Ziele erreicht? Beziehung passend? Fragen und Antworten aus der Evaluation einer Coachingausbildung für Studierende. Lucia Biberacher, Micha Strack & Isabell Braumandl 2010 8. Kongress für Wirtschaftspsychologie des BDP. Online-Kongressband: http://www.psychologie-in-der-wirtschaft.de/ dokumente/abstracts/biberacher_ua_artikel_kongressband_karrierecoaching_mai%202010.pdf Kurzfassung: Im Rahmen der Evaluation einer Coachingausbildung für Studierende, die Peercoaching und ein erstes Clientcoaching umfasst, wurde die Zielerreichung der Teilnehmenden und der Coachee untersucht. Interaktionsstile von Coach und Coachee im Interpersonal Circumplex prüfen Passungshypothesen. Die Ergebnisse zeigen gute Outcome-Effekte für die Zielerreichung um d=2.0 und positive Zusammenhänge zwischen den Ausbildungsbestandteilen. Die Beziehung von Coach und Coachee weist konsistente Dominanzunterschiede auf (keine gleiche Augenhöhe!), gleichzeitig ist Dominanz aber in beiden Rollen förderlich für den Coachingerfolg. Lucia Biberacher Geb. 1985, seit Oktober 2005 Psychologiestudium Regensburg, Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsychologie. Micha Strack Geb. 1965, Diplom-Psychologin 1990, Dr. rer-nat 1998, Habilitation 2003, Oberassistentin Universität Göttingen, Professurvertretung Regensburg X.08-II.10, Forschungsschwerpunkte: Organisationspsychologie, Marktpsychologie, Sozialpsychologie, psychologische Methodik, Praxisprojekte. Isabell Braumandl Seit 1987 mit Projektverantwortung in der Wirtschaft tätig (Handel, Banken, öffentlicher Dienst, Medizin). Seit 1997 selbstständige Unternehmerin, Coach, Trainerin mit Schwerpunkten: Strategische Führung, Zeit- und Selbstmanagement, Karriere-, Ärzte- und Projekt-Coaching. Seit 2003 Lehrbeauftragte der UNI Regensburg, TU Braunschweig, EFH Nürnberg Coach in u. a. folgenden Netzwerken: Center for Leadership and People Management der Universität München, KFT-LMU München: Inhouse & Beratung, 4 A-Side GmbH Team 4 act-coach-pool, BDP- WP-Coach-Pool. Kontaktadresse: Lucia Biberacher Institut für Psychologie, Lehrstuhl V, Universität Regensburg Universitätsstr. 31, 93053 Regensburg Lucia.Biberacher@stud.uni-regensburg.de
Ziele erreicht? Beziehung passend? Fragen und Antworten aus der Evaluation einer Coachingausbildung für Studierende. Lucia Biberacher, Micha Strack & Isabell Braumandl Zusammenfassung Das Unternehmen CoBeCe (www.cobece.de) bietet im Rahmen eines zweisemestrigen Projektseminars eine Ausbildung zur/m Karriere-Coach für Studierende an (vgl. Braumandl, I., Sauer, J., Hoppe, D. 2009). Das Curriculum zeichnet sich durch gegenseitiges Coaching der zukünftigen Coaches im ersten Semester (PeerCoaching) und das im zweiten Semester folgende supervidierte ClientCoaching einer/s ersten studentischen KlientIn aus. Berichtet wird die Evaluation von zwei Kursen (UNI Regensburg, N=20; TU Braunschweig, N=15). Neben einer Outcome-Evaluation können Verläufe der Zielerreichung von Ausbildungsteilnehmenden und Coachee über mehrere Messzeitpunkte verfolgt, sowie der Zusammenhang zwischen Ausbildungserfolg und Coachee-Erfolg dargestellt werden. In der dyadischen Struktur der Coachingsitzungen werden Fragen nach einem Coach - und Coachee-Stil und Passungsfragen zwischen Coach und Coachee im Hinblick auf den Erfolg untersucht. Die interpersonellen Stile von Coach und Coachee werden im Interpersonal Circumplex (mit der IAL, Jakobs, I. 2009) multiperspektivisch abgebildet. Die Ergebnisse der ersten beiden Kurse zeigen, dass die Zielerreichung sowohl von den Ausbildungsteilnehmenden über beide Semester, als auch die der Coachee über die fünf Coachingsitzungen signifikant ansteigt (d w 2.0). Wer vom PeerCoaching profitiert, erreicht einen höheren Gesamtausbildungserfolg (r=.48). Der Zusammenhang zwischen dem Ausbildungserfolg der Teilnehmenden und dem Erfolg ihrer KlientInnen im zweiten Semester validiert den Befund (r=.23). Die multiperspektivische Untersuchung des interpersonellen Stils von Coach und Coachee lässt deutlich werden, dass in den Coachingdyaden keine gleiche Augenhöhe realisiert wird. In Perspektive beider ist der/die Coach/ess (Rieger, D. 2006) dominanter, der/die Coachee submissiver. Allerdings ist Dominanz sowohl auf Seiten des/der Coach/ess, als auch auf Seiten des/der Coachee für den Coachingerfolg förderlich (r.30). Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, dass die Ausbildung, sowie die zwei jeweils integrierten Coachings erfolgreich sind. Peercoachings tragen zum Ausbildungserfolg bei. Die Rede von einer gleichen Augenhöhe in der Coachingdyade ist vielleicht ein Euphemismus, jedenfalls ist Dominanz auf beiden Seiten förderlich für den Coachingerfolg. Literatur: Braumandl, I., Sauer, J., Hoppe, D. (2009). "Mein Coach ist unter 25". Karriere-Coaching-Ausbildung auch schon für Psychologiestudierende - Umsetzung an der UNI Regensburg und TU Braunschweig. Vortrag auf der A&O/Wirtschaftspsychologie FG-Tagung, Sept.09 Wien Jacobs, I. (2009). Interpersonaler Circumplex: Validierung der interpersonalen Adjektivliste und Analyse interpersonaler Komplementarität in engen persönlichen Beziehungen. Verlag Dr. Hut. Rieger, D.E. (2006). Coach weiblich? Coachin? Coacherin? - Coachess! http://riegerin.at/fileadmin/pdf/riegerin_artikel_coachess.pdf Strack, M. (2004). Sozialperspektivität: Theoretische Bezüge, Forschungsmethodik und wirtschaftspsychologische Praktikabilität. Gottingen: Universitatsverlag (open access http://www.univerlag.uni-goettingen.de/ univerlag-dateien/books/strack_online.pdf)
Ziele erreicht? Beziehung passend? Fragen und Antworten aus der Evaluation einer Coachingausbildung für Studierende. Lucia Biberacher, Micha Strack & Isabell Braumandl, 2010 Karrierecoachingausbildung schon für Studierende? Das Unternehmen CoBeCe bietet seit 2005 an der Universität Regensburg und seit 2008 an der TU Braunschweig eine Ausbildung zur/zum Karrierecoach für Studierende der Psychologie und Pädagogik an. Das Curriculum (Braumandl, I & Dirscherl, B. 2005) verläuft über zwei Semester und vermittelt neben der Theorie auch praktische Coachingkompetenzen. Im ersten Semester bereiten sich die Studierenden auf die Ausbildung zunächst durch ein Literaturstudium vor. In zwei Wochenend-Blockseminaren wird sowohl das theoretische Wissen vertieft, als auch erste praktische Kompetenz anhand konkreter Coachingübungen mit den Ausbildungsteilnehmenden erworben. Zwischen den Blockseminaren führen die angehenden Coaches ein sogenanntes PeerCoaching durch. In diesem coachen sich je zwei Ausbildungsteilnehmende gegenseitig in je fünf Coachingsitzungen, wobei jede/r sowohl die Rolle des/der Peer-Coach/ess, als auch des Coachee einnimmt. Dabei werden sämtliche zum CoBeCe-Konzept des Karrierecoachings gehörende Übungen selbst durchgeführt. Somit erfahren die angehenden Coachess den Coachingprozess, indem sie ihre eigenen Fragestellungen zum Thema Karriere und Planung des eigenen Berufseinstiegs bearbeiten. Dieses Ausbildungskonzept ist an das der Psychotherapie angelehnt, in der zukünftige TherapeutInnen zum einen Qualifikationen zum Therapieren erwerben und sich zum anderen selbst einer Therapie unterziehen. Im zweiten Semester erhalten die studentischen Coaches eine/n zumeist fachfremde/n studentische/n Coachee, der/die kurz vor dem Studienabschluss steht und sich mit Fragen seiner/ihrer Karriereplanung auseinandersetzt. Mit diesem/r Coachee führen die auszubildenden Coaches ebenfalls fünf Karrierecoachingsitzungen durch. Abgerundet werden die Ausbildung und das Coaching zum einen durch zwei Expertendiskussionen zum Thema Berufseinstieg und Karriereplanung, in denen gezielte Fragen an Coaches, PersonalmanagerInnen, Führungskräfte und UnternehmerInnen gestellt werden können. Zum Zweiten wird der Coachingprozess durch ExpertInnen supervidiert. Das Besondere an dieser Coachingausbildung ist das relativ junge Alter der auszubildenden Coaches und zum anderen die studentische Zielgruppe des Coachings. Nach Braumandl, Sauer und Hoppe (2009) ist die Voraussetzung für ein erfolgreiches Coaching nicht ein absolutes Mindestalter von bspw. 40 Jahren (vgl. Birkenbihl, 1992, S.11; Beckermann & Unnerstall, 1991, S. 75; Schreyögg, 1995 S. 127, alle zit. n. Rauen, C. 2001, S.152) einer gereiften Coachpersönlichkeit (Senne, I., Ulkan, A., Hohmann, B. & Juchniewicz, B. 2007, S.1), vielmehr sei relevant, dass Coach und Coachee mindestens die gleiche Lebenserfahrung
teilen. Hat also ein/e Coach/ess die eigene Auseinandersetzung mit seinen/ihren Stärken und Schwächen und seiner/ihrer beruflichen Planung zum Ende seines/ihres Studiums in Vorbereitung auf den Berufseinstieg bewältigt, so könne er/sie auch Coachee in dieser Lebenssituation coachen. Nicht möglich sei natürlich mit dieser Lebenserfahrung beispielsweise eine/n UnternehmerIn für Fragen zur Unternehmensnachfolge zu coachen. Daher die studentischen Coachee in der hier zu bewertenden Ausbildung. Aber machen nicht Manager und Führungskräfte den Großteil der Coachingklientel aus? Nach Böning (2002) sind 87% der Coachee Führungskräfte. Greif (2008, S. 59) definiert Coaching als eine intensive und systematische Förderung ergebnisorientierter Problem- und Selbstreflexion sowie Beratung von Personen und Gruppen zur Verbesserung der Erreichung selbstkongruenter Ziele oder zur bewussten Selbstveränderung und Selbstentwicklung. Neben dem Ausschluss von Patienten für eine Psychotherapie wird die Klientel nicht näher spezifiziert, die Indikation für ein Coaching ergibt sich aus dessen Funktion. Im Lebenslauf gibt es bestimmte Abschnitte, die stärker mit Selbstreflexion und entwicklung verbunden sind als andere. Dies sind Lebenssituationen und -abschnitte, die Umbrüche und Veränderungen darstellen, sie beginnen mit der Pubertät und enden eventuell mit der Planung einer Unternehmensnachfolge. Der Einstig ins Berufsleben ist ebenfalls ein solcher Lebensabschnitt. Es ist nicht typisch, dass sich Menschen von sich aus systematisch, ziel- und lösungsorientiert mit ihren Stärken und Schwächen, mit ihren Werten und Zielen und ihren Zukunftsvorstellungen auseinandersetzen. Diese Auseinandersetzung aktiviert viele Facetten, sowohl fachliche Wünsche, als auch Vorstellungen über eigene Kompetenzen sowie private Wünsche und Ziele. Manche davon sind miteinander vernetzt und teilweise intransparent. Wer kann schon sagen, welche Auswirkungen eine bestimmte Arbeitsstelle an einem bestimmten Ort für den Lebenslauf einer Person haben wird. Auch hat eine Bewerbungssituation eine hohe Eigendynamik. Beinahe kein/e BewerberIn kann sich sicher sein, eine bestimmte Stelle zu erhalten, oder antizipieren, nach welchen Kriterien eine gewünschte Stelle besetzt wird. Zur Vorbereitung auf eine solche komplexe Situation bedarf es einer klaren und strukturierten Vorgehensweise. Diese kann das Coaching bieten, da es keine Ratschläge gibt, sondern der Coachee durch Fragen und Übungen, die eine systematische Selbstreflexion aktivieren, selbst zu seinen Antworten findet. Um zu prüfen, ob das studentische Karrierecoaching Erfolg bringt und die provokante These mein Coach ist unter 25 (Braumandl u.a. 2009) kein Euphemismus ist, evaluiert die Universität Regensburg die Coachingausbildung. Methodik Ziele und Design Die Karrierecoachingausbildung lässt sich in drei Teilstrukturen zerlegen: in erstens das Prä- Post-Design des gesamten zweisemestrigen Ausbildungsprozesses, zweitens in das Fünf-
Sitzungs-Design des PeerCoachings und drittens in das Fünf-Sitzungs-Design des ClientCoachings. Die erste Evaluationshypothese Outcome fordert daher, dass die Zielerreichung als Outcome zum einen über den gesamten Ausbildungsprozess für die zukünftigen Coaches, als auch über den Peer- und den ClientCoachingprozess für die jeweiligen Coachee ansteigt. Die Erhebung der Zielerreichung in den drei Teildesigns erlaubt über Korrelationen zudem, die Relevanz der beiden Coachingprozesse für den Ausbildungserfolg abzuschätzen (zweite Evaluationshypothese Prozess). Zur Überprüfung des Ausbildungsoutcomes wird die Zielerreichung vor dem ersten Blockseminar als Prämessung, nach dem ersten Ausbildungssemester als Zwischenmesszeitpunkt und nach dem ClientCoaching als Postmessung erhoben. Im PeerCoaching wird zu Ende jeder der fünf Coachingsitzungen die Zielerreichung bei der/dem PeerCoachee erhoben. Vor der ersten Sitzung des ClientCoachee im zweiten Semester findet eine Prämessung der Zielerreichung statt, diese wird zudem nach jeder Sitzung und in einer Postmessung nach dem Abschluss des Karrierecoachings bei der/dem ClientCochee erhoben. In der Konzeption der Evaluation wurde eine Überprüfung der Moderatoren der Zielerreichung nach Locke & Latham (1990) geplant. Die Ergebnisse zu Wichtigkeit, Schwierigkeit, Konkretheit und Feedback zu den Zielen wird zur Komplexitätsreduktion aus diesem Bericht ausgespart. Der zweite hier relevante Hypothesenkomplex prüft den Einfluss der sozialen Stile von Coach- und Coachee-Person sowie deren Interaktion auf die Zielerreichung. Lässt sich nachweisen, dass ein/e freundlich-dominante Coach/ess besseres Coaching vollbringt und ihr/e Coachee einen überdurchschnittlichen Outcome erreicht? Profitieren freundliche und vielleicht unterwürfige Coachee von den studentischen Coach-Personen mehr, als arrogantabweisende? Oder können Coachee ihre Ziele dann besser erreichen, wenn zwischen ihnen und ihrem/r Coach/ess Reziprozität in der Affiliation und Komplementarität in der Dominanz vorliegt (Kiesler, D. 1983; Dinger, U. et al. 2007, 2009; Jacobs, 2009)? Solche potentiellen Hypothesen sprechen gegen die für ein erfolgreiches Coaching in der systemischkonstruktivistischen Theorie verlangte gleiche Augenhöhe (Radatz, S. 2003, S.113f). Bleibt ein Erfolg bei asymetrischen Beziehungen also aus? Im Ansatz der Sozialperspektivität (Strack, M. 2004) lässt sich zudem prüfen, ob Coaches, die ihren Coachee akkurater einschätzen können, einen höheren Coachingerfolg erreichen. Um diese Fragen zu prüfen, wurden von Ausbildungsteilnehmenden und ClientCoachee zu Beginn der Ausbildung bzw. des Coachings ein allgemeines Selbstbild ( so verhalte ich mich im Allgemeinen ) erfragt. Nach PeerCoaching und ClientCoaching wurde von je beiden Beteiligten drei Perspektiven erhoben: ein auf die Coachingsituation bezogenes Selbstbild (so habe ich mich als Coach / als Coachee verhalten), ein Fremdbild (so hat sich mein Partner verhalten) und ein vermutetes Fremdbild (so hat mich mein Partner aufgrund der Coachingsituation vermutlich einschätzt; sogenannte Metaperspektive). Operationalisierung
Die Zielerreichung wurde für drei Zielkategorien erhoben: erstens für drei persönliche Ziele, die sich die Coachee für das Coaching selbst setzten. Zweitens für fünf aus dem Konzept des Karrierecoachings abgeleitete Coachingziele (bspw. berufliche und private Stärken und Schwächen kennen, berufliche und private Werte und Ziele klären). Drittens wurden für die Ausbildungsteilnehmenden drei Ausbildungsziele formuliert (z.b. theoretisches Wissen zum Coachen, Instrumente und Techniken für den Coachingprozess zu kennen). Ausbildungsteilnehmende sollten ihre Zielerreichung in allen drei Zielkategorien bewerten, Coachee nur auf den persönlichen und den Coachingzielen. Die Antwortskala war siebenstufig (wie weit erreicht: 0% - 100%). Der interpersonelle Stil wurde mit der auf 32 Items gekürzten Interpersonellen Adjektivliste (IAL, Jakobs 2009), in den im Design entworfenen Perspektiven auf 8-stufigen Ratings erhoben. Am Ende des PeerCoachings und des ClientCoachings wurde zusätzlich der Check-the-Coach-Evaluationsbogen (Bachmann, T., Jansen, & A. und Mäthner, E., 2004) für Coachingprozesse eingesetzt. Durchführung und Teilnehmende Dem Bericht liegen die Daten von zwei Kursen zu Grunde. Ein Kurs startete im Oktober 2008 an der UNI Regensburg mit 20 Ausbildungsteilnehmenden und 24 ClientCoachee im zweiten Semester. Der zweite Kurs startete im Oktober 2008 an der TU Braunschweig mit 15 Ausbildungsteilnehmenden und 16 ClientCoachee im zweiten Semester. Die Ausbildungsteilnehmenden waren im Schnitt 24 Jahre alt (SD=4.3); 31 von 35 sind weiblich. Von den angehenden Coaches studierten 25 im Hauptfach Psychologie, 7 Pädagogik und 3 andere Fachrichtungen. Die ClientCoachee waren im Durchschnitt 24.9 Jahre alt (SD=2.6); 25 der 40 ClientCoachee sind weiblich. Ihre Hauptfächer umfassen technische, betriebswirtschaftliche und soziale Studiengänge. Die Fragebögen wurden teilweise in Papierform nach den Blockseminaren bzw. nach den Coachingsitzungen, teilweise als online-fragebögen ausgefüllt. Ergebnisse Um den Verlauf der Zielerreichung sowohl für den zweisemestrigen Ausbildungsprozess, als auch für das Peer- und ClientCoaching darzustellen, wurde eine quadratische Kurvenanpassung des Zielerreichungsgrades über die jeweiligen Messzeitpunkte gewählt (Abb. 1).
Abb. 1 Zielerreichungsverlauf Die Prä-Post-Differenz zeigt in einer Varianzanalyse mit Messwiederholung für den Ausbildungszeitraum einen signifikanten Anstieg der Zielerreichung (persönliche Ziele: F(1, 27)=73.60, d w =2.25; Coachingziele: F(1, 27)=22.03, d w =1.33; Ausbildungsziele: (F(1, 27)=160.16, d w =3.09, alle p<.001). Kurs- und Geschlechtseffekte blieben unbedeutend. Über die fünf PeerCoaching-Sitzungen stieg die Zielerreichung ebenfalls an (persönliche Ziele: F(1,28)=60.66, d w =2.35; Coachingziele: F(1,27)=84.60, d w =2.57; Ausbildungsziele: F(1, 27)=27.65, d w =1.45, alle p<.001). Auch die ClientCoachee berichten einen starken Anstieg der Zielerreichung (persönliche Ziele: F(1, 22)=58.36 d w =1.87; Coachingziele: F(1, 23)=70.59, d w =1.86; beide p<.001) ohne Kurs- und Geschlechtsunterschied. Die Ausbildung und die eingebetteten Coachings waren also erfolgreich. Aber tragen die beiden in die Ausbildung eingebetteten Coachingprozesse nachweisbar zum Ausbildungserfolg bei? Zwischen dem Ausbildungserfolg (über die drei Ziel-Kategorien gemittelter relativer Zielerreichungszuwachs) und dem PeerCoachingerfolg der Ausbildungsteilnehmenden besteht ein knapp starker positiver Zusammenhang (r=.48): wer vom PeerCoaching besonders profitierte, erreicht einen überdurchschnittlichen Ausbildungserfolg. Zwischen dem ClientCoacheeerfolg und dem Ausbildungserfolg ihrer jeweiligen Coaches besteht ebenfalls ein positiver Zusammenhang (r=.23): wer mehr von der Ausbildung profitiert hat, der/die bringt auch seinen/ihren Coachee zu mehr Erfolg. Sozialer Stil und Passung Im Interpersonal Circumplex lässt sich klären, welche interpersonellen Stile Coach und Coachee in den Peer- oder ClientCoachingsitzungen verfolgen und welche Zusammenhänge zwischen diesen und der Zielerreichung der Coachee bestehen.
Abb. 2: Perspektivendifferenzierte Lokation von Coach und Coachee im Peercoaching Abb. 3 Perspektivendifferenzierte Lokation von Coach und Coachee im ClientCoaching
In Abbildung 2 ist der von PeerCoach und PeerCoachee eingeschätzte interpersonelle Stil im Selbstbild, Fremdbild und aus der Metaperspektive abgebildet. Zwischen beiden Rollen wird von den (in beiden Rollen agierenden) Beteiligten ein deutlicher Unterschied auf der Dominanzachse wahrgenommen. In der Rolle des PeerCoach fühlen sich die Ausbildungsteilnehmenden dominanter als in der Rolle des PeerCoachee (d w =0.54), ihre Peer-Partnerin sehen sie, ist sie Coachess, dominanter, ist sie Cochee, deutlich submissiver (d w =0.83). Zwischen den beiden Rollen im ClientCoaching (zweites Semester der Ausbildung) sind die Dominanzunterschiede ebenso deutlich (vgl. Abb. 3; Unterschied Selbstbilder d w =0.63; Fremdbilder d w =0.58). Beide sind sich einig, wer in der Dyade dominiert. Und wie an den Metaperspektiven (beim anderen vermutetes Fremdbild über sich) deutlich wird: man weiß auch darüber. Es gilt also keine gleiche Augenhöhe, weder in den PeerCoaching- noch in den ClientCoaching-Dyaden. Aber sind diese Dominanzunterschiede nicht vielleicht Barrieren der Zielerreichung? Tab.1: Korrelationen von Zielerreichung mit Dominanz im Interpersonal Circumplex aus Sicht des/der Zielerreichung der/des Coachee Dominanz PeerCoaching Coach/ess.28 des/der Coach/ess Coachee -.01 ClientCoaching Coach/ess.34 Dominanz des/der Coachee Coachee.20 PeerCoaching Coach/ess -.06 Coachee.28 ClientCoaching Coach/ess.39 Coachee.07 n=16-28 Die Korrelationen in Tabelle 1 sind überwiegend positiv: dominantere Coach/ess fördern die Zielerreichung ihrer Coachee besser, sowohl im PeerCoaching als auch im ClientCoaching. Aber nicht komplementär submissivere Coachee, sondern reziprok dominante Coachee profitieren mehr. Obwohl keine gleiche Augenhöhe besteht, fördert Dominanz auf beiden Seiten die Zielerreichung. Detaillierte Ergebnisse zu dyadischen Mustern (Reziprozität, Metaperspektivenakkuratheit u.a) werden in späteren Analysen mit höheren Fallzahlen von Dyaden berichtet. Diskussion Die Leitfrage der Evaluation war Karrierecoachingausbildung schon für Studierende? Konnten studentische Coaches/ess in der Stichprobe ihrem/r Coachee einen erfolgreichen Coachingprozess gestalten und kann das vorliegende Karrierecoachingkonzept des CoBeCe als Vorbild für studentisches Karrierecoaching dienen? Die Outcome-Evaluation für die Ausbildung erbrachte einen deutlichen Anstieg der Zielerreichung der auszubildenden Coach/ess von d=2.23 (gemittelt über die drei Ziel-Kategorien). Nach der Stufenfolge von
abhängigen Variablen einer Trainingsevaluation nach Kirkpatrick (1976) handelt es sich hier um ein Maß des Learnings. Dieser Schritt wurde von allen studentischen Coaches erfolgreich gemeistert. Die höchste Kirkpatricksche Evaluationsstufe fordert Results. Der Erfolg der ClientCoachee stellt ein Kriterium der Coachingausbildung auf Resultatsebene dar. Mit der mittleren Effektgröße von d=1.80 haben die ClientCoachee recht gleichmäßig vom Karrierecoaching profitiert - auch wenn ihre Coach/ess nur etwa gleichaltrig sind. Mein Coach ist unter 25 (Braumandl u.a. 2009) aber in Fragen der Karriereplanung wirksam. Alterskorrelationen zu untersuchen, wird eines der Themen der Evaluation mit größerer Stichprobe sein. Unabhängig von der Ausbildungssituation können die Outcome-Ergebnisse beider Coaching-Prozesse dahingehend interpretiert werden, dass KarriereCoaching Zielerreichung bewirkt. Gezielte Fragetechniken und Übungen helfen Coachee dabei, gesetzte Ziele zu erreichen. Die zweite Evaluationshypothese befasste sich mit dem Prozess der Ausbildung. Die integrierten PeerCoaching- und ClientCoaching-Teile leisten Beiträge zum Ausbildungserfolg. Das sehr aufwändige und zeitintensive Vorgehen in der Ausbildung lohnt sich. Um weitere Unterschiede zwischen sehr erfolgreichen und nur durchschnittlichen Coachings aufzudecken, wurden die sozialen Stile von Coach und Coachee multiperspektivisch erhoben. Es ergaben sich positive Zusammenhänge des Coacheeerfolgs mit eher dominantem sozialen Verhalten von sowohl Coach/ess als auch Coachee. Wichtig wird die positive Valenz von Dominanz wegen den großen Lokationsunterschieden der beiden Rollen im Interpersonal Circumplex. In den Peer- und ClientCoaching- Dyaden sind sich beide Rolleninhabenden einig, dass Coaches/ess dominanter und Coachee submissiver sind. Die gleiche Augenhöhe im Coaching findet nicht statt; sie ist wohl ein Ideal oder auch nur Argument zur Akzeptanz des Coaching-Treatments im psychophoben Management. Zumindest im hier untersuchten Karrierecoaching wird der/die Coach/ess mit Agency wahrgenommen, was mit Vertrauen honoriert wird. Für Nachfolgestudien wird die Klärung nötig, ob hier tatsächlich Dominanz, wie im Bericht in Anlehnung an den Interpersonal Circumplex formuliert, oder nicht vielmehr eher Kompetenz die Wirkvariable darstellt. Würde anstelle eines Instuments zum Interpersonal Circumplex eines aus der Klasse der SYMLOG- Verfahren (Bales, R. & Cohen, S. 1982) eingesetzt, ließen sich Dominanz und Zielorientierung (Kompetenz) trennen. Damit tritt die Coaching-Evaluation bereits in ihre zweite Phase der detaillierten Prozessevaluationen ein. Auch in der ersten Phase summativer Outcome-Evaluationen mit Berichten über Zielerreichungseffektgrößen hat sie noch einiges zu leisten. Hierzu wurde ein Beitrag gegeben.
Literatur Bachmann, T., Jansen, A. & Mäthner, E. (2004) Check the Coach. Standardisierter Fragebogen zur Evaluation von Einzel-Coaching-Prozessen http://www.artop.de/5000_archiv/5000_pdf_und_material/check_the_coach.pdf Bales, R.F. & Cohen, S.P. (1982). SYMLOG: ein System für die mehrstufige Beobachtung von Gruppen. (engl. Org. 1979, Übers. Schneider, J.F. & Orlik, P.). Stuttgart: Klett-Cotta. Böning, U. (2002). Coaching. Siegeszug eines Personalentwicklungsinstruments. Eine 10-Jahres- Bilanz. In Rauen, C. (2002). Handbuch Coaching. Göttingen: Hogrefe Braumandl, I. & Dirscherl, B. (2005). Karrierecoachingkonzept für Studierende. Unveröffentlichtes Seminarkonzept. Braumandl, I., Sauer, J., Hoppe, D. (2009). "Mein Coach ist unter 25". Karriere-Coaching-Ausbildung auch schon für Psychologiestudierende - Umsetzung an der UNI Regensburg und TU Braunschweig. Vortrag auf der A&O/Wirtschaftspsychologie FG-Tagung, Sept.09 Wien Dinger, U., Strack, M., Sachse, T. & Schauenburg, H. (2009). Therapists attachment, patients interpersonal problems and alliance development over time in inpatient psychotherapy. Psychotherapy: Theory, Research, Practice, Training 46, 277-290. Dinger, U., Strack, M.; Leichsenring, F.; & Schauenburg, H. (2007). Influences of Patients and Therapiststs Interpersonal Problems and therapeutic Alliance on Outcome in Psychotherapy. Psychotherapy Research, 17, 148 159. Greif, S. (2008): Coaching und ergebnisorientierte Selbstreflexion. Theorie, Forschung und Praxis des Einzel- und Gruppencoachings. Göttingen: Hogrefe Jacobs, I. (2009). Interpersonaler Circumplex: Validierung der Interpersonalen Adjektivliste und Analyse interpersonaler Komplementarität in engen persönlichen Beziehungen. München: Hut. Jacobs, I. & Scholl, W. (2005). Interpersonale Adjektivliste (IAL). Die empirische Umsetzung theoretischer Circumplex-Eigenschaften für die Messung interpersonaler Stile. Diagnostica, 51, 145-155. Kiesler, D. J. (1983). The 1982 Interpersonal Circle: A taxonomy for complementarity in human transactions. Psychological Review, 90, 185-214. Kirkpatrick, D.L. (1976). Evaluation of Training. In R.L. Craig (Ed.), Training and Development Handbook: A Guide to Human Resource Development (2. ed., pp. 1-27). New York: Mc Graw- Hill. Locke, E. A., Latham, G. P., Smith, K. J., Wood, R. E. (1990). A theory of goal attainment and task performance. Eaglewood Cliffs: Prentice-Hall. Radatz, S. (2003), Beratung ohne Ratschlag. Systemisches Coaching für Führungskräfte und BeraterInnen. Ein Praxishandbuch mit den Grundlagen systemisch-konstruktivistischen Denkens, Fragetechniken, Coachingkonzepten, Rahmenbedingungen von Coachings: Spielregeln, Haltung, Dauer. Rauen, C. (2001). Coaching. Göttingen: Verlag für angewandte Psychologie. Senne, I., Ulkan, A., Hohmann, B. & Juchniewicz, B. (2007). Vertrauen - Integrität - Augenhöhe im Management Coaching. Fachartikel 2007/09 der European Coaching Association (ECA). www.european-coaching-association.de/view/ly-eca-fachartikel-35.html Strack, M. (2004). Sozialperspektivität: Theoretische Bezüge, Forschungsmethodik und wirtschaftspsychologische Praktikabilität. Göttingen: Universitätsverlag (open access http://www.univerlag.uni-goettingen.de/univerlag-dateien/books/ Strack_online.pdf)