Contingent Convertibles



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Transkript:

Finanzmarkt Spezial EU-Monitor 79 15. April 2011 Contingent Convertibles Bankanleihen im Wandel Nach der jüngsten Finanzkrise werden die Mindestanforderungen an Schuldtitel, die zum regulatorischen Eigenkapital zählen dürfen, angepasst. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat im Januar 2011 Regeln präsentiert, die die Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen nach Basel III ergänzen. Demnach zählen nur noch solche hybriden Kapitalformen zum regulatorischen Eigenkapital, die voll zur Verlustabdeckung bereitstehen. Das Kapitalmanagement der Banken wird sich an die neuen regulatorischen Vorgaben anpassen müssen. In der letzten Zeit haben sich unterschiedliche Formen bedingten Kapitals gebildet, die in die Finanzierungstruktur der Kreditinstitute mit einbezogen werden könnten, deren regulatorische Anrechenbarkeit jedoch nicht mehr oder noch nicht gegeben ist. Contingent Convertibles (CoCos): Die nächste Generation der Nachranganleihen? Unter CoCos versteht man eine neuartige Form von Wandelanleihen, die automatisch bei Eintreten eines vorher festgelegten Ereignisses in eine vorher festgelegte Menge an Aktien gewandelt werden. Da diese Anleiheform nach Wandlung zu Eigenkapital wird, stünde sie zur weiteren Verlustabdeckung bereit und erfüllt damit die neuen regulatorischen Anforderungen an hybride Kapitalformen. Für die Marktfähigkeit der CoCos ist die richtige Ausgestaltung essentiell. Je nach Wahl des Auslösers und der Höhe des Umwandlungskurses können mit den CoCos aus regulatorischer und finanzwirtschaftlicher Sicht unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Dies gilt es bei der Ausgestaltung zu beachten. Autor Meta Zähres +49 69 910-31444 meta.zaehres@db.com Editor Bernhard Speyer Publikationsassistenz Sabine Kaiser Deutsche Bank Research Frankfurt am Main Deutschland Internet: www.dbresearch.de E-Mail: marketing.dbr@db.com Fax: +49 69 910-31877 DB Research Management Thomas Mayer Investoreninteresse: Unsicherheit bleibt. Da es sich bei CoCos um neuartige Papiere handelt, bei denen die Wandlungsrechte nicht in den Händen der Investoren liegen und diese zu einem tendenziell ungünstigen Zeitpunkt Aktionäre werden, ist die Platzierbarkeit der CoCos weiterhin offen und schwer abzuschätzen. Letzten Endes wird die Marktfähigkeit davon abhängen, ob sich genügend, insbesondere institutionelle Investoren finden lassen, die diese Papiere halten wollen und können. Die Zukunft der CoCos steht oder fällt mit den regulatorischen Initiativen. Die Möglichkeit zur Einrechnung von CoCos in das regulatorische Eigenkapital unter Basel III stellt einen Anreiz dar, diese Instrumente zu begeben. Das Konzept der Pflichtwandelanleihen könnte so zukünftig an Boden gewinnen; CoCos könnten langfristig die bisherigen Nachranganleihen ersetzen. Bislang sehen Regulierer, bspw. der Baseler Ausschuss, jedoch eine Wandlung auf Geheiß nationaler Aufsichtsbehörden vor. Dies könnte zu Schwierigkeiten bei der Platzierung von CoCos führen, da es Unsicherheit über Zeitpunkt und Umstände der Wandlung schafft. Ausfallwahrscheinlichkeiten sind so schwerer abzuschätzen, CoCos sind (noch) schwerer zu bepreisen.

EU-Monitor 79 2 15. April 2011

Contingent Convertibles Einleitung Die jüngste Finanzkrise hat gezeigt, dass nicht nur die Höhe der Eigenkapitaldecke einer Bank, sondern auch die Qualität des zur Verlustabdeckung bereitstehenden Kapitals von Bedeutung ist. Als Reaktion hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht nunmehr die qualitativen Anforderungen an das Kernkapital angehoben. Im Rahmen dieser neuen regulatorischen Absichten ist in Zukunft das harte Kernkapital, wie Aktien und Gewinnrücklagen, entscheidend, weil es bei Verlusten uneingeschränkt und sofort beansprucht werden kann. Die alten Formen von Hybridkapital sollen im regulatorischen Eigenkapital nur noch in geringem Umfang anerkannt werden, denn die Regulatoren drängen auf eine höhere Verlusttragfähigkeit für hybride Kapitalformen. Dies gilt insbesondere für Nachranganleihen. Ziel ist es, nachrangige Gläubiger ebenso wie Eigenkapitalgeber bereits in der Recovery Phase und somit an den Kosten des Krisenmanagements zu beteiligen. Während der Finanzkrise blieben Anleihegläubiger weitgehend verschont, da Banken, die technisch insolvent waren, auf Grund ihrer Bedeutung für das Finanzsystem staatlich aufgefangen wurden; selbst die Zahlungsansprüche nachrangiger Bondinvestoren wurden dabei aufrecht erhalten. Investoren in nachrangige Bankschuldverschreibungen hafteten nur im Falle eines Insolvenzverfahrens (gone concern). Das daraus resultierende Problem negativer Anreizwirkungen ( moral hazard ) soll nun durch das frühzeitige Einbeziehen der nachrangigen Gläubiger verringert werden. Ziel ist es, die Risiken der nachrangigen Anleihen adäquat in den Konditionen widerzuspiegeln; ein Profitieren von der Risikoübernahme durch den Staat soll so nicht mehr möglich sein, Steuerzahler sollen nicht mehr in Anspruch genommen werden müssen. Die Verlusthaftung von Investoren nachrangiger Schuldverschreibungen soll zukünftig daher bereits eintreten, wenn Banken sich nicht mehr privat refinanzieren können. Auf Basis dieser Motive entstanden zwei grundsätzliche Ansatzpunkte zur verbesserten Anleihegläubigerhaftung: Erstens, eine neue Form hybriden Kapitals, d.h. festverzinsliche Wertpapiere, die in einer finanziellen Notlage als Kapitalpuffer dienen, so genannte Contingent Convertibles (CoCos). Zweitens, das Bail-in von Anleihegläubigern. Die beiden Ideen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Basis: CoCos sind marktbasierte Instrumente, Bail-ins dagegen beruhen auf diskretionären Eingriffen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie die Stabilität des Finanzsystems stärken wollen ein Gedanke, der grundsätzlich auch von der Finanzindustrie unterstützt wird. Contingent Capital: Eine Abgrenzung An die Änderungen der regulatorischen Vorgaben und die neuen Anforderungen an das Kernkapital wird sich auch das Kapitalmanagement der Banken anpassen müssen. Das Begeben von Anleihen, die unter den neuen Regeln zur Verlustabdeckung bereitstehen, stellt für Banken somit eine Notwendigkeit im Rahmen eines vorausschauenden Kapitalmanagements dar. So haben sich bereits verschiedene Alternativen gebildet, unterschiedliche Formen bedingten Kapitals in die Kapitalstruktur mit einzubeziehen. Die regulatorische Anrechenbarkeit dieser Instrumente ist jedoch noch unklar. Ursprünglich beschreibt bedingtes Kapital (Contingent Capital) ganz allgemein eine Art Put Option, die es dem Emittenten ermöglicht, 15. April 2011 3

EU-Monitor 79 neues Eigenkapital zu vorher festgelegten Konditionen zu emittieren. Die Emission erfolgt im Regelfall nach Eintreten gewisser risikobasierter Ereignisse, die ex ante in den Vertragsbedingungen definiert werden. Derzeit kursieren viele Konstrukte und Begrifflichkeiten, die unter dem Oberbegriff Contingent Capital zusammen gefasst werden können; auch CoCos sind in gewisser Weise eine Abwandlung davon. Oft aber werden CoCo-ähnliche Konstrukte als CoCos bezeichnet, bei denen es sich bei genauer Betrachtung nicht um CoCos handelt, wohl aber um eine Form bedingten Kapitals: Write-down Bonds: Wertberichtigung statt Wandlung Write-down Bonds sind eine marktbasierte Refinanzierungsform. Anstatt einer Wandlung, wie es bei CoCos der Fall ist, findet hier ein Wertabschlag statt. Der Unterschied ist, dass dabei kein zusätzliches Kapital zur Verfügung gestellt wird, sondern nur die Verbindlichkeiten durch Wertberichtigung reduziert werden. So steht das Unternehmen zwar bilanziell besser dar, Eigenkapital entsteht jedoch nur in der Höhe des vorgenommenen Wertabschlags, da durch die Befreiung der Verbindlichkeiten ein außerordentlicher Ertrag entsteht, der in die Gewinnrücklage eingestellt werden kann. Temporary Write-down Bonds Vorübergehende Write-down Bonds oder auch Step-up, Stepdown Bonds sind Anleihen, die einerseits in ihren Verpflichtungen reduziert werden können, wenn ein ex ante festgesetzter Auslöser erreicht wird, aber andererseits auch Aufwärtspotential haben. D.h. eine Wertberichtigung kann anteilsmäßig auch nach oben erfolgen; die Anleihen würden demnach nur vorübergehend wertberichtigt. Anleihen mit solch einer Struktur existieren bereits auf dem Markt. Bislang verhindern bilanzrechtliche Vorschriften jedoch die Anrechenbarkeit dieser Anleihen zu den regulatorischen Kapitalquoten. 1 Der Baseler Vorschlag sieht vielmehr eine permanente, teilweise Übernahme von Verlusten vor, was bei vorübergehenden Write-down Bonds nicht der Fall ist. Call Option Enhanced Reversible Convertibles [COERCs] Hierbei handelt es sich um einen (bislang) nur theoretischen Vorschlag, der einen Bond beschreibt, der automatisch gewandelt wird, wenn ein vorher definierter Auslöser erreicht ist. Der Wandlungskurs liegt unter dem wandlungsauslösenden Preis und die Anleihen haben eine buy-back Option für Altaktionäre, d.h. eine Art Bezugsrecht. Inwieweit solche Instrumente praxistauglich sind, ist offen. Auch die regulatorische Anrechenbarkeit ist unklar. 2 Auf Grund ihrer Eigenschaften sind derzeit insbesondere CoCos (im engeren Sinn) Gegenstand der aktuellen Diskussion um die Anrechenbarkeit zum regulatorischen Eigenkapital. Was sich dahinter verbirgt und wie erfolgsversprechend die neue Anleiheform ist, soll im Folgenden analysiert werden. 1 2 Die Gewinnanrechnung vorübergehender Write-down Bonds sollte angepasst werden und wäre über den Mechanismus der Prudential Filter zu rechtfertigen. Prudential Filter sorgen dafür, dass Aufsichtsrechtlich anerkannte Eigenmittel auch dann dem Zweck, als Risikopuffer zu dienen, gerecht werden, wenn Banken ihre konsolidierten Eigenmittel auf Basis von IFRS ermitteln. Pennacchi et al. 2010. 4 15. April 2011

Contingent Convertibles Contingent Convertible Bonds Bei Contingent Convertible Bonds (CoCos) handelt es sich um langfristige nachrangige Schuldverschreibungen mit festem Coupon, die entsprechend vorher festgelegter Kriterien (Trigger) automatisch von Fremd- in Eigenkapital gewandelt werden können; aus den bisherigen Fremdkapitalgebern werden Aktionäre. Da die hybriden Anleihen bei Bedarf in haftendes Eigenkapital umgewandelt werden können, haben sie die Fähigkeit, die Eigenkapitalausstattung des Emittenten in adversen Umständen zu verbessern und Verluste auszugleichen. Wird der Wandlungsauslöser nicht erreicht, sind CoCos normale Bonds, die am Ende ihrer Laufzeit getilgt werden. Die vorgenommene Rekapitalisierung findet am Kapitalmarkt und somit durch den Privatsektor statt. Mit der Umwandlung erhält das Institut unmittelbar neues Eigenkapital. Gleichzeitig reduziert es seine Zinsverpflichtungen. Wichtig ist hier die Differenzierung von Liquidität und Kapital: So bringen CoCos zwar kein neues Geld ins Unternehmen, transferieren aber einen Schuldtitel in neues Stammkapital, was eine bessere Übernahme von (zukünftigen) Verlusten ermöglicht. Die Wandlung von CoCos entspricht einer sofortigen Verbesserung der Kapitalqualität. Die Umwandlung erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem das Kreditinstitut zwar als solvent gilt, aber auf Grund der Marktlage dennoch nicht in der Lage ist, seine Eigenkapitalbasis durch die Ausgabe neuer Aktien zu stärken. Indirekt könnte so auch der Zugang zu anderen privatwirtschaftlichen Refinanzierungsmitteln erleichtert werden, was ein staatliches Eingreifen letztlich unnötig oder zumindest unwahrscheinlicher macht. Aus Sicht der Finanzstabilität haben CoCos zudem den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu Aktien nicht von dem Gewinnpotential hoher Risiken profitieren. Da außerdem die Risikoprämie für CoCos mit dem Risiko einer Bank steigen dürfte, könnten CoCos auch zur Disziplinierung beitragen. Die Bedingungen, zu denen ein CoCo gewandelt wird, umfassen das Verhältnis, zu dem gewandelt wird, sowie den Preis und den Zeitpunkt, zu welchem die Wandlung stattfindet. Sie werden in den Anleihebedingungen festgelegt. Die konkrete Ausgestaltung findet auf Institutsebene statt. Den CoCos verwandte Wertpapierarten sind herkömmliche Wandelanleihen. Der Unterschied ist, dass bei herkömmlichen Wandelanleihen nicht automatisch gewandelt wird; das Umtausch- und Wahlrecht liegt im Regelfall bei den Investoren (für einen Vergleich der unterschiedlichen Wandelanleihen s. Tabelle auf Seite 6). Gewusst wie: Die Ausgestaltung macht s Damit sich eine CoCo-Struktur auf dem Markt erfolgreich durchsetzen kann, müssen im Prinzip drei unterschiedliche Interessensgruppen berücksichtigt werden: Erstens, Regulierer, die davon überzeugt sein müssen, dass der CoCo Bond volle Verlusttragfähigkeit in der Recovery Phase hat. Zweitens, Aktionäre, deren Anteile durch die automatische Kapitalerhöhung verwässert werden und die diese Verwässerung daher möglichst vermeiden bzw. gering halten wollen, und drittens, Investoren, die noch nicht recht wissen, was auf sie zukommt und ob sie diese Instrumente überhaupt werden halten können. Sowohl Aktionäre, als auch Investoren betrachten CoCos gegenwärtig daher noch mit gemischten Gefühlen. Eine gezielte 15. April 2011 5

EU-Monitor 79 Unterschiedliche Formen von Wandelanleihen Herkömmliche Wandelanleihe Umtauschanleihe Pflichtwandelanleihe Bedingte Wandelanleihe (CoCo) Ein festverzinsliches Wertpapier, das dem Inhaber das Recht einräumt, es während einer Wandlungsfrist zu einem vorher festgelegten Verhältnis in Aktien einzutauschen. Eine Anleihe, die dem Investor das Recht gibt, die Anleihe jederzeit in eine feste, gegebene Anzahl von Aktien zu tauschen. Im Gegensatz zur Wandelanleihe ist der Emittent der Umtauschanleihe nicht das Unternehmen, das die zugrunde liegenden Aktien emittiert, sondern typischerweise ein (Groß-)Aktionär. Eine Variante der herkömmlichen Wandelanleihe, bei der die Rechte der Investoren eingeschränkt sind. Während der Anleger bei einer herkömmlichen Wandelanleihe bis zum Laufzeitende die Wahl hat, ob er in Aktien umwandelt oder nicht, ist bei einer Pflichtwandelanleihe die Wandlung in Aktien spätestens zum Laufzeitende verpflichtend. Das Risiko, im Fall fallender Kurse selbst Renditeverluste zu erleiden, ist bei Pflichtwandelanleihen somit höher. Auf Grund der verpflichtenden Wandlung, die über die Ausgabe junger Aktien getätigt wird, stellt die Pflichtwandelanleihe eine indirekte Kapitalerhöhung mit verbundenem Verwässerungseffekt für Altaktionäre dar. Wandelanleihen, die während ihrer Laufzeit bei Erreichen eines vorher festgesetzten Auslösers automatisch zu einem vorher festgesetzten Verhältnis in Aktien gewandelt werden. Eine gezielte Ausgestaltung auf Institutsebene ist essentiell für die Marktfähigkeit der CoCos Optionsanleihe Optionsanleihen verbriefen neben den üblichen Forderungsrechten (Zins- und Rückzahlungsanspruch) in einem Optionsschein auch ein Bezugsrecht auf Aktien. Wie bei der Ausgabe von Pflichtwandelanleihen und (un)bedingten Wandelanleihen ist auch für die Ausgabe von Optionsanleihen eine bedingte Kapitalerhöhung Voraussetzung. Im Gegensatz zu herkömmlichen Anleihen kann die Wandlungsoption hier jedoch auch von der Anleihe abgetrennt und gesondert gehandelt werden. Ausgestaltung der Anleihebedingungen auf Institutsebene ist daher essentiell und gleichermaßen schwierig. Denn obwohl die Preisbildung der beiden Grundelemente von CoCos, also von nachrangigen Anleihen und von Eigenkapital, etabliert ist, ist die Preisbildung der CoCos selbst eine Herausforderung. Die Wahl des Wandlungsauslösers (Trigger) und die Bedingungen, zu denen ein CoCo Bond gewandelt wird, sind die Krux in jeder Diskussion über die Praktikabilität der Anleihen. Auch gibt es nicht die eine richtige Struktur für die Ausgestaltung der Anleihen. Eine Entscheidung muss immer in Einklang mit der individuellen Unternehmenssituation getroffen werden. Wahl des Auslösers: Wann wird gewandelt? Der Auslöser beschreibt das Ereignis, das eine Wandlung verursacht. Das Eintreten des Auslösers ist somit das entscheidende Kriterium für die automatische Wandlung in Eigenkapital. Gerade die Festsetzung dieses Auslösers ist aber sehr schwierig. Die komplexe Struktur der CoCos kann asymmetrische Informationen zwischen der emittierenden Bank und den Investoren hervorrufen. Daher sollten die Auslöser möglichst einfach, transparent und nachvollziehbar sein. Wichtig ist auch die Höhe, denn sie entscheidet darüber, wie schnell eine Wandlung erfolgt. Grundsätzlich lassen sich hohe und niedrige Wandlungsauslöser unterscheiden. 3 Ein hoher Auslöser (bspw. das Unterschreiten einer Kernkapitalquote von 7%) bedeutet, dass eine Wandlung der Anleihen relativ schnell erfolgen kann, 3 Ein hoher Wandlungsauslöser bedeutet hier, dass die Schwelle, die Voraussetzung für eine Wandlung ist, relativ schnell erreicht wird, d.h. es muss vergleichsweise wenig passieren, damit eine Wandlung nötig wird. Bei einem niedrigen Wandlungsauslöser ist es genau umgekehrt: eine Wandlung erfolgt erst zu einem relativ späten Zeitpunkt. 6 15. April 2011

Contingent Convertibles Die Höhe des Auslösers entscheidet auch über den Zweck der CoCos Wird Regulierern die Wandlungsentscheidung überlassen, bringt dies Unsicherheit in die Ausfallswahrscheinlichkeit wenn eine Bank Verluste erleidet. Bedingtes Kapital mit hohem Auslöser, und somit auch CoCos, haben bereits heute eine positive Wirkung bei Ratingagenturen oder auf ICAAP Stresstests. Ein niedriger Auslöser (bspw. das Unterschreiten einer Kernkapitalquote von 5%) würde hingegen dazu führen, dass eine Wandlung nur im Notfall stattfindet; CoCos wären dann eine Versicherung für schlechte Zeiten. Außerdem wäre ein solches Instrument attraktiver für institutionelle Investoren, da es klar auf außergewöhnliche Krisensituationen abzielt und somit leichter einschätzbar ist. So kann mit der Höhe des Auslösers u.a. auch der Zweck der CoCos gesteuert werden: Sollen CoCos eher als Katastrophenversicherung in systemischen Krisen fungieren (niedriger Auslöser) oder als laufender Puffer in schlechten Zeiten (hoher Auslöser)? Außerdem gilt: Je höher der Auslöser, desto teurer der CoCo, denn ein höherer Auslöser bedeutet aus Sicht der Investoren ein größeres Wandlungsrisiko. Mit dem Wandlungsrisiko steigt der vom Markt verlangte Zins. Ein niedriger Auslöser hingegen hätte den Vorteil, dass eine Wandlung unwahrscheinlicher wäre und die Risikoprämie für CoCos daher geringer ausfallen dürfte. Grundlagen für Auslöser können sein: Buchwerte / Bilanzwerte; Risikogewichtetes Eigenkapital / Eigenkapitalquoten; Marktpreise / Aktienkurse. Außerdem gibt es die Möglichkeit, verschiedene Auslöser zu kombinieren. Ein Beispiel sind doppelte Auslöser, bei denen zwei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sein müssen, z.b. der Aktienpreis des Instituts und ein industrieweiter Index. Bei solch einem doppelten Auslöser würde dann gewandelt, wenn der Aktienkurs der Bank unter einen bestimmten Wert fällt und gleichzeitig bspw. ein breiter Banken orientierter Index den vorher festgesetzten Auslöser unterschreitet. Im Wesentlichen erlaubt dieser doppelte Auslöser eine Rekapitalisierung aller emittierenden Institute während einer Krise, gleichzeitig aber auch den Konkurs einzelner Institute in normalen Zeiten. Die Sinnhaftigkeit eines Auslösers, der sich an einem industrieweiten Index orientiert, ist für CoCos im Rahmen der derzeitigen Diskussion in Frage zu stellen. Denn für die Systemstabilität erscheint ein an einem industrieweiten Index orientierter Auslöser nicht wesentlich. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass auch ein institutsspezifischer Auslöser dazu führen wird, dass alle Institute, die von einer Krise betroffen sind, in einer solchen Krise auch wandeln müssen. Zudem stellen CoCos ein institutsspezifisches Instrument dar, daher sollte auch die Wandlungsentscheidung individuell erfolgen. Neben diesen an Unternehmenswerten oder am Markt orientierten Auslösern gibt es außerdem die Möglichkeit, die Wandlungsentscheidung in die Hand von Regulierern zu legen. Dies birgt jedoch für Investoren die Gefahr eines schwer einschätzbaren Elements in der Wahrscheinlichkeit des Eintritts von Wandlungsrisiken. Die Einschätzung eben dieser Wandlungsrisiken würde dadurch erschwert und brächte zusätzliche Volatilität in die Anleihemärkte. 4 Auslöser: Einfach und transparent Welcher Auslöser eignet sich nun am besten, um die Funktionalität der CoCos bestmöglich zu unterstützen? Die Wahl besteht grundsätzlich zwischen Auslösern basierend auf Marktwerten mit dem 4 The US Shadow Financial Regulatory Committee (SFRC). 15. April 2011 7

EU-Monitor 79 Die Gefahr bei einer Aktienkursmanipulation besteht im Erzeugen von künstlichen Wandlungen Nachteil der stochastischen Prozesse, denen diese unterliegen, und Auslösern basierend auf Bilanzgrößen und den Nachteilen, denen deren mögliche Beeinflussung unterliegt. Zwar stehen Bilanzgrößen in direktem Zusammenhang mit dem Zustand des Unternehmens, jedoch werden sie im Regelfall nur quartalsweise und somit nicht kontinuierlich bestimmt. Da die finanzielle Lage so nur quartärlich erkennbar wird, wird auch der Auslöser nur quartärlich aktualisiert. Eine Sonderprüfung wäre zwar jederzeit möglich, allerdings müsste diese dann sehr schnell und unabhängig erfolgen. Ein entscheidender Nachteil bilanzieller Werte ist auch, dass sie stets von den zugrunde liegenden Rechnungslegungsmethoden abhängen, die politischem Druck ausgesetzt sein und Arbitrage unterliegen können. 5 Damit hängt ein auf Buchwerten basierter Auslöser auch stets von der Verfügbarkeit und Qualität der bilanziellen Informationen ab. Eine weitere Möglichkeit bestünde in der Verwendung des risikogewichteten Eigenkapitals bzw. von Eigenkapitalquoten. Zwar werden bspw. risikogewichtete Aktiva nur am Ende des Quartals bestimmt, eine Sonderprüfung wäre aber auch hier stets möglich. Ein Vorteil wäre außerdem, dass die Wandlung zu einem risikogerechteren Ereignis wird. Als dritte Möglichkeit ergibt sich die Verwendung von Marktpreisen, z.b. in Form des Aktienkurses. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Auslöser möglichst einfach und transparent sein sollten, wären Aktienkurse im Vorteil. Denn sie können regelmäßig sowohl von der Bank, als auch von Investoren nachvollzogen und beobachtet werden. Die Verwendung von Aktienkursen bedeutet überdies, dass die Rekapitalisierung ein marktgerechtes Ereignis wird, das nicht von regulatorischen Einschätzungen abhängt. Nachteilig ist jedoch, dass sie der Aktienmarkt-Volatilität unterliegen und sich außerdem durch Manipulation des Aktienpreises die Möglichkeit zur Beeinflussung des Wandlungsauslösers ergibt. 6 Ergibt sich die Möglichkeit zur Manipulation von Aktienkursen, können Anreize entstehen, aus den durch Manipulation erzeugten Kursbewegungen zu profitieren. 7 Attraktiv könnte dies bspw. für Attacken von Investoren sein, die versuchen eine künstliche Wandlung hervorzurufen, um aus der resultierenden Verwässerung des Kapitals zu profitieren. Wenn Händler neben den Aktien auch Positionen in CoCos mit marktbasiertem Auslöser halten, könnte ein Arbitrageur CoCos kaufen sowie Aktien des Instituts leerverkaufen, um den Preis in Richtung des Auslösers zu drücken, woraufhin gewandelt wird. Der Arbitrageur würde dann von dem Gewinn profitieren, der sich auf die gewandelten Aktien ergibt, wenn sich der Aktienkurs auf sein normales Niveau erholt. Diese Manipulationsmöglichkeiten können jedoch durch das ex ante Festsetzen der bei Wandlung zu erhaltenden Menge an Aktien vermieden oder zumindest eingeschränkt werden. Ist die Anzahl der Aktien, die die Investoren nach Wandlung erhalten, von vornherein fix, lohnt sich eine Preisbeeinflussung und damit das Hervorrufen einer künstlichen Wandlung nicht. 8,9 5 6 7 8 McDonald (2010), S.13. Hinzu kommt der Nachteil, dass Börsenwerte für nicht gelistete Banken nicht verfügbar sind. Bank of Japan Working Paper (2010). Die Alternative wäre die Wandlung zu einem fixen Geldbetrag. Dies würde eine flexible Anzahl an Aktien mit sich bringen, die abhängig von dem vorbestimmten Geldbetrag bei Wandlung bestimmt wird. Die Investoren hätten so u.u. den Anreiz den Preis zu drücken, um bei Wandlung für den gleichen (fixen) Betrag eine grö- 8 15. April 2011

Contingent Convertibles Aktienkursvolatilität kann einen marktbasierten Auslöser negativ beeinflussen Eine Wandlung mindestens zum Nennwert ist empfehlenswert Hinsichtlich der Aktienkursvolatilität könnte sich eine negative Beeinflussung des Auslösers ergeben, wenn Aktienkurse sich irrational verhalten oder es zu unvorhersehbaren Kursstürzen kommt, die sich nicht auf die Unternehmenssituation beziehen wie es z.b. im Rahmen des Flash Crash im Mai 2010 der Fall war. Hier hätte die extreme Aktienkursvolatilität unter Umständen dazu geführt, dass CoCos mit marktbasiertem Auslöser gewandelt worden wären, obgleich keine Krise oder verschlechterte Marktlage vorlag. Unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Für und Wider scheinen sich insbesondere solche Auslöser zu eignen, die sich am risikogewichteten Eigenkapital bzw. an Eigenkapitalquoten orientieren. Festsetzen des Umwandlungskurses: Wie wird gewandelt? Der Umwandlungskurs (conversion rate), der in den Anleihebedingungen festgeschrieben wird, bestimmt den Wert und die Anzahl an Aktien, die Investoren für eine entsprechende Menge an Anleihen nach der Wandlung erhalten. Ähnlich wie bei der Höhe des Auslösers, kann auch der Wert des Umwandlungskurses über die Zielsetzung der CoCos entscheiden: So kann ein Umwandlungskurs, der niedriger ist als der Nennwert der Anleihen, helfen, Manipulationsmöglichkeiten einzuschränken, insbesondere, wenn ein marktbasierter Auslöser verwendet wird. 10 Ein Umwandlungskurs über dem Nennwert könnte hingegen den Anreiz für die emittierende Bank erhöhen, eine Wandlung durch rechtzeitige korrigierende Maßnahmen zu vermeiden; denn eine Wandlung würde zu einer schwerwiegenden Verwässerung der Anteile führen und die bisherigen Anleger verärgern. 11 Ein zusätzlicher und wichtiger positiver Effekt von einem höheren Wandlungskurs wäre eine verbesserte Attraktivität für Investoren was letzten Endes eine geringere Risikoprämie zur Folge haben könnte. Demnach wäre sowohl aus Bankensicht, als auch aus regulatorischer Perspektive eine Wandlung mindestens zum Nennwert empfehlenswert. Laufzeiten Neben dem Umwandlungskurs und dem Auslöser, müssen die Laufzeiten der CoCos festgelegt werden. Diese sollten sich an den verschiedenen Investorengruppen und deren Interessen orientieren. Laut IIF erwarten die wichtigsten Investorengruppen Laufzeiten zwischen drei und sieben Jahren. Es ist aber auch denkbar, dass CoCos eher Teil der langfristigen Finanzierungsstruktur werden bspw. mit Laufzeiten von mind. 30 Jahren. 12 Der im Februar 2011 erfolgreich emittierte CoCo Bond der Credit Suisse wies eine Laufzeit von 30 Jahren auf. Bei derart langen Laufzeiten gilt es jedoch zu bedenken, dass dies auch eine entsprechend langfristige Bindung aus Sicht der Investoren impliziert. Grundsätzlich sollte es in jedem Fall möglich sein, dass ein Unternehmen unterschiedliche CoCos mit unterschiedlichen Laufzeiten und unterschiedlichen Auslösern emittiert. ßere Menge an Aktien zu erhalten. Das Festsetzen der Menge entspricht auch der gängigen Praxis bei (bisherigen) Wandelanleihen. 9 McDonald 2010, S.7. 10 Ein niedrigerer Wandlungskurs schränkt die inhärente Manipulationsgefahr von Aktienkursen zumindest teilweise ein, da die Wandlung so erfolgt, dass es sich nicht lohnt, die Wandlung der CoCos künstlich zu erzeugen. 11 The US Shadow Financial Regulatory Committee (SFRC). 12 von Furstenberg (2011) spricht sich bspw. für entsprechend lange Laufzeiten aus. 15. April 2011 9

EU-Monitor 79 Potential und Rational der Abgabe von CoCos an Mitarbeiter Idee: Im Rahmen der Diskussion über die Schwierigkeit, Abnehmer für CoCos zu finden, sind zunehmend auch die Mitarbeiter der Kreditinstitute als potentielle Investoren in den Fokus gerückt. Die Idee ist, CoCos im Rahmen der variablen Vergütung an die Mitarbeiter zu emittieren. Aus regulatorischer Sicht hätte das den zusätzlichen positiven Nebeneffekt, dass die Anreizstrukturen der Mitarbeiter in die gewünschte Richtung beeinflusst werden würden. Denn es wäre dann im Sinne der Mitarbeiter, auch mittel- bis langfristig risikobewusst zu handeln, um eine Wandlung der Anleihen zu vermeiden. Theoretischer Hintergrund ist die Prinzipal-Agenten- Theorie: Die Anreize der Risikoträger in der Bank werden mit denen der Anleihegläubiger verbunden und nicht mit denen der Aktionäre, d.h. die Stabilität des Instituts bestimmt die Höhe der Vergütung, nicht die (kurzfristige) Rentabilität. Potential: Der Anteil der Mitarbeiter, die CoCos im Rahmen ihrer variablen Vergütung erhalten (können), dürfte zwar einen Anteil an dem potentiellen CoCo Markt haben, insgesamt jedoch zu klein sein, um für große Teile des Marktes bereit zu stehen. Je nach Szenario könnte die variable Vergütung demnach etwa 10-25% des potentiellen CoCo-Marktes auffangen. Probleme bei der Abgabe von CoCos an Mitarbeiter als Teil der variablen Vergütung könnten sich zudem bei der praktischen Umsetzung ergeben: Kommt es zu einem Verfall der Entschädigung zu Gunsten der Bank, wenn ein Mitarbeiter (und in diesem Fall dann auch Investor) frühzeitig aus dem Unternehmen (und damit aus der Investition) ausscheidet ( bad leaver ), müsste die Bank den Trust konsolidieren und die CoCos somit in die Bilanz übernehmen. Die Konsequenz wäre ein Kapitalabzug am regulatorischen Eigenkapital zu dem die CoCos (vorher) zumindest teilweise zählen würden. Unsicherheitsfaktor Investoreninteresse Das größte Problem bleibt, genügend Abnehmer zu finden, die bereit sind CoCos zu halten. Traditionelle Anleiheinvestoren wären institutionelle Investoren wie Fonds, Versicherer und Pension- und Versorgungskassen sowie andere Fixed-Income Investoren oder Banken. Diese bisherigen Anleiheinvestoren sind durch die Ausgestaltung der Papiere derzeit jedoch noch verunsichert, nicht zuletzt da die bilanzielle Behandlung der Anleihen noch nicht geklärt ist: Gelten CoCos bilanzrechtlich künftig als Aktien (statt als Anleihen), müssten viele bisherige Anleiheinvestoren wegen ihrer Anlagerichtlinien von einem Kauf absehen. Insbesondere Fixed-Income Investoren hätten Probleme, CoCos zu halten, sobald sie gewandelt wären. Auch ist es vielen institutionellen Anlegern durch ihre Richtlinien bislang untersagt, Pflichtwandelanleihen ins Portfolio zu nehmen. Ein Beispiel sind auf Nachrangtitel spezialisierte Fonds die bisherige Hauptklientel von Anleihen. Deren Anlagerichtlinien sehen explizit kein Engagement in Wandelinstrumente vor. Versicherer wiederum dürften ihr Engagement in Anleihen zukünftig ohnehin überdenken, insbesondere im Hinblick auf Solvency II, da die neuen Regeln es ihnen schwerer bzw. teurer machen, in Instrumente wie CoCos, Lower-Tier-2-Anleihen oder vorrangige Bankschuldverschreibungen zu investieren. 13 Letzten Endes wird die Partizipation traditioneller Anleiheinvestoren, insbesondere die der Fixed-Income Investoren, aber unverzichtbar sein, um einen potentiellen CoCo-Markt hinreichend bedienen zu können. Entscheidend wird aber auch sein, ob traditionelle Anleiheinvestoren mit niedriger bis mittlerer Risikobereitschaft, z.b. Pensionsfonds, bereit sein werden, in das risikoreichere Geschäft mit CoCos einzusteigen. Wahrscheinlich ist auch, dass sich neben den traditionellen Anleiheinvestoren, die zum Teil möglicherweise nicht in der Lage sein werden CoCos zu halten, neue Zielgruppen mit höherem Risiko/Rendite-Profil als Investoren bisheriger Hybride herausbilden, die Interesse an den CoCos haben. Dazu zählen Hedge Fonds oder vermögende Privatkunden, die CoCos als Beimischung in ihre Portfolien verwenden; ähnlich der Responsible Investments, wie es sie bereits auf dem Markt gibt. Rendite und Risiko von Refinanzierungsinstrumenten von Unternehmen Eigenkapital Renditeerwartung Sicht Unternehmen Aktie Unternehmensanleihe Hybridkapital Hybridanleihe Fremdkapital Sicht Investoren Risiko / Schwankungsbreite Quelle: Börsenzeitung 1 13 Im Rahmen von Solvency II müssen Aktien- und Anleiheinvestments von Versicherern mit mehr Kapital unterlegt werden als bisher. Dies gilt insbesondere für Aktien und Unternehmensanleihen. 10 15. April 2011

Contingent Convertibles Neue Zielgruppen mit höherem Risiko/Renditeprofil, wie z.b. Hedge Fonds, werden sich bilden Die Aufnahme der CoCos in Anleiheindizes setzt ein Rating voraus Insgesamt kommen also drei Abnehmergruppen für CoCos in Frage: traditionelle Anleiheinvestoren, Hedge Fonds / vermögende Privatkunden und Mitarbeiter der Kreditinstitute. Insgesamt könnte sich so eine Investorenbasis bilden, die es ermöglicht, CoCos auch in größeren Mengen zu platzieren. Der bisherige Anleihemarkt wird zunächst jedoch nicht in dem Maße für CoCos zur Verfügung stehen, wie es bislang bei Nachranganleihen der Fall war. Ratingagenturen & Anleiheindizes: Einfluss auf Marktfähigkeit Insbesondere die Investitionsfähigkeit von Fixed-Income Investoren hängt auch von der Tatsache ab, ob CoCos in Indizes für festverzinsliche Wertpapiere aufgenommen werden können. Wegen der Eigenkapitalelemente der Papiere ist die Aufnahme von CoCos in die führenden Anleiheindizes als festverzinsliche Wertpapiere grundsätzlich jedoch noch strittig. Auch indexbasierte Finanzprodukte sind solange noch ausgeschlossen. Für die Aufnahme in Anleiheindizes wird üblicherweise ein Rating vorausgesetzt. Daher ist der Umgang der Ratingagenturen mit CoCos ein wichtiger Punkt für die Marktfähigkeit der Instrumente. Schwierigkeiten könnte es mit der Berechnung der Wandlungswahrscheinlichkeit, deren Änderungen und der Frage geben, inwieweit diese Änderungen von Ratinganpassungen bei dem Emittenten abhängen. 14 Insbesondere für institutionelle Investoren, die klassische Hauptzielgruppe für festverzinsliche Anleihen, ist ein Rating essentiell, da sie (bislang) nur geratete Papiere halten können. 15 Ratings könnten somit helfen, die Marktfähigkeit der CoCos für potentielle Investoren zu verbessern. Grundsätzlich ist auf Grund geänderter Risikokonstellationen für CoCos, verglichen mit herkömmlichen Bankanleihen, mit Ratingabschlägen zu rechnen. Die Ratingagentur Fitch gab Ende 2010 bekannt, dass sich ihre Rating-Stufungen für hybrides Kapital, dass von Banken ausgegeben wird und den Vorschlägen des Baseler Ausschusses entspricht, am bereits existierenden Ansatz des ungestützten Emittentenausfall-Rating (IDR) orientieren wird. 16 Als Richtschnur gab Fitch eine Abstufung um mindestens drei Rating- Stufungen, orientiert am IDR, bekannt (Fitch, 08.11.2010). 17 Theoretische Ansätze: Einfluss auf Marktfähigkeit Eine theoretische Möglichkeit, das Investoreninteresse für CoCos zu erhöhen und damit die Platzierbarkeit der Instrumente zu verbessern, ist die Idee, Sondergesellschaften zu gründen, die die Aktien nach Wandlung übernehmen. Ähnlich, in dem Sinn, dass ursprüngliche Anleihegläubiger zwar die Anleihen, nicht aber die gewandelten Instrumente halten, ist der Vorschlag, die CoCos von Anfang an mit einer Buy-back Option zu versehen. 18 Durch eine buy-back Option entstünde eine Art Bezugsrecht für Altaktionäre, denn sie hätten die Möglichkeit die gewandelten Aktien den bisherigen Anleiheinhabern zum Wandlungskurs abzukaufen. Durch diese implizite Call Option kann der Verwässerungseffekt, der durch die Wandlung der Anleihen in Aktien entsteht, aus Aktionärssicht rückgängig gemacht werden, mögliche 14 von Furstenberg (2011), S. 13. 15 Derzeit laufen regulatorische Bemühungen, die Rolle von Ratings zu verbessern. 16 Begründung: Eine Aktivierung zum Wertverlust oder zur Kapitalwandlung komme einem Ausfall (Default) gleich, auch wenn faktisch kein Default vorliegt. Angewandtes Kriterium: Rating Hybrid Securities vom 29. Dezember 2009. 17 Beispiel: Die im Februar 2011 von der Credit Suisse emittierten CoCos erhielten von Fitch ein BBB+ Rating; vier Rating-Stufungen unter Credit Suisse s IDR. 18 Pennacchi et al. (2010). 15. April 2011 11

EU-Monitor 79 Wohlfahrtstransfers werden negiert. Ein positiver Nebeneffekt wäre, dass sich auch das Risiko für Fremdkapitalgeber verringert. Diese Risikoreduktion würde die Instrumente handelbarer machen, die Marktfähigkeit für Fixed-Income Investoren verbessern und zu niedrigeren Risikoprämien führen. Ein notwendiger Anreiz für die Altaktionäre, die Call Option auch auszuüben, wäre jedoch, dass der Wandlungskurs deutlich unter dem den Auslöser aktivierenden Aktienkurs liegt. Dieser Anreiz besteht zumindest so lange, wie der Aktienkurs inklusiver aller Verwässerungseffekte größer gleich dem Wandlungskurs ist, denn eine nicht erfolgende Rückzahlung würde dann zu einer massiven Verwässerung für die Altaktionäre und zu einem Wohlfahrtstransfer von den Aktionären zu den Fremdkapitalgebern führen. Wie realistisch die Umsetzung einer solchen Buy-back Option ist, ist fraglich. Denn das Interesse und die Bereitschaft der Altaktionäre, die gewandelten Papiere zu kaufen, ist stark davon abhängig, wie liquide und investitionswillig diese zum Zeitpunkt der Wandlung sind; die Altaktionäre könnten nicht zu Letzt ihrerseits auch von der Krise betroffen sein. Grundsätzlich dürfte die der obigen Argumentation zugrunde liegende Anreizstruktur nur für finanzstarke Institute zutreffend sein, wo die Aktionäre davon ausgehen, dass sich die zum Zeitpunkt der Wandlung schwächelnde Finanzlage wieder auf ein profitables Niveau erholt. Bei kapitalschwächeren Instituten könnte hingegen der Anreiz fehlen, zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die Unternehmenssituation verschlechtert, (mehr) Aktien zu erwerben. CoCo Szenarien sollen helfen, die Größe des Marktes einzuschätzen Nationale Rechtsgrundlagen: Einschränkung der Marktfähigkeit Ein weiterer Punkt, der unabhängig vom Investoreninteresse die Marktfähigkeit der CoCos einschränken kann, sind mögliche Restriktionen, die sich auf nationaler Ebene durch entsprechende Gesetze ergeben. So könnten (derzeit) bspw. in Deutschland nationale rechtliche Rahmenbedingungen die Ausgabe von CoCos beschränken, denn das deutsche Aktiengesetz (AktG) schränkt die Aktienausgabe mit Ausschluss von Bezugsrechten wie es bei CoCos der Fall wäre auf maximal 10 Prozent des Grundkapitals ein. Außerdem ist den Investoren laut AktG zwingend ein Wahlrecht einzuräumen. 19 Somit ist dem gesellschaftsrechtlichen Rahmen bei der nationalen Umsetzung aufsichtsrechtlicher Reformen unbedingt Beachtung zu schenken. CoCo Szenarien Europa Das Konzept der Pflichtwandelanleihen könnte künftig an Boden gewinnen, da bisheriges Hybridkapital zukünftig nicht mehr in gewohntem Maße regulatorisch anerkannt wird. CoCos könnten langfristig die bisherigen Hybridanleihen ersetzen. Nachstehend sollen daher Szenarien für die potentielle Größe des CoCo-Anleihemarktes betrachtet werden. Ziel ist es, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie groß der Markt etwa werden könnte, so dass die Einschätzung des benötigten Investoreninteresses leichter fällt. Ein entsprechendes Anwendungsbeispiel liefert die Schweiz. Hier wurde als zusätzlicher Kapitalpuffer eine progressive Kapitalkomponente von 6% der risikogewichteten Aktiva festgesetzt, die vollständig aus CoCos mit relativ niedrigem Auslöser bestehen soll das Konstrukt stellt somit eine Basisversicherung für schlechte Zeiten 19 Das Wahlrecht könnte bei CoCos bspw. durch eine eingebaute Out-of-the-money Call-Option darstellbar sein. D.h., es wird eine Kaufoption eingebaut, bei der der Kurs des Basiswertes (in diesem Fall des CoCos) unter dem Basispreis liegt also dem Preis, zu dem der Basiswert gekauft werden kann. 12 15. April 2011

Contingent Convertibles Erste Gehversuche November 2009: Die Lloyds Banking Group begibt Enhanced Capital Notes (ECNs) im Tausch gegen bereits existierende hybride Anleihen. Die ECNs konvertieren, wenn die Kernkapitalquote unter 5% fällt. Der Umwandlungskurs wurde ex ante basierend auf dem beobachteten Aktienkurs bestimmt. Die ECNs haben die gleichen Prioritäten wie herkömmliches Ergänzungskaital und Laufzeiten zwischen 10 und 15 Jahren. Der Zinsaufschlag beläuft sich auf 1,5% bis 2,5%. Bei der Bewertung des Zinsaufschlags muss jedoch berücksichtigt werden, dass Lloyds zum Zeitpunkt der Emission teilweise verstaatlicht waren und daher keine Bonds tilgen oder Zinszahlungen leisten durfte. Unter diesen Bedingungen bot der Tausch in ECNs einen entscheidenden Vorteil: ECNs boten höhere Zinszahlungen und, einmal gewandelt in Aktien, konnten sie verkauft und so zu Geld gemacht werden. Inwieweit die gebotenen Zinsen repräsentativ sind, ist somit unklar. März 2010: Die niederländische Rabobank gibt Senior Contingent Notes (SCN) aus. Diese Anleiheform berücksichtigt die problematische Eigenschaft der CoCos, dass diese per definitionem nur Abwärtspotential und kein Aufwärtspotential haben. Die SCN der Rabobank wurden, im Gegensatz zur Emission bei Lloyds, neu begeben. Die Kerneigenschaften: Wenn die Eigenkapitalquote vor Ende der Laufzeit (10 Jahre) unter 7% fällt, werden das Grundkapital und die unbezahlten Zinszahlungen um 25% reduziert und den Investoren in bar ausgezahlt. Allerdings wird der SCN nicht von den Baseler Vorschlägen erfasst und zählt daher nicht zum regulatorischen Eigenkapital. Der Zinssatz belief sich auf 6,875% und die Nachfrage war doppelt so groß wie geplant. Diese SCNs sind insofern ein Sonderfall, als das die Rabobank als einzige Bank über ein AAA Rating verfügt, so dass das Investoreninteresse entsprechend höher ausfallen dürfte, als bei anderen Banken. Eine andere Anleihe, die Aufwärtspotential in der Auszahlungsstruktur berücksichtigt: step-down, step-up Bonds. Die Idee ähnelt dem SCN und wurde u.a. von Barclays verwendet. Investoren nehmen einen Bewertungsabschlag von bis zu 30% hin, wenn die Kernkapitalquote der Bank unter 7% fällt. Eine Aufwertung ist möglich, wenn es der Bank besser geht und wieder Dividenden gezahlt werden können. Auch die Intesa SanPaolo hat im September 2010 eine Anleihe mit ähnlichen Eigenschaften begeben. Auch diese Anleihe würde bislang jedoch nicht zu den regulatorischen Kapitalquoten zählen, da der Baseler Vorschlag eine permanente teilweise Übernahme von Verlusten vorschreibt; das ist bei step-down, step-up Bonds nicht der Fall. Quelle: Reuters, Bank of Japan dar. Weitere Komponenten der Schweizer Kapitalvorschriften sind ein nicht risikogewichteter Leverage Ratio und ein verlustabdeckender Kapitalpuffer von 8,5%. 5,5% der 8,5% sollen dabei aus hartem Eigenkapital bereit gestellt werden, bis zu maximal 3% dürfen CoCos mit relativ hohem Auslöser sein. Die systemrelevanten Schweizer Banken kämen somit jeweils auf einen Anteil von bis zu 9% ihrer risikogewichteten Aktiva, den sie über CoCos aufbauen müssen, um die Eigenkapitalbasis zu stärken. Da die Schweiz auf Grund der Größe des Bankensektors relativ zum BIP ein Sonderfall ist 20, erscheint es plausibel, bei Modellrechnungen auf europäischer Ebene maximal einen Aufschlag von 6% der risikogewichteten Aktiva (RWA) zu berücksichtigen. CoCos könnten dann nach und nach einen Teil des Aufschlags ausmachen. Für die nachstehend betrachteten Szenarien wurden folgende Annahmen getroffen: Grundlage der Berechnungen sind die prognostizierten RWA unter Berücksichtigung von Basel III; Die 25 größten Banken Europas müssen zusätzlich zu den neuen Eigenkapitalregeln (Basel III) einen Aufschlag von bis zu 6% der RWA halten. Der Anteil der CoCos an dem Aufschlag beträgt, je nach Szenario, 1,5%, 3%, 4,5% oder 6 Prozentpunkte der RWA; CoCos werden mit 9% verzinst. Unter Berücksichtigung dieser Annahmen könnte der endgültige CoCo Markt EUR 138 Mrd. (1,5% Szenario) bis EUR 550 Mrd. (6% Szenario) groß werden. 21 Als Vergleich: Die Menge der hybriden Anleihen im derzeitigen Tier 1 Kapital der 20 größten Banken Europas beläuft sich auf etwa EUR 150 Mrd. Demnach erscheinen die konservativeren Schätzungen für den potentiellen CoCo-Markt (1,5% und 3% Szenario) nicht unplausibel. Voraussetzung ist jedoch, dass Investoren CoCos so bereitwillig abnehmen wie bisherige hybride Anleihen. CoCo Szenarien Europa Mrd. EUR 138 275 Die ersten CoCo-artigen Anleihen wurden vom Markt bisher recht gut angenommen (s. Kasten). Jedoch bleibt die Vergleichbarkeit dieser Emissionen für den Gesamtmarkt fraglich: Einmal handelte es sich um die englische Bank Llyods, die zum Zeitpunkt der Emission teilverstaatlicht war und als Folge keine Nachrangtitel tilgen oder Zinszahlungen leisten durfte. 22 Bei dem anderen Beispiel han- 20 Die Bilanzsummen der beiden Großbanken UBS und Credit Suisses macht ein Vielfaches des Schweizer BIP aus. 21 Detailergebnisse: s. Tabelle auf Seite 15. 22 Zum Zeitpunkt der Emission verlangte die Europäische Kommission als Gegenleistung dafür, dass Staatshilfen gewährt wurden, das Aussetzen von Dividenden- 413 550 1,5% 3,0% 4,5% 6,0% CoCos CoCos CoCos CoCos Quelle: DB Research 2 15. April 2011 13

Jan. 05 Jul. 05 Jan. 06 Jul. 06 Jan. 07 Jul. 07 Jan. 08 Jul. 08 Jan. 09 Jul. 09 Jan. 10 Jul. 10 EU-Monitor 79 Zinsen auf Talfahrt Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen in % 5 4 3 delt es sich um die Rabobank, die zu den ratingstärksten Banken Europas gehört, so dass die zugrunde liegenden Konditionen der Emission nicht als repräsentativ betrachtet werden können. Erfolgreiche CoCo-Platzierung der Credit Suisse im Februrar 2011 Etwas Licht ins Dunkel brachte die CoCo-Platzierung der Credit Suisse im Februar 2011. Im Rahmen der neuen schweizerischen Kapitalvorschriften (s.o.) wurden hier, verglichen mit bisherigen Emissionen CoCo-artiger Anleihen, zum ersten Mal auf vergleichbare Weise CoCos am Markt platziert. Dabei handelte es sich um CoCos mit 30-jähriger Laufzeit, einem Coupon von 7,875% und einem Auslöser, der als unterschritten gilt, wenn die Kernkapitalquote unter 7% fällt. Eine Wandlung kann außerdem erfolgen, wenn die nationale Aufsichtsbehörde der Meinung ist, dass die Bank ohne die Wandlung nicht mehr überlebensfähig wäre ( point of non-viability ). Die Papiere wurden von Fitch mit BBB+ geratet. Die erfolgreiche Platzierung der Credit Suisse zeigt, dass CoCos ein realistisches Potential haben, zu einem akzeptablen Preis vom Markt angenommen zu werden. Dennoch bleibt zu bedenken, dass Credit Suisse auch davon profitierte, das ihnen strategische Investoren und ein Netzwerk an vermögenden Privatkunden zur Verfügung stand, an die sie verkaufen konnte. Die Frage, ob es genügend auch traditionelle Anleiheinvestoren gäbe, um eine größere Menge entsprechender Anleihen zu einem für Banken akzeptablen Preis zu platzieren, bleibt damit weiter offen. über 3 bis einschl. 4 Jahren über 4 bis einschl. 5 Jahren über 5 bis einschl. 6 Jahren über 6 bis einschl. 7 Jahren Quelle: Deutsche Bundesbank 3 Eigen- vs. Fremdkapitalkosten Fremdkapitalkosten sind in der Regel geringer als Eigenkapitalkosten. Grund dafür sind u.a. steuerliche Vorteile bei Zinszahlungen, die einen wichtigen Anreiz darstellen können, Fremd- statt Eigenkapital zu begeben. In Deutschland ergeben sich steuerliche Vorteile bspw. dadurch, dass Zinszahlungen für Fremdkapital bei der zahlenden Kapitalgesellschaft als Betriebsausgaben geltend gemacht werden können. Auf sie fällt, anders als bei Dividendenzahlungen, keine Körperschaftsteuer an. Somit wird durch Fremdfinanzierung eine der beiden Steuern, die bei Eigenkapitalgewährung zu zahlen wären, gespart. Dieser Effekt ist zumindest dann vorteilhaft, wenn Zinsen und Dividenden beim Gesellschafter demselben Einkommensteuersatz unterliegen. Das gleiche Prinzip käme auch bei CoCos zur Anwendung, allerdings nur, wenn CoCos steuerrechtlich auch als Fremdkapital behandelt werden würden. 2 1 Einflussfaktoren des Pricings Sollen CoCos wie bislang Nachranganleihen dazu dienen, das regulatorische Eigenkapital zu stärken, ist aus Bankensicht relevant, ob sie günstiger sind als Eigenkapital. Grundsätzlich sind daher die Eigenkapitalkosten der Bank als Obergrenze für die Kosten der CoCos zu sehen. Da CoCos bei Erreichen des Auslösers automatisch gewandelt werden und Investoren so das Risiko tragen, zu einem ungünstigen Zeitpunkt Aktionär zu werden, ist für CoCos grundsätzlich mit einem höheren Coupon als für klassische Bankanleihen zu rechnen. Aus Investorensicht hingegen ist in erster Linie die Risiko/Rendite-Konstellation entscheidend. Die relativ hohe Risikoprämie, die der Markt für CoCos verlangen wird, macht die Bonds einerseits für Investoren zwar attraktiv, insbesondere derzeit, wo das Zinsniveau relativ niedrig ist (s. Graphik). Andererseits ist die Ausgabe der Instrumente dadurch aber auch relativ teuer und damit unattraktiv für Banken insbesondere für diejenigen, die optimistisch in die eigene finanzielle Zukunft blicken. Je höher der vom Markt verlangte Zins für CoCos, desto näher rücken die Kosten an die für zusätzliches Eigenkapital heran; CoCos würden sich dann für den Emittenten eventuell nicht mehr lohnen. Da die Platzierbarkeit, und damit die Erfolgswahrscheinlichkeit und Sinnhaftigkeit, der CoCos von der individuellen Situation des Emittenten und dessen Kapitalstruktur abhängt, müssen beim Pricing und damit auch bei der Frage, wie hoch der Coupon sein wird unterschiedliche Faktoren berücksichtigt werden. und sonstigen optionalen Zahlungen auf Nachranganleihen sowie das Unterlassen des Ausübens von Call Optionen auf hybrides Kapital in einem Zeitraum von zwei Jahren. Der Tausch von Nachranganleihen gegen CoCos, die eine feste Restlaufzeit und Zinszahlungen versprachen, ermöglichte es somit, die Einschränkungen der Europäischen Kommission zu umgehen [von Furstenberg (2011), S. 11ff.]. 14 15. April 2011

Contingent Convertibles Detailergebnisse der CoCo Szenarien Mio. EUR* RWA Prognostizierte RWA CoCos CoCos CoCos CoCos Ende 2010 unter Basel III-Regeln 1,5% 3,0% 4,5% 6,0% Frankreich BNP Paribas 601.000 685.483 10.282 20.564 30.847 41.129 Société Generale 334.800 369.527 5.543 11.086 16.629 22.172 Credit Agricole 371.700 441.700 6.626 13.251 19.877 26.502 Natixis 148.000 181.900 2.729 5.457 8.186 10.914 Deutschland Deutsche Bank 346.000 529.000 7.935 15.870 23.805 31.740 Commerzbank 268.000 279.017 4.185 8.371 12.556 16.741 Italien Intesa SanPaolo 354.970 365.570 5.484 10.967 16.451 21.934 Unicredit 453.478 492.426 7.386 14.773 22.159 29.546 Skandinavien DnB NOR 117.037 140.140 2.102 4.204 6.306 8.408 Danske 113.293 120.512 1.808 3.615 5.423 7.231 Nordea 214.760 236.240 3.544 7.087 10.631 14.174 Sv. Handelsbanken 59.174 78.285 1.174 2.349 3.523 4.697 SEB 79.633 82.758 1.241 2.483 3.724 4.966 Spanien BBVA 313.327 378.942 5.684 11.368 17.052 22.737 Banco Santander 604.885 699.005 10.485 20.970 31.455 41.940 Schweiz Credit Suisse 173.474 261.756 3.926 7.853 11.779 15.705 UBS 157.748 265.722 3.986 7.972 11.957 15.943 Großbritannien Barclays 468.526 645.106 9.677 19.353 29.030 38.706 HSBC 840.155 1.018.393 15.276 30.552 45.828 61.104 Lloyds 478.381 484.121 7.262 14.524 21.785 29.047 RBS 544.573 648.166 9.722 19.445 29.167 38.890 Standard Chartered 135.202 162.434 2.437 4.873 7.310 9.746 Benelux ING 321.103 332.101 4.982 9.963 14.945 19.926 Dexia 140.834 122.858 1.843 3.686 5.529 7.371 KBC Group 132.000 151.000 2.265 4.530 6.795 9.060 7.772.052 9.172.162 137.582 275.165 412.748 550.330 * bei abweichender Landeswährung: Wechselkurs als Durchschnittswert von 2010, Quelle: OANDA Quelle: Deutsche Bank, Firmeninformationen 4 Einer der wichtigsten Bestimmungsfaktoren für die Höhe des Coupons ist die Höhe des Auslösers und das damit verbundene Wandlungsrisiko: Je höher das Wandlungsrisiko, desto höher die Risikoprämie. Das Wandlungsrisiko wird wiederrum von folgenden Faktoren beeinflusst: Das Geschäftsmodell des Instituts und die damit verbundene Volatilität der Erträge: Je größer die Volatilität, desto höher die Wahrscheinlichkeit von Wandlungen und damit desto höher die Risikoprämie der CoCos; Das Tier 1 Kapital: Je geringer das Tier 1 Kapital, desto wahrscheinlicher ist das Eintreten einer Wandlung und damit desto höher die Risikoprämie der CoCos. Derzeit scheinen viele europäische Banken noch nicht genug Kernkapital gebildet zu haben, um CoCo Investoren mit einem 15. April 2011 15

EU-Monitor 79 hinreichenden Puffer über dem Auslöser Level zu versorgen. D.h. Banken müssten ggf. erst mehr Kernkapital aufbauen, bevor sich eine CoCo Emission aus ökonomischen Gesichtspunkten lohnt. Hier kommt erschwerend hinzu, dass sich das anrechenbare (harte) Kernkapital durch die Verschärfung der Abzüge unter Basel III verglichen mit Basel II signifikant reduzieren wird; Die Höhe der Wahrscheinlichkeit, dass CoCos tatsächlich gewandelt werden: Auf Grund der Existenz vieler (neuer) diskretionärer Eingriffsrechte nationaler Aufsichtsbehörden, die frühzeitig eingreifen können (z.b. wenn aus Sicht der Aufsicht zu riskante Geschäftsmodelle vorherrschen), könnte die Wahrscheinlichkeit, dass CoCos zum Einsatz kommen, letzten Endes gering sein. CoCos wären vielmehr ein theoretisches Konstrukt. D.h. je überzeugender die Aufsichtsprävention, desto unwahrscheinlicher ist eine Wandlung und desto niedriger ist die Risikoprämie der CoCos. Ferner sind beim Pricing Nebeneffekte auf weitere Teile der Refinanzierungskosten zu berücksichtigen. So könnte die Tatsache, dass CoCos erfolgreich platziert werden können, einen positiven Nebeneffekt auf die Kosten von Senior Debt haben. Denn die Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz durch CoCos reduziert wird, führt auch zu einem geringeren Ausfallrisiko, und damit zu niedrigeren Zinsen, für Senior Debt. Erwartete Zinsen von 8% bis 9% Wie hoch der vom Markt geforderte Risikoaufschlag für CoCos letzten Endes sein wird, ist noch unklar und wird auch von Institut zu Institut unterschiedlich sein. Derzeit wird davon ausgegangen, dass CoCos zu einem Zins zwischen 8% und 9% handeln werden. Regulatorischer Ansatz: Bail-ins Bislang beinhalten alle regulatorischen Initiativen ein Eingreifen von Aufsichtsbehörden Als Reaktion auf die jüngste Finanzkrise entstanden in den letzten Monaten erste konkrete regulatorische Initiativen, die sich mit Änderungen in der Gläubigerhaftung beschäftigen. Bislang beinhalten die Initiativen alle einen regulatorischen Ansatz, so genannte Bail-ins: Das Eingreifen (nationaler) Aufsichtsbehörden, die im Ernstfall einen Forderungsverzicht von Anleihegläubigern durchsetzen. Im Rahmen eines Bail-in wird ein Unternehmen durch Tauschgeschäfte ( Debt for Equity Swaps ) refinanziert. 23 Hierbei handelt es sich um Vereinbarungen, bei denen Forderungen gegenüber einem Schuldner in Beteiligungen umgewandelt werden. Aus Schuldnersicht wird eine Verbindlichkeit in Eigenkapital umgewandelt, der Kreditgeber sagt wiederum zu, Teile der Schulden im Austausch zu tilgen. Ein Bail-in könnte eine letzte Option vor der Insolvenz sein, d.h. erst nachdem das Unternehmen alle privatwirtschaftlichen Optionen ausgeschöpft hat. Langfristiges Ziel hierbei ist es, die Bank so zu rekapitalisieren, dass sie restrukturiert und oder verkauft werden kann. Unterschied zwischen CoCos und Bail-ins Bail-ins gehen mit neuen Eingriffsrechten in der Finanzmarktregulierung einher, denn eine Aufsichtsbehörde entscheidet über den richtigen Zeitpunkt für einen Forderungsverzicht, der dann alle Anleihegläubiger gleichermaßen beträfe. Es werden keine automatischen Auslöser verwendet. Im Regelfall findet ein Bail-in im Rahmen eines 23 Eine Alternative wäre ein einfacher Forderungsverzicht. 16 15. April 2011

Contingent Convertibles Der Puffer vom Puffer? Wenn CoCos als Teil eines Puffers regulatorisch vorgeschrieben werden, ist eine wichtige Frage, wie nach einer Wandlung verfahren werden soll. Müssen CoCos als Puffer gehalten werden, wäre der Puffer verbraucht, wenn gewandelt werden muss. Es müsste also entweder im Vorhinein Regeln für die Wiederauffüllung des Puffers geben, die vorschreiben, nach welchem Zeitraum nach einer Wandlung der Puffer wieder aufgefüllt sein muss. Oder aber die Institute müssten de facto einen Puffer für den Puffer halten, um den (eigentlichen) Puffer auch dann zu erfüllen, wenn gewandelt werden musste. Die Entscheidung, welche dieser beiden Varianten gewählt wird, ist offenkundig auch relevant für die Größe des (potentiellen) CoCo Marktes. Auflösungs- oder Restrukturierungsverfahrens statt und nicht als frühzeitige Rettungsmaßnahme. Bei CoCos handelt es sich hingegen um eine neue Form der Wandelanleihe, d.h. ein neues Finanzmarktprodukt. CoCos haben vorbestimmte, rechtlich festgesetzte, automatisch getriggerte, beobachtbare und transparente Wandlungsbedingungen. D.h. es werden im Vorfeld neue Anleihen zu festgesetzten Konditionen begeben, um die Kapitalbasis bei Bedarf ad hoc stärken zu können. Im Fall einer Wandlung wären nur die CoCos betroffen. Entscheidend für die Unterscheidung von Bail-ins und CoCos sind demnach zwei Punkte: der Zeitpunkt und die Verantwortlichkeit der Maßnahme. CoCos sind eine selbstständige, ex ante Maßnahme; Bail-ins hingegen unterliegen einem statutarischen Prozess und stellen eine ex post Maßnahme dar. Bail-ins: Aktuelle regulatorische Initiativen Ein Vorschlag der EU-Kommission (EU KOM 2010/579) prüft derzeit die Maßnahme, Schulden eines in Schieflage geratenen Instituts in Eigenkapital umwandeln zu können, um die Eigenkapitalbasis des Instituts wiederherzustellen und so die (vorübergehende oder dauerhafte) Fortführung der Geschäftstätigkeit zu ermöglichen. In Deutschland unterliegen Bankanleihen bereits Neuerungen. So ermöglicht das Bankenrestrukturierungsgesetzes, das Anfang 2011 in Kraft getreten ist, Regulierern bei drohenden Bankpleiten (und nicht erst bei faktischer Insolvenz) Anleihegläubiger über einen Forderungsverzicht an den Verlusten zu beteiligen. Das so genannte Reorganisationsverfahren erlaubt, in die Rechte von Gläubigern, z.b. durch Kürzung von Forderungen, und von Anteilseignern, z.b. durch die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital, einzugreifen. Im Januar setzte der Baseler Ausschuss die Mindestanforderungen fest, die Schuldtitel zukünftig erfüllen müssen, um zum erweiterten Kernkapital Tier 1 oder zum Ergänzungskapital Tier 2 gerechnet werden zu dürfen. Diese Regeln stellen eine Ergänzung zu den im Dezember 2010 finalisierten Regeln zu Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen nach Basel III dar. Nach den neuen Mindestanforderungen müssen hybride Kapitalformen, die weiterhin regulatorisch anerkannt werden sollen, voll an der Verlustabdeckung einer Bank partizipieren. Dies soll in Form einer Abschreibung oder Wandlung auf Geheiß nationaler Aufsichtsbehörden erfolgen. Als Auslöser sieht der Baseler Ausschuss den Punkt, an dem eine Bank ohne Zugriff auf das Hybridkapital nicht mehr überlebensfähig wäre. Der Zeitplan des Baseler Ausschusses sieht ein Inkrafttreten der Anforderungen zum Jahresanfang 2013 vor. Das heißt, Bonds, die am oder nach dem 1. Januar 2013 begeben werden, müssen den neuen Kriterien genügen, wenn sie zum regulatorischen Kapital zählen sollen. Anleihen, die vor dem Stichtag begeben wurden und den Kriterien nicht genügen, werden im Rahmen eines Portfolioansatzes einem phasing-out unterstellt die Anrechenbarkeit aller Anleihen wird über zehn Jahre hinweg in Zehnprozentschritten gesenkt. 24 24 Dies könnte zu einem Konflikt mit bestehendem EU-Recht führen, da die kürzlich in Kraft getretene Novelle der Kapitaladäquanzrichtlinie (CRD II) einen pauschalen Bestandsschutz ( Grandfathering ) von zehn Jahren vorsieht. 15. April 2011 17

EU-Monitor 79 Fazit: Auswirkungen auf den Anleihemarkt Die Struktur des Bankenanleihemarktes wird mittel- bis langfristig größeren strukturellen Umwälzungen unterworfen sein Mittel- bis langfristig könnten sich zwei Arten von CoCos entwickeln Der Anleihemarkt für Banken wird in den nächsten Jahren grundlegenden strukturellen Veränderungen unterworfen sein. Risiken und damit auch Risikoprämien von Nachranganleihen der Banken werden sich verändern, da Ausfallrisiken angepasst werden müssen. Die neuen Regulierungsinitiativen werden dazu führen, dass bisheriges Hybridkapital an Bedeutung verliert. Für neue Anleiheformen wie bspw. CoCos könnte Platz gemacht werden. CoCos hätten auf Grund ihrer Fähigkeit, Verluste zu absorbieren, das Potential, mittelbis langfristig als Ersatz für die hybriden Anleihen, die bislang zum regulatorischen Ergänzungskapital der Banken zählten, zu fungieren. So könnte eine neue Generation an Bankanleihen entstehen, die wiederum, zumindest teilweise, ins regulatorische Eigenkapital eingerechnet werden kann. Welche Form die neue Anleihegläubigerhaftung letzten Endes haben wird, ist derzeit jedoch noch unklar. Der Regulierung kommt hierbei eine wichtige Rolle zu. Denn erstens ist sie, zumindest teilweise, als Motivation für das Thema zu sehen und zweitens kann sie mit gezielter Ausgestaltung der regulatorischen Rahmenbedingungen helfen, neue Instrumente, wie bspw. CoCos, marktgängig zu machen. Nachrangige Anleihegläubiger an den Kosten einer Institutsrettung zu beteiligen, ist richtig. Auch ist es letzten Endes unabdingbar, dass entsprechende Stabilisierungsbemühungen weitgehend von den Kreditinstituten selbst zu tragen sind. Ob es allerdings der richtige Weg ist, allein Bankaufseher darüber entscheiden zu lassen, wann ein wandlungsauslösendes Ereignis erreicht ist, ist zu bezweifeln. Dass die Entscheidung zur Wandlung einer Aufsichtsbehörde und nicht dem Markt überlassen wird, bringt aus Sicht potentieller Anleger ein diskretionäres, schwer einschätzbares Element in die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Ausfallrisiken. Dies dürfte die Berechnung der Risikoprämien weiter erschweren. Auch die Platzierbarkeit der CoCos wird durch die Entscheidung des Baseler Ausschusses, das Wandlungsrecht in die Hände der Regulierer zu legen, erschwert. Falls nur noch Bonds, die auf regulatorisches Geheiß gewandelt werden können, zum regulatorischen Eigenkapital zählen, wird es keine CoCos geben, die ausschließlich einen marktbasierten oder Eigenkapitalorientierten Auslöser haben. Vielmehr wird es Bankanleihen geben, die jederzeit gewandelt werden können, wenn Finanzaufseher dies für nötig erachten. Dieser Schritt konterkariert das Ziel einer stärker risikoangepassten Bewertung von Bonds und dürfte unnötige Volatilität in die Bankenrefinanzierung bringen. Wird jedoch Raum für die Entstehung von CoCos mit marktbasiertem oder Eigenkapitalorientiertem Auslöser gelassen, könnten sich mittel- bis langfristig zwei Arten von CoCos entwickeln, entsprechend unterschiedlicher Investoreninteressen: Erstens, CoCos, mit hohem Auslöser, die als going-concern CoCos so früh eingreifen, dass verhindert wird, dass eine Bank den Punkt, an dem kein laufender Betrieb mehr möglich ist, gar nicht erst erreicht. CoCos mit hohem Auslöser dürften für Investoren nur attraktiv sein, wenn sie von stabilen Banken begeben werden. Zweitens, CoCos mit relativ niedrigem Auslöser, bei denen es relativ unwahrscheinlich ist, dass der Auslöser erreicht wird. Wenn er jedoch erreicht wird, befindet sich die Bank an einem Punkt, an dem ein regulärer laufender Betrieb nicht mehr möglich ist. Der Fokus läge darauf, den Einsatz staatlicher Mittel zur Rettung des Instituts ( Bail-out ) zu verhindern. CoCos mit niedrigem Auslöser könnten einfacher zu emittieren sein, 18 15. April 2011

Contingent Convertibles da sie klar auf die Ausfallwahrscheinlichkeit ( default risk ) abzielen und damit berechenbarer sind. Das ist allerdings nur dann der Fall, wenn die Entscheidung über eine Wandlung nicht allein in den Händen von Aufsichtsbehörden liegt, sondern ein transparentes Ereignis darstellt. Die jüngsten Entwicklungen am Regulierungshimmel lassen nicht darauf schließen, dass dieser Aspekt hinreichend Berücksichtigung findet. Auf Grund der derzeit noch vorhandenen großen Unsicherheiten sollte nur ganz allgemein die Ausgabe von Instrumenten, die zur Verlustabdeckung bereitstehen, gesetzlich vorgeschrieben werden. Die Definition der Bedingungen sollte dann dem Emittenten selbst überlassen werden, denn letzten Endes hängt die Sinnhaftigkeit der CoCos immer auch von der individuellen Situation des Emittenten, dessen Kapitalstruktur und den rechtlichen nationalen Rahmenbedingungen ab. Meta Zähres (+49 69 910-31444, meta.zaehres@db.com) Ausgewählte Literatur Flannery, M.: No Pain, No Gain? Effecting Market Discipline via Reverse Convertible Debentures. Working Paper. November 2002. Flannery, M.: Stabilizing Large Financial Institutions with Contingent Capital Certificates. Working Paper. Oktober 2009. IIF Working Group on Definition of Capital: Straw Man Industry Contingent Capital Considerations. Mai 2010. Kamada, K.: Understanding Contingent Capital. Bank of Japan Working Paper Series, No. 10-E-9. Oktober 2010. McDonald, R. L.: Contingent Capital with a Dual Price Trigger. Working Paper. Februar 2010. Pennacchi, G., Vermaelen, T., Wolff, C. C. P.: Contingent Capital: The Case for COERCs. Insead Business School Working Paper. August 2010. Plosser, C. I.: Convertible Securities and Bankruptcy Reforms: Addressing Too Big to Fail and Reducing the Fragility of the Financial System. Conference on the Squam Lake Report: Fixing the Financial System. June 2010. Sundaresan, S., Wang, Z.: Design of Contingent Capital with a Stock Price Trigger for Mandatory Conversion. Federal Reserve Bank of New York. Staff Report no. 448. May 2010. Squam Lake Working Group on Financial Regulation: An Expedited Resolution Mechanism for Distressed Financial Firms: Regulatory Hybrid Securities. Working Paper. April 2009. The US Shadow Financial Regulatory Committee: The Case for a Properly Structured Contingent Capital Requirement. Statement No. 303. Dezember 2010. von Furstenberg, G. M.: Contingent Capital to strengthen the private safety net for financial institutions: Cocos to the rescue? Deutsche Bundesbank Discussion Paper, Series 2: Banking and Financial Studies, No 01/2011. Januar 2011. 15. April 2011 19

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