Eheschutz (ZPO 271 ff.), weitgehend gleich für eingetragene Partnerschaften (ZPO 306) Prof. Dr. Ingrid Jent-Sørensen

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Transkript:

Eheschutz (ZPO 271 ff.), weitgehend gleich für eingetragene Partnerschaften (ZPO 306) Prof. Dr. Ingrid Jent-Sørensen

Eheschutzmassnahmen / 1 nur im Gesetz vorgesehene Massnahmen möglich (ZGB 172 III); anders: vorsorglichen Massnahmen: "nötige Massnahmen" (vgl. Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, FamR, Rz 9.23, 10.162) allgemeine Voraussetzungen (ZGB 172) (1) Massnahmen während des Zusammenlebens (ZGB 173) Festsetzung von Geldleistungen Entzug der Vertretungsbefugnis 2

Eheschutzmassnahmen / 2 (2) Aufhebung des gemeinsamen Haushalts Feststellung der Berechtigung zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts Regelung des Getrenntlebens Geldbeiträge Zuteilung Familienwohnung und Hausrat Anordnung Gütertrennung Massnahmen betreffend Kinder, inkl. allfälliger Kindesschutz (3) Massnahmen, unabhängig vom gemeinsamen Haushalt Auskunft Anweisung an den Schuldner Beschränkung Verfügungsbefugnis 3

Zuständigkeit und Verfahren / 1 örtliche Zuständigkeit = zwingend Wohnsitz einer Partei (ZPO 23 I) ZPO 172 ff. nicht anwendbar auf Vollstreckungsmassnahmen (ZGB 132 II) sachliche Zuständigkeit Einzelgericht am Bezirksgericht (GOG 24 d) summarisches Verfahren (ZPO 271) kein Schlichtungsverfahren, aber Einigungsversuch durch das Gericht (273 III) kein Friststillstand (ZPO 145 II b) 4

Zuständigkeit und Verfahren / 2 Gesuchseinleitung schriftlich, wenn nicht einfach oder dringlich (ZPO 252) selbständige Anträge der beklagten Partei Vorschusspflicht (ZPO 98) kontradiktorisches Verfahren (ZPO 253) mit (fast immer) mündlicher Verhandlung (ZPO 273 I) und persönlicher Anwesenheit der Parteien (ZPO 68 IV) Säumnis (wohl) ZPO 147 II (Fortführung ohne die säumige Partei, aber auch nochmalige Verhandlung möglich (vgl. ZPO 153) keine zweite Chance gemäss ZPO 223 (KuKo ZPO N. 6 zu 252) 5

Zuständigkeit und Verfahren / 3 Dispositionsmaxime (ZPO 58 I) z.b. Bezifferung Ehegattenunterhalt erforderlich Untersuchungsgrundsatz (ZPO 272: Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen; keine Beweismittelbeschränkung (ZPO 254 II c) bei Kinderbelangen ist immer der Offizialgrundsatz und der strenge Untersuchungsgrundsatz (Erforschen von Amtes wegen) zu beachten Anhörung der Kinder (ZPO 298); Verzicht auf Anhörung wegen Alter und aus anderen wichtigen Gründen neue Tatsachen und Beweismittel zulässig bis zur Urteilsberatung (KuKo ZPO N. 7 zu 252) 6

Zuständigkeit und Verfahren / 4 allfällige Vereinbarung ist gerichtlicher Vergleich (str. ob gerichtliche Genehmigung erforderlich, vgl. KuKo ZPO N. 5 zu 273); betr. Kinderbelange gemeinsame Anträge, die auf Vereinbarkeit mit dem Kindeswohl zu prüfen sind Gesuchsrückzug möglich Unbegründeter Entscheid möglich (ZPO 239 II) 7

Geltung der Eheschutzmassnahmen / 1 bis Abänderung oder Widerruf aufgrund veränderter Verhältnisse (ZGB 179 I) (dauernde) Wiederaufnahme des gemeinsamen Haushalts lässt Massnahmen von 176 ZGB (mit Ausnahme: Gütertrennung und Kinderschutz) dahinfallen (ZGB 179 II) Abänderung auf Antrag bei (wesentlich und dauerhaft) veränderten Verhältnissen oder erwiesener Unrichtigkeit bei Anhängigmachung der Scheidung vgl. nächste Folie 8

Geltung der Eheschutzmassnahmen / 2 Eheschutzgericht bleibt für den Erlass von Massnahmen zuständig, die für die Zeit vor der Rechtshängigkeit der inzwischen eingereichten Scheidungsklage (zurück)wirken sollen (BGE 101 II 2; BGE 129 III 60 E. 3; für Präzisierung vgl. Folie 10) angeordnete Eheschutzmassnahmen bleiben in Kraft, bis sie durch vsm im Rahmen des Scheidungsverfahrens abgeändert werden (ZPO 276; BGE 129 III 60 E. 2) Ehe wird nicht geschieden (Rückzug, Abweisung) die vor der Scheidung angeordneten Eheschutzmassnahmen beiben in Kraft im Scheidungsverfahren angeordnete vsm gelten weiter, so lange die Ehegatten getrennt bleiben und keine Abänderung im Eheschutz verlangt wird (KuKo ZPO N 7 zu 277; BGE 137 III 614 = Pra 2012 Nr. 74; für Gegenmeinungen vgl. BK ZPO N 19 zu 271) 9

Abgrenzung Eheschutz / vsm; BGer 5A_324/2012 20.03.2009 Eheschutzbegehren 20.06.2009 Scheidungsbegehren 20.07.2009 Eheschutzentscheid (UHB an Frau 11'200/Mt) 11.01.2011 vsm Frau beim Scheidungsgericht (UHB 13'300/Mt) 08.11.2011 Abweisung Begehren Gelten zugesprochene UHB nur bis zur Einleitung der Scheidung? BGer in 5A_324/2012 E. 3.3.2: Eheschutzmassnahmen wirken über die Einleitung des Scheidungsverfahrens hinaus und zwar auch, wenn der Eheschutzentscheid dann noch nicht gefällt ist, jedenfalls wenn es keinen Kompetenzkonflikt gibt (d.h. kein mit Scheidungseinleitung gestelltes Massnahmebegehren). Vorschlag FamPra.ch 2013 S. 203: vsm nur für Abänderung bzw. Anordnung bisher noch nicht beantragter Massnahmen 10

Weiterzug (BGE 133 III 393) Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft (Art. 172 ff. ZGB) Berufung (ZPO 308 I a); 10 Tage (ZPO 315 I) untypisch für Berufung: keine aufschiebende Wirkung (ZPO 315 IV b und V; BGE 137 III 475; OGer ZH LE120004) aber: Beschwerde bei rein Vermögensrechtlichem unter 10 000 (Kinderunterhalt ist nicht vermögensrechtlich; BGer 5A_621/2010) Beschwerde in Zivilsachen: 30 Tage sind Zivilsachen im Sinne von Art. 72 Abs. 1 BGG sind Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG sind Entscheide über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG (BGE 133 III 393) 11

vorsorgliche Massnahmen im Eheschutz??? vsm (ZPO 271 i.v.m. 261 i.v. m. 271 ff.) auch Superprovisorium zulässig (BK N 15 zu 271 ZPO) Verfügungsverbot, vorläufige Zahlung von UHB an Kinder (ZPO 303 I analog) BGer 5A_212/2012 E. 2.2.2 Frage offen gelassen OGer ZH LE110069: Die ZPO sieht im Rahmen des Eheschutzes keine vorsorglichen Massnahmen vor Entscheid der I. ZK OGer Bern (ZK 13 393): vsm, auch superprov., müssen zulässig sein vsm im Eheschutzverfahren zulässig (Entscheid Kantonsgericht SG, FS 2012.10) pm.: superprov. Massnahmen sind nicht mit RM anfechtbar (BGE 137 III 417 E. 1.3, auch nicht bei Ablehnung) 12