LÖWE-Lehrgang Küstennaher Wald nicht viel, aber vielfältig, Neuenburg, 15.-16.07. 2015 Erhaltung von Eichenwäldern P. Meyer Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt
Inhalt Ökologie von Trauben- und Stieleiche Eichenwälder Natürliche und kulturhistorische Bedeutung Biodiversität Rückgang von Eichenwäldern und dessen Ursachen Lösungswege für die Erhaltung von Eichenwäldern
Ökologie von Stiel- und Traubeneiche Stieleiche Traubeneiche Rotbuche Hainbuche Sandbirke Sukzessional sind Trauben- und Stieleiche schwer einzuordnen. Baumhöhe Lebensdauer Schattenspende Schattentoleranz Dürreempfindlichkeit Überflutungstoleranz Ausbreitungsvermögen ( ) ( ) = sehr groß = groß = mäßig = gering nach Ellenberg (1996, verändert)
Natürliche Bedeutung Baumartenzusammensetzung der Wälder in den letzten Warmzeiten Wichtigste Baumarten Buche, Eichen, Linde, Waldkiefer, Birken Ulmen, Eichen, Linden, Hainbuche, Weißtanne, Eibe, Fichte, Waldkiefer, Birken Eichen, Waldkiefer, Weißtanne, Fichte, Hainbuche, Birken Quellen: Pott (1999) und Ellenberg (1996)
Natürliche Bedeutung Potenziell natürliche Flächenanteile von Eichenwäldern im deutschen Wald (Grundlage: Suck und Bushart 2011, verändert) Natürliche Waldgesellschaft Fläche [ha] Anteil [%] Birken-Eichenwälder frischer bis feuchter Standorte 398.698 3,71 Eichen-Hainbuchenwälder frischer bis feuchter Standorte 446.714 4,16 Eichen-Hainbuchenwälder trocken-warmer Standorte 219.532 2,04 Eichenmischwälder trocken-warmer basenreicher Standorte 4.915 0,05 Eichenwälder trocken-warmer bodensaurer Standorte 194.511 1,81 Gesamt 1.264.370 11,77 Bei allen Unsicherheiten im Detail ist mittlerweile unstrittig, dass viele Eichenwälder auf potenziellen Buchenwaldstandorten stocken. BWI 3 : 1.129.706 ha Eichen-Bestandesfläche = 10,4 % der Waldfläche
Kulturhistorische Bedeutung Aufbau eines Hutewaldes (Speier & Hoppe 2004, verändert) Bauholz- und Masterzeugung Laubgewinnung Weidenutzung
Biodiversität An die einheimischen Eichen sind ausgesprochen viele Arten gebunden. Esche Hainbuche Linde Ahorn Weide 108 115 175 180 208 Baumartenbindung Holzkäfer Etwa dreimal mehr phytophage Insektenarten sind auf die Eiche angewiesen als auf die Buche (Brändle & Brandl 2001) Ulme 226 Erle 277 Pappel Buche Birke 342 372 392 Eiche 519 0 100 200 300 400 500 600 Artenzahl nach Palm (1959)
Ursachen hoher Biodiversität von Eichenwäldern Hohes Lebensalter, sehr langfristiges Absterben = lange Habitatkontinuität Strukturreichtum auf Baum- und Bestandesebene Lichte(s) Kronen(dach) = warme, besonnte Habitate Lange Co-Evolution zwischen der Gattung Quercus und ihren Besiedlern Lange Tradition kulturhistorischer Nutzung
Rückgang der Eichenwälder Seit der Aufgabe der kulturhistorischen Waldnutzung ist der Eichenanteil stark zurückgegangen (z. B. im Solling in den letzten 200 Jahren von 46 % auf 8 %). Baumartenverteilung 1800-2000 im Reinhardswald (nach Mackeldey (1800-1966), Chwalczyk (2000)) Anteil 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1800 1866 1966 2000 Jahr uche Eiche Fichte Lärche, Kiefer, Douglasie Erle, Birke u. a.
Rückgang der Eichenwälder Flächenentwicklung in Deutschland von 2002 bis 2012 nach BWI 3
Rückgang der Eichenwälder Stammzahldynamik von Buche und Eiche in Eichen-Naturwäldern Nettoentwicklung
Rückgang der Eichenwälder Volumendynamik von Buche und Eiche in Eichen-Naturwäldern Nettoentwicklung
Rückgang der Eichenwälder Mortalitätsmodell Buche in Eichen-Naturwäldern R 2 = 0,1780 p > CHi 2 aller Koeffizienten < 0,0001
Rückgang der Eichenwälder Mortalitätsmodell Eiche in Eichen-Naturwäldern R 2 = 0,0139 p > CHi 2 y-achsenabschnitt < 0,0001 p > CHi 2 a = 0,0026
Rückgang der Eichenwälder Fehlende Verjüngung der Eiche in feuchten Stieleichen-Hainbuchen- Naturwaldreservaten in Niedersachsen Eiche 100 % Frequenz 80 60 40 20 N = 10 N = 77 N = 31 N = 23 N = 9 0 Nordahner Holz Herrenholz Walbecker Warte Braken Hasbruch <0.5m <2.0m >2,0m Unterschicht Mittelschicht Oberschicht
Rückgang der Eichenwälder Bundesweite Auswertung von Dauerbeobachtungsdaten aus Naturwaldreservaten (Zeitraum 1970 2012) Mittlere Halbwert- und Ausfallzeit (Jahre) der Eiche in verschiedenen Lebensraumtypen (Bezug: Stammzahl) Lebensraumtyp lineares Modell degressives Modell Halbwertzeit Ausfallzeit Halbwertzeit Ausfallzeit (t 0,05 ) 9110 (n = 61) 65 130 82 356 9130 (n = 45) 43 86 55 241 9160 (n = 46) 100 199 154 668
Rückgang der Eichenwälder Eichenkomplexkrankheit: Mortalitätsraten im Naturwald Landwehr
Rückgang der Eichenwälder Eichenkomplexkrankheit: Mortalitätsraten im Naturwald Landwehr in Abhängigkeit von wichtigen Einflussfaktoren (signifikante Faktoren in einem Allgemeinen Linearen Modell: Alter*, Grundwasser**, Anzahl vorheriger Fraßereignisse***) Alter [Jahre] Grundwasserbeeinflussung Anzahl vorheriger Fraßereignisse 0 1 2 3 < 200 200 mäßig 0,666 0,710 0,713 2,140 stark 0,000 0,000 0,000 1,427 mäßig 1,265 1,310 1,312 2,739 stark 0,552 0,596 0,599 2,026 Halbwertzeiten: 1 % = 69 Jahre, 2 % = 32 Jahre, 3 % = 21 Jahre Ausfallzeiten: 1 % = 300 Jahre, 2 % = 150 Jahre, bei 3 % = 100 Jahre
Positive Entwicklung von Eichen-Lebensräumen Ehrhoner Dünen, Kernfläche 2, Bestandesentwicklung von 1973-2009
Positive Entwicklung von Eichen-Lebensräumen Erfolgreiche Eichen-Naturverjüngung im Forstort Ringelah, Südheide mäßig nährstoffversorgte verlehmte Geschiebesande, grundwasserfern 180-jähriger Traubeneichenbestand Buche zurückgedrängt, Eichensterben, 40 % Deckung der Alteichen sukzessive Nutzung der Alteichen moderate Wildbestände Geduld, Sachverstand, personelle Kontinuität
Positive Entwicklung von Eichen-Lebensräumen NSG Borkener Paradies bei Meppen, Emsland
Positive Entwicklung von Eichen-Lebensräumen Borkener Paradies
Lösungswege zur Sicherung von Eichenwäldern und ihrer typischen Biodiversität in Deutschland Erhalt alter Eichen und Eichenwälder durch: Identifikation und Schutz von Hotspots Retention von Alteichen im Zuge der Verjüngung flächenhafte Stilllegung (Problem der Sukzession in Richtung Buchenwälder!) Pflege von Eiche in Mischbeständen Einzelfallweise Bekämpfung der Eichen-Fraßgesellschaft (flankierend) Verjüngung der Eiche im Hochwald: in Kiefernwäldern und anderen Pionierwäldern Naturverjüngung auf geeigneten Standorten und mit geeigneten Verfahren Kulturen zur Sicherung der Habitatkontinuität möglichst im Umfeld alter Eichenwälder mit Habitatkontinuität Wiederbelebung von Weidewäldern und anderen kulturhistorischen Nutzungsformen Anhebung der Wasserstände (flankierend)
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