Stellungnahme zu den einzelnen Artikeln. I. Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)

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1 Thomas-Mann-Straße 40, 53111 Bonn Tel. 0228 33889-540 FAX 0228 33889-541 E-Mail: walter@hausderkrebs-selbsthilfe.de Internet:www.hksh-bonn.de 9. Februar 2012 Stellungnahme der Verbände im Haus der Krebs-Selbsthilfe zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und des Bundesministeriums für Gesundheit eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (Patientenrechtegesetz) (Stand 9. Februar 2012) Die Verbände im Haus der Krebs-Selbsthilfe (HKSH) begrüßen die politische Entwicklung hin zu einem Patientenrechtegesetz. Sie betonen, dass Patientinnen und Patienten eine solidarische, menschliche und qualitätsgesicherte medizinische Versorgung benötigen und dafür klare, gesetzliche Regelungen geschaffen werden müssen. Das Patientenrechtegesetz soll aber nicht nur die direkte Versorgung verbessern, sondern auch die Mitwirkungsmöglichkeiten und die Teilnahme an Versorgungsprozessen von Patientinnen und Patienten. Auch die Interessensvertretungen von Patientinnen und Patienten zum Wohle von Recht, Sicherheit und Gleichstellung sind zu stärken. Ein Gesetz zur Verbesserung und Stärkung der Patientenrechte und der Patientensicherheit ist daher dringend notwendig. Stellungnahme zu den einzelnen Artikeln Die Darstellung folgt der Reihenfolge der im Referentenentwurf dargestellten Gesetzbücher. Neben den angesprochenen Paragraphen werden inhaltliche Vorschläge dargelegt, welche aus Sicht der Verbände im Haus der Krebs-Selbsthilfe für die Rechte der Patientinnen und Patienten und deren Durchsetzung wichtig sind und im Gesetz Eingang finden sollten. I. Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) 1. 630c BGB Mitwirkung der Vertragsparteien; Informationspflichten (1) Behandelnder und Patient sollen zur Durchführung der versprochenen Behandlung zusammenwirken. Die Verbände im Haus der Krebs-Selbsthilfe begrüßen die gesetzliche Regelung eines partnerschaftlichen Behandlungsverhältnisses. Allerdings ist der Ansatz zu kurz gedacht. Die Verbände fordern daher, dass auch im Arzt- Patienten-Gespräch die Rolle der Angehörigen deutlich zum Ausdruck kommt, da der Patient auf

2 Grund seiner oftmals schlechten Konstitution nicht in der Lage ist, alleine für seine Rechte einzustehen. Die Informationspflicht ist ferner auch dahingehend zu konkretisieren, dass der behandelnde Arzt über die Möglichkeit der Zweitmeinung aufklärt. Auch wenn den Patienten gem. 630g SGB V Einsicht in die Patientenakte gewährt werden muss (es sei denn, medizinische Gründe stehen einer Einsichtnahme entgegen), so ersetzt diese Möglichkeit nicht den Anspruch auf einen Patientenbrief. Denn eine Einsichtnahme ist ein aktiver Akt, welcher von Patienten eher gescheut wird, um sich nicht im Arzt- Patientenverhältnis mit einer ggf. entstehenden Auseinandersetzung konfrontiert zu sehen. Aus diesem Grunde fordern die Verbände im Haus der Krebs-Selbsthilfe ein Anrecht auf einen Patientenbrief gesetzlich zu normieren. 2. 630e BGB Aufklärungspflichten (1) Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentliche Umstände aufzuklären, insbesondere über Art, Umfang, Durchführung, zu erwartenden Folgen und spezifische Risiken des Eingriffs sowie über die Notwendigkeit, Dringlichkeit und Eignung des Eingriffs zur Diagnose oder zur Therapie und über die Erfolgsaussichten der Eingriffs im Hinblick auf die Diagnose oder Therapie. Bei der Aufklärung ist auch auf Behandlungsalternativen hinzuweisen, wenn mehrere Behandlungsmethoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können. (2) Die Aufklärung muss 1. [ ] 2. [ ] 3. für den Patienten verständlich sein. Die Verbände begrüßen die expliziten Handlungsvorgaben bzgl. der Aufklärung im Arztgespräch. Verständlichkeit beinhaltet aber nicht nur das Vermitteln der Inhalte, sondern auch das Er- und Nachfragen, ob die Aufklärung richtig (mit allen Konsequenzen) verstanden wurde. Hat der Behandelnde den Eindruck, dass der Patient im Augenblick nicht in der Lage ist, der Aufklärung zu folgen und den Inhalt sachgemäß zu verstehen, ist der Patient zu fragen, ob einen Angehörigen, Patientenfürsprecher oder eine ihm sonst vertraute Person hinzuziehen möchte. Aus den dargelegten Gründen hat die obige Forderung in die Begründung im Entwurf zum Patientenrechtegesetz zum 630e BGB Patientenrechtegesetz mit einzufließen. In Anlehnung an das Eckpunktepapier der Länder wird weiter gefordert, dass soweit vorhanden evidenzbasierte Patienteninformationen angeboten werden müssen. Ferner muss sich die Aufklärung neben Kosten, Zuzahlungen, Leistungen (keine abschließende Aufzählung) auch auf weitere in Betracht kommende Behandlungsmöglichkeiten erstrecken, auch wenn diese vom Leistungserbringer nicht selbst vorgenommen werden. 3. 630f BGB Dokumentation (1) Der Behandelnde ist verpflichtet, zum Zweck der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen. Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte sind nur zulässig, wenn der ursprüngliche Inhalt erkennbar bleibt. Die Verbände fordern, dass die ärztlichen Dokumente in ihrer ursprünglichen Fassung erhalten bleiben. Nachträgliche Änderungen, Berichtigungen oder Ergänzungen sind in einem gesonderten Dokument festzuhalten, welches der Patientenakte beigefügt wird. Nur so kann

3 gewährleistet werden, dass Beweise ausreichend gesichert werden können, damit Betroffene im Falle von Behandlungs- und Aufklärungsfehlern Unterstützung finden. 4. 630h BGB Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehler (1) Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit, der sexuellen Selbst-Bestimmung oder eines sonstigen Rechts des Patienten geführt hat. Die Verbände bedauern, dass der Entwurf zum Patientenrechtegesetz keine weitergehende Regelung für eine erleichternde Beweislast der Patienten festschreibt. So wird die bis dato praktizierte Rechtsprechung lediglich kodifiziert und nicht erweitert im Sinne einer Beweiserleichterung für die Geschädigten. Bei strittigen Entscheidungen werden zur Klärung Sachverständige meist Fachexperten im medizinischen Bereich - und Gutachter gerufen. Die Klärung der Sachlage hängt dann von den jeweiligen Stellen ab. Um allen Parteien gerecht zu werden, fordern die Verbände im Haus der Krebs-Selbsthilfe die Bildung von unabhängigen Einrichtungen wie z. B. einer Kommission und/oder einer Schiedsstelle; diese sind paritätisch aus den Bereichen Leistungserbringer, Kostenträger und Patientenvertreter zu besetzen. Ihre Unabhängigkeit ist festzuschreiben und die Finanzierung durch die öffentliche Hand sicherzustellen. (2) Der Behandelnde hat zu beweisen, dass er eine Einwilligung gemäß 630d eingeholt und entsprechend den Anforderungen des 630e aufgeklärt hat. Genügt die Aufklärung nicht den Anforderungen des 630e und hätte sich der Patient bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem ernsthaften Entscheidungskonflikt über die Vornahme des Eingriffs befunden, wird vermutet, dass der Patient in den Eingriff nicht eingewilligt hätte. (3) Hat der Behandelnde eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen 630f Absatz 1 oder Absatz 2 nicht in der Patientenakte aufgezeichnet oder hat er die Patientenakte entgegen 630f Absatz 3 nicht aufbewahrt, wird vermutet, dass er diese Maßnahme nicht getroffen hat. Eine Beweislastpflicht des Behandelnden im Zusammenhang mit der Aufklärung und Einwilligung wird von den Verbänden begrüßt. Die mit Absatz 3 verbundene Vermutung des Nicht-Treffens der Maßnahme bei fehlender Dokumentation findet bei den Verbänden ebenfalls Anklang. Im Zusammenhang mit der Beweislast fordern die Verbände ferner, dass für diejenigen Fälle, bei welchen im Zivilprozess offen bleibt, ob sich in einem Behandlungsfall ein Gesundheitsrisiko des Patienten oder ein Risiko des ärztlichen Eingriffs verwirklich hat, ein Härtefallfonds im Sinnes eines öffentlichen Fonds geschaffen wird, über den betroffene Patientinnen und Patienten Unterstützungsleistungen erhalten. Dabei ist sicherzustellen, dass dieser Härtefallfonds nicht aus Patienten- bzw. Versichertengeldern finanziert wird.

4 II. Änderungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB) 1. 13 SGB V - Kostenerstattung Nach 13 Absatz 3 wird folgender Absatz 3a eingefügt: (3a) Kann eine Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen nicht innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst) eingeholt wird, nicht innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang entscheiden, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes für erforderlich hält, hat sie dies unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes nach Satz 1, können Leistungsberechtigte der Krankenkasse eine angemessene Frist für die Entscheidung über den Antrag mit der Erklärung setzen, dass sie sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der Kosten in der entstandenen Höhe verpflichtet. [ ]. Wenn die Krankenkassen über einen Antrag auf eine Leistung nicht innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang entscheiden, haben die Versicherten die Möglichkeit, die Leistung selbst zu beschaffen und sich im Anschluss die entstandenen Kosten zurückerstatten zu lassen. Die Verbände hoffen, dass durch diese Regelung die Kassen angehalten werden, die Anträge zügig zu bescheiden. Sie begrüßen diese Regelung nachdrücklich. 2. 66 SGB V Unterstützung der Versicherten bei Behandlungsfehlern In 66 SGB V wird das Wort können in sollen geändert: Die Krankenkassen sollen die Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, die bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern entstanden sind und nicht nach 116 SGB X auf die Krankenkassen übergehen, unterstützen. Durch das Auswechseln des Wortes können durch sollen werden die Krankenkassen angehalten, ihre Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen aus Behandlungsfehlern zu unterstützen. Auch wenn aus einer Ermessensentscheidung eine verpflichtende Unterstützungsleistung kodiert wird, so geht dies aus Sicht der Verbände nicht weit genug. Es wird eine Muss- Verpflichtung gefordert, bei welcher der Geschädigte einen Anspruch auf Unterstützung hat und diesen ablehnen kann, wenn er eine Unterstützung nicht wünscht. Ferner fehlt die Konkretisierung der Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten bei der Verpflichtung der Krankenkassen, bei Verdacht auf Behandlungsfehler zu unterstützen. 3. Hausarztzentrierte Versorgung, besondere ambulante ärztliche Versorgung, integrierte Versorgung 73b SGB V Hausarztzentrierte Versorgung 73b Absatz 3 SGB V wird wie folgt geändert, nach Satz 2 werden folgende Sätze eingefügt: Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich gegenüber der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung.

5 73c SGB V Besondere ambulante ärztliche Versorgung 73c Absatz 2 wird geändert, Satz 2 wird durch folgende Sätze ersetzt: Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich gegenüber der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung mindestens ein Jahr gebunden. 140a SGB V Integrierte Versorgung In 140a Absatz 2 werden nach Satz 1 die folgenden Sätze eingefügt: Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich gegenüber der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkassen dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. [ ]. Für die Teilnahme der Versicherten bei der hausarztzentrierten Versorgung, der besonderen ambulanten Versorgung und der integrierten Versorgung wird die Möglichkeit eingeräumt, diese innerhalb von zwei Wochen zu widerrufen. Dies entspricht dem Anliegen der Verbände. Solch eine Widerrufsfrist fehlt bei den IGeL-Leistungen; die Regelung ist dementsprechend anzupassen. Grundsätzlich sehen die Verbände kritisch, dass im Patientenrechtegesetz für die IGeL-Leistungen keine besonderen Regelungen festgeschrieben wurden. Denn zum Schutz der Patientinnen und Patienten ist es unumgänglich, dass die Voraussetzungen für die Erbringung von IGeL-Leistungen durch den behandelnden Arzt stringent zu halten sind (Information über Leistungsumfang, Übernahme der Kosten, Eigenbeteiligung, Widerrufsrecht, etc.) 4. 99 SGB V - Bedarfsplanung In 99 Absatz 1 Satz 4 SGB V wird folgender Zusatz eingefügt: Den zuständigen Landesbehörden und den auf Landesebene für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Stellen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die im Zuge des Versorgungsstrukturgesetzes eingerichtete Landesvertretung zur Bedarfsplanung und der Mitwirkung von den maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten ist in diesem Paragraphen manifestiert worden; dies wird ausdrücklich begrüßt. 5. Sicherung der Qualität der Leistungserbringung 135a SGB V Verpflichtung zur Qualitätssicherung 135a Absatz 2 Satz 2 SGB V wird wie folgt spezifiziert: Vertragsärzte, medizinische Versorgungszentren, zugelassene Krankenhäuser, Erbringer von Vorsorgeleistungen oder Rehabilitationsmaßnahmen und Einrichtungen, mit denen nach 111 a besteht, sind nach Maßgabe der 137 und 137 d verpflichtet, (1) (2) einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln, wozu in Krankenhäusern auch die Verpflichtung zur Durchführung eines patientenorientierten Beschwerdemanagements gehört.

6 137 SGB V Richtlinien und Beschlüsse zur Qualitätssicherung Nach 137 Absatz 1b wird folgender Absatz 1c eingefügt: (1c) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seinen Richtlinien über die grundsätzliche Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement nach Absatz 1 Nummer 1 erstmalig bis zum wesentliche Maßnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit und legt insbesondere Mindeststandards für Risikomanagement- und Fehlermeldesysteme fest. Über die Umsetzung von Risikomanagement- und Fehlermeldesystemen in Krankenhäusern ist in den Qualitätsberichten nach Absatz 3 Nummer 4 zu informieren. Als Grundlage für die Vereinbarung von Vergütungszuschlägen nach 17b Absatz 1 Satz 5 Krankenhausfinanzierungsgesetz bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss Anforderungen an einrichtungsübergreifende Fehlermeldesystem, die in besonderem Maße geeignet erscheinen, Risiken und Fehlerquellen in der stationären Versorgung zu erkennen, auszuwerten und zur Vermeidung unerwünschter Ereignisse beizutragen. Die Förderung einer Fehlervermeidungskultur und die Verpflichtung zum Nachweis eines klinischen Risikomanagements werden begrüßt. Für die Einführung und Entwicklung eines Risiko- und Fehlermanagements ist der Gemeinsame Bundesausschuss zuständig. Da diesem auch Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter angehören, wird eine solche Vorgehensweise für richtig bewertet. Die konkrete Ausgestaltung bleibt jedoch abzuwarten. Von den Verbänden im Haus der Krebs-Selbsthilfe wird ferner ein flächendeckendes Register für Fehlermeldungen gefordert, das öffentlich zugänglich ist. 6. Beteiligung von Patientinnen und Patienten, Beauftragte oder Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten 140h SGB V Amt, Aufgabe und Befugnisse der oder des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten 140h Absatz 2 SGB V wird folgender Satz angehängt: Die beauftragte Person soll die Rechte der Patientinnen und Patienten umfassend, in allgemein verständlicher Sprache und in geeigneter Form zusammenstellen und zur Information der Bevölkerung bereithalten. Die Verbände begrüßen eine erweiterte Vorgabe zur Informationsweitergabe durch den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten. Dies täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass die kollektiven Patientenrechte kaum Eingang in den Referentenentwurf zum Patientenrechtegesetz gefunden haben. So fordern die Verbände ein Stimmrecht der Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter beim Gemeinsamen Bundesausschuss in Verfahrensfragen. Auch ist die Beteiligung der Patientenvertretung auf das Widerspruchsverfahren auszuweiten. In allen Bereichen ist sicherzustellen, dass die Belange von Patientinnen und Patienten in allen Gesetzgebungsverfahren, welche Auswirkungen auf die Patientinnen und Patienten haben, stärkere Berücksichtigung finden. Um dies zu gewährleisten, ist auch eine Abkoppelung des Amtes des Patientenbeauftragten von einer Partei wünschenswert. Patientenfürsprecherinnen und Patientenfürsprechen; Patientenselbsthilfe Die Verbände im Haus der Krebs-Selbsthilfe verstehen sich als Fürsprecher der Krebspatientinnen und patienten und stehen für ihre Interessen ein. Dies gewährleisten sie insbesondere auch durch Unterstützung bei der Überwindung von Ängsten, Sorgen und Nöten bei Untersuchungen und Behandlungen im ambulanten und stationären Bereich. Aus der Erfahrung, wie erleichternd eine externe Stütze bei Arzt-Patienten-Gesprächen oder beim Gang zu Untersuchungen, Behandlungen, etc. sein kann, fordern die Verbände die aktive Einbindung der Patientenselbsthilfe. Dies beinhaltet insbesondere das Anrecht auf die Einbindung eines Selbsthilfevertreters bei Gesprächen und Behandlungen.

7 In den meisten Krankenhäusern stehen Patientenfürsprecherinnen und Patientenfürsprecher den Patienten bei Fragen, Beschwerden, Problemen etc. zur Seite. Diese Einrichtung hat sich als erfolgreich erwiesen. Die Verbände vermissen eine bundesweite Regelung im Entwurf zum Patientenrechtegesetz zur Einsetzung von Patientenfürsprecherinnen und Patientenfürsprechern. Daneben fordern die Verbände, dass eine solche Institution auch für den ambulanten Bereich eingerichtet wird. Ferner muss die Unabhängigkeit dieser Position gewährleistet sein. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aus Sicht der Verbände im Haus der Krebs-Selbsthilfe der Referentenentwurf zum Patientenrechtegesetz nicht ausreichend die Rechte, Sicherheit und Gleichstellung der Patientinnen und Patienten fördert. Zu nennen sind vor allen Dingen die nicht ausreichenden Beteiligungsmöglichkeiten der Patientenvertreterinnen und der Patientenvertreter, die unbefriedigenden Regelungen für Betroffene und Geschädigte im haftungsrechtlichen Bereich sowie die Lücken bei der Einführung von Qualitäts- und Beschwerdemanagement. Grundsätzlich haben die Patientenrechte auf das gesamte gesetzliche Sozialversicherungssystem Anwendung zu finden. Die Verbände fordern, dass dem Patientenrechtegesetz eine dementsprechende Regelung hinzugefügt wird. Jürgen Kleeberg Vorsitzender des Arbeitskreises der Pankreatektomierten e.v. Werner Kubitza Vorsitzender des Bundesverbandes der Kehlkopfoperierten e.v. Günter Feick Vorsitzender des Bundesverbandes Prostatakrebs Selbsthilfe e.v. Prof. Dr. rer. nat. Gerhard Englert Vorsitzender der Deutschen ILCO e.v.

8 Ralf Rambach Vorsitzender der Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe e.v. Karin Meißler Vorsitzende der Frauenselbsthilfe nach Krebs e.v. Jan de Vries Vorsitzender Ohne Schilddrüse leben e.v. Peter Schröder Vorsitzender der Selbsthilfe-Bund Blasenkrebs e.v.