Der Lang-Lkw in Baden-Württemberg Ökologische und ökonomische Vorteile: Ein Praxisbeispiel

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Transkript:

Prof. Dr. Michael Schröder, Studienrichtung Spedition, Transport und Logistik Anna Struve, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Logistik-Netzwerk Baden-Württemberg (LogBW) Der Lang-Lkw in Baden-Württemberg Ökologische und ökonomische Vorteile: Ein Praxisbeispiel Der Einsatz von innovativen Fahrzeugkonzepten zur Optimierung des Transportvolumens und Reduzierung von Schadstoffemissionen Am 1. Januar 2012 ist die Ausnahmeverordnung zum bundesweiten Feldversuch mit Lang-Lkw in Kraft getreten. Grundlage hierfür ist der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP der 17. Legislaturperiode, in dem sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt hat, neue Nutzfahrzeugkonzepte durch maßvolle Erhöhung der Lkw-Fahrzeuggrößen und -gewichte zu ermöglichen. In einem bundesweiten Feldversuch sollen Chancen und Risiken des Einsatzes größ e- rer Lastkraftwagen evaluiert werden. Auch der im November 2010 veröffentlichte Aktionsplan Güterverkehr und Logistik betont die Notwendigkeit, in einem Feldversuch mit Lang-Lkw die ökonomischen, ökologischen und verkehrlichen Auswirkungen dieser Fahrzeuge zu untersuchen, um auf Grundlage dessen entscheiden zu können, ob die dauerhafte Zulassung dieser Fahrzeuge in Übereinstimmung mit einem zu ändernden EU-Recht vorteilhaft ist. 1 In der seit dem 01. Januar 2012 geltenden Ausnahmenverordnung 2 ist definiert, welche Fahrzeugabmessungen und -gewichte maximal erlaubt sind und in welchen Bundesländern und auf welchen Streckenabschnitten der Einsatz von Lang-Lkw zulässig ist. Unter einem Lang-Lkw wird dabei ein Lkw mit einer Gesamtlänge von max. 25,25 Meter verstanden. Das zulässige Gesamtgewicht beträgt entgegen der allgemeinen Meinung nicht 60, sondern 40 Tonnen; beim Einsatz im Kombinierten Verkehr sind (wie auch bei Standard- Lkw) bis zu 44 Tonnen zulässig. 1 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010, online (S. 5). 2 LkwÜberlStVAusnV 2011. 1 / 8

Aktuell beteiligen sich bundesweit 13 Firmen mit 25 Lang-Lkw am Feldversuch. Vorreiter sind hierbei Bayern und Niedersachsen. Aus Bayern sind fünf Spediteure mit insgesamt zehn Lang-Lkw unterwegs, aus Niedersachsen drei Spediteure mit insgesamt sechs Lang-Lkw. Aus Baden-Württemberg ist trotz großer bürokratischer Hindernisse die Spedition Schwarz mit zwei Lang-Lkw am Feldversuch beteiligt. 3 Der Feldversuch in Baden-Württemberg Hindernisse und Schwierigkeiten Der im April 2011 vorgestellte Koalitionsvertrag von Grünen und SPD in Baden-Württemberg stellt klar, dass sich das Land gegen den Feldversuch positioniert: Wir wollen den Kombiverkehr und insbesondere die Ansiedlung von dezentralen Umschlagsanlagen fördern, um Spediteuren den Umstieg auf Schiene und Binnenschiff zu ermöglichen. Die Einführung überlanger Lkw steht diesem Ziel entgegen. Deshalb werden wir uns nicht an dem Modellversuch der Bundesregierung beteiligen. 4 Die alte Landesregierung in Baden- Württemberg hatte den vom Bund geplanten Feldversuch während der Konferenz der Länderverkehrsminister im Oktober 2010 noch unterstützt. Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein haben im September 2012 beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Einleitung eines abstrakten Normenkontrollverfahrens beantragt. Damit protestieren beide Landesregierungen gegen die Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), nach der Lang-Lkw auch ohne Zustimmung der Bundesländer auf genau festgelegten Strecken im Rahmen des Feldversuches fahren dürfen. Die Ausnahmeverordnung erlaubt Lang-LKW in Baden- Württemberg das Befahren von Streckenabschnitten der Bundesautobahnen A7, A96 und A3. Landstraßen, auch jene die zu den freigegebenen Autobahnteilstrecken hinführen, dürfen mit einem Lang-Lkw in Baden-Württemberg hingegen nicht befahren werden. Für die in Baden-Württemberg ansässigen Spediteure ergeben sich aus der ablehnenden Haltung der Landesregierung besondere Schwierigkeiten und Hindernisse, die im Folgenden anhand eines Beispiels der Spedition Schwarz exemplarisch geschildert werden. Das Familienunternehmen Spedition Schwarz GmbH hat ihren Firmensitz in der Siemensstraße/Herbechtingen (Baden-Württemberg). Um zur Autobahn A7 zu gelangen, müssen (nur) knapp 400 Meter durch das Gewerbegebiet Vohenstein zurückgelegt werden, bis die B19 erreicht ist. Auf der B19 fahrend ist die Autobahnauffahrt 117 (Giengen/Herbrechtingen) in ca. 2,5 Kilometern erreicht. Der Firmensitz befindet sich also nur wenige Kilometer von der A7 3 Vgl. BEZOLD, 2012, S. 8-9. 4 Landesregierung Baden-Württemberg, 2011, S. 28. 2 / 8

entfernt, dennoch darf die Spedition den Lang-Lkw erst direkt auf der A7 einsetzen und nicht schon die wenigen Kilometer vorher ab dem Firmensitz. Für die Spedition Schwarz bedeutet die fehlende Genehmigung einen erheblichen Mehraufwand. Ankunft und Abfahrt des Lang-Lkw ist nur ab Rasthof Lonetal an der A7 möglich. Der daraus entstehende Mehraufwand setzt sich wie folgt zusammen: Vom Firmensitz in Herbrechtingen müssen getrennt voneinander zunächst ein Motorwagen plus Dolly sowie eine zusätzliche Sattelzugmaschine mit Auflieger zur Rastanlage Lonetal fahren. Hierfür ist jeweils eine Strecke von 14 Kilometern zurück zu legen mit einem zeitlichen Aufwand von 22 Minuten. Auf der Autobahnraststätte erfolgen dann das Absatteln und das Aufnehmen auf den Dolly, was ungefähr 10 bis 15 Minuten dauert. Die Rückfahrt der Sattelzugm a- schine zum Firmensitz umfasst 9,5 Kilometer und dauert 15 Minuten. Hieraus entsteht also eine zusätzlich zu fahrende Strecke für die Sattelzugmaschine von 23,5 Kilometern mit einem zeitlichen Aufwand von 50 bis 60 Minuten. Spediteure aus Baden-Württemberg müssen demnach durch fehlende Ausnahmegenehmigungen vermeidbare Wettbewerbsnachteile gegenüber Konkurrenten aus anderen Bundesländern in Kauf nehmen. Ökonomische Vorteile Durch den Einsatz eines Lang-Lkw entstehen Mehrkosten in Höhe von ca. 10,5 Prozent je Kilometer. Sie setzen sich aus erhöhten Investitionskosten (insbesondere für Dolly und Sicherheitstechnik), aus höheren kilometerabhängigen Kosten (Kraftstoff, Abschreibung, Reifen, Reparaturen) sowie aus höheren Fixkosten (Personalkosten, Abschreibung, Verzinsung, Steuer, Versicherungen) zusammen. Dem gegenüber steht der ökonomische Vorteil, mit dem Lang-Lkw mehr Volumen transportieren zu können. Hierdurch kommt es zu einer Kostenreduzierung von ca. 20 Prozent bei Volumengütern, wie in Tabelle 1 beispielhaft im Vergleich mit einem Jumbo-Lkw aufgeführt. Lang-Lkw Jumbo-Lkw Veränderung Nutzlast (t) 17 22 0,0861 /tkm 0,0602 /tkm + 43,05 % Palettenstellplätze 53 38 0,0276 /Stellplatz*km 0,0349 /Stellplatz*km -20,74 % Tabelle 1: Kostensätze pro transportierte Einheit Quelle: Spedition Schwarz GmbH, 2012, eigene Darstellung 3 / 8

Die Nutzlast eines Lang-Lkw ist aufgrund des höheren Eigengewichts bei gleichem maximalem Gesamtgewicht geringer als beim herkömmlichen Jumbo- Lkw. Daraus ergeben sich beim Lang-Lkw um ca. 43 Prozent höhere Transportkosten je Tonnenkilometer. Nun hat der Lang-Lkw aber den Vorteil, mehr Volumen laden zu können. So kann ein Lang-Lkw 53 Palettenstellplätze unterbringen, ein herkömmlicher Jumbo-Lkw lediglich 38. Die Transportkosten je Stellplatz sind damit beim Lang-Lkw knapp 21 Prozent geringer als beim Jumbo-Lkw. Ökologische Vorteile Der Lang-Lkw zeichnet sich im Vergleich zum herkömmlichen Jumbo-Lkw dadurch aus, dass er bei gleichem Gesamtgewicht deutlich mehr Volumen transportieren kann, wodurch die Emissionen je transportierter Gütereinheit geringer sind. Das Konzept des sogenannten Carbon-Footprint misst nun die Kohlendioxid- Emissionen, die mit dem Transport einer Gütereinheit einhergehen. Zunächst wird dafür der Energieverbrauch ausgerechnet, der mit dem Transport der Güter einhergeht (Formel 1): 5 Formel 1 ( ) mit EV = Energieverbrauch NL = Nutzlast NL Ist = tatsächliche Lkw-Zuladung in Tonnen NL max = maximale Nutzlast in Tonnen Zur Berechnung der Kohlendioxid-Emission wird in einem zweiten Schritt der unter Verwendung von Formel 1 errechnete Energieverbrauch NL Ist mit einem treibstoffspezifischen CO 2 -Faktor multipliziert (Formel 2): 6 Formel 2 [ ] 5 Vgl. dazu Spedition Schwarz GmbH, 2012. 6 Zum treibstoffspezifischen CO 2-Faktor vgl. die Ausführungen bei SCHMIED/KNÖRR, 2011. 4 / 8

Im Folgenden soll exemplarisch der Carbon-Footprint für eine Ladung von sieben Tonnen im herkömmlichen Jumbo-Gliederzug einer Ladung von 9,8 Tonnen im Lang-Lkw gegenüber gestellt werden. Es wird angenommen, dass jeweils eine Distanz von 1.130 Kilometern zurückgelegt wird. Die zur Berechnung des Carbon-Footprint relevanten Kennzahlen finden sich in Tabelle 2. Lang-Lkw Jumbo-Lkw Zulässiges Gesamtgewicht Maximale Nutzlast 40 t 40 t 17 t 22 t EV voll 36,0 l 32,6 l EV leer 28,8 l 23,8 l Ladungsgewicht 9.800 kg 7.000 kg Entfernung 1.130 km 1.130 km Tabelle 2: Kennzahlen Lang-Lkw im Vergleich zum Jumbo-Lkw Quelle: Spedition Schwarz GmbH (2012), eigene Darstellung Die Kohlendioxid-Emission für eine Ladung von sieben Tonnen in einem herkömmlichen Jumbo-Lkw beträgt unter Verwendung der oben genannten Formel 1: ( ) Der Energieverbrauch für eine Ladung von sieben Tonnen beträgt demnach in einem Jumbo-Gliederzug 26,6 Liter je 100 Kilometer. Durch Einsetzen in Formel 2 lassen sich die mit dem Transport verbundenen Kohlendioxid- Emissionen errechnen: 7 7 Hierbei wird ein CO 2-Faktor von 2,621 kg/l (Literaturwert für Diesel mit sieben Prozent Biodiesel) zugrunde gelegt. 5 / 8

Damit ergeben sich Kohlendioxid-Emissionen in Höhe von 0,6972 Kilogramm Kohlendioxid je Kilometer. Bei einer exemplarischen Entfernung von 1.130 Kilometern ergibt sich ein Carbon-Footprint in Höhe * 1130 km= 787,8 kg CO 2 bzw. je Tonnenkilometer: Der Energieverbrauch für den Transport der gewählten 9,8 Tonnen Ladung in einem Lang-Lkw dagegen beträgt unter Verwendung von Formel 1 rund 32,95 Liter je 100 Kilometer. Legt man wiederum einen Kohlendioxidfaktor in Höhe von 2,621 kg/l zu Grunde (Diesel mit Beimischung von sieben Prozent Biodiesel), ergibt sich unter Verwendung von Formel 2 eine Kohlendioxid-Emission in Höhe von 0,8636 Kilogramm CO 2 je Kilometer. Bei einer Entfernung von 1.130 Kilometern ergibt sich damit ein Carbon-Footprint in Höhe von 975,9 Kilogramm respektive 88 Gramm je Tonnenkilometer. Bei Einsatz eines Lang-Lkw können folglich Kohlendioxid-Emissionen in Höhe von 12 Gramm je Tonnenkilometer im Vergleich zum herkömmlichen Jumbo- Lkw eingespart werden. Verlagerungseffekte Genannte Kosteneinsparungen können nun so ein Argumente der Kritiker des Lang-Lkw mittelfristig zu Verlagerungseffekten von der Schiene auf die Straße führen und bedingen, dass die Kohlendioxideinsparungen durch eine Abnahme des Eisenbahngüterverkehrs überkompensiert werden. 8 Empirisch belegt ist folgender Zusammenhang zwischen den Kosten des Straßengüterverkehrs und beförderter Menge auf der Schiene: Wird der Straßengüterverkehr um einen Prozent günstiger, dann geht die beförderte Menge auf der Schiene um 1,8 Prozent zurück. Bei der Binnenschifffahrt ist eine gering e- re Elastizität zu verzeichnen, hier beträgt der zu erwartende Rückgang lediglich 0,8 Prozent. 9 Bei einem Kostenrückgang um 20 Prozent, wie er bei Einsatz von Lang-Lkw unterstellt werden kann, würde demnach der Rückgang des Schienengüterverkehrs tatsächlich bis zu 38 Prozent betragen. Die Binnenschifffahrt verlöre analog bis zu 16 Prozent ihrer Gütertransportmengen. Fazit 8 Vgl. dazu die schon frühe Studie von TIM CONSULT, 2006; später auch Fraunhofer, 2009; auch K+P Transport Consultant, 2011. 9 Vgl. dazu Umweltbundesamt, 2007. 6 / 8

Prognosen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung konstatieren, dass der Lkw-Güterverkehr bis 2025 um ca. 55 Prozent zunehmen wird. Abbildung 1: Güterverkehr in Deutschland bis 2025 (in Mrd. Tonnenkilometer) Quelle: Verband der Automobilindustrie e. V. (VDA), 2013, online Um diese Gütermengen möglichst umweltverträglich zu transportieren und damit letztlich den Kohlendioxid-Ausstoß pro transportierter Gütereinheit zu reduzieren, ist es von besonderer Wichtigkeit, (a) grundsätzlich die Transporteffizienz zu erhöhen, beispielsweise durch die Vermeidung von Leerfahrten, sowie (b) die Fahrleistung [Fahrzeug-km] zu reduzieren einerseits durch eine höhere Auslastung der Fahrzeuge, andererseits durch eine Erhöhung des Transportvolumens. Wie aufgezeigt, kann der Lang-Lkw insbesondere beim letzten Punkt einen Beitrag dazu leisten, diese Ziele zu erreichen. Durch das gesteigerte Ladevolumen eines Lang-Lkw reduzieren sich die Kohlendioxidemissionen je Tonnenkilometer im Vergleich zu einem herkömmlichen Jumbo-Lkw signifikant. Die aufgezeigten Kosteneinsparungen und ökologischen Vorteile werden allerdings nur bei Volumengütern im vollen Umfang realisiert, so dass der Einsatz eines Lang-Lkw bei schweren Gütern (Stahl, Baustoffe, Getränke) keine zweckmäßige Alternative darstellt. Gleichwohl ist zu beachten, dass die ökologische Vorteilhaftigkeit der Lang- Lkw nur dann besteht, wenn deren Einsatz nicht zu Verlagerungseffekten von der Schiene zur Straße führen. Ein Einsatz von Lang-Lkw kann daher insbesondere im Vor- und Nachlauf von Gewerbe- und Hafengebieten, die über 7 / 8

keinen direkten Gleisanschluss verfügen, eine sinnvolle Alternative zu herkömmlichen Lastkraftwagen sein. Literatur BEZOLD, J. (2012): Exklusiv-Übersicht: Die Teilnehmer des bundesweiten Feldversuchs mit Lang-Lkw und ihre ersten Erfahrungen, trans aktuell, 21. Jg. (2012), Heft 18, S. 8-9 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) (2010): Aktionsplan Güterverkehr und Logistik Logistikinitiative für Deutschland, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, URL: http://www.bmvbs.de/cae/servlet/contentblob/59840/publicationfile/ 30850/aktionsplan-22-11-2010.pdf, Abruf: 30.11.2012 Fraunhofer (2009): Long-Term Climate Impacts of the Introduction of Mega- Trucks, Study for the Community of European Railway and Infrastructure Companies (CER), Karlsruhe 2009 K+P Transport Consultants (2011): Study on the Effects of the Introduction of LHVs on Combined Road-Rail Transport and Single Wagonload Rail Freight Traffic, in Co-operation with Fraunhofer ISI, Freiburg/Karlsruhe 2011 Landesregierung Baden-Württemberg (2011): Der grün-rote Koalitionsvertrag, URL: www.baden-wuerttemberg.de/de/regierung/landesregierung/koalitions vertrag, Abruf: 02.04.2013 SCHMIED, M./KNÖRR, W. (2011): Berechnung von Treibhausgasemissionen in Spedition und Logistik, Begriffe Methoden Beispiele, DSLV Deutscher Speditions- und Logistikverband e. V., Bonn 2011 Spedition Schwarz GmbH (2012): Ökologische und ökonomische Vorteile des Lang-Lkws Einsatz von innovativen Fahrzeugkonzepten zur Optimierung des Transportvolumens und Reduzierung von Schadstoffemissionen, URL: www.logbw.de/wp-content/uploads/4._logbw-expertenworkshop_vortrag_ schwarz.pdf, Abruf: 18.12.2012 TIM CONSULT (2006): Analyse der Auswirkungen der Einführung des Gigaliners auf den Wettbewerb zwischen Straße und Kombinierten Verkehr, URL: www.nomegatrucks.eu/deu/service/download/tim-consult-studie.pdf, Abruf: 21.11.2012 Umweltbundesamt (2007): Länger und schwerer auf Deutschlands Straßen: Tragen Riesen-Lkw zu einer nachhaltigen Mobilität bei? Dessau 2007 Verband der Automobilindustrie e. V. (VDA) (2013): Grafikdatenbank, URL: www.vda.de/files/abt_presse/lang-lkw_gueterverkehr_bis_2025.pdf, Abruf: 14.01.2013 8 / 8