Unter Verwendung der Mitschriften von Karola Hammer und Karina Ecker



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Transkript:

VWA RHEIN-NECKAR/BFW DIPLOMSTUDIENGANG BETRIEBSWIRT (VWA) SCHWERPUNKT G ESUNDHEITSMANAGEMENT Materialwirtschaft Dozent: Dr. Jürgen Stenger Verfasser: Andreas Ohlmann Unter Verwendung der Mitschriften von Karola Hammer und Karina Ecker Vorlesungen am: 01.10.2004 15.10.2004 16.10.2004 29.10.2004 Der vorliegende Text basiert auf den Aufzeichnungen des Verfassers und persönlicher Ergänzungen. Für den Inhalt wird keine Gewähr übernommen. Fehler und Unstimmigkeiten können Sie dem Autor mitteilen.

- 2 - INHALTSVERZEICHNIS 1 Einführung... 5 1.1 Selbstverständnis der Materialwirtschaft... 5 1.2 Begriffsbestimmungen... 5 1.3 Definition der Materialwirtschaft... 5 1.4 Ziele der Marktwirtschaft... 6 1.4.1 Unterziele der Marktwirtschaft... 6 1.4.2 Zielbeziehungen... 6 1.5 Begriffliche Abgrenzung der Materialwirtschaft... 13 1.5.1 Einkauf... 13 1.5.2 Beschaffung... 14 1.5.3 Lagerwirtschaft... 14 1.5.4 Logistik... 14 1.5.5 Materialwirtschaft... 14 2 Materialwirtschaft im Unternehmen... 15 2.1 Organisation der Materialwirtschaft... 15 2.1.1 Unternehmensstruktur... 15 2.1.2 Stellenbildung... 15 2.1.3 Organisationsform... 15 2.2 Stellenwert der Materialwirtschaft... 15 2.3 Ansatzpunkte... 15 3 Bedarfsarten... 16 3.1 Voraussetzungen... 18 3.1.1 ABC-Analyse... 18 3.1.1.1 Durchführung der ABC-Analyse... 18

- 3-3.1.1.1.1 Wertanteile... 20 3.1.1.1.2 Fazit... 20 3.1.2 XYZ-Analyse... 21 3.1.3 Kombination ABC/XYZ-Analyse... 21 3.2 Verfahren der Bedarfsermittlung... 21 3.2.1 Programmorientierte Bedarfsermittlung... 21 3.2.1.1 Stücklistenauflösung... 22 3.2.1.1.1 Beispiele... 24 3.2.1.2 Probleme deterministischer Disposition... 27 3.2.2 Ermittlung der optimalen Bestellmenge... 27 3.2.2.1 Fallbeispiel:... 28 3.2.3 Verbrauchsorientierte Disposition... 30 3.2.3.1 Mittelwertbildung:... 32 3.2.3.1.1 Mittelwertverfahren... 32 3.2.3.1.2 gleitendes Mittelwertverfahren (rollierend, rotierend)... 33 3.2.3.1.3 gewichteter (gewogener) gleitender Mittelwert... 34 3.2.3.1.4 exponentielle Glättung 1. Grades... 34 3.2.3.2 Gründe für stochastische Bedarfsermittlung... 36 3.2.3.3 Bestellsystem im Rahmen verbrauchsorientierter Disposition... 36 3.2.3.3.1 Kontinuierliche Systeme... 36 3.2.3.3.2 Bestellrhythmusverfahren... 39 4 Bedarfsdeckung... 41 4.1 Sinn und Zweck... 41 4.2 Quellen Bedarfsdeckung... 41 5 Beschaffungsmarktforschung (BMF)... 42 5.1 Grundsätzliches... 42 5.2 Informationsquellen der Beschaffungsmarktforschung... 43 5.3 Träger Der Beschaffungsmarktforschung... 44 5.4 Reichweite der Beschaffungsmarktforschung... 44 5.5 Theoretische Basis der Beschaffungsmarktforschung... 44

- 4-5.6 Untersuchungsobjekte der Beschaffungsmarktforschung... 44 5.6.1 Untersuchungsobjekt Produkt... 45 5.6.2 Untersuchungsobjekt Markt... 45 5.6.3 Untersuchungsobjekt Lieferant... 45 5.6.4 Untersuchungsobjekt Preis... 45 5.6.4.1 Preisstrukturanalyse... 46 5.6.4.2 Partieller Preisvergleich... 46 5.7 Fazit der Beschaffungsmarktforschung... 46 6 Wertanalyse... 46 7 Bestellvorgang... 47 7.1 Einführung... 47 7.2 Phasen des Bestellvorgangs... 47 7.2.1 Bedarfsmeldung... 47 7.2.2 Vergabeart... 47 7.2.3 Angebotsverarbeitung... 47 7.2.4 Bestellung... 50 7.2.5 Auftragsbestätigung... 50 7.3 Terminsicherung und Terminkontrolle... 50 8 Logistik... 51

1 Einführung 1.1 Selbstverständnis der Materialwirtschaft Was ist Materialwirtschaft: Materialwirtschaft versteht sich als Dienstleister Sie zeigt Problemfeldern auf bevor Konflikte entstehen Alternativen zu jetzigen Produkten und Vorgehensweisen werden dargestellt Die Entscheidungsfindung wird unterstützt und kritisch hinterfragt 1.2 Begriffsbestimmungen Material = Umlaufvermögen, nur kurzfristige Verweildauer im Betrieb (< 1 Jahr) Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffe Verbrauchsgüter gemäß Abgrenzungsverordnung keine planmäßige Abschreibung, aber (eventuell) außerplanmäßige Abschreibung Begriffsdefinitionen: Objekte der Beschaffung im engeren Sinne sind Verbrauchs-, Gebrauchs- und Anlagegüter, im weiteren Sinne Dienstleistungen und Rechte, im weitesten Sinne Personal, Kapital und Information Hierbei erfolgt die Unterscheidung zwischen Verbrauchs-, Gebrauchs- und Anlagegütern im Sinne der Abgrenzungsverordnung Alternative Gliederung der Materialien ist möglich in Arzneimittel und medizinischer Bedarf, technischer Bedarf, Bürobedarf und Lebensmittel 1.3 Definition der Materialwirtschaft Definition der Marktwirtschaft: Materialwirtschaft ist betriebliche Beschaffungswirtschaft Alle Tätigkeiten zur Bereitstellung der für das Unternehmen notwendigen Materialien charakterisieren die Materialwirtschaft.

- 6-1.4 Ziele der Marktwirtschaft Ziele der Marktwirtschaft sind: Das Materialwirtschaftliche Optimum bedeutet, dass die erforderlichen Materialien in der benötigten Menge, zur rechten Zeit am rechten Ort und zu günstigen Kosten im Unternehmen vorhanden sein müssen. Die finanzwirtschaftliche Zielsetzung des Materialwirtschaftlichen Optimums bezeichnet das Streben nach Wirtschaftlichkeit Das leistungswirtschaftliche Ziel beinhaltet die restlichen Kriterien des Optimums, d. h. die zeitliche, qualitative und räumliche Komponente 1.4.1 Unterziele der Marktwirtschaft Unterziele der Marktwirtschaft sind: Sicherheitsziel: Sicherheit der Leistungserbringung durch Vorhandensein der erforderlichen Materialien Flexibilität in Bezug auf wechselnde Anforderungen Prüfung und Steigerung der Qualität Kooperation mit anderen Betriebsbereichen Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung der Betriebsbereiche inklusive des Bereiches Materialwirtschaft 1.4.2 Zielbeziehungen Zielbeziehungen der Materialwirtschaft sind: Die Einzelziele des Materialwirtschaftlichen Optimums bestimmen das Handeln und haben untereinander konkurrierende, komplementäre und neutrale Zielbeziehungen Um die Ziele optimal verwirklichen zu können, bedarf es einer intensiven Zusammenarbeit aller Unternehmensbereiche. Diese kommt in den Materialgemeinkosten zum Ausdruck. Materialgemeinkosten zeigen, welche Bereiche und Mitarbeiter Leistungen für den Bereich Materialwirtschaft erbringen.

- 7 - Minimiere Maximiere Servicegrad Lieferbereitschaftsgrad 1) Kosten 2) Qualität Sicherheit... 1) Zahl der sofort erfüllten Anforderungen Gesamtzahl der Materialanforderungen * 100 = Lieferbereitschaftsgrad Kosten 0 90 97 100 Lieferbereitschaftsgrad in % 2) von der Materialwirtschaft beeinflussbare Kosten: Materialkosten:

- 8 - Relevant: Einstandspreis Angebots-/Lieferpreis + Mindermengenzuschlag - Rabatte (in der Regel Mengenrabatte) - Boni (in der Regel umsatzbezogen) = Ziel-Einkaufspreis - Skonto = Bar-Einkaufspreis + Bezugskosten (Fracht, Verpackung, Porto,...) = Einstandspreis Beispiel: Der Lieferant für Materialart A weist in seinem Angebot dieses Material zum Listenpreis von 1.000 pro Stück aus. Bei einer Abnahmemenge von weniger als 100 Mengeneinheiten wird ein Mindermengenzuschlag von 10 % des Listenpreises in Rechnung gestellt. Der Lieferant ist bereit, bei einer Abnahmemenge von mehr als 200 Stück einen Rabatt in Höhe von 20 % des Listenpreises zu gewähren; bei einem Einkaufsvolumen von mindestens 500 Stück im Jahr gewährt der Lieferant einen Bonus in Höhe von 1 % des Listenpreises. Bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungseingang besteht die Möglichkeit, Skonto in Höhe von 2,5 % des Zieleinkaufspreises abzuziehen. Die Bezugskosten liegen bei 70 pro Stück. Ermitteln Sie für Materialart A den Einstandspreis pro Stück (1) bei Beschaffung von 50 Stück und Zahlung nach 3 Wochen (2) bei Beschaffung von 600 Stück und Zahlung nach 3 Wochen (3) bei Beschaffung von 600 Stück und Zahlung nach 10 Tagen

- 9 - (1) (2) (3) Listenpreis 1.000,00 1.000,00 1.000,00 + Mindermengenzuschlag (10 % des Listenpreises) 100,00 - - - Rabatte - 200,00 200,00 - Bonus - 10,00 10,00 = Zieleinkaufspreis 1.100,00 790,00 790,00 - Skonto (2,5 % des Zieleinkaufpreises) - - 19,75 = Bar-Einkaufspreis 1.100,00 790,00 770,25 + Bezugskosten 70,00 70,00 70,00 = Einstandspreis 1.170,00 860,00 840,25 Differenz: 229,75 /Stück(!) Lagerhaltungskosten: (2.1) Lagerkosten, z. B. Personalkosten Mietkosten/Leasing Heizung/Kühlung Strom Abschreibungen... Kapitalbindungskosten (Zinsbindungskosten) Opportunitätskosten Zinssatz für die bestmögliche alternative Kapitalanlage bezogen auf den Wert des durchschnittlichen Lagerbestandes Bestellkosten: = Kosten des Bestellvorganges, z. B. anteilige Kosten von Einkaufsabteilung Marktforschung Disposition Porto, Online-Kosten, Telekommunikationskosten...

- 10 - Fehlmengenkosten: Grund/Ursache: Lieferbereitschaftsgrad < 100 % Kosten für die zusätzliche Beschaffung kleiner Mengen (Expresszuschlag, Mindermengenzuschlag, Hubschrauber,...) oder: Kosten fehlender oder nicht rechtzeitiger Auftragserfüllung, z. B. Konventionalstrafe (im Vorfeld vereinbart, fällig unabhängig von Nachweis eventueller Schäden beim Kunden Schadenersatz Verlust von Kunden/Aufträgen, Imageschaden - Minimierungsziele Maximierungsziele Zielkonflikt (konkurrierende Ziele) (Minimaxprinzip: minimale Kosten, maximales Ergebnis nicht realisierbar!!!) - darüber hinaus: Zielkonflikt innerhalb der Kostenarten: Bestellkosten Lagerhaltungskosten (siehe Skript S. 50 ff) Bestellkosten Verlauf Bestellkosten SINKEN mit steigender Bestellmenge (weil die Anzahl der Bestellungen mit steigender Bestellmenge sinkt) Anweisung an die Disposition: HOHE Bestellmenge Lagerhaltungskosten Verlauf STEIGEN mit steigender Bestellmenge (i.d.r. linear) Anweisung an die Disposition: GERINGE Bestellmenge

- 11 - Lösung: Ermittlung der OPTIMALEN Bestellmenge ^ Bestellmenge, bei der die GESAMTKOSTEN MINIMAL sind. ( Bestellkosten + Lagerhaltungskosten = Gesamtkosten. Gesamtkosten = relevante Kostenkurve, s. S. 52) relevante Kostenkurve Vertikal-Addition von Lagerhaltungs- und Bestellkosten Gesamtkosten Minimum der Gesamtkosten Lagerhaltungskosten x opt Bestellmenge rechnerische Herleitung: Variablen: GK = Gesamtkosten BK = (fixe) Bestellkosten je Bestellung J B = Jahresbedarfsmenge x = Bestellmenge (optimale im Sinne von kostenminimale) EP = Einstandspreis ZS = Zinssatz für das durchschnittlich gebundene Kapital LKS = Lagerkostensatz (%)

- 12 - Kostenfunktionen: JB Bestellkosten = BK * (JB/x = Anzahl der Bestellungen) x x ZS + LKS Lagerhaltungskosten = * EP * (ZS+LKS/100 = Lagerhaltungskostensatz) 2 100 Gesamtkosten = JB x x + * 2 ZS + LKS EP * 100 Gesucht: Minimum der Gesamtkostenfunktion (mathematisch: 1. Ableitung der GK Funktion nach x ) xopt = 200* J B * BK EP *( ZS + LKS) = Andler`sche Losgrößenformel (wird in der Klausur angegeben) Beispiel: JB = 50.000 ME BK = 30 / Bestellung EP = 15 / ME LKS = 10% ZS = 7% optimale Bestellmenge x opt = 200*50.000*30 15*(7 + 10) x opt = 3.000.000 255 x opt = 1.176.470,588 x opt = 1.084,65

- 13 - optimale Bestellhäufigkeit J x a opt 50.000 ME / Jahr = = 46 Bestellungen / Jahr 1.085 Bestellungen / Jahr optimaler Bestellrhythmus 360 = optimale Bestellhäufigkeit = 360 = 7,8Tage 46 (nach 8 Tagen wäre das Lager leer) alle 7 Tage bestellen Kritik: an der Andler`schen Losgrößenformel: s. Skript S. 52 Die Ermittlung der optimalen Bestellmenge beruht auf idealtypischen Gegebenheiten und ist in der Praxis nur bedingt einsetzbar. Die Formel ist ein Anhaltspunkt, bzw. Orientierung für die optimale Bestell- / Kostenmenge und wird NIE! 1:1 umgesetzt. 1.5 Begriffliche Abgrenzung der Materialwirtschaft 1.5.1 Einkauf Beim Einkauf stehen die operativen Tätigkeiten im Vordergrund Die rechtliche Übernahme der Güter ins Eigentumsverhältnis wird ebenfalls durch den Einkauf beschrieben Der Einkauf ist ein Aufgabenkomplex mit organisatorischer Einheit in den unterschiedlichen Ausprägungen verwaltender und moderner Einkauf Verwaltender Einkauf ist passiv, untergeordnet, abwicklungsorientiert und wird auf Anweisung tätig. Moderner Einkauf ist teilaktiv, stellt die Preisorientierung in den Vordergrund und arbeitet mit den Bedarfsträgern zusammen

- 14-1.5.2 Beschaffung Beschaffung ist umfangreicher als der Einkauf, da alle Objekte der Beschaffung betrachtet werden Beschaffungsmarketing ist dementsprechend aktiv-kreativer Partner im Unternehmen und stellt den Gewinn in den Vordergrund der Betrachtung Durch erweitertes Aufgabenfeld auch umfangreichere Bewertungsaufgaben wie Produktbewertung, wirtschaftliche Analysen etc. 1.5.3 Lagerwirtschaft Lager dient dem Ausgleich unterschiedlicher Mengenanforderungen Zentrale oder dezentrale Organisationsformen sind möglich, resultierend aus den unterschiedlichen betrieblichen Gegebenheiten 1.5.4 Logistik Die systematische Betrachtung materialflussbezogener Daten ist wesentliche Aufgabe der Logistik Logistik dient der Raum- und Zeitüberbrückung 1.5.5 Materialwirtschaft Materialwirtschaft beinhaltet alle Tätigkeiten zur Verwirklichung des Materialwirtschaftlichen Optimums. Die im Unternehmen benötigten Materialien sind bereitzustellen Hauptaufgaben der Materialwirtschaft sind Bedarfsermittlung, Beschaffung und Logistik

- 15-2 Materialwirtschaft im Unternehmen 2.1 Organisation der Materialwirtschaft 2.1.1 Unternehmensstruktur Die Einordnung der Materialwirtschaft in die Unternehmensstruktur kann in Form der klassischen Ressorttrennung, der zentralen Materialwirtschaft oder einer eigenständigen Materialwirtschaft erfolgen. 2.1.2 Stellenbildung Die Stellenbildung erfolgt in Konsequenz zur Unternehmensstruktur. Man unterscheidet zwischen objektbezogener, verrichtungsbezogener, institutionsbezogener Stellenbildung und Mischformen wie zum Beispiel der objektbezogenen Institutszentralisation 2.1.3 Organisationsform Am erfolgreichsten kommen Mischformen zur Anwendung. Die Vor-/Nachteile einer zentralen oder dezentralen Organisationsform lassen sich in den Bereichen Wissen in fachlicher Hinsicht und in Bezug auf die Details der Leistungserbringung, Lagerbestand, Überblick über die entstehenden Kosten, Ablauforganisation u. a. zusammenstellen. 2.2 Stellenwert der Materialwirtschaft Materialwirtschaft hat Einfluss auf Kosten, Kapitalbindung, Qualität der Leistungserbringung, Termintreue und Kapazitätsauslastung. 2.3 Ansatzpunkte Einkauf muss notwendige Kompetenzen für erweiterte Aufgabenerfüllung eingeräumt werden Anforderer orientiert sich am Leistungsprozess, an seiner Arbeit Einkäufer ist kostenorientiert und soll gleichzeitig Dienstleister sein.

- 16-3 Bedarfsarten Bedarfsarten (1) Primärbedarf Bedarf an verkaufsfertigen Erzeugnissen (auch Dienstleistungen), Bedarf des Marktes (Zahlen aus der (Absatz-)Marktforschung (Mafo)) (2) Sekundärbedarf Bedarf an Rohstoffen, Zulieferteilen... zur Erstellung des Primärbedarfs ( hochwertige Teile; A-Teile) (3) Tertiärbedarf Bedarf an Hilfsstoffen, Betriebsstoffen... ( B-, C-Teile) (4) Zusatzbedarf Bedarf für Schwund ( Schwenker ), Verschleiß, Verschnitt,... Mehrbedarf für Wartung, Reparatur Nebenbedarf für Sonderwerkzeuge (Vorserien, Versuchszwecke...)... i.d.r. kalkuliert als %-Satz auf den Sekundärbedarf Bruttobedarf = Zusatzbedarf + Sekundärbedarf

- 17 - Nettobedarf = Bedarf, der (in letzter Konsequenz) vom Einkauf BESTELLT werden muss. Ermittlungsschema: Bruttobedarf = Sekundär- und Zusatzbedarf - Lagerbestand + Reservierungen/ = Bedarf, der auf Lager ist, der aber für andere Vormerkungen Zwecke benötigt wird und deswegen nicht verfüg ist (muss man dazu addieren, weil er eigentlich zu Unrecht subtrahiert wurde. Geführt jenseits des disponiblen Bestandes) - Bestellbestand/ = Material, das bereits bestellt ist, aber noch nicht Unterwegsware eingetroffen ist + Sicherheitsbestand/ Eiserner Bestand/ Mindestbestand... = Nettobedarf = Menge, die bestellt werden muss

- 18 - Beispiel: Rohstoff A wird zur Produktion des Gutes X benötigt. Auf der Grundlage der von der Marketingabteilung gemeldeten Marktdaten für das Gut X wird für Rohstoff A ein Sekundärbedarf von 250 ME abgeleitet. Derzeit befinden sich von Rohstoff A noch 60 ME auf Lager, von denen 20 ME bereits für die Produktion des Gutes Y reserviert sind. Für Ausschuss, Schwund und Verschnitt werden 20 % des Sekundärbedarfes kalkuliert. Der Sicherheitsbestand wird mit konstant 10 ME vorgegeben. Welche Menge des Rohstoffes A soll die Einkaufsabteilung bestellen, wenn bei der vorherigen Bestellung bereits 5 ME geordert wurden, deren Lieferung für die nächsten Tage zugesichert wurde? Bruttobedarf = 250 ME - Lagerbestand = 40 ME + Reservierungen = 20 ME - Bestellbestand = 5 ME + Sicherheitsbestand = 10 ME + Ausschuss = 50 ME = Nettobedarf = 285 ME 3.1 Voraussetzungen 3.1.1 ABC-Analyse 3.1.1.1 Durchführung der ABC-Analyse Festlegung der Wertgruppen (SUBJEKTIV): z.b. A-Positionen: ca. 70 75% des Wertes entsprechen ca. 10 20% der Positionen (der Mengen) B-Positionen: ca. 15 25% des Wertes entsprechen ca. 21 30% der Positionen C-Positionen: ca. 0 15% des Wertes entsprechen ca. 31 50% der Positionen

- 19 - Material-Nr. Jahresbedarf (ME) Preis je Mengeneinheit ( ) wertmäßiger Jahresbedarf ( ) Rang 51 100 312,50 31.250,00 1 52 16.000 1,60 25.600,00 2 53 1.000 2,80 2.800,00 6 54 5.000 1,05 5.250,00 3 55 700 5,50 3.850,00 5 56 700 7,10 4.970,00 4 57 100 22,00 2.200,00 8 58 18.000 0,05 900,00 10 59 20.000 0,08 1.600,00 9 60 32.500 0,07 2.275,00 7 Rang Material- Nr. wertmäßiger Jahres-bedarf ( ) Jahresbedarf (ME) %-Anteil vom Gesamtwert %-Anteil kumulativ 1 51 31.250,00 100 38,7% 38,7% 2 52 25.600,00 16.000 31,7% 70,5% 3 54 5.250,00 5.000 6,5% 77,0% 4 56 4.970,00 700 6,2% =17,5 % 83,1% 5 55 3.850,00 700 4,8% 87,9% 6 53 2.800,00 1.000 3,5% 91,4% 7 57 2.200,00 100 2,7% 94,1% 8 60 2.275,00 32.500 2,8% = 12,1 % 96,9% 9 59 1.600,00 20.000 2,0% 98,9% 10 58 900,00 18.000 1,1% 100,0% Summe 80.695,00 94.100 100,0% Wertgruppe A B C Hier: A: 70,4% des Wertes entsprechen 20% der Positionen B: 17,5% des Wertes entsprechen 30% der Positionen C: 12,1% des Wertes entsprechen 50% der Positionen Zusammenfassung: Ablauf der ABC-Analyse: Ermittlung der jährlichen Verbrauchsmengen und durch Multiplikation mit dem Einzelpreis ergibt sich der Jahresverbrauchswert. Sortierung der Verbrauchswerte in absteigender Folge und Ermittlung des prozentualen Anteils, Einteilung in die Gruppen A, B und C A-Artikel heißt 80 % Wert 20 % Menge B-Artikel heißt 15 % Wert 10 % Menge C-Artikel heißt 5 % Wert 70 % Menge

- 20-3.1.1.1.1 Wertanteile in % 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 0 20 50 100 3.1.1.1.2 Fazit A-Artikel: genaue ( deterministische ) Bedarfsermittlung ( Stücklistenauflösung ) Bestellpunkt-/ Meldebestandsverfahren (S. 53 im Skript) Lagerbestand/ Sicherheitsbestand (ruhendes Kapital) MINIMIEREN genaue Lagerbuchhaltung (Abgleich Buchbestand Istbestand); permanente Inventur C-Artikel: verbrauchsorientierte ( stochastische ) Bedarfsermittlung Bestellrhythmusverfahren vereinfachte Lagerbuchführung B-Artikel:? Nicht Fisch, nicht Fleisch Problem: Kritische Teile C-Teile, deren Bedeutung für den Betriebsablauf so groß ist, dass sie WIE A-TEILE behandelt werden.

- 21-3.1.2 XYZ-Analyse Bei der stochastischen Bedarfsermittlung wird der Verbrauch der Vergangenheit benötigt. XYZ-Analyse beruht auf der Vorhersagegenauigkeit Die Artikel werden in die Bereiche planbarer, sporadischer und nicht planbarer Verbrauch eingeteilt X-Artikel haben konstanten Verbrauch bei hoher Vorhersagegenauigkeit Y-Artikel haben schwankenden Verbrauch bei mittlerer Vorhersagegenauigkeit Z-Artikel haben unregelmäßigen Verbrauch bei geringer Vorhersagegenauigkeit. 3.1.3 Kombination ABC/XYZ-Analyse Die Kombination aus Wertigkeit (ABC) und Vorhersagegenauigkeit (XYZ) ermöglicht konkrete Aussagen für die Arbeit der Materialwirtschaft AX-Artikel werden durch umfangreiche Maßnahmen in allen Bereichen gekennzeichnet, sind Lagergut für das kein hoher Sicherheitsbestand kalkuliert werden muss. AZ-Artikel werden durch umfangreiche Beschaffungsmaßnahmen gekennzeichnet; sie sind jedoch kein Lagergut, sondern werden mit Einzelverträgen geschafft CX-Artikel werden nur mit wenigen Beschaffungsaktionen berücksichtigt. Zur Vereinfachung von Bestellrechnung und Bestellwesen werden Rahmenverträge abgeschlossen. CZ-Artikel haben ebenfalls ein vereinfachtes Verfahren, sind kein Lagergut und werden über Einzelverträge beschafft. 3.2 Verfahren der Bedarfsermittlung 3.2.1 Programmorientierte Bedarfsermittlung Planungsgrundlage für die programmorientierte Bedarfsermittlung ist das intern festgeschriebene Leistungsprogramm und das von außen oder nach außen vorgegebene Absatzprogramm. Die hierin festgelegten Leistungen definieren die Erzeugnisstruktur und somit die voraussichtlich benötigten Materialien. Die Erzeugnisstruktur wird über den Planungszeitraum hochgerechnet. Probleme bestehen in der Festschreibung der Erzeugnisstruktur und der Wahl des Planungshorizontes.

- 22-3.2.1.1 Stücklistenauflösung Die Stücklistenauflösung beinhaltet folgende Schritte: Definition der Erzeugnisstruktur Festlegung der benötigten Materialmenge je Erzeugnis Kombination Erzeugnis- und Mengenübersicht Mengenübersichtsstückliste als Ergebnis und Arbeitsgrundlage VORAB: Grundlage: konkrete Aufträge (vom Markt oder Lager), Produktionsprogramme mit genau definiertem Primärbedarf. Ermittlung des Sekundärbedarfs unter Zugrundelegung von STÜCKLISTEN Stücklistenauflösung (S. 47) Stücklisten = VERZEICHNIS von Einzelteilen, Rohstoffen, Baugruppen, die ein Erzeugnis bilden; unter Angabe von MENGEN (sowie weiterer Daten) Varianten: Mengenstückliste unstrukturierte Stücklisten weisen keine Baugruppen aus, sondern lediglich Mengen geeignet nur für einfach strukturierte Erzeugnisse (nichts Komplexes wie Autos mit Getrieben, Motor...) In der Stückliste werden alle Materialien aufgeführt, die für die Erbringung einer Leistung benötigt werden. Das Resultat einer Stücklistenauflösung ist die Mengenübersichtsstückliste, die folgendermaßen aussehen kann: Materialnummer Bezeichnung Menge M1 A X M2 B Y M3 C Z M4 D X

- 23 - Um als Endergebnis eine derartige Übersicht über die Materialien und die benötigten Mengen zu erhalten, muss in einem ersten Schritt die Erzeugnisstruktur definiert werden. Erzeugnis Anzahl Material E1 100 M1,M2 E2 200 M3,M2 E3 300 M4,M2 Die Leistungen, d. h. die Erzeugnisse E, müssen definiert werden und die geplanten Leistungszahlen festgeschrieben werden. Danach müssen die für eine Leistung benötigten Materialien M ermittelt werden. Die für das jeweilige Erzeugnis benötigte Materialmenge muss daraufhin definiert werden. benötigte Materialmenge für Material E1 E2 E3 M1 2 M2 1 4 2 M3 2 M4 1 Die insgesamt benötigte Materialmenge ergibt sich aus der Kombination der Erzeugnisstruktur und der jeweils benötigten Menge eines Artikels. benötigte Materialmenge für Material alle E1 alle E2 alle E3 M1 200 M2 100 800 600 M3 400 M4 300

- 24 - Materialnummer Bezeichnung Menge M1 A 200 M2 B 1500 M3 C 400 M4 D 300 3.2.1.1.1 Beispiele E1 Erzeugnis Montage 2 T1 1 T2 3 T3 1 T4 1 T5 Einzelteile Strukturstückliste... bei komplexen Erzeugnissen mit entsprechenden Baugruppen, die auf unterschiedlichen Hierarchieebenen in der Baustruktur stehen zeigen die Hierarchieebenen (Stufen) auf Problem: Aufwendig; hoher Änderungsbedarf bei Stücklistenpflege (Außerdem gibt es noch Baukasten-, Änderungs-, Variantenstücklisten) E1 - Enderzeugnis Bezeichnung T1 T2 T3 T4 T5 Menge 2 1 3 1 1

- 25 - Beispiel: Primärbedarf E1: 5.000 ME (aus Marketing-Abteilung) Sekundärbedarf: T1: 10.000 ME T2: 5.000 ME T3: 15.000 ME T4: 5.000 ME T5: 5.000 ME Strukturstückliste Erzeugnisstruktur E1 1. Ebene 1 G1 3 T1 1 G2 4 T3 2. Ebene 6 T1 1 T2 2 G1 1 T1 1 T4 3. Ebene 6 T1 1 T2

- 26 - Struktur-Stückliste Durch Elementnummern Durch Einrücken E1 Stufe Stufe Bezeichnung Menge 1 2 2 1 1 2 3 3 2 2 1 1.2.2 1 1.2..3..3.2.2 1 G1 T1 T2 T1 G2 G1 T1 T2 T1 T4 T3 1 6 1 3 1 2 6 1 1 1 4

- 27-3.2.1.2 Probleme deterministischer Disposition Genauigkeit der Planung ist abhängig vom Bedarf des Marktes, dieser ist nur schwer vorhersehbar Vorsichtige Wahl des Planungshorizontes und Prinzip der rollenden Planung als Möglichkeiten Fehleinschätzungen zu minimieren. 3.2.2 Ermittlung der optimalen Bestellmenge Im Rahmen der Bedarfsermittlung sollen Zeitpunkt und vor allen Dingen die Bestellmenge möglichst optimal bestimmt werden. Eine Möglichkeit zur Ermittlung der optimalen Bestellmenge ist die Andler sche Losgrößenformel. Betrachtet werden hierbei die Bestell- und Lagerkosten. Beide Kostenblöcke sollen möglichst gering gehalten werden, um ein optimales Betriebsergebnis zu sichern. Für die Lagerkosten wäre es am günstigsten, häufig kleine Bestellungen aufzugeben. Dementsprechend würden jedoch die bestellabhängigen Kosten für Verwaltungstätigkeiten ansteigen. KL = x P * S * 2 100 K L x = Lagerkosten für ein Jahr = Bestellmenge x/2 = durchschnittlicher Bestand P S = Lagerkostensatz = Einstandspreis Die jährlichen Lagerkosten ermitteln sich aus der beschafften Menge, durchschnittlicher Bestand ist x/2, dem hierfür zu entrichtenden Einstandspreis und dem Lagerkostensatz als Verbrauchskosten für Schwund im Lager, kalkulatorische Miete etc.. E x KB = * m K B x = Beschaffungskosten eines Jahr = Bestellmenge E m = Beschaffungskosten je Bestellung = Jahresbedarf in Stück Bei häufigen Bestellungen, um die Lagerkosten möglichst gering zu halten, steigen jedoch die Kosten der Bestellung für Verwaltungstätigkeiten entsprechend.

- 28 - Ziel ist es nun, die Gesamtkosten zu minimieren; aus den beiden Formeln für Lager- und Beschaffungskosten ergibt sich dann folgende Gleichung: K ges = KB + K L x P E * S * + 2 100 x Kges * m K ges = Gesamtkosten Die optimale Bestellmenge verursacht möglichst geringe Lager- und Bestellkosten; die Gleichung ist daher nach x zu differenzieren. Es ergibt sich: x = 200* E * m P * S 3.2.2.1 Fallbeispiel: Die Maschinenbau GmbH benötigt Zulieferteile für ihre Fertigung von Fräsmaschinen. Sie holt drei Angebote ein: Die A-OHG bietet die Zulieferteile zum Stückpreis von 25 an. Bei Bezug von weniger als 400 Teilen erhebt sie einen Mindermengenzuschlag von 5 %. Bei Bezug von mindestens 1.000 Teilen gewährt sie einen Mengenrabatt von 10 %. Die Teile würden frei Haus geliefert. Bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungsstellung ist ein Skontoabzug von 2 % möglich. Die B-GmbH bietet die Zulieferteile zu einem Stückpreis von 23 an. Zahlbar ist netto Kasse binnen 30 Tagen. Für Verpackung werden pro 100 Stück 6 berechnet. Die Lieferung erfolgt frei Haus. Die C-KG bietet die Teile zum Preis von 30 an. Bei Abnahme von mindestens 1.000 Stück wird ein Rabatt von 25 % gewährt. Bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen nach Rechnungsstellung ist ein Skontoabzug von 4 % zulässig. Bei Bestellung über 500 Stück werden Verpackungskosten nicht berechnet, ansonsten erfolgt eine Kostenbeteiligung von 3 pro 100 Stück. Die Lieferung erfolgt frei Haus. Ermitteln Sie unter Ausnutzung möglicher Skonti die Einstandspreise pro Stück, wenn die Metallbau GmbH folgende alternative Beschaffungsmengen betrachtet 300 Stück 800 Stück 1.300 Stück Zeigen Sie, wo die alternativen Mengen am günstigsten bezogen werden können! Welchen Grund gibt es für die Maschinenbau GmbH, die sich entschlossen hat, 1.300 Zulieferteile von der Firma C-KG zu beziehen entsprechend deren Angebot Skonti in Höhe von 4 % durch Zahlung am 10. Tag nach Rechnungsstellung abzusetzen und dabei im Rahmen eines Kontokorrentkredites 12 % Zinsen an die Bank zu zahlen? Die Bestellkosten bei der Maschinenbau GmbH betragen: Personalkosten 350.000 Sachkosten 200.000 Anzahl Bestellungen: 11.000

29 A-OHG B-GmbH C-KG 300 800 1300 300 800 1300 300 800 1300 Angebots-/Listenpreis pro Stück 25,00 25,00 25,00 23,00 23,00 23,00 30,00 30,00 30,00 + Mindermengenzuschlag 1,25 - - - - - - - - - Rabatte - - 2,50 - - - - - 7,50 - Boni - - - - - - - - - = Ziel-Einstandspreis 26,25 25,00 22,50 23,00 23,00 23,00 30,00 30,00 22,50 - Skonto (vom Ziel- Einkaufspreis) 0,53 0,50 0,45 - - - 1,20 1,20 0,90 = Bar-Einkaufspreis 25,72 24,50 22,05 23,00 23,00 23,00 28,80 28,80 21,60 + Bezugskosten (Fracht, Verpackung) - - - 0,06 0,06 0,06 0,03 - - = Einstandspreis 25,72 24,50 22,05 23,06 23,06 23,06 28,83 28,80 21,60

- 30 - C: Bestellkosten = Personalkosten + Sachkosten 550.000 = 350.000 + 200.000 Bestellkosten je Bestellung = Bestellkosten im Jahr Anzahl der Bestellung = 550.000 / Jahr 11.000 Bestellungen / Jahr = 50 /Bestellung 3.2.3 Verbrauchsorientierte Disposition Verbrauchsverläufe: S. 54/55 Menge X-Material x x x x x x x x x absolute Konstanz (absolute Verbrauchssicherheit, absolute Vorhersagbarkeit) Zeit Menge x X-Material x x x x Trends ( Trendextrapolation, Trend wird fortgeschrieben) z.b. mittels Regressionsanalyse Zeit

31 Menge x x Y-Material Zyklen (z.b. saison- x x x abhängige Ware) (schwankender Verbrauch, wie hoch die Amplitude wird, lässt sich nur mit mittlerer Vorhersagbarkeit sagen) Zeit Menge Z-Material x ohne beobachtbare Strukturkonstanz x x x x x x Zeit VORAB: i. d. R. bei C-Teilen/ B-Teilen Grundlage für die Bedarfsprognose: Verbrauch der Vergangenheit (S. 54/55) Bsp.: siehe Anlage

32 Zusammenfassung: Die verbrauchsorientierte Disposition orientiert sich am Verbrauch des gleichen Materials in den Vorperioden. Zur Bestimmung des zukünftigen Bedarfs (Prognose) ist eine detaillierte Sammlung, Zusammenfassung und Aufbereitung vergangenheitsbezogener Daten notwendig. Grundvoraussetzung verbrauchsorientierter Methoden ist die Strukturkonstanz in ihren Ausprägungen absolute Konstanz, Trends und Zyklen. Zum Einsatz kommen pragmatische Prognoseverfahren. 3.2.3.1 Mittelwertbildung: 3.2.3.1.1 Mittelwertverfahren Monat tatsächlicher Verbrauch (ME) Gewichtungsfaktor Januar 110 - Februar 104 - März 128 0,05 = 5 % April 68 0,08 Mai 172 0,12 Juni 134 0,15 Juli 144 0,25 August 116 0,35 Summe 1,0 (100 %) Variablen: B = geschätzter, vorhergesagter Bedarf T = tatsächlicher Verbrauch der Vergangenheit N = Anzahl der betreffenden Monate α = Glättungsfaktor (alpha) V a = alter Vorhersagewert

33 T1+ T2 + T3 + + Tn BSept. = n 110 + 104 + 128 + 68 + 172 + 134 + 144 + 116 BSept. = 8 B Sept. = 122 Anwendung bei weitgehend konstantem Verbrauch mit vergleichsweise geringen Abweichungen nach oben oder unten; nicht: bei trendmäßigem und schwankendem Verbrauch (Problem: Was interessieren die Daten von 1950???) 3.2.3.1.2 gleitendes Mittelwertverfahren (rollierend, rotierend) Begrenzung der einbezogenen Betrachtungsperioden z.b. auf 6 Monate Ersatz des jeweils ältesten Wertes zu Beginn einer neuen Periode durch den jeweils aktuellsten Wert Hier: TMärz + TApril + + TAugust BSept. = 6 128 + 68 + 172 + 134 + 144 + 116 BSept. = 6 B Sept. = 127 tatsächlicher Verbrauch im September: 140 TApril + TMai + + TSept. BO kt = 6 B Okt. = 129

34 Problem: Ausreißer werden gleich gewichtet wie normale, repräsentative Werte; ältere Werte werden gleich gewichtet wie aktuelle Werte Lösung: 3.2.3.1.3 gewichteter (gewogener) gleitender Mittelwert Gewichtung der Verbrauchswerte mit entsprechenden Gewichtungsfaktoren. B Sept. = 128*0,05 + 68*0,08 + 172*0,12 + 134*0,15 + 144*0,25 + 116*0,35 Problem: = 129,18 = ca. 129 Gewichtungsfaktoren sind SUBJEKTIV, nicht objektiv nachvollziehbar keine objektiven Ergebnisse 3.2.3.1.4 exponentielle Glättung 1. Grades Vergleich zwischen Prognosewert mit dem tatsächlichen Verbrauch (Wert) der letzten Periode (, die geschätzt wurde). Gewichtung des Vorhersagefehlers mit dem Glättungsfaktor α Variablen: B = geschätzter, vorhergesagter Bedarf T = tatsächlicher Verbrauch der Vergangenheit n = Anzahl der Monate α = Glättungsfaktor V a = alter Vorhersagewert Formel: B = V a + α * (T V a ) (T - V a ) entspricht den Vorhersagefehlern (Abweichung, Vorhersagewert korrigiert um den Fehler) α : subjektiv, scheinobjektiv

35 Bsp.: T August : 116 Va : 100 B Sept.: = 100 + α *(116 100) (berücksichtigen wir den Fehler? Wenn ja, mit welchem Gewicht?) z.b.: (4.1) α = 0,1 ( zu 10% berücksichtige ich den Fehler, er ist bei der nächsten Vorhersage zu 90% geglättet) B Sept.: = 100 + 0,1 * 16 = 101,6 ( Die 16 werden als Ausrutscher gewertet, daher α = 0,1) Höherer Verbrauch im Vergleich zum Vorhersagewert wird als Ausreißer interpretiert und nur zu 10% bei der nächsten Schätzung berücksichtigt. (4.2) α = 0,5 B Sept.: = 100 + 0,5 * 16 = 108 (4.3) α = 1 B Sept. = 116 Kritik: SUBJEKTIVITÄT bezüglich des Glättungsfaktors α.

36 3.2.3.2 Gründe für stochastische Bedarfsermittlung Vorteil dieser verbrauchsbezogenen Methode ist, dass im Gegensatz zu am Leistungsprogramm orientierten Verfahren der Bedarf kurzfristig exakt bestimmbar ist. Auch das Ermittlungsverfahren ist weniger umfangreich und schwierig als bei deterministischen Verfahren. Für die Lagerdisposition kommt es im wesentlichen darauf an, den benötigten Bedarf mit möglichst einfachen, schnellen und doch ausreichend leistungsfähigen Methoden zu ermitteln. Aber auch hier gilt: Die Sicherstellung der Lieferbereitschaft bei möglichst geringen Lagerhaltungs- und Bestellkosten bedarf des Interessenausgleichs zwischen ökonomischer und sicherheitsrelevanter Faktoren. Zusammenfassung: Die stochastische Bedarfsermittlung ist ein vergleichsweise einfaches Verfahren, das bei regelmäßigem Verbrauch erfolgreich arbeitet. 3.2.3.3 Bestellsystem im Rahmen verbrauchsorientierter Disposition VORAB: Frage, WANN bestellt werden muss. Bestellsysteme beinhalten Regeln über den Zeitpunkt und Menge der Bestellung unterschiedlicher Materialien Man unterscheidet zwischen kontinuierlichen und periodischen Systemen. VARIANTEN: 3.2.3.3.1 Kontinuierliche Systeme MELDEBESTANDSVERFAHREN = BESTELLPUNKTVERFAHREN (S. 59 ff) Bestellpunkt = Zeitpunkt, an dem die Bestellung ausgelöst wird. Meldebestand = Menge, bei deren Erreichen die Bestellung ausgelöst wird = der Bestand, bei dem die im Lager verfügbare Menge gerade eben so lange ausreicht, bis das neue Material eingetroffen ist.

37 Bsp.: benötigte Größen: Tagesverbrauch: 10 ME/Tag (weitestgehend kontinuierlicher Verbrauch wird unterstellt) Lieferzeit Höchstbestand: 4 Tage 110 ME Eiserner Bestand: 30 ME (Mindestbestand) gesucht: Formel : Meldebestand Tagesverbrauch * Lieferzeit + Eiserner Bestand Hier: 10 ME/Tag * 4 Tage + 30 ME 40 ME + 30 ME Meldebestand: 70 ME Bestellpunkt = Zeitpunkt, zu dem noch 70 ME auf Lager sind

38 Menge - - - - - 140 - - 120-110 - Höchstbestand 100-90 (Bsp) - 80-70 - Meldebestand 60 - - 40-30 - Mindestbestand 20-4 Tage Lieferzeit 4 Tage Lieferzeit - 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 Tage Auslösen Eintreffen Auslösen Eintreffen der 1. Be- der neuen der 2. Be- der neuen stellung Lieferung stellung Lieferung (Bestell- punkt) (Bestell- punkt)

39 Voraussetzungen: o gleichmäßiger, konstanter Verbrauch am Tag o Liefermenge = Bestellmenge; also keine Fehlmengen; NIO-Teile (Nicht-in- Ordnung-Teile); Schwund, Ausschuss... o keine Verzögerungen bei der Lieferfrist wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, 3.2.3.3.2 Bestellrhythmusverfahren o Bestellung erfolgt unabhängig vom Verbrauch in bestimmten, festgelegten Intervallen / Zeitabständen Bestand Höchstbestand Mindestbestand Zeit 3 6 9 12 (Tage)

40 Es kann sein, dass der Mindestbestand erreicht ist, aber der Lieferant liefert noch nicht. Deswegen muss der Mindestbestand vergleichsweise höher sein, da das Risiko höher ist. Notwendigkeit, eines höheren Sicherheitsbestandes (im Vergleich zum Meldebestandsverfahren. Vorteil: Weniger aufwendig als das Meldebestands-/ Bestellpunktverfahren (keine Bestandskontrolle, keine Bestellkosten...) Beispiel: o Belieferung von Apotheken o Belieferung mit Lebensmitteln (Supermärkte, Großküchen...) o Wäschereiversorgung o...

41 4 Bedarfsdeckung 4.1 Sinn und Zweck Zusammenfassung: Bedarfsdeckung ist die Entscheidung zwischen Bedarfsermittlung und Einkauf Bei Einzelbereitstellung handelt es sich um unvorhergesehenen Bedarf und es wird nur einsatzsynchron beschafft. Standardvorräte hingegen werden auf Lager genommen. 4.2 Quellen Bedarfsdeckung Zusammenfassung: Die Bedarfsdeckung ist intern oder extern möglich, Stichwort made or buy. Bei der Entscheidung von wem die Leistung erbracht werden soll ist grundsätzlich zu klären - Ob es sich um ein strategisch wichtiges Beschaffungsobjekt handelt. - Ob das Material von besonderer Bedeutung für das Unternehmen und dessen Marktposition ist. - Ob die erforderlichen personellen, finanziellen und platzmäßigen Ressourcen für eine Eigenfertigung vorhanden sind - Wie die eigene Leistungsfähigkeit gegenüber anderen Anbietern einzuschätzen ist.

42 5 Beschaffungsmarktforschung (BMF) 5.1 Grundsätzliches Marktuntersuchung Markt Erkundung anlassbezogen, gelegentlich, unsystematisch Markt - Forschung routinemäßig, regelmäßig, systematisch Die Beschaffungsmarktforschung ist die systematische mit wissenschaftlichen Methoden betriebene Gewinnung, Aufbereitung und Analyse von material-, lieferanten-, länderspezifischen Daten Ziel ist es, die Transparenz der Beschaffungsmärkte zu erhöhen und eine optimale betriebliche Einkaufsentscheidung zu sichern Beschaffungsmarktforschung kann auch als eine für den Betriebsbedarf ausgerichtete Zweckforschung bezeichnet werden. Veränderte Bedeutung der Beschaffungsmarktforschung hat sich durch veränderte Aufgabenstellung des Einkäufers entwickelt.

43 5.2 Informationsquellen der Beschaffungsmarktforschung Erläuterung Vorteile Nachteile Primärforschung (demoskopisch) Gewinnung neuer, nur für den Erhebungszweck ermittelter Daten hohe Aussagefähigkeit teuer aufwendig ( direkte Informationsgewinnung) Sekundärforschung (ökoskopisch) Verwendung bereits vorhandenen Informationsmaterials kostengünstig eingeschränkte Aussagefähigkeit indirekte Informationsgewinnung Zusammenfassung: Man unterscheidet bei der Informationsgewinnung zwischen direkter und indirekter Erhebung. Die direkte Erhebung sammelt Primärinformationen. Die indirekte Erhebung greift auf vorhandenes Material zurück. Wichtig sind objektive und vertrauenswürdige Informationsquellen, die einer kritischen Prüfung standhalten. Die erhobenen Daten müssen aktuell und vollständig sein.

44 5.3 Träger der Beschaffungsmarktforschung Unternehmensintern werden die Aufgaben der Beschaffungsmarktforschung von Facheinkäufern, Anforderern oder Arbeitsgruppen wahrgenommen. Externe Stellen der Beschaffungsmarktforschung sind z. B. Marktforschungsinstitute oder Unternehmensberatungen. 5.4 Reichweite der Beschaffungsmarktforschung Geographische Gliederung der Beschaffungsmarktforschung in Binnen- und Importmarktforschung. Die Suche nach Substitutionsgütern und Ersatzmethoden ist auch ein Teilbereich der Beschaffungsmarktforschung. 5.5 Theoretische Basis der Beschaffungsmarktforschung Die klassische Marktforschungslehre unterteilt die Beschaffungsmarktforschung in Marktanalyse und Marktbeobachtung Die Marktanalyse ist statische, zeitpunktbezogene Komponente und legt einen Querschnitt über die Beschaffungsmärkte, um diese zu analysieren. Die Marktbeobachtung ist dynamische zeitraumbezogene Komponente und verfolgt die Veränderung bestimmter Marktgrößen Die Marktprognose erfolgt aufgrund des in Marktanalyse und Marktbeobachtung gewonnenen Datenmaterials 5.6 Untersuchungsobjekte der Beschaffungsmarktforschung Untersuchungsobjekt der Beschaffungsmarktforschung sind das Produkt selbst, der Markt, die Lieferanten und der Preis. Untersuchungsgegenstände sind die angebotenen unterschiedlichen Qualitäten, die zur Verfügung stehende Quantität, die Elastizität des Angebotes, die Konkurrenzsituation, der Anbieter und Nachfrager und die geographische Verteilung des Angebots. Die Beurteilung der Untersuchungsobjekte und Gegenstände ist nur möglich bei einer genauen Kenntnis über das Produkt, Markt, dem Wissen über Besonderheiten auf der Angebots- und Nachfrageseite und über Dynamik und Entwicklungstendenzen

45 5.6.1 Untersuchungsobjekt Produkt Für die Betrachtung des Produktes bedarf es genauer Kenntnis über das verwendete Material sowie unterschiedliche Produktionsverfahren. Der Einkäufer sollte wissen, in welchem Teil des Produktionszyklus sich der Artikel befindet, da hiervon auch die Preisgestaltung und Verkaufsstrategie abhängen. 5.6.2 Untersuchungsobjekt Markt Auf der Angebotsseite ist wichtig, das für das Unternehmen erreichbare Warenangebot zu ermitteln. Der Markt selbst besteht aus Angebot und Nachfrage und wird unterschieden in die Bereiche Marktform und Marktbewegung. Auf der Nachfrageseite wird die Anzahl der konkurrierenden Abnehmer und deren Materialverbrauch am Gesamtmarkt untersucht, um das eigene Marktgewicht zu kennen. Ursachen für Marktbewegungen können fremdbedingte Veränderungen durch gesetzliche Vorgaben, saisonale und konjunkturelle Schwankungen sein. 5.6.3 Untersuchungsobjekt Lieferant Bei der Untersuchung des Lieferanten sollen detaillierte Informationen über die wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit der Lieferanten ermittelt werden. Im Vordergrund stehen allgemeine Unternehmensdaten, produktionsbezogene Daten, Daten bezüglich Konditionen und Service und die Dauer der Geschäftsbeziehung. 5.6.4 Untersuchungsobjekt Preis Der Preis ist zumindest einer der wichtigsten Faktoren für die Kaufentscheidung. Um eine Aussage über den Preis zu treffen, unterscheidet man die Preisbeobachtung, die Preisstrukturanalyse und den partiellen Preisvergleich.

46 5.6.4.1 Preisstrukturanalyse Die Preisstrukturanalyse gliedert den vom Lieferanten geforderten Preis in Kosten und Gewinnanteil. Bei der Aufschlüsselung der Kosten werden die Einzel- und Gemeinkosten ermittelt. Die Differenz zwischen Preis und Kosten ist der Gewinn. Aufgabe der Preisstrukturanalyse ist es, die Angemessenheit des geforderten Preises zu überprüfen. Preisstrukturanalyse ist nur sinnvoll bei wichtigen teuren Artikeln oder Leistungen. Außerdem muss ein möglichst zuverlässiges Ergebnis erzielbar sein (Schwierigkeit besteht in der Ermittlung des Datenmaterials). 5.6.4.2 Partieller Preisvergleich Der partielle Preisvergleich kombiniert die Offenlegung der Kalkulation und den anschließenden Preisvergleich. Für die Angebotsabgabe muss der Gesamtpreis in einheitliche, vorgegebene Preisbestandteile aufgesplittet werden. Vorteil eines partiellen Preisvergleiches ist die gründlichere Vergleichbarkeit der Angebote Grundvoraussetzungen dieses Verfahrens sind mehrere Anbieter, die ein homogenes Produkt herstellen, das in klar abgegrenzte Teilleistungen aufgegliedert werden kann, die separat kalkuliert werden können. 5.7 Fazit der Beschaffungsmarktforschung Die Beschaffungsmarktforschung insgesamt soll durch die Bereitstellung von Informationen dazu beitragen, dass die Unsicherheit von Entscheidungen im Einkauf eingeengt und das Risiko von Fehlentscheidungen begrenzt wird. Das nicht unbedingt falsche, aber subjektive persönliche Empfinden des Einkäufers, Intuition und Preisgedenken verlieren somit an Bedeutung. Gleichzeitig darf man aber auch nicht vergessen, dass eine Entscheidung immer nur so gut sein kann wie die ihr zugrunde liegenden Informationen; diese werden in Praxis immer unvollkommen sein und die zu treffende Entscheidung daher immer menschlich. 6 Wertanalyse nicht klausurrelevant

47 7 Bestellvorgang 7.1 Einführung LESEN 7.2 Phasen des Bestellvorgangs - Schritte des Bestellvorgangs sind o Bedarfsmeldung Bestellpunkt-/Meldebestandsverfahren o Prüfung der noch vorhandenen Haushaltsmittel o Angebot nachfragen Anzahl der Anfragen: abhängig von A-B-C-Material [bei A-Material mehr Anfragen] o Angebotsbearbeitung Angebotsprüfung o Bestellentscheidung Ergebnis der Lieferantenbewertung 7.2.1 Bedarfsmeldung LESEN 7.2.2 Vergabeart LESEN 7.2.3 Angebotsverarbeitung Vorab: Im Rahmen der Angebotsprüfung 1) Formelle Angebotsprüfung materielle Angebotsprüfung 2) technische Prüfung 3) kaufmännische Prüfung

48 1) Prüfung der Übereinstimmung von Anfrage Angebot; zu prüfen: (z. B.) - Qualitätsmerkmale - Menge - Liefertermine -... 2) Bitte nicht von Kaufleuten durchführen lassen! 3) Angebotsvergleich/Lieferantenbewertung nur unter kaufm. Gesichtspunkten - Ziel: nicht [einfach nur] den billigsten Lieferanten ermitteln, sondern den besten - Verfahren: (s. S. 106-112) (1) Punktung (Scoring-Modelle): Vergabe von Punkten für verschiedene Lieferanten und verschiedene Beurteilungskriterien [schlecht 0 Punkte]

49 Bsp.: Lieferant 1 Lieferant 2 Lieferant 3 Kriterien Punkte Punkte Punkte Einstandpreis 1 2 3 Qualität 3 3 3 Liefertreue Pünktlichkeit Zuverlässigkeit 3 1 2 Service 3 2 2 Folgekosten 3 0 2 Summe 13 8 12 Bewertungsskala: 0 - inakzeptabel 1 - schlecht 2 - befriedigend 3 - sehr gut - Auswahl des Lieferanten mit der höchsten Punktzahl - Probleme: -- [geprägt durch] Subjektivität der "Notenskala" -- Subjektivität bei der Auswahl der Kriterien -- keine Gewichtung der Faktoren Lösung: (2) Verfahren der "gewichteten Punktung" Gewichtung der Punkte je Kriterium [mit entsprechenden] Gewichtungsfaktoren

50 Bsp. Lieferant 1 Lieferant 2 Lieferant 3 Kriterien Gewichtungsfaktor Punkte Gewichtete Punkte Punk te Gewichtete Punkte Punkte Gewichtete Punkte Einstandpreis 30% 1 30 2 60 3 90 Qualität 20% 3 60 3 60 3 60 Liefertreue Pünktlichkeit Zuverlässigkeit 30% 3 90 1 30 2 60 Service 10% 3 30 2 20 2 20 Folgekosten 10% 3 30 0 0 2 20 Summe 100% 13 240 8 170 12 250 Problem: Gewichtungsfaktoren sind SUBJEKTIV Variante: Einführung von KO-Kriterien: eine Bewertung mit "inakzeptabel" führt dazu, dass der Lieferant ausscheidet - unabhängig von der Höhe der Gesamtpunktzahl - 7.2.4 Bestellung siehe RECHT 7.2.5 Auftragsbestätigung siehe RECHT 7.3 Terminsicherung und Terminkontrolle Konventionalstrafe

51 8 Logistik Transport Wareneingang Lagerung Das Material soll am richtigen Ort zur richten Zeit sein Einteilung der Lagerarten Lagerarten nach Standort nach Eigentum nach Funktionsschwerpunkten nach warenspezifischen Anforderungen Zentrales Lager 1) Eigenlager Reservelager Geschlossene Lager Dezentrales Lager 2) Fremdlager Sammellager Speziallager Konsignationslager 3) Verteilungslager Halboffene Lager Gemeinschaftslager Manipulationslager 4) Hochregallager Spekulationslager Normallager 1) Zentrales Lager: Vorteil: Nachteil: kostengünstig ( Fixkostendegression) geringe Kundennähe

52 2) Dezentrales Lager: Vorteil: [hohe] Kundennähe; kurze Wege zum Kunden Nachteil: hohe Kosten des Lagers [insbesondere Fixkosten ] 3) Konsignationslager: Lager ist im Eigentum des Kunden; das Material im Lager im Eigentum des Lieferanten Kunde entnimmt nach Bedarf; er wird durch die Entnahme Eigentümer (Kauf auf Abruf) Vorteil für Kunden: schneller Zugriff geringe Kapitalbindung Vorteil für Lieferanten: keine Lagerkosten [nicht Lagerhaltungskosten] feste Kundenbindung 4) Manipulationslager: Veredelung: Ware wird durch Lagerung erst verwertbar (Käse, Wein,...)