Fachhochschule Südwestfalen Wir geben Impulse
Digitalisierte Arbeitsorganisation Qualifikations- und Kompetenzanforderungen im Rahmen von Industrie 4.0 Prof. Dr. Christina Krins / Christina Heberling / Jonas Koch Folie 2
Zielsetzung & Fragestellung Die wissenschaftliche Debatte durch Vorstellungsbilder der Praxis fundieren Positionen der wissenschaftlichen Debatte Positionen von Praxisvertretern Welche Beschäftigtengruppen mit welchen Qualifikationen sind in welcher Form vom Industrie 4.0-Change betroffen? Welche Kompetenzen benötigen Beschäftigte in einer digitalisierten Arbeitswelt? Welche Chancen und Risiken bringen veränderte Qualifikationsund Kompetenzanforderungen mit sich? Wie können die als relevant angesehenen Kompetenzen erworben werden und welche Arbeitsorganisationsformen sind hierfür förderlich? Folie 3
FRAGESTELLUNGEN: Welche Beschäftigtengruppen mit welchen Qualifikationen sind vom Industrie 4.0-Change in welcher Form betroffen? Welche Chancen und Risiken bringen veränderte Qualifikations- /Kompetenzanforderungen mit sich?
Positionen der wissenschaftlichen Debatte
Entwicklungs-Szenarien Szenarien in Orientierung an Kurz, C. (2013) Automatisierungsszenario Systeme lenken Menschen Stärkung Hochqualifizierter Werkzeugszenario Menschen nutzen Systeme Stärkung von Facharbeit Polarisierte Organisation Schwarm Organisation in Orientierung an Hirsch-Kreinsen, H. (2014): Folie 6
Betroffene Beschäftigtengruppen Zahl an Erwerbstätigen nach Qualifikationsstufen IAB (2015) Folie 7
Chancen und Risiken Chancen Höhere Verantwortung für untere Hierarchien Anreicherung der Tätigkeiten, mehr Entscheidungsspielräume und Mitbestimmung Ständige Entwicklung von Qualifikationen und Kompetenzen Bessere Work-Life-Balance Risiken Substitution von Einfacharbeit Unterforderung und Dequalifizierung für höhere Hierarchien Überforderung/fehlende Kompetenzen und dadurch steigende Belastung Verwischen der Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben Folie 8
Positionen von Praxisvertretern
Folie 10 Betroffene Beschäftigtengruppen
FRAGESTELLUNG: Welche Kompetenzen benötigen Beschäftigte in einer digitalisierten Arbeitswelt?
Positionen der wissenschaftlichen Debatte
Industrie 4.0-Kompetenzen Zusammenschau der wissenschaftlichen Diskussion Kreative und soziale Kompetenzen & Fähigkeit zum vernetzten Denken (Grünbuch Arbeiten 4.0) Subjektivierendes Arbeitshandeln (Böhle 2013) Überblickswissen / Verständnis für das Zusammenspiel der Akteure im Produktionsprozess (Kagermann et al. 2013/ Hirsch-Kreinsen 2014) Erhöhter Umgang mit Unsicherheit (Weyer 1997) Steigender Bedarf an softwarekompetenten Mitarbeiter (Spath et al. 2013) Interdisziplinäre Produkt- und Prozessentwicklung (Kurz 2013) Hohes Maß an selbstgesteuertem Handeln, kommunikativen Kompetenzen und Fähigkeiten zur Selbstorganisation (Kagermann et al. 2013) Folie 13
Positionen von Praxisvertretern
Industrie 4.0-Kompetenzen Relevanzbewertung in den Experteninterviews Folie 15 Skala: 1 = unbedeutend 6 = sehr wichtig
Industrie 4.0-Kompetenzen Experten-Stimmen Ich glaube, dass Kreativität im konkreten Produktionsprozess noch keine hohe Bedeutung haben wird. Grundsätzlich wird Kreativität aber benötigt, da Produktzyklen kürzer werden. Kreativität Kreativität ist schon jetzt eines der zentralen Alleinstellungsmerkmale der deutschen Wirtschaft gerade bei der Schaffung kreativer Lösungen für technische Probleme. Das Geniale an der Industrie 4.0 ist ja die sofortige Verfügbarkeit von Daten. Ich glaube daher, dass Kommunikation bei der Problembehebung nicht mehr umfänglich notwendig sein wird. Kommunikations- /Teamfähigkeit Wenn Industrie 4.0 mehr Flexibilität bedeutet, sind Kommunikations- und Teamfähigkeit Keyfacts für die persönliche Entwicklung. Intuition beruht zu großen Teilen auf Erfahrungswerten. Ich glaube, dass Erfahrungswerte und Intuition in Zukunft weniger wichtig sind, da möglichst viele Daten erfasst werden, um alles prüf- und messbar zu machen. Intuitives Handeln Bei Big Data geht es um den Versuch, eine 100%-Basis für Handlungen und Entscheidungen zu schaffen. Das funktioniert aber nicht und hat auch noch nie funktioniert: Menschen, die auch mal entgegen Normen und Erwartungen handeln, handeln erwiesenermaßen oft besser. Folie 16 unbedeutend sehr wichtig
Industrie 4.0-Kompetenzen Experten-Stimmen Ich vermute stark, dass die Bedeutung von Interdisziplinarität und Komplexität sogar abnimmt. Es geht ja darum, dem Produktionsmitarbeiter das Arbeitsleben zu erleichtern. Das erreiche ich nicht über erhöhte Komplexität. Interdisziplinarität In Zukunft muss ich möglichst alle Effekte auf die Produktion oder die Prozesse mitdenken können. Es werden mehr Zwischenebnen in der Industrie wegfallen und es wird immer mehr Verantwortung an den einzelnen Mitarbeiter an der Maschine abgegeben. So, wie ich IT-Kompetenz in den Veröffentlichungen über Industrie 4.0 verstehe, soll der Mitarbeiter verstehen, wie die Technik funktioniert und gerade das muss er definitiv nicht. IT- Kompetenz Es gibt etliche Hard- und Software, die für die Industrie maßgeschneidert wird. Diese Dinge muss der Mitarbeiter anwenden können und er muss sie akzeptieren. Das drückt die IT-Kompetenz aus, die ich sehe. Folie 17 unbedeutend wichtig
Industrie 4.0-Kompetenzen Einordung in den Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) Die Interviewpartner ordnen Industrie 4.0-Kompetenzen den DQR-Niveaus sehr unterschiedlich zu Beispiel: IT-Kompetenz, Intuition, Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie Kreativität als wichtige Fähigkeiten für alle Qualifikationsniveaus Interdisziplinarität wird mit akademischen Qualifikationen in Verbindung gebracht Folie 18
Abschließende Überlegungen zur Arbeitswelt 4.0
Thesen zum Abschluss Arbeitswelt 4.0: Unsere Schlussfolgerungen und Positionen Industrie 4.0: Vieles ist offen! Industrie 4.0 ist in all seinen Fassetten bisher nur in Ansätzen in der Praxis angekommen. Die Vorstellung von Industrie 4.0 ist sehr heterogen sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis. Industrie 4.0 verstanden als gesellschaftlicher Prozess kann in verschiedene Richtungen gehen. Folie 20
Thesen zum Abschluss Arbeitswelt 4.0: Unsere Schlussfolgerungen und Positionen Industrie 4.0 und der Faktor Mensch Angesichts der Dominanz technischer Industrie 4.0-Fragestellungen besteht die Gefahr, den Faktor Mensch außer acht zu lassen. Neue Technologien sollten genutzt werden, um menschliche Fähigkeiten zu unterstützen. Einfacharbeit wird vermutlich stark abgebaut werden. Folie 21
Thesen zum Abschluss Arbeitswelt 4.0: Unsere Schlussfolgerungen und Positionen Wege des Kompetenzerwerbs in der Industrie 4.0 Es gibt bisher keine konkreten Ansätze, wie die als wichtig empfundenen Kompetenzen vermittelt und erworben werden können. Ein Umdenken in Ausbildung und Qualifizierung ist erforderlich, insbesondere auch, weil Wissen schnell veraltet ist. Selbstständige Wissensaneignung muss gefördert werden. Es gilt die individuelle Veränderungsfähigkeit der Beschäftigten zu fördern. Folie 22
Thesen zum Abschluss Arbeitswelt 4.0: Unsere Schlussfolgerungen und Positionen Industrie 4.0-Change als Herausforderung Es gibt Hemmnisse aus der Perspektive der Arbeitswelt auf die Thematik Industrie 4.0 zu blicken. Die Industrie 4.0-Debatte ist präsent und setzt Phantasien frei. Die Begleitung durch ein Change Management ist entscheidend für den Erfolg der Umsetzung von Industrie 4.0 Es stellt sich die Frage, wie in Unternehmen über Industrie 4.0 gesprochen werden kann. (Dilemma: diffuses Bild der Verantwortlichen vs. diffuse Befürchtungen der Betroffenen) Folie 23
Ausblick Mögliche Handlungsfelder & Fokusthemen aus unserer Sicht Qualifizierung Industrie 4.0 Wie kann die Industrie 4.0- Qualifizierung erfolgen? Wie kann ein Industrie 4.0 Change-Prozess in den Unternehmen angestoßen und gestaltet werden? Arbeit 4.0 Change Management Industrie 4.0 Folie 24 Gestaltung kompetenz- & gesundheitsförderlicher Arbeitssysteme Welche Arbeitssysteme sind kompetenz- und gesundheitsförderlich und wie können diese gestaltet werden?
WIR FREUEN UNS AUF EINE INTERESSANTE DISKUSSION! Folie 25
LITERATUR: Böhle, Fritz (2013): Subjektivierendes Arbeitshandeln. In: Hirsch-Kreinsen, H./Minssen, H. (Hg.), Lexikon der Arbeits- und Industriesoziologie, Berlin, S. 425-430. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2015): Grünbuch Arbeiten 4.0. Hirsch-Kreinsen H. (2014): Wandel von Produktionsarbeit - Industrie 4.0, Soziologisches Arbeitspapier 38, Hirsch-Kreinsen H./Weyer J. (Hrsg.), Dortmund. IAB (2015): Industrie 4.0 und die Folgen für Arbeitsmarkt und Wirtschaft, Szenario-Rechnungen im Rahmen der BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen. Kagermann H./Wahlster W./Helbig J. (2013): Deutschlands Zukunft als Produktionsstandort sichern. Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0. Abschlussbericht des Arbeitskreises Industrie 4.0. Kurz, C. (2013): Industrie 4.0 Potenziale, Auswirkungen und Gestaltungsbedarf aus Sicht der IG Metall, Ringvorlesung DGB/ TU Berlin: Nachhaltigkeit und Neue Arbeit. Spath, Dieter/Ganschar, Oliver/Gerlach, Stefan/Hämmerle, Moritz/Krause, Tobias/Schlund, Sebastian (2013): Produktionsarbeit der Zukunft Industrie 4.0. Stuttgart. Folie 26
Prof. Dr. Christina Krins Fachhochschule Südwestfalen Fachbereich Ingenieurund Wirtschaftswissenschaften Tel.: 0291 / 9910-530 Mail: krins.christina@fh-swf.de Folie 27