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Transkript:

Behindertentestament - Die nächste Runde (BGH, Urteil v. 19.01.2011, IV ZR 7/10) 3 Die Unterschrift muss unter das Testament (OLG München, Beschluss v. 07.10.2010, 31 Wx 161/10) 4 Bewertung von Nachlassgegenständen (BGH, Urteil v. 25.11.2010, IV ZR 124/09) 5 Bestattungsunternehmer kann Miterben nicht direkt in Anspruch nehmen (AG Bottrop, Urteil v. 24.06.2010, 11 C 87/10) 6 Grabpflegekosten sind keine Nachlassverbindlichkeiten (OLG Schleswig, Urteil v. 06.10.2009, 3 U 98/08) 7 Neue Berechnungsgrundlage bei Lebensversicherung im Pflichtteilsergänzungsanspruch (BGH, Urt. v. 28.04.2010, IV ZR 73/08) 8 Kein Testament auf Kosten der Allgemeinheit (SG Dortmund, Urt. v. 25.09.2009, S 29 AS 309/09) 9 Keine Sittenwidrigkeit des Behindertentestamentes (OLG Köln, Urt. v. 09.12.2009, 46/09) 10 Sittenwidrige Ausschlagung eines Sozialleistungsempfängers bei werthaltiger Erbschaft (OLG Hamm, Beschluss vom 16.07.2009, Az. 15 BX 85/09, ZEV 2009, 471) 11 Testamentsvollstreckung und Schutz vor Zugriff des Sozialamtes (Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 9.10.2007, L 7 AS 3228/07) 12 Erbschaftsteuerrecht in seiner derzeitigen Ausgestaltung verfassungswidrig (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. November 2006) 13 Unwirksamkeit der Erbeinsetzung von Angehörigen eines Altenheimleiters (OLG Düsseldorf, Beschluß vom 18.07.1997, 3 Wx 250/97) 14 Was bedeutet gleichzeitig versterben im Ehegattentestament (BayObLG, Beschluß vom 24.04.1997, 1 Z BR 234/96) 15 Darf die Bank ohne Vorlage eines Erbscheines leisten (OLG Celle, Urteil vom 26.04.1995, 3 U 113/94) 16 Auf das Verhältnis zwischen Betreuer und Betreutem ist 14 HeimG nicht analog anwendbar (BayObLG, Beschluß vom 18.12.1997, 1 Z BR 93/97) 17 Bereicherungsanspruch bei unerfüllter Erberwartung (OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.12.2001 -Az. 9 U 47/01; ZEV 2002, 196) 18 Keine Ausschlagung eines Erbteils zu Lasten des Sozialhilfeträgers (OLG Stuttgart, Beschluss vom 25.6.2001 - Az. 8 W 494/99; ZEV 2002, 148) 19 Auswirkung auf Pflegeverpflichtung bei Umzug des Berechtigen in ein Pflegeheim (BGH, Urteil vom 21.9.2001 Az. V ZR 14/01; ZEV 2002, 116) 20 1 20

GEMEINSCHAFTLICHES TESTAMENT LEBT NICHT WIEDER AUF (OLG HAMM, BESCHL. V. 26.08.2010, 15 WX 317/09) Sachverhalt: Die Antragstellerin heiratete den Erblasser 1970. 1979 errichteten sie ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich wechselseitig zu Alleinerben einsetzten. 1987 wurde die Ehe geschieden. Einige Jahre später nahmen die beiden die Beziehung wieder auf und heirateten 2009 - nur wenige Tage bevor der Erblasser starb - erneut. Unter Berufung auf das Testament aus dem Jahr 1979 beantragte die Antragstellerin einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Dies lehnten die unteren Gerichte mit dem Hinweis auf die gesetzlichen Regelungen ab, wonach ein gemeinschaftliches Testament mit der Scheidung unwirksam wird. Ein gegenteiliger Wille des Erblassers konnte nicht festgestellt werden. Entscheidung des Gerichts: Diese Entscheidungen hat das OLG nun bestätigt. Die gesetzlichen Regelungen sei eindeutig. Insbesondere lebe ein Testament durch die Wiederheirat - auch wenn es derselbe Ehepartner ist - nicht wieder auf. Einer solchen Auffassung ständen zwingende systematische Bedenken entgegen. 2 20

BEHINDERTENTESTAMENT - DIE NÄCHSTE RUNDE (BGH, URTEIL V. 19.01.2011, IV ZR 7/10) Sachverhalt: Die Eheleute hatten sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt, die Kinder als Schlusserben des Längstlebenden. Ihre lernbehinderte Tochter - die Sozialleistungen erhielt - wurde zu einem Anteil von 34/100 als befreite Vorerbin eingesetzt. Es wurde Testamentsvollstreckung für den Vorerbteil angeordnet. Nach Beurkundung des Testaments verzichteten alle Kinder auf ihren Pflichtteil. Nach dem Tod der Mutter verlangte der Sozialhilfeträger, der die Leistungen für die behinderte Tochter erbachte, den Pflichtteil der Tochter aus übergegangenem Recht. Der Pflichtteilsverzicht der Tochter sei sittenwidrig und damit unwirksam gewesen. Entscheidung des Gerichts: Dieser Ansicht des Sozialhilfeträgers widersprach nun der BGH und knüpfte an seine bisherige Rechtsprechung zum Behindertentestament an. Die Gestaltung des Behindertentestaments in dieser Form sei nicht sittenwidrig. Vielmehr entspringe sie der sittlich anzuerkennenden Sorge der Eltern für ihre Kinder über den Tod hinaus. Gem. der grundrechtlich geschützten negativen Testierfreiheit (Möglichkeit auf Erbe zu verzichten) könne unter diesen Gesichtspunkten auch auf den Pflichtteil verzichtet werden. 3 20

DIE UNTERSCHRIFT MUSS UNTER DAS TESTAMENT (OLG MÜNCHEN, BESCHLUSS V. 07.10.2010, 31 WX 161/10) Sachverhalt: Die Erblasserin hatte weder eigene Kinder noch sonst irgendwelche ermittelbaren gesetzlichen Erben. In einem handschriftlichen Testament bestimmte sie daher sinngemäß Folgendes: Mein Vermögen soll zu gleichen Teilen an folgende Erben (siehe Liste) verteilt werden. Im Testament selbst waren die Erben nicht benannt. Die Liste mit den Erben war dem Testament beigefügt, jedoch nicht unterschrieben. Einer der benannten Erben beantragte nach dem Tod der Erblasserin einen Erbschein. Entscheidung des Gerichts: Die Erteilung des Erbscheins wurde nun auch vom OLG abgelehnt. Die Erbeinsetzung sei nicht wirksam. Voraussetzung hierfür sei, dass das gesamte Testament - also auch die Liste - eigenhändig ge- und unterschrieben ist. Hier war lediglich das Testament, nicht aber die Liste mit den Erben unterschrieben. Da die Erben auch nicht im Testament genannt waren, bestand kein direkter Bezug zwischen Liste und Testament, so dass die Formunwirksamkeit auch nicht mittels Auslegung beseitigt werden konnte. Dies verbiete die Abschluss- und Fälschungsschutzfunktion der Unterschrift. 4 20

BEWERTUNG VON NACHLASSGEGENSTÄNDEN (BGH, URTEIL V. 25.11.2010, IV ZR 124/09) Sachverhalt: Die Klägerin ist Pflichtteilsberechtigte des Erblassers. Dessen Erben hatten nach seinem Tod diverse Grundstücke, die sich im Nachlass befanden, verkauft. Mit ihrer Klage machte die Klägerin Zahlungsansprüche gegen die Erben geltend und führte unter anderem aus, dass die Grundstücke unter Wert verkauft wurden. Ihre Klage wurde vom OLG abgewiesen, die Revision nicht zugelassen. Entscheidung des Gerichts: Nun hat der BGH auch die Zulassungsbeschwerde abgewiesen. Grundsätzlich sei für die Berechnung des Pflichtteils der Wert der Nachlassgegenstände maßgeblich, den diese zum Zeitpunkt des Erbfalls hatten, wobei der Wert sich nach dem tatsächlich erzielten Verkaufswert richte, wenn der Verkauf zeitnah - also innerhalb von fünf Jahren - nach dem Erbfall erfolge. Dies sei hier der Fall gewesen, so dass der erzielte Verkaufswert maßgeblich sei. Für das Gegenteil sei die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig gewesen. 5 20

BESTATTUNGSUNTERNEHMER KANN MITERBEN NICHT DIREKT IN ANSPRUCH NEHMEN (AG BOTTROP, URTEIL V. 24.06.2010, 11 C 87/10) Sachverhalt: Der Kläger ist Bestattungsunternehmer und hat, nach Beauftragung durch die Witwe des Erblassers, dessen Beerdigung durchgeführt. Die Witwe bildete zusammen mit den Kindern des Erblassers aus erster Ehe eine ungeteilte Erbengemeinschaft. Nachdem die Witwe die Beerdingungskosten nicht beglich, verklagte der Unternehmer die Kinder des Erblassers. Entscheidung des Gerichts: Diese Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. Ein vertraglicher Anspruch bestehe nicht, da der Auftrag von der Witwe des Erblassers kam und nicht von den Kindern. Auch ein unmittelbarer Anspruch aus 1968 sei nicht gegeben, da es sich hierbei um einen Anspruch eines Nichterben, der die Beerdigung veranlasst hat, gegen die Erben handele. Auch aus 1967 lasse sich kein Anspruch herleiten, da es hier um Ansprüche der Miterben untereinander gehe. Der Kläger hätte die Miterbengemeinschaft als Ganzes verklagen müssen und nicht nur einzelne Miterben. 6 20

GRABPFLEGEKOSTEN SIND KEINE NACHLASSVERBINDLICHKEITEN (OLG SCHLESWIG, URTEIL V. 06.10.2009, 3 U 98/08) Sachverhalt: Der Kläger ist als einziges Kind des Erblassers von diesem enterbt worden. Er machte daher gegen die Erben seine Pflichtteilansprüche geltend. Da sich die Höhe des Pflichtteilanspruchs nach dem Wert des Nachlasses richtet, streiten die Parteien darum, ob die anfallenden Grabpflegekosten als Nachlassverbindlichkeiten vom Nachlass abzuziehen sind oder nicht. Entscheidung des Gerichts: Das OLG Schleswig hat nun entschieden, dass die Grabpflegekosten keine Nachlassverbindlichkeiten darstellen. Sie sind daher nicht vom Nachlass abzuziehen, mit der Folge, dass der Pflichtteil des Klägers entsprechend höher ist. Nachlassverbindlichkeit in Form der Bestattungskosten sei lediglich das erstmalige Herrichten der Grabstätte. Alles, was darüber hinaus gehe, sei keine Rechts- sondern nur eine sittliche Pflicht. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Grabpflegekosten steuerrechtlich als Nachlassverbindlichkeiten angesehen werden. Es gäbe keinen zwingenden Gleichlauf zwischen dem Steuer- und Erbrecht. 7 20

NEUE BERECHNUNGSGRUNDLAGE BEI LEBENSVERSICHERUNG IM PFLICHTTEILSERGÄNZUNGSANSPRUCH (BGH, URT. V. 28.04.2010, IV ZR 73/08) Sachverhalt: Der Erblasser hat die Todesfallleistung seiner Lebensversicherung einem Dritten geschenkt. Die enterbten Söhne des Erblassers berechneten ihre Pflichtteilsergänzungsansprüche daraufhin auf Grundlage der ausbezahlten Versicherungsleistung. Da die Frage der Berechnungsgrundlage der Lebensversicherung in Literatur und Rechtsprechung sehr umstritten ist, musste nun der BGH entscheiden. Entscheidung: Der BGH hat nunmehr seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, wonach für die Bewertung der Lebensversicherung die vom Erblasser gezahlten Prämien maßgeblich sind. Es soll jetzt allein auf den Wert ankommen, den der Erblasser bis zu seinem Tod aus den Rechten seiner Lebensversicherung umsetzen könnte. Hierbei handelt es sich regelmäßig um den Rückkaufswert. Nur für den konkreten Einzelfall, wenn aufgrund objektiver Maßstäbe ein höherer Veräußerungswert erzielt werden könnte, soll dieser maßgeblich sein. 8 20

KEIN TESTAMENT AUF KOSTEN DER ALLGEMEINHEIT (SG DORTMUND, URT. V. 25.09.2009, S 29 AS 309/09) Sachverhalt: Der sozialhilfebedürftige Kläger wurde vom Erblasser in der Weise bedacht, dass ihm der Testamentsvollstrecker nur Auszahlungen aus dem Erbe machen sollte, wenn er dies für Geschenke, Urlaube, Hobbys etc. benötige. Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, dass der Erbe weiter Sozialhilfeleistungen beziehen konnte. Dies hat der Sozialhilfeträger nicht hingenommen und die Hartz IV-Leistungen eingestellt. Entscheidung: Das Sozialgericht hat in seiner Entscheidung bestätigt, dass die Einstellung der Zahlungen rechtmäßig war. Das Testament sei sittenwidrig, da es dem Erben sämtliche Annehmlichkeiten finanziert, der Lebensunterhalt aber weiterhin von der Allgemeinheit getragen werden muss. Dies widerspräche dem Gedanken des Sozialstaates und sei daher nicht hinnehmbar. Dadurch, dass der Erbe das Testament nicht angefochten habe, habe er seinen Anspruch auf Sozialleistungen verwirkt. 9 20

KEINE SITTENWIDRIGKEIT DES BEHINDERTENTESTAMENTES (OLG KÖLN, URT. V. 09.12.2009, 46/09) Sachverhalt: Die Eltern hatten in ihrem gemeinschaftlichen Testament ihr behindertes Kind als nicht befreiten Vorerben in der Weise eingesetzt, dass ihm nur geringfügig mehr als der gesetzlich vorgesehen Pflichtteil zukommen sollte. Die beiden anderen Kinder wurden als Schlusserben eingesetzt. Der Sozialhilfeträger, der für das Kind in der Vergangenheit Leistungen erbracht hatte und nun den Erbanspruch auf sich überleiten wollte, wendete hiergegen ein, dass die Einsetzung des behinderten Kindes als nicht befreiten Vorerben sittenwidrig sei, da die Einsetzung in dieser Weise offensichtlich nur dazu diene, den Zugriff des Sozialhilfeträgers auf das Erbe zu verhindern. Entscheidung: Das OLG Köln hat nun entschieden, dass das Behindertentestament nicht sittenwidrig ist. Es handele sich bei dem gemeinschaftlichen Testament um nichts anderes als ein Berliner Testament, das gesetzlich anerkannt sei. Zudem sei die Einsetzung des Kindes - zu welchem Teil auch immer - Ausfluss der Testierfreiheit, wonach der Erblasser über sein Vermögen nach dem Tode nach Belieben verfügen kann. Damit hat das OLG Köln sich der gefestigten Rechtsprechung des BGH angeschlossen. 10 20

SITTENWIDRIGE AUSSCHLAGUNG EINES SOZIALLEISTUNGSEMPFÄNGERS BEI WERTHALTIGER ERBSCHAFT (OLG HAMM, BESCHLUSS VOM 16.07.2009, AZ. 15 BX 85/09, ZEV 2009, 471) Sachverhalt:Ein Sozialleistungsempfänger hatte von seiner Mutter eine Erbschaft gemacht. Hätte er die Erbschaft angenommen, hätte er, weil es sich um eine werthaltige Erbschaft handelte, keine Sozialleistungen mehr empfangen dürfen. Aus diesem Grund hat er die Erbschaft ausgeschlagen. Entscheidung:Das Gericht war der Auffassung, dass die Ausschlagung der Erbschaft gegen die guten Sitten verstößt mit der Folge, dass eine sozialrechtliche Hilfsbedürftigkeit abgelehnt worden ist. Diese Auffassung ist allerdings umstritten. 11 20

TESTAMENTSVOLLSTRECKUNG UND SCHUTZ VOR ZUGRIFF DES SOZIALAMTES (BESCHLUSS DES LSG BADEN-WÜRTTEMBERG VOM 9.10.2007, L 7 AS 3228/07) Sachverhalt: Die Erblasserin hatte ihrem Sohn ein Vermächtnis in Höhe von EUR 50.000,00 vermacht und gleichzeitig Testamentsvollstreckung angeordnet. Der Sohn machte nach dem Tod der Mutter Anspruch auf ALG II geltend. Der Sozialleistungsträger war der Auffassung, das der vermachte Betrag in Höhe von EUR 50.000,00 vorrangig einzusetzen sei. Entscheidung: Nach Ansicht des LSG Baden-Württemberg handelt es sich bei dem vermachten Betrag in Höhe von EUR 50.000,00 um ein nicht verwertbares Vermögen, da eine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet war und der Sohn kein Forderungsrecht gegen den Testamentsvollstrecker hatte. 12 20

ERBSCHAFTSTEUERRECHT IN SEINER DERZEITIGEN AUSGESTALTUNG VERFASSUNGSWIDRIG (BUNDESVERFASSUNGSGERICHT, BESCHLUSS VOM 7. NOVEMBER 2006) Die durch 19 Abs. 1 ErbStG angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Denn sie knüpft an Werte an, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen (Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) den Anforderungen des Gleichheitssatzes nicht genügt. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2008 eine Neuregelung zu treffen. Bis zu der Neuregelung ist das bisherige Recht weiter anwendbar. Dies entschied der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 7. November 2006 (Tag der Beschlussfassung des Senats, nicht der Abfassung der schriftlichen Gründe). Den genauen Wortlaut der entsprechenden Pressemitteilung des Wortlautes können Sie lesen unter http://www.bverfg.de/pressemitteilungen/ bvg07-011.html 13 20

UNWIRKSAMKEIT DER ERBEINSETZUNG VON ANGEHÖRIGEN EINES ALTENHEIMLEITERS (OLG DÜSSELDORF, BESCHLUSS VOM 18.07.1997, 3 WX 250/97) Sachverhalt: Der Erblasser wohnte in einem Altenheim. Im Testament hat er seiner Schwester zur alleinigen Vorerbin eingesetzt. Als Nacherben hat er die Kinder des Heimleiters berufen. Der Heimleiter hatte von der Einsetzung seiner Kinder als Nacherben bereits zu Lebzeiten des Erblassers Kenntnis. Entscheidung: Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes Düsseldorf ist die Nacherbeneinsetzung unwirksam, da sie gegen 14 des Heimgesetzes verstößt. Denn 14 des Heimgesetzes verbietet es dem Träger eines Altenheims, sich über das für die Pflege und Unterbringungsleistung vereinbarte Geld hinaus Geld oder geldwerte Leistungen versprechen oder gewähren zu lassen. Hierunter fällt auch die Annahme von Erbschaften. Allerdings ist es so, daß die Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung nur dann eintritt, wenn dem Heimträger die Erbeinsetzung zu Lebzeiten des Heimbewohners bekannt war. Bei der Frage, wann eine solche Kenntnis gegeben ist, geht die Rechtsprechung davon aus, daß dies bereits dann der Fall ist, wenn lediglich Mitarbeiter des Heims in leitender Stellung von dem Testament Kenntnis haben. 14 20

WAS BEDEUTET GLEICHZEITIG VERSTERBEN IM EHEGATTENTESTAMENT (BAYOBLG, BESCHLUSS VOM 24.04.1997, 1 Z BR 234/96) Sachverhalt: Die testamentarische Bestimmung für den Fall, daß wir Eheleute gleichzeitig sterben... gilt nach dem üblichen Sprachgebrauch nicht nur für den Fall des sekundengleichen Todes beider Eheleute - so etwa bei einem Flugzeugabsturz. Die Formel greift auch für den Tod beider Eheleute durch das selbe Ereignis oder innerhalb einer kurzen Zeitspanne. Ein zeitlicher Abstand von fast eineinhalb Jahren wird davon jedoch nicht erfaßt. Empfehlung: Um Auslegungsunsicherheiten möglichst auszuschließen, empfiehlt sich folgende Formulierung: Für den Fall, daß wir Eheleute gleichzeitig oder kurz hintereinander aus dem gleichen Anlaß sterben,.... 15 20

DARF DIE BANK OHNE VORLAGE EINES ERBSCHEINES LEISTEN (OLG CELLE, URTEIL VOM 26.04.1995, 3 U 113/94) Sachverhalt: Die Erblasserin hatte in einem früheren Ehegattentestament ihren Ehemann zum Erben eingesetzt. In einem später nachfolgenden notariellen Testament wurde ein Dritter benannt. Nach dem Tod der Erblasserin legte dieser Dritte der beklagten Sparkasse das neue Testament und die Niederschrift über die gerichtliche Eröffnung vor. Daraufhin übertrug die Sparkasse das Depotkonto der Erblasserin. Der Ehegatte konnte der Sparkasse erst einige Wochen später den Erbschein vorlegen, der ihn als Alleinerben auswies. Entscheidung: Das Oberlandesgericht Celle vertrat die Auffassung, daß die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse, wonach die Vorlage eines gerichtlich eröffneten Testamentes genügt, wirksam ist. Lediglich bei konkreten Verdachtsmomenten trifft die Sparkasse hinsichtlich der Erbberechtigung eine eigene Prüfungspflicht. 16 20

AUF DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN BETREUER UND BETREUTEM IST 14 HEIMG NICHT ANALOG ANWENDBAR (BAYOBLG, BESCHLUSS VOM 18.12.1997, 1 Z BR 93/97) Sachverhalt: Das Vormundschaftsgericht hatte für die im Alter von 69 Jahren verstorbene Erblasserin einen Betreuer bestellt und als dessen Aufgabenkreis die Vermögenssorge und die Sorge für die Gesundheit bei risikobehafteten Eingriffen bestimmt. Die Erblasserin errichtete ein notarielles Testament, in dem sie die Tochter des Betreuers und deren Ehemann zu gleichen Teilen zu Erben einsetze. Die gesetzlichen Erben waren der Auffassung, daß dieses Testament nach 14 HeimG unwirksam sei. Entscheidung: Das Bayerische Oberste Landesgericht war der Auffassung, daß 14 HeimG hier nicht zur Anwendung kommt. Nach dieser Vorschrift ist ein Testament unwirksam, wenn der Bewohner eines Heimes Heimpersonal zu Erben einsetzt und diese hiervon wissen. Ziel dieser Vorschrift ist es, eine unterschiedliche Behandlung der Bewohner eines Heimes zu verhindern und die Bewohner vor finanzieller Ausnutzung oder Benachteiligung, insbesondere durch die nochmalige Abgeltung einer Leistung des Trägers, zu schützen sowie die Testierfreiheit der Bewohner zu sichern.eine solche Interessenkollision sieht das Gericht nicht in einem Fall, in dem es sich nicht um einen Heimbewohner handelt, sondern lediglich ein Betreuer bestellt ist. 17 20

BEREICHERUNGSANSPRUCH BEI UNERFÜLLTER ERBERWARTUNG (OLG KARLSRUHE, URTEIL VOM 6.12.2001 -AZ. 9 U 47/01; ZEV 2002, 196) Sachverhalt: Die Tochter und ihr Ehemann hatten die Eltern erheblich finanziell unterstützt, damit diese das Familiengrundstück und ihren Betrieb erhalten konnten. Schriftlich war eine Gegenleistung nicht vereinbart. Zum Steuerberater hatten die Eltern auf einen entsprechen Vorschlag hin sinngemäß erklärt, die bekommen das Grundstück ja eh. Im Testament hatten die Eltern aber die andere Tochter zur Alleinerbin eingesetzt. Entscheidung: Das Oberlandesgericht Karlruhe hat der Tochter und ihrem Ehemann einen Bereicherungsanspruch in Höhe der finanziellen Aufwendung zuerkannt, da der Leistungszweck nicht eingetreten sei. 18 20

KEINE AUSSCHLAGUNG EINES ERBTEILS ZU LASTEN DES SOZIALHILFETRÄGERS (OLG STUTTGART, BESCHLUSS VOM 25.6.2001 - AZ. 8 W 494/99; ZEV 2002, 148) Sachverhalt: Der zum Betreuer seiner Tochter bestellte Vater hatte den ihr angefallenen Teil der Erbschaft ihres Onkels ausgeschlagen und beim Vormundschaftsgericht die Genehmigung der Ausschlagung beantragt. Entscheidung: Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes Stuttgart durfte die Ausschlagung der Erbschaft nicht genehmigt werden, denn es sei sittenwidrig, den Sozialhilfeträger daran zu hindern, auf den der Betreuten zugefallenen Nachlass zurück zu greifen. 19 20

AUSWIRKUNG AUF PFLEGEVERPFLICHTUNG BEI UMZUG DES BERECHTIGEN IN EIN PFLEGEHEIM (BGH, URTEIL VOM 21.9.2001 AZ. V ZR 14/01; ZEV 2002, 116) Sachverhalt: Die Erblasserin hatte ihren Hof auf ihre Enkelin übertragen. Diese hatte sich verpflichtet, die Großmutter und den Großvater in gesunden und kranken Tagen zu pflegen und auch die Kosten für einen Krankenhausaufenthalt zu übernehmen, soweit diese nicht von der Krankenkase übernommen werden. Nachdem die Großmutter gestorben war, wurde der Großvater in einem Pflegeheim aufgenommen. Müssen die Kosten des Pflegeheimes von der Enkelin getragen werden? Entscheidung: Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes muss die Enkelin die Kosten der Heimunterbringung nicht tragen, da dies in dem Vertrag nicht ausdrücklich geregelt worden war. Sie muss sich aber in Höhe ihrer ersparten Aufwendungen an den Kosten beteiligen. 20 20