Inline Prozessanalytik und Reaktionsverfolgung mit Ultraschall

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Transkript:

Artikel für CHEManager Inline Prozessanalytik und Reaktionsverfolgung mit Ultraschall Bereits im Jahr 1996 wurde im CHEManager, Heft 3, über die Einsatzmöglichkeiten von Ultraschallverfahren für die Konzentrationsmessung in Flüssigkeiten berichtet. Es wurde prognostiziert, dass sich dieses Verfahren in naher Zukunft als Standardverfahren für die Inline Prozessanalytik etablieren wird. Obwohl es seit dieser Zeit zahlreiche Einsatzfälle nicht nur für Konzentrationsmessungen, sondern auch zur Stofferkennung, Medien- und Phasentrennung, zur Reaktionsverfolgung, insbesondere bei Polymerisations- und Kristallisationsreaktionen gibt, hat das Verfahren diesen Schritt nach wie vor noch nicht vollzogen. Die Mehrheit der potentiellen Anwender kennt das Verfahren immer noch nicht. Ursache ist, dass das Verfahren an keiner deutschen Universität und Hochschule gelehrt wird und dass es in keinem einschlägigen Lehrbuch umfassend dargelegt und beschrieben wird. Dazu kommt, dass sich nur sehr wenige Hersteller von Messtechnik in Deutschland ernsthaft diesem Messverfahren verschrieben haben und dass nur zwei Hersteller Messsysteme für Labormessungen anbieten. Dabei eröffnet gerade die Anwendung dieses Verfahrens im Laborbereich neue Möglichkeiten bei der Rezeptur- und Verfahrensentwicklung, für kinetische Untersuchungen und als Routine Messverfahren. Im Gegensatz dazu sind Ultraschallverfahren bei der Prozesskontrolle für die Durchflussund Niveaumessung längst zu Standardverfahren geworden. Charakterisierung des Messverfahrens Die Messung der Schallgeschwindigkeit gehört zur Gruppe der integralen Messverfahren, wie Dichte, Brechzahl, Leitfähigkeit, Viskosität, Trübung, Farbe. Die zweite grosse Gruppe sind die direkten, spezifischen Methoden, wie z.b. Gaschromatografie, Flüssigchromatografie, IR Spektroskopie / NIR, UV - Spektroskopie, RAMAN-Spektroskopie. Beide Gruppen haben Gemeinsamkeiten und Unterschiede, die sich auf die Zielrichtung der Anwendung auswirken. Beiden Gruppen ist gemeinsam, dass die Zielgrösse mit der physikalischen Messgrösse nicht identisch ist. Die jeweilige physikalische Messgrösse muss über mehr oder minder komplizierte Kalibrierzusammenhänge mit der Zielgrösse verknüpft werden, eine Einbeziehung der Temperatur und Temperaturkompensation ist in jedem Falle erforderlich. Das hat dazu geführt, dass die Zielgrösse Zusammensetzung / Konzentration diejenige ist, welche mit Abstand im Prozess am wenigsten gemessen wird. Viele Prozesse werden nach wie vor auf der Grundlage von Erfahrungswerten geführt. Aber gerade die Messung der Zusammensetzung / Konzentration bietet die grössten Möglichkeiten von Optimierungen und Kostensenkungen. Für die Bestimmung der Zielgrösse müssen Informationen über den zu messenden Stoff, über den Prozess und die Verfahrenstechnik sowie über die Physik der Messgrösse miteinander verknüpft werden. Die zweite Gemeinsamkeit ist, dass die jeweiligen physikalischen Messgrössen von einer Reihe physikalisch chemischer Faktoren abhängen : Chemische Konstitution der Komponenten in reinen Stoffen und in Stoffgemischen Physikalischer Zustand - Temperatur, Druck Zusammensetzung von Stoffgemischen Wechselwirkungen der Komponenten untereinander in Stoffgemischen Die Art und Weise und die Wichtung der Abhängigkeiten ist jedoch unterschiedlich.

Der Hauptunterschied ist, dass bei den integralen Verfahren alle Informationen in einem einzigen Messwert enthalten sind, während bei den spezifischen Methoden mehrere Informationen nebeneinander (Spektren) vorliegen. Vorteil der spezifischen Verfahren ist es deshalb, dass mehrere Zielgrössen, z.b. Konzentrationen, nebeneinander gemessen werden können. Nachteil ist es, dass diese Verfahren ohne ein Mindestmass an mathematischer Verarbeitung nicht eingesetzt werden können. Bei den integralen Verfahren ist es genau umgekehrt. Nachteil ist es, dass nur eine einzige Zielgrösse ermittelt werden kann. Welche, das ist egal. Ein großer Vorteil ist es jedoch, dass bei Einsatz dieser Messverfahren sofort Messwerte zur Verfügung stehen, und das in Echtzeit und mit einer hohen Messpunktdichte (Abstand in der Regel 1 Sekunde). D.h. beim Einsatz des Verfahrens im Labor, Technikum oder Prozess steht sofort eine Trendkurve bereit. Das führt in der Regel dazu, dass die Prozesse sofort besser verstanden und damit optimiert werden können. Streng genommen können für eine quantitative Auswertung die integralen Verfahren nur zur Analyse von Zweistoffgemischen eingesetzt werden. Das wird in der Praxis aber dadurch relativiert, dass unterschiedliche Konzentrationen auftreten können, dass die Messeffekte der einzelnen Komponenten sehr unterschiedlich sein können und vor allem dass chemische Reaktionen in streng stöchiometrischen Verhältnissen ablaufen. Eine zusätzliche Information liefert auch immer die Steigung der Trendkurve. Weitere Informationen liefert die Prozesstechnologie, die in eine Auswertung einbezogen werden können. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Ultraschalles ist, wie alle integralen Messgrössen, eine stoffspezifische und temperaturabhängige Kenngrösse. Sie hängt von der Dichte und von der adiabatischen Kompressibilität ab. Da die Schallwelle eine mechanische Welle ist und sich über periodische Druckschwankungen ausbreitet, ist die bestimmende Grösse für die Schallgeschwindigkeit die adiabatische Kompressibilität. Das führt dazu, dass selbst bei gleicher Dichte die Schallgeschwindigkeit sehr unterschiedlich sein kann : Ethylbromid Propylenglykol Natronlauge 50% Dichte g/ml 1,482 1,432 1,430 Schallgeschwindigkeit m/s 892 1 520 2 440 Eine Identifizierung und Charakterisierung dieser Stoffe und Stoffgemische mittels Dichtemessung ist damit praktisch nicht, mittels Schallgeschwindigkeitsmessung dagegen sehr gut möglich. Der umgekehrte Fall tritt sehr selten ein. Der Schallgeschwindigkeitsbereich bei Flüssigkeiten reicht von ca. 450 m/s bis ca. 2700 m/s. Bei einer heute möglichen Auflösung der Schallgeschwindigkeit von 0,05 m/s sind dies insgesamt 45 000 Charakterisierungsschritte. Bei der Dichte und Brechzahl sind dies vergleichsweise nur 10 000 bis 15 000. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass es praktisch keine zwei Flüssigkeiten gleicher Schallgeschwindigkeit und Temperaturabhängigkeit der Schallgeschwindigkeit gibt. Das gibt die Möglichkeit, Stoffe durch Schallgeschwindigkeitsmessung eindeutig zu identifizieren und zu unterscheiden. Dies wird praktisch auch genutzt. Weiterhin führt dies zu der Konsequenz, dass bei jeder chemischen und physikalischen Reaktion mit einer Änderung der Schallgeschwindigkeit zu rechnen ist. Das Schallgeschwindigkeitsverfahren ist daher in idealer Weise zur Reaktionsverfolgung geeignet. In besonderem Masse trifft dies für Kettenwachstumsreaktionen Polymerisation, Polyaddition, Polykondensation zu, da hier besonders grosse Unterschiede zwischen Monomer und Polymer auftreten : Monomer c (m/s) Polymer c (m/s) Styren 1 354 Polystyren 2 330 Vinylchlorid 897 Polyvinylchlorid 2 260 Vinylacetat 1 150 Polyvinylacetat 1 940 Butylacrylat 1 233 Polybutylacrylat 1 375 Butadien 961 Polybutadien 1 373 Ebenso trifft dies auf Kristallisationsreaktionen zu, da in der Regel die Schallgeschwindigkeit im Kristall deutlich höher als in der Lösung ist. Kühlungs- und Verdampfungskristallisationen können daher sehr gut verfolgt werden.

Einsatz des Messverfahrens Die praktischen Einsatzmöglichkeiten des Verfahrens sind sehr vielfältig sowohl im Labor-, Technikums- als auch im grosstechnischen Massstab und das gleichermassen einfach und effektiv. Mit dem Einsatz des Schallverfahrens ist es möglich, folgende Informationen zu erhalten und folgende Aufgaben zu lösen: Konzentrations- und Dichtemessungen allgemeine Prozessüberwachung und Prozesskontrolle Umsatzbestimmung bei chemischen, physikalischen und biologischen Reaktionen Kontrolle und Steuerung von Kristallisationsprozessen Kontrolle der Prozess- und Anlagensicherheit Qualitätskontrolle und Qualitätsüberwachung Überwachung von Misch- und Trennprozessen Medien- und Phasentrennung, Produkterkennung Messung von Grenzschichthöhen Erkennung von Schäumen in Behältern und Rohrleitungen Leermeldesensor in Behältern und Rohrleitungen Verfahren für Labor Entwicklungen und spezielle Untersuchungen (z.b. für Rezepturentwicklungen und kinetische Untersuchungen, Auflösungs- und Sedimentationsprozesse) Labor Routinemessverfahren (z.b. als Alternative zur gravimetrischen Feststoffbestimmung) kombiniertes Messverfahren mit anderen integralen Messverfahren Zur sicherheitstechnischen Überwachung ist das Verfahren besonders geeignet, da es verzögerungsfrei arbeitet. Die Schallgeschwindigkeit ist als Stoffkenngrösse in der Literatur so gut wie nicht dokumentiert, insbesondere bei Temperaturen abweichend von der Raumtemperatur. Die Entscheidungsfindung, ob das Schallverfahren zur Lösung der jeweiligen Aufgabenstellung geeignet ist, kann deshalb immer nur über Testmessungen erfolgen. Das ist im Labor mit sehr einfachen Mitteln möglich. Eine fundierte Entscheidung kann in der Regel innerhalb eines Tages getroffen werden. Abbildung 1 zeigt einen Ultraschall Sensor (Prozess Anschluss: PTFE Stopfen NS 29 / 32) in einem Labor Reaktor. Abbildung 1 Sensor in einem Laborreaktor

Durch Kombination von integralen Messverfahren kann Prozessanalytik auch in Mehrkomponentensystemen betrieben werden. Folgende Kombinationen sind möglich und wurden auch schon eingesetzt: Ultraschall Dichte, Ultraschall Brechzahl, Ultraschall Leitfähigkeit, Brechzahl Leitfähigkeit. Diese Kombinationen sind in der Regel deutlich kostengünstiger als spezifische Messverfahren. Abbildung 2 zeigt einen Ultraschallsensor und ein Prozessrefraktometer in einer Rohrleitung DN 80. Analysiert wird das Stoffsystem Wasser Natronlauge Natriumchlorid. Als Refraktometer wird ein Durchlichtrefraktometer verwendet. Der bekannte Nachteil der Grenzwinkelrefraktometer, dass Belagbildungen die Messung stören oder verhindern, tritt hier nicht auf. Abbildung 2 Schallsensor und Refraktometer in einer Rohrleitung Schallsensoren können auch direkt in Behältern eingesetzt werden. Abbildung 3 zeigt einen Ultraschallsensor in einem Polymerisationsreaktor. Abbildung 3 Schallsensor in einem Polymerisations Reaktor

Die Vorteile des Schallverfahrens führen dazu, dass die Grenzen der Einsetzbarkeit weiter als bei allen anderen integralen Messverfahren gesteckt sind: Die Sensoren der Schallmesssysteme sind sehr robust. Untersuchungen können mit einfachen Mitteln im Labor und Prozess durchgeführt werden. Die Ergebnisse können sofort aus dem Labor in den Prozess übertragen werden. E gibt keine Einschränkungen beim zu messenden Medium es können Lösungen, Emulsionen, Dispersionen und Suspensionen bis zu sehr hohen Feststoffgehalten gemessen werden. Die Messwerte liegen in Echtzeit und kontinuierlich mit einer sehr hohen Messpunktdichte vor. Es gibt nahezu keine Einschränkungen beim Messort und bei den notwendigen Sensormaterialien. Messwertverarbeitung und Informationsnutzung Bezüglich der Zielrichtung des Einsatzes von Prozessanalysentechnik gibt es zwei grosse Gruppen von Aufgabenstellungen : 1. Aufgabenstellungen mit relativ geringer Komplexität, Kompliziertheit und Dynamik Dazu gehören z.b. Konzentrationsmessungen, Medien- und Stofferkennung, Phasenerkennung. Die mathematischen Zusammenhänge lassen sich in der Regel durch einfache Polynome beschreiben. Die physikalisch chemischen Parameter des Stoffsystems ändern sich bei derartigen Messproblemen wenig, an die Messtechnik werden bezüglich Variabilität geringe Anforderungen gestellt. 2. Aufgabenstellungen mit hoher Komplexität, Kompliziertheit und Dynamik Dazu zählt die gesamte Verfolgung und Beschreibung chemischer, physikalischer und biologischer Reaktionen. Diese Reaktionen sind in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass sich die chemisch physikalischen Parameter des zu untersuchenden Stoffsystems in z.t. drastischer Weise ändern. Typische Beispiele dafür sind die Kristallisations- und Polymerisationsreaktionen. Hier ändern sich sowohl die Stoffe als auch die Phasen. An die Messtechnik werden bezüglich Variabilität sehr hohe Anforderungen gestellt. Derartige Reaktionen kann man nicht mehr mit einzelnen Polynomen beschreiben, sondern sie müssen durch einen ganzen Komplex von Gleichungen beschrieben werden zumal sie oftmals auch in mehreren Schritten ablaufen. Die Dynamik der Auswertung muss an die Dynamik des Prozesses angepasst werden! Für die rechentechnische Verarbeitung der Messwerte hat diese Konstellation Konsequenzen : Bei der ersten Gruppe kann die Messwertverarbeitung grundsätzlich in den Controllern der Messsysteme erfolgen. Bei der zweiten Gruppe stösst man an die Grenzen der Leistungsfähigkeit der Controller, oder sie sind gänzlich überfordert. Die Messwertverarbeitung muss extern erfolgen. Technisch sind bei dem heutigen Stand der Technik keine Grenzen gesetzt. Die Controller verfügen alle über Schnittstellen, die Daten mit der notwendigen Geschwindigkeit und in der notwendigen Menge übertragen. Die verfügbaren Rechnersysteme können diese Daten mit der notwendigen Geschwindigkeit verarbeiten, anzeigen und speichern, und das wiederum in sehr grossen Mengen. Die Verarbeitung kann z.b. erfolgen mit : PC, Notebook, Prozessrechner, Prozessleitsystem, speicherprogrammierbare Steuerung. Allen ist gemeinsam, dass die entsprechende Anzeige-, Rechenund Speichersoftware vorhanden sein muss und dass die Gleichungssysteme (Algorithmen) ein zusammenfassender Begriff könnte Applikationssoftware sein - programmiert werden müssen.

Die Schrittfolge insgesamt ist dabei immer die gleiche. Bei chemischen und physikalischen Reaktionen kann sich der Prozess der Abarbeitung über einen relativ langen Zeitraum erstrecken. Die Erfahrung zeigt, dass die eigentliche Arbeit erst mit dem Einsatz des Mess- und Auswertesystems im Prozess beginnt. Als Beispiel wird die Prozesskontrolle bei einer Emulsionspolymerisation nach dem Monomerzulaufverfahren im grosstechnischen Massstab gezeigt. Eingesetzt wird zur Berechnung, Anzeige und Speicherung eine Software, die die Funktionalität eines kleinen Leitsystems besitzt. Abbildung 4 zeigt die Ergebnisse: Abbildung 4 Prozesskontrolle bei einer Polymerisation Bildschirmdarstellung In der Schallgeschwindigkeit hellgrüne Kurve ist eine Information über die Änderung der Gesamtkonzentration durch den Monomerzulauf und über die Änderung infolge des Reaktionsumsatzes enthalten. Durch die hohe Genauigkeit, hohe Messpunktdichte (Abstand 1 Sekunde) und sehr schnelle Ansprechzeit der Schallgeschwindigkeits- und Temperaturmessung ist es möglich, die Ableitung beider Kurven zu bilden. Die Temperaturdynamik (Magenta - Kurve) liefert eine Information über die Differenz zwischen zu- bzw. abgeführter Wärme und der Reaktionswärme. Sie kann zur Temperaturregelung genutzt werden. Die Schallgeschwindigkeitsdynamik (blaue Kurve) liefert bei Temperaturkompensation eine unmittelbare Aussage über die momentane Reaktionsgeschwindigkeit! Sie liefert daher auch Informationen, die sicherheitstechnisch relevant sind! Sie kann zur Regelung des Monomerzulaufs genutzt werden. Quantitative Aussagen über Umsatz und Reaktionsgeschwindigkeit sowie die momentane Monomerund Polymerkonzentration sind möglich, wenn die entsprechenden detaillierten Untersuchungen im Labor und / oder im Prozess durchgeführt werden.

Generell gilt und das für alle Messverfahren : Es kann nur die Intelligenz im Nachgang herausgeholt werden, die im Vorfeld hineingesteckt wurde! Ausblick Die Ergebnisse des Einsatzes des Schallverfahrens in den letzten Jahren sowie die aufgezeigten Vorteile zeigen die grossen Möglichkeiten dieses Verfahrens. Sie sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Das Problem bei Prozessanalysenverfahren allgemein und bei dem Schallverfahren im besonderen ist es, dass ein umfangreiches know-how über das Messverfahren, den Stoff und die Verfahrenstechnik vorhanden sein muss. Der Hersteller der Messtechnik hat jedoch kein Interesse, sich intensiv mit dem Stoff und der Verfahrenstechnik zu befassen, und der Nutzer der Messtechnik hat kein Interesse, sich im Detail mit dem Messverfahren zu beschäftigen, da er es ja nach erfolgreicher Inbetriebnahme im Grunde vergessen will. Dazu kommt, dass durch den Strukturwandel in der Industrie die Bearbeitungskapazitäten zur Erfassung dieser Zusammenhänge immer geringer werden. Daher ist es sinnvoll, verfügbares know-how zu nutzen und anzuwenden. Die Prognose, dass dieses Verfahren in Zukunft zu einem Standardverfahren der Prozessanalytik wird, ist weiterhin gültig. Das wird auch dadurch unterstrichen, dass das Schallverfahren selbst mit allen notwendigen Applikationsleistungen deutlich kostengünstiger als spezifische Messverfahren ist. Dr. Frank Dinger MAT Mess- und Analysentechnik Kassel 0561 3149783 dr.dinger@t-online.de www.mat-kassel.de