Dr. Sonja Weber-Menges. Die Rolle der Massenmedien bei der Integration von Migranten



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Transkript:

Dr. Sonja Weber-Menges Die Rolle der Massenmedien bei der Integration von Migranten

Gliederung 1) Einleitung 2) Das Grundkonzept der medialen Integration 3) Die Darstellung von Migranten in deutschen Medien 4) Die Wirkung der medialen Darstellungen 5) Die Entwicklung des Ethnomedienangebotes in Deutschland 6) Inhalte der Ethnomedien 7) Die Mediennutzung von Migranten 8) Vorstellungen der Migranten zum Konzept der Medialen Integration 9) Resümee

2. Das Grundkonzept der medialen Integration Was ist Integration? nicht Assimilation, sondern interkulturelle Integration ein Mittelweg zwischen Assimilation und Segregation

2. Das Grundkonzept der medialen Integration Zwei grundlegende Prinzipien der interkulturellen Integration: gleiche Chancen der Migranten auf Teilhabe an der Aufnahmegesellschaft und ihren Institutionen, z. B. gleiche Teilhabe an Medien und Öffentlichkeit die soziokulturelle Eingliederung der Migranten nach dem Prinzip von Unity within Diversity

2. Das Grundkonzept der medialen Integration Was ist Mediale Integration? Interkulturelle Integration innerhalb des gesellschaftlichen Subsystems Medien und Öffentlichkeit Duale Struktur Mehrheitsmedien - Minderheitenmedien Mainstreammedien - Ethnomedien

2. Das Grundkonzept der medialen Integration Mediale Integration bezieht sich auf: Medienproduktion Medieninhalte Mediennutzung

2. Das Grundkonzept der medialen Integration In der Medienproduktion sind Migranten integriert, wenn sie in den deutschen Mainstreammedien angemessen (proportional) als Redakteure, Moderatoren, Fotografen, Programmdirektorn usw. vertreten sind.

2. Das Grundkonzept der medialen Integration Die Inhalte der Mainstreammedien sind integrativ, wenn sie zeigen, dass Deutschland aus ökonomischen und demografischen Gründen Einwanderer gebraucht hat und brauchen wird; dass Einwanderer interkulturell integriert werden müssen; dass ethnische Diversität in Deutschland gesellschaftliche Normalität ist (ausgewogene Berichterstattung zur Diversität als Normalität).

2. Das Grundkonzept der medialen Integration Bei der Mediennutzung ist der Medien- Mix die Nutzung sowohl der deutschen als auch der ethnischen Medien integrativ. Desintegrativ wirken ethnische Mediengettos die ausschließliche Nutzung von Ethnomedien.

3. Die Darstellung von Migranten in deutschen Medien Über Ausländer wird zu wenig berichtet. Über Ausländer wird häufiger negativ berichtet als über Deutsche. Es überwiegt das Bild vom kriminellen und bedrohlichen Ausländer. Es gibt kaum positive Berichte über Migranten. Bestimmte Migrantengruppen (Asylanten, Türken, Russlanddeutsche) werden negativer dargestellt als andere (z.b. aus den früheren südeuropäischen Anwerbeländern). Der Negativismus ist in verschiedenen Medien unterschiedlich stark. Oft diskriminierende und delegitimierende Sprache, die inhaltliche Negativtendenzen noch verschärft.

3. Die Darstellung von Migranten in deutschen Medien Exemplarisch Studien von: Geißler 2000: Ergebnisse einer kurzen Inhaltsanalyse (27. Oktober bis 29. November 1997) der FAZ und der Siegener Zeitung. Meißner/Ruhrmann 2000: Inhaltsanalyse der Thüringer Tageszeitungen Thüringer Allgemeine Zeitung, Thüringische Landeszeitung, Ostthüringer Zeitung und Freies Wort Ruhrmann/Sommer/Uhlemann 2005: Hauptnachrichten der vier quotenstärksten deutschen Sender ARD, ZDF, RTL und SAT.1 im Jahr 2003

3. Die Darstellung von Migranten in deutschen Medien Nationalitäten der Migranten Marokkaner Türken Osteuropäer Italiener Palästinenser Iraker Algerier Afghanen Libanesen Jordanier Araber Kurden Iraner Griechen Afrikaner 3 3 3 3 3 9 8 7 7 7 6 6 20 27 31 0 5 10 15 20 25 30 35 Häufigkeit Quelle: Ruhrmann/Sommer/Uhlemann 2005

3. Die Darstellung von Migranten in deutschen Medien Themenstruktur der Migrantenberichterstattung Terror 35.1 Kriminalität 34.4 Sonstiges 25.2 Zuwanderung 5.3 0 5 10 15 20 25 30 35 40 in Prozent Quelle: Ruhrmann/Sommer/Uhlemann 2005

Einschätzung der deutschen Medien segregativ Deutsche Medien berichten zu wenig über Themen, die uns interessieren. T I R 19 21 29 43 45 52 Deutsche Medien stellen uns überwiegend als Kriminelle oder in negativem Zusammenhang dar. T I R 21 24 28 36 39 47 Deutsche Medien reduzieren uns zu sehr auf Klischees. T I R 12 14 20 35 45 53 Deutsche Medien fördern ein gutes Klima zwischen Migranten und Deutschen T I R 13 17 22 29 28 42 Integrativ Deutsche Medien helfen uns dabei, uns in Deutschland zurechtzufinden T I R 10 27 29 31 41 56 Zustimmung mit 5-stufiger Skala gemessen (trifft überhaupt nicht zu = 1, trifft voll und ganz zu = 5); hier: trifft zu = 5 und 4; trifft nicht zu = 1 und 2. Dunkle Farbtöne = Zustimmung, helle Farbtöne = Ablehnung. Quelle: Sonja Weber-Menges Mediennutzung und Integration von Migranten N = 673 Migranten aus der Türkei, 1023 aus Italien und 512 russische Spätaussiedler

3. Die Darstellung von Migranten in deutschen Medien Befund: Migranten werden in deutschen Medien größtenteils negativ verzerrt dargestellt. Sie wirken daher bisher kaum integrativ.

4. Die Wirkung der medialen Darstellungen Wie wirkt die negativ verzerrte Darstellung von Migranten in deutschen Medien auf die deutschen Rezipienten? Kann diese Darstellung Ressentiments gegenüber Migranten schüren und Vorurteile produzieren? Und wie wirkt die negative Darstellung auf die Migranten selbst? Die Forschung lässt zur Wirkung dieser Darstellung mit wenigen Ausnahmen bisher kaum präzise empirisch fundierte Aussagen zu.

4. Die Wirkung der medialen Darstellungen Übertragung wichtiger Erkenntnisse zur Medienwirkungsforschung auf diese spezielle Thematik (spekulativ) Esser: Wirkungslosigkeit der Medien Thomas-Theorem und Lippmann-Theorem Stimulus-Response-Modell Agenda-Setting-Theorie Nutzen-und-Belohnungsansatz Theorie von der selektiven Wahrnehmung Persuasionsforschung

4. Die Wirkung der medialen Darstellungen Befund: Die Darstellung von Migranten hat einen Einfluss auf das Bild, das sich die Deutschen über die Ausländer machen. Dies gilt besonders für stark beeinflussbare Personen und Menschen, die sich noch keine Meinung gebildet haben. Zudem kann die mediale Darstellung bereits bestehende Einstellungen verfestigen. Komplette Einstellungsänderungen können hierdurch jedoch kaum bewirkt werden.

5. Die Entwicklung des Ethnomedienangebotes in Deutschland Unter dem Begriff ethnische Medien werden Medienangebote für Migranten sowohl in Form von Pressemedien (Zeitungen, Zeitschriften oder auch Beilagen) und audio-visuellen Medien (Programme oder auch Programmteile) verstanden, die im jeweiligen Herkunftsland für den dortigen Markt produziert werden und in Deutschland zugänglich sind, als auch solche, die unter deutscher Regie für Migranten bzw. auch von Migranten selbst in Deutschland hergestellt und vertrieben werden

5. Die Entwicklung des Ethnomedienangebotes in Deutschland

5. Die Entwicklung des Ethnomedienangebotes in Deutschland Hinsichtlich der Entwicklung der Ethnomedien in Deutschland lassen sich insgesamt sechs Phasen unterscheiden. Zwischen den einzelnen Phasen gibt es zum Teil zeitliche Überlappungen und Parallelitäten. Bei den Ethnomedien in Deutschland wird ein Entwicklungstrend von Medien für Migranten und Medien mit Migranten hin zu Medien der Migranten deutlich.

5. Die Entwicklung des Ethnomedienangebotes in Deutschland Phase 1: Anfänge einer Gastarbeiter-Presse und Gastarbeiter-Radio Phase 2: Ausländerprogramme im Fernsehen / türkischer Kinomarkt/ Ausweitung des Verlagssystems für ethnische Pressemedien Phase 3: Ethnischer Vidomarkt Phase 4: Ausbreitung des Kabelfernsehens Einrichtung lokaler offener Kanäle des privaten Fernsehens

5. Die Entwicklung des Ethnomedienangebotes in Deutschland Phase 5: Entwicklung der Satellitentechnologie und Entstehung privater Sender Erweiterung und Verbesserung der Empfangsmöglichkeiten muttersprachlicher Sender durch digitale Empfangstechnologie Überarbeitung der Konzeptionen von Ausländerprogrammen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens Weitere Ausdifferenzierung des Angebotes an ethnischen Pressemedien in Deutschland

5. Die Entwicklung des Ethnomedienangebotes in Deutschland Phase 6: Neu entwickelte multikulturelle Programmformate des öffentlich-rechtlichen Hörfunks Deutsch- türkische Medienkultur 1. Neue deutsch-türkische Presse 2. Deutsch-Türken vor und hinter der Kamera 3. Radyo Metropol FM 4. Neue deutsch-türkische Jugend- und Musikkultur Internet

5. Die Entwicklung des Ethnomedienangebotes in Deutschland Hintergründe der Entwicklung von Ethnomedien in Deutschland Vervielfachung und Differenzierung des Medienangebotes durch technologischen Wandel Veränderungen der Medienlandschaften in den Herkunftsländern Soziale und kulturelle Differenzierung der Nutzer Entwicklung/Verhalten der deutschen Mainstreammedien

5. Die Entwicklung des Ethnomedienangebotes in Deutschland Befund: Starke Ausweitung des Angebotes an Ethnomedien für alle Migrantengruppen. Dadurch Gefahr der medialen Segregation durch Bildung von ethnischen Medienghettos bzw. medialen Parallelgesellschaften

6. Inhalte der Ethnomedien Hauptsächlich Studien zu den Inhalten türkischer Pressemedien und des türkischen Fernsehens Befund: Nahezu alle Studien stimmen in ihren Ergebnissen darin überein, dass die Inhalte der untersuchten türkischen Ethnomedien (türkisches Fernsehen, türkische Presse) der Integration im Ganzen gesehen wohl kaum förderlich sein können. Sie berichten nach Ansicht der Forschung wenig und negativ über Deutschland.

Einschätzung der ethnischen Medien Zustimmung mit 5-stufiger Skala gemessen (trifft überhaupt nicht zu = 1, trifft voll und ganz zu = 5); hier: trifft zu = 5 und 4; trifft nicht zu = 1 und 2. Dunkle Farbtöne = Zustimmung, helle Farbtöne = Ablehnung. segregativ Ethnische Medien berichten negativ über Deutschland und die Deutschen T I R 4 4 12 61 67 74 nicht integrativ Ethnische Medien berichten zu wenig über das Leben in Deutschland T I R 7 7 12 40 42 63 Ethnische Medien fördern ein gutes Klima zwischen uns und Deutschen T I R 12 14 29 28 34 43 funktional Ethnische Medien helfen uns dabei, unsere Sprache und Kultur in Deutschland zu bewahren T I R 3 6 12 41 70 78 Ethnische Medien helfen die Sehnsucht nach dem Herkunftsland zu bewältigen T I R 3 2 18 32 73 72 Source: Sonja Weber-Menges - Survey on Media Reception and Integration of Migrants (preliminary results). N = 673 migrants from Turkey, 1023 from Italy and 512 from Russia (German origin)

7. Die Mediennutzung von Migranten Zentrum für Türkeistudien (1997) Telefonbefragung von 2.052 Migranten türkischer Herkunft.

Tageszeitungslektüre % nur türkische Zeitungen 55,7% nur deutsche Zeitungen 6,4% türkische und deutsche Zeitungen 38,0% Wochen- und Monatszeitungslektüre % nur türkische Zeitungen 32,8% nur deutsche Zeitungen 51,2% türkische und deutsche Zeitungen 16,0% Fernsehen % nur türkisches Fernsehen 39,6% nur deutsches Fernsehen 7,2% türkisches und deutsches Fernsehen 53,2% Hörfunk % nur türkisches Radio 49,3% nur deutsches Radio 35,7% türkisches und deutsches Radio 15,0% Je jünger, je gebildeter und je höher der Status, desto mehr werden deutsche Medien genutzt.

7. Die Mediennutzung von Migranten Weiß/Trebbe (2001) Ende 2000 wurden insgesamt 1.842 Personen befragt; repräsentativ für die türkisch(stämmig)e Bevölkerung Deutschlands Ergebnisse: Weitester Stammnutzer Nutzerkreis deutschsprachiges Fernsehen 85% 70% türkischsprachiges Fernsehen 77% 58% deutschsprachiges Radio 49% 37% türkischsprachiges Radio 23% 15% deutschsprachige Tageszeitung 51% 29% türkischsprachige Tageszeitung 53% 29%

7. Die Mediennutzung von Migranten Meistgesehene TV-Programme Deutsche Programme % Türkische Programme % RTL 54% TRT-INT 34% ProSieben 41% ATV 30% SAT.1 31% Show TV 30% ARD 24% Kanal D 26% RTL 2 22% InterStar 14% ZDF 18% TGRT 13%

7. Die Mediennutzung von Migranten Meistgelesene Tageszeitungen Deutsche Blätter % Türkische Blätter % Bild-Zeitung 28% Hürriyet 38% Regionalzeitung 26% Sabah 19% Überreg. Zeitung 6% Türkiye 7% Milliyet 5% Star 5% Schließlich bildet die Studie sechs Gruppen nach verschiedenen Integrationsindikatoren und stellt fest, dass grundsätzlich mit stärkerer Integration auch die Nutzung deutscher Medien zunehme.

7. Die Mediennutzung von Migranten Data 4U: Die Studien dieser Berliner Marktforschungsgesellschaft kommen empirisch zu ganz anderen Ergebnissen. Nach Mitteilung des Geschäftsführers Joachim Schulte (2002) hat Data 4U seit 1995 mehr als 60.000 Telefoninterviews mit Türken in Deutschland unabhängig von der Staatsangehörigkeit zu deren aktueller Fernsehnutzung durchgeführt und das Ergebnis sei eindeutig: Türken schauen türkisch fern, deutsche Sender spielen eine Nebenrolle.

7. Die Mediennutzung von Migranten Repräsentative Studie der ARD/ZDF Medienkommission (2007) Befragt wurden Migranten türkischer, italienischer und griechischer Herkunft, Migranten aus Kroatien, Serbien und Montenegro, Bosnien-Herzegowina sowie russische Spätaussiedler.

Fernsehnutzung

Radionutzung

Mediennutzung (Weber-Menges) TV Zeitungen Radio Internet 1 1 2 5 8 8 15 13 13 22 10 20 8 11 1 31 6 12 11 10 41 40 20 8 7 49 15 13 14 9 16 20 19 15 31 2 1 22 18 7 30 10 22 6 24 10 20 10 16 30 13 23 22 19 56 12 15 42 15 37 34 10 10 31 14 19 20 22 10 13 14 T I R T I R T I R T I R only German media more German media nearly same amount more ethnic media only ethnic media no reception

7. Die Mediennutzung von Migranten Befund: Nur kleine Minderheiten der Migranten nutzen ausschließlich Ethnomedien. Die Mehrheit der Migranten nutzt sowohl deutsche als auch ethnische Medien ist also interkulturell integriert.

7. Vorstellungen der Migranten zur Verbesserung der medialen Integration Welche Ideen haben Migranten zur Verbesserung der medialen Integration? Entsprechen ihre Vorstellungen unserem Konzept?

Verbesserung der medialen Integration Vorstellungen der Migranten Migranten sollten häufiger als Moderatoren, Schauspieler etc. im deutschen Fernsehen zu sehen sein. T I R 12 18 19 41 63 62 Migranten sollten stärker als Redakteure, Journalisten, Programmchefs etc. an der deutschen Medienproduktion beteiligt werden, um unsere Interessen in den Medien zu vertreten. T I R 9 13 13 32 46 47 Ich würde mir wünschen, dass deutsche Tageszeitungen Beilagen in türkischer (italienischer, russischer) Sprache beinhalten würden. T I R 15 14 21 27 43 54 Es müsste mehr Zeitungen/Zeitschriften, Fernseh- oder Radioprogramme geben, die von Migranten in Deutschland für ihre Landsleute produziert werden. T I R 13 17 16 22 29 39 Zustimmung mit 5-stufiger Skala gemessen (trifft überhaupt nicht zu = 1, trifft voll und ganz zu = 5); hier: trifft zu = 5 und 4; trifft nicht zu = 1 und 2. Dunkle Farbtöne = Zustimmung, helle Farbtöne = Ablehnung.

Sollten deutsche Medien mehr Positives über die hier lebenden Migranten und auch über deren Aktivitäten berichten (z.b. Feiern und Feste, Aktivitäten, Vereine und Organisationen)? Türken Italiener Rußlanddeutsche Ja, denn das würde das gegenseitige Verständnis zwischen Deutschen und Migranten verstärken. 43 39 30 Ja, denn die Interessen der Türken (Italiener, Rußlanddeutschen) in Deutschland werden zu wenig in deutschen Medien berücksichtigt 26 Nein, denn das würde die Deutschen gar nicht interessieren 33 31 3 1 Nein, denn das geht die Deutschen nichts an. 11 7 2 40 8 21 Ich weiß nicht./ist mir egal. 5

9. Resümee Von den drei Bereichen Nutzung, Inhalte und Produktion entspricht die Mediennutzung am ehesten dem Modell der medialen Integration. Die Medieninhalte sowohl der deutschen als auch der ethnischen Medien werden dagegen von den Migranten sehr skeptisch eingeschätzt; sie weisen erhebliche integrative Defizite auf. Auch die integrativen Defizite in der Produktion der deutschen Mainstreammedien werden von den Migranten deutlich erkannt: mehr Migranten in die Medien ist ihr wichtiges Anliegen, um die Dominanz der Negativbilder bei der medialen Darstellung der Migranten zu mildern.