Leben mit dem Sterben Bergen Rote Kreuz Pflegeheim ein nationales Modellprojekt. Friedenskirche Potsdam

Ähnliche Dokumente
Leben, liebe und Tod Was haben wir gelernt? Was sind die Aufgaben?

Die grossen globalen Herausforderungen. Frieden Freiheit Armut Umwelt Altersfürsorge

Norwegen: Ein Vorbild für r bedarfsgerechte Altenpflege?

Palliativversorgung im Pflegeheim. Arbeitsgruppe Palliative Care im Pflegeheim des Schleswig Holsteinischen Hospiz- und Palliativverbandes (HPVSH)

Ethische Fragen am Lebensende. Stein Husebö

Inhaltsverzeichnis. 1 Palliativmedizin Ethik... 43

Palliativversorgung im Pflegeheim

Warum ist Palliative Care im Alter schwer zu garantieren? Stein Husebö. Solveig 95: Es ist Herbst. Es ist Herbst. Die Jungen haben keine Lust

Möglichkeiten der palliativen Versorgung zuhause. Petra Anwar - Palliativmedizin

Themen. Sterbebegleitung oder Lebensbegleitung? Rotes Kreuz Pflegeheim Bergen. Wer sind die Alten im BRKS Pflegeheim?

Palliativmedizin. Eine Herausforderung für unser Gesundheitssystem. Stephanie Rapp Allgemeinmedizin Palliativmedizin

DÜRFEN ÄRZTE BEIM STERBEN HELFEN? Pfarrer Richard Schuster Ethikforum Klinikum Nürnberg 2. Vorsitzender

Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin. Sterbeorte in Deutschland

Palliative Care. In der Begleitung von Menschen mit geistiger Behinderung

Demenz in der letzten Lebensphase. Dr. Christine Bienek, Geriatrie-Zentrum Haus Berge

Hospiz und Palliativpflege im stationären Bereich

Palliativer Einsatz von Analgetika & Anxiolytika. Analgesie Analgosedierung Palliative Sedierung

Unheilbar krank und jetzt?

Notfallkoffer Palliativmedizin der Einstieg

Christliches Hospiz Haus Geborgenheit Neustadt / Südharz

Checkliste Palliative Care in der Gemeinde

Imke Strohscheer. Universitäre Palliativmedizinische Einrichtung. LKH-Universitätsklinikum Graz

Fragen. Palliative Geriatrie in der Altenhilfe

Palliative care-supportive care.

WHO Definition von "Palliative Care

Migrationssensitive Palliative Care: Leitlinien, Anamnese Tool und Erfahrungen in der Praxis

Pflege und Versorgung von Menschen in der letzten Lebensphase Der Palliativ-Geriatrische Dienst

25. Dresdner Pflegestammtisch

Palliativmedizin in der ambulanten Versorgung

Palliativmedizin neue Hilfen für die letzte Lebensphase

Hospizarbeit und palliative Versorgung in Bayern - Bestandsaufnahme und Handlungsbedarf

Palliative Geriatrie

Wie möchten die Menschen sterben. Welche Probleme ergeben sich daraus? Dr.med. Regula Schmitt Tila Stiftung, Bern

Die letzten Tage und Stunden

Modelle vernetzter Palliativversorgung. Standortbestimmung Möglichkeiten Gefahren

Atemnot Ein belastendes, therapierbares Symptom

Möglichkeiten der palliativmedizinischen und hospizlichen Versorgung

PalliativStation. im Klinikum Ingolstadt

Pädiatrisches Palliativ- und Brückenteam

Hospiz- und Palliativzentrum im Christine Denzler-Labisch Haus. Den letzten Tagen mehr Leben schenken

Die Würde des Menschen ist unantastbar

Therapieentscheidungen am Lebensende

Zwischen Theorie und Praxis

In Würde. Bis zuletzt.

Palliative Sedierung. Die Terminologie ist uneinheitlich Palliative Sedierung Sedierung am Lebensende Terminale Sedierung End-of-Life Sedierung

Rettungsdienst und Palliativmedizin

Der demente Patient im OP und im Krankenhaus. Susanne Johannes Teamleitung Blauer Punkt Pflegeexpertin für Menschen mit Demenz

Die Entwicklung der Palliativmedizin in Deutschland

Bereiche der Palliativmedizin Sterbehilfe/Suizid

Ich möchte sterbenich möchte leben. Beiträge der Palliativmedizin zu einem gelingendem Alter(n)

Thema kompakt Hospizarbeit und Palliativversorgung

Leben und Sterben in Würde

Spritzenpumpe: Symptomkontrolle in der Terminalphase

Spritzenpumpe: Symptomkontrolle in der Terminalphase

Palliative Versorgung an Demenz erkrankter Menschen

Die palliative Versorgung im stationären Hospiz

Vinzenz Pallotti Hospital Bensberg Die Palliativstation

Unser Leitbild. eine Aufgabe der. Unser Leitbild 1

Fleherstraße Düsseldorf-Bilk Tel Fax

Palliative Care ein permanenter Ausnahmezustand. Beat Müller Medizinische Onkologie Schwerpunktabteilung Palliative Care LUKS Luzern

5 Jahre Hospiz Arista Vortrag der im Hospiz tätigen Ärzte. Sehr geehrte Gäste, liebe Kollegen aus den Arista-Team!

Dialyse bei hochbetagten Patienten Ethische Aspekte D R. M E D. S U S A N N E K U H L M A N N, M. M E L

Palliative Basisversorgung

Dem Sterben Leben geben - Hospizarbeit im Landkreis Böblingen

Patientenwünsche zum Lebensende

Palliativversorgung und Hospizkultur in Essener Krankenhäusern. Formulierung eines gemeinsamen Essener Standard. Dr. J. Hense, Palliativstation WTZ4

Hausärztliche Palliativmedizin. Dr. med. Roland Kunz Chefarzt Geriatrie + Palliative Care

Malteser Hospizdienste St. Christophorus Dortmund

Volksbank Delbrück-Hövelhof e.g. Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung, Patientenverfügug

Inhaltsverzeichnis. 1 Gebrechlichkeit (Frailty)... 1 T. Nikolaus. 2 Immobilität und Failure to Thrive U. Hagg-Grün

Vom Umgang mit Sterbenden

Leben dürfen sterben müssen. Oder manchmal eher umgekehrt? Dr. med. Roland Kunz Chefarzt Geriatrie und Palliative Care

atientenverfügung Ausführliche Version

Die letzten Tage und Stunden

Spezialisierte Ambulante PalliativVersorgung (SAPV)

Symptomkontrolle in der Palliativen Geriatrie. Dr. med. Roland Kunz Chefarzt Geriatrie + Palliative Care

St. Josefs-Hospital Wiesbaden GmbH

Palliativmedizinische Versorgung in Deutschland ein zukunftweisendes Konzept

Vom Schutz des Lebens und Sterbens in der Begegnung mit Todeswünschen Hochbetagter in der Hospizarbeit

Der sterbende Mensch, begleitet in seiner Gesamtheit Bozen, 5. November Dr. Bernhard J. Greiling Sankt Elisabeth Krankenhaus Eutin Deutschland

Neue Entwicklungen in der Palliativmedizin

Spezialisierte Palliativversorgung in den stationären Einrichtungen der Altenhilfe

HERZLICH WILLKOMMEN! Mobiles Hospiz - Palliative Franz Lackner

Wissen kompakt Hospizarbeit und Palliativversorgung

Ethische Fragen am Lebensende. Landeskirchlicher Hospiztag Hannover, Programm

Palliation. Palliation. Kuration. Kuration. SAPV und Altenpflege Freund oder Feind? Ein Paradigmenwechsel auf ganzer Linie.

Psychotherapie mit Palliativpatienten und deren Angehörigen

Weiterbildung. Demenzsensibles Krankenhaus Qualifizierung zum/ zur Demenzbeauftragten GFO oder zum/zur Demenzexperten/in

Patientenverfügungen in der klinischen Praxis

Leben und Sterben in Würde

Lebensqualität bis zuletzt CS Hospiz Rennweg

Folgen für die Erstellung. Allgemeines. Das neue Gesetz in der Praxis. Patientenverfügung im Praxistest. Ermutigung zum Erstellen einer Verfügung

Palliative Care in Pflegeheimen

Würde des Menschen im letzten Lebensabschnitt Palliativ- u. Hospiz-Versorgung sichern

Luftnot - was tun? Symptomkontrolle bei Palliativpatienten

Palliative Care Anspruch, Möglichkeiten und Grenzen

Sterben Menschen mit geistiger Behinderung anders?

Kommunikation und Zuständigkeiten. Palliative Care in der Zentralschweiz. - Alltagsprobleme aus der Sicht der Pflegenden

Meine persönliche Checkliste

Schmerz Schmerzursachen Schmerztherapie

Transkript:

Leben mit dem Sterben Bergen Rote Kreuz Pflegeheim ein nationales Modellprojekt Friedenskirche Potsdam 11.09.04 Bettina S. Husebø Kavli Forschungszentrum für Demenz, Universitet Bergen und Bergen Rote Kreuz Pflegeheim Bettina.Husebo@isf.uib.no

Cicely Saunders Ich habe mich bewusst der Versorgung von Tumorpatienten gewidmet. Ich wusste, dass es mir nicht gelingt, die Misere in der Versorgung unserer alten Mitbürger aufzugreifen. Das Problem ist mir zu groß gewesen. Bergen - Juni 1999

Das Alt Werden kann sich auf drei Weisen vollziehen Überhaupt nicht - 30% Erkrankungen über kürzere und längere Zeit - 30% Funktionsverlust und Abhängigkeit über lange Zeit - 40%

Hohes Alter - palliative Herausforderungen Grösste Zuwachsrate Multimorbidität therapeutischer Nihilismus Noteinweisung ins Krankenhaus Therapie um jeden Preis Unverträglichkeit der Medikamente ökonomische Belastung

Wo sterben die Patienten? Norwegen Krankenhaus 40% Pflegeheim 40% Zu Hause 10% Palliativstation 3-5% Andere 5%

Die Schwerkranken und die Sterbenden Werden die Schmerzen (Symptome) gelindert? Vorkommen von schweren Schmerzen (Symptome): Tumorpatienten 60-90% (11) Andere Diagnosen 40-85% (5) Suffizient gelindert: In palliativen Einrichtungen: 90-95% In Krankenhäusern: 20-60% In Pflegeheimen: 0-20%

Bergen Røde Kors Sykehjem 176 Patienten 7 Stationen 3 Langzeitstationen Pflegefaktor 0.8 2 Demenzstationen Pflegefaktor 1.0 Kurzzeitstation 22 Palliativabteilung 14 Pflegefaktor 1.2 Tagesklinik 3 Ärzte (5) Multidisziplinäres Team Physiotherapeut 4 Ergotherapeut/ Aktiviteur 4 Seelsorger Psychologischer Ratgeber Sozialarbeiter Musiktherapeut Ehrenamtliche >70 Palliativ-Projekt Unterricht/ Dokumentation Forschung

Wer sind die Alten im Pflegeheim? 7 aktive Diagnosen/ Patient Alter 85,6 Frauen 82% Demenz 77% Herz-Kreislauf 87% Schmerz 62% Psychiatrie 60% Uro/ Gyn/ Nephro 47% Muskel-Skelett 76% Gastro-Enterologie 44% Neurologie 70% Tumorleiden 27% Pflege, Fürsorge, Diagnostik, Behandlung rund um die Uhr, über das ganze Jahr. National SINTEF - Rapport, 6/2003, BRKS

Medikamentenverbrauch N=132 Okt.-97 März -98 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 74% 60% 39% 42% 20% 28% 23% 17% 15% 1% Schlafm. Antidepres Neurolep. bei Bed. Laxans. Aug 9 Apr 9

Ziele Bergen Røde Kors Sykehjem Palliative Care für alle Patienten im BRKS Infizierung der Standards: Palliativstation > Langzeitabteilungen Nationaler Standard: Palliative Care für alte Menschen - die letzten Tage und Stunden Ethik und Rechtschutz Unterricht und Forschung

Schwerkranke und Sterbende die wichtigsten Ziele Unmittelbar: aktiver Plan für palliative Behandlung Im Laufe der ersten 24 Stunden Kompetente Schmerztherapie und Symptomkontrolle Vorbereitende Kommunikation mit Patient und Angehörigen Fürsorge, Sicherheit und Kompetenz rund um die Uhr Registrierung und Dokumentation Ist der Patient sterbend?

Bergen Røde Kors Sykehjem ltersverteilung - Palliativstation N= 200 35 30 31 27 25 20 15 15 20 10 7 5 0 30-60 60-70 70-80 80-90 90-100

Bergen Røde Kors Sykehjem Palliativstation: Wohnsituation N= 200 in % 70 60 61 50 40 30 31 20 10 0 2 2 Allein Partner Kinder Kind+Partner Andere 4

Palliativstation: Psychosoziale Probleme (in %) n=200 70 10 63 65 60 0 Schmerzen Symptome. Psyc.Probl. Soz.Pro 50 40 30 20 10 0 42 36 33 Kommunik. Einsamkeit Wohnsit. Zukunft Seelsorge 36 42 33 63 65 70 Kommunik. Einsamkeit Wohnsit. Zukunft Seelsorge 60

Die Unterbrechung lebensverlängernder Maßnahmen? Kompetenz? Patienten bei vollem Bewusstein Patienten, die mit Hilfe kompetente Entscheidungen treffen Nicht können kompetente/ bewusstlose Patienten Herausforderungen: Vorbereitende Kommunikation! Informiertes Einverständnis Informiertes Einverständnis/ Mutmaßlicher Patientenwille/ Angehörige Mutmaßlicher Patientenwille/ Angehörige/ Vormund

Todesfälle Vorbereitung? (in %) Pflegeheim vor n=107, nach n=179 Projekt, Pall.Abt. n=148 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 100 100 94 85 77 58 32 27 20 Erwart Vorber Anwes Pf-vorher Pf-nacher Pallabt

Symptomlinderung die letzten Stunden und Tage Sämtliche Medikamente können subcutan verabreicht werden Medikament Morphin Scopolamin Haloperidol Haldol Midazolam Dormicum Indikation Schmerzen, Dyspnoe Todesrasseln, Sekret, Ileus Übelkeit, Delir Panik, Angst, Unruhe Dosierung Tagesdosierung in Klammer 5-10-? mg jede 4.Stunde (30 60 -? Mg) 0.3-0.6 mg bis x 4 (0.6 2.5 mg) 0.5 2.5 mg x 1-2 ( 1 5 mg) 2.5 5 mg bis x 4-6 (5 10 -? mg)

Medikamente letzte 24 Stunden in% Pflegeheim vor n=107, nach n=179 Projekt, Pall.Abt. n=148 100 80 60 40 20 0 83 91 58 37 27 9 0 2 7 11 12 3 Morphin Scopol Halop Midazo Pf-vorher Pf-nacher Pallabt

ergleich Pflegeheim/ Palliativabteilung - BRKS Plätze Alter Ratio Frau/ Mann Lebenszeit Demenz in % Mini-Mental-Scale <20 Pflegefaktor/ Arzt Langzeitstationen 174 85.6 (62-101) 4:1 14 (1-164) Monate 77 0.7/ 2 Palliativstation 14 71.6 (31-93) 1:1 16 (1-83) Tage 2 1.2/ 1

Kompetenz und Liebe Wie wird Liebe gezeigt wenn man unbeobachtet ist? Es ist unmöglich diese Patienten zu behandeln ohne Liebe - doch um zu beurteilen, wie schwierig die Kombination von Kompetenz und Liebe ist muss man dort gewesen sein...

Kompetenz und Liebe Kompetenz bewahren in einem Bereich mit grossen Anforderungen wenig Ressourcen wenig Status wenig Image wenig Fortbildung keine Forschung Für die Patienten mit den kompliziertesten Liebe bewahren in einem Bereich in dem die Erschöpfung die Würde die Liebe der Stolz des Personals den gleichen Stellenwert hat wie für den Patienten

Pflegeheim- Minimalstandard Arzt pro Patient 1:40 Pflegefaktor 1:1 Bereitschaftsdienst Weiterbildung Spezialisierung in Pflegeheimsmedizin Anerkennung für die Facharztausbildung Krankenpflegestudenten Medizinstudenten Arzt im Praktikum Unterricht/ Dokumentation Forschung