg Nahtstellen gibt. Die PSNV-Konferenz Baden-Württemberg wird bei Bedarf in Abstimmung mit dem Fachbeirat oder auf dessen Anregung von der Landeszentralstelle PSNV einberufen. Die Landeszentralstelle PSNV leitet die PSNV-Konferenz. 8