Der vulnerable Urteilsunfähige ROGGO Antoine PD Dr. med. Dr. iur. FMH Chirurgie und FMH Intensivmedizin
Agenda Allgemeine Informationen Der vulnerable Urteilsunfähige Vorsorgeauftrag versus Patientenverfügung
Brainstorm: Vom Primat der Heilung Patientenwohl oberstes Gesetz Salus aegroti suprema lex Patientenwunsch oberstes Gesetz Voluntas aegroti suprema lex zum Selbstbestimmungsrecht des Patienten
Wichtige Terminologie Handlungsfähigkeit Urteilsfähigkeit (Art. 12 ZGB) Wer handlungsfähig ist, hat die Fähigkeit, durch seine Handlungen Rechte und Pflichten zu begründen. Voraussetzung (Art. 13 ZGB) Die Handlungsfähigkeit besitzt, wer volljährig [alt: mündig] und urteilsfähig ist. Volljährigkeit [alt: Mündigkeit] (Art. 14 ZGB) Volljährig ist, wer das 18. Lebensjahr zurückgelegt hat.. (Art. 16 ZGB) Urteilsfähig im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, der nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch oder ähnlicher Zustände die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln. (Die Person muss in der Lage sein, Bedeutung und Folge einer Handlung oder Anordnung zu erkennen) A. ROGGO 2016
Inhalt des Behandlungsvertrags (Auftragsrecht) Relevante juristische und medizinische Terminologie: Hauptleistungspflichten Anamnese / Untersuchung / Diagnose bzw. Differentialdiagnose Therapie zielgerichtete Behandlung, KEINE Erfolgsgarantie! Nebenleistungspflichten Rechenschaft über Geschäftsgang Art. 400 OR Herausgabe von Akten Art. 8 DSG Sorgfalt Nebenpflichten Verletzung = Behandlungsfehler Diskretion und Geheimhaltung Art. 321 StGB / Berufsgeheimnis Aufklärung
Arztbehandlung Körperverletzung? 1. Arztbehandlung primär Körper- / Personenverletzung 2. Verletzung bedarf der Rechtfertigung des Arztes 3. Rechtfertigung Einwilligung des Urteilsfähigen 4. Urteilsfähiger ist durch Arzt aufzuklären 5. Information / Aufklärung hat umfassend zu sein DOKUMENTIEREN DOKUMENTATION der ärztlichen Aufklärung ist unerlässlich! vgl. Verteilung der Beweislast zur Aufklärung des Patienten (siehe Exkulpation bzw. der Entlastungsbeweis in Art. 97 Abs. 1 OR i.v.m. Auftragsrecht Art. 394 ff. OR)
Arztbehandlung Körperverletzung? 1. Arztbehandlung primär Körper- / Personenverletzung 2. Verletzung bedarf der Rechtfertigung des Arztes 3. Rechtfertigung Einwilligung des Urteilsfähigen 4. Urteilsfähiger ist durch Arzt aufzuklären 5. Information / Aufklärung hat umfassend zu sein DOKUMENTIEREN DOKUMENTATION der ärztlichen Aufklärung ist unerlässlich! vgl. Verteilung der Beweislast zur Aufklärung des Patienten (siehe Exkulpation bzw. der Entlastungsbeweis in Art. 97 Abs. 1 OR i.v.m. Auftragsrecht Art. 394 ff. OR)
Urteilsfähigkeit Frage der Perspektive? Mein gesunder Menschenverstand Wer sagt dir denn, dass du verrückt bist?
Urteilsfähigkeit? Urteilsunfähigkeit Merke Urteilsfähigkeit ist nach gängiger Lebenserfahrung die Regel Nichtvorhandensein muss Behauptender beweisen
Urteilsfähigkeit Wissen um? Urteilsfähigkeit (Einsichtsfähigkeit) KOGNITIVE ELEMENTE 1. Erkenntnisfähigkeit 2. Wertungsfähigkeit
Urteilsfähigkeit Wissen um und Wille für? Urteilsfähigkeit (Einsichtsfähigkeit und Steuerungsfähigkeit) KOGNITIVE ELEMENTE 1. Erkenntnisfähigkeit 2. Wertungsfähigkeit VOLUNTATIVE ELEMENTE 3. Willensbildung 4. Willenskraft zeigen
Ausprägungen einer Urteilsunfähigkeit habituell / dauernd (Kindesalter / Geisteskrankheit / -schwäche) umfassend teilweise kasuell / temporär (Koma / Rausch)
Erwachsenenschutz: Art. 360 456 ZGB Eigene Vorsorge und Massnahmen von Gesetzes wegen Vorsorgeauftrag (VA) Patientenverfügung (PV) Massnahmen von Gesetzes wegen für urteilsunfähige Personen Vertretung durch Ehegatten, eingetragenen Partner Vertretung bei medizinischen Massnahmen Aufenthalt in Wohn- oder Pflegeeinrichtungen Behördliche Massnahmen Beistandschaften Begleitbeistandschaft Vertretungsbeistandschaft Mitwirkungsbeistandschaft Umfassende Beistandschaft Fürsorgerische Unterbringung in geeigneter Einrichtung (FU) Psychische Störung oder geistige Behinderung, schwere Verwahrlosung Freiheitsbeschränkung ohne Beschränkung der Handlungsfähigkeit
Erwachsenenschutz: Selbstbestimmung Erwachsenschutz-Gesetz regelt antizipierend die eigene Vorsorge für den Fall einer künftigen Urteilsunfähigkeit: Vorsorgeauftrag (Art. 360 ff. ZGB / Handlungsfähiger) Personensorge Vermögenssorge Vertretung im Rechtsverkehr (Entbindung vom Arztgeheimnis?) Patientenverfügung (Art. 370 ff. ZGB / Urteilsfähiger) Zustimmung / Ablehnung zu medizinischen Massnahmen bei künftiger Krankheits- / Unfallsituation Bezeichnung einer Stellvertretung mit Weisung Merke: Selbstbestimmungsrecht soll auch nach eingetretener Urteilsunfähigkeit gewahrt bleiben.
Vertretung?
Vulnerabler Patient Vertretungsfolge Nach Gesetz berechtigte Person(en) (Art. 378 ZGB Abs. 1): 1. Gemäss Patientenverfügung/ / Vorsorgeauftrag 2. Beistand (behördliche Anordnung) 3. Ehegatte / eingetragener Partner 4. Person in gemeinsam geführtem Haushalt 5. Nachkommen, sofern regelmässiger persönlicher Beistand 6. Eltern, sofern regelmässiger persönlicher Beistand 7. Geschwister, sofern regelmässiger persönlicher Beistand Merke: Patientenverfügung fehlt mutmasslicher Willen des Urteilsunfähigen (Art. 378 ZGB Abs. 3) Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA; Art. 419 ff. OR).
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