Rechtsphilosophie. PD Dr. Dorothea Magnus, LL.M.

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Transkript:

Rechtsphilosophie PD Dr. Dorothea Magnus, LL.M.

Leben: 1712-1778, Genfer Schriftsteller, Philosoph, Pädagoge, Naturforscher und Komponist Aufklärung. Er gilt als Vordenker und Wegbereiter der frz. Revolution. der Hauptwerk: "Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechtes (1762) Historischer Hintergrund: Rousseau lebte in der Zeit des Absolutismus und der Aufklärung kurz vor Ausbruch der französischen Revolution. dd Persönlicher Hintergrund: Rousseau verdiente sich seinen Lebensunterhalte u.a. auf Wanderschaften als Diener, Sekretär oder Musiklehrer in adligen Häusern. Er las, musizierte, experimentierte und begann zu schreiben. Sein Gesellschaftsvertrag wird in einigen Ländern verboten. Er selbst flüchtet aus Paris, wo er die nach Luxus strebende zeitgenössische europäische Gesellschaft in die sittliche Dekadenz abgleiten sah, ins englische Exil.

Ø Fortführung und Abgrenzung von der Lehre Hobbes` Die Staatsgewalt (des Leviathan) soll nach Rousseau auf verfahrensmäßige Weise legitimiert werden: durch Übertragung auf alle Bürger, also durch Demokratie. So wird aus der Fremdbestimmung der Bürger, die Hobbes der absoluten Monarchie übertragen hatte, die völlige Selbstbestimmung der Bürger. Das Recht stammt nicht (wie beim Hobbes) originär vom absoluten Machthaber, und auch nicht (wie bei Locke) aus naturrechtlichen Zuständen, die von Anfang an da waren, sondern es gründet auf dem Willen der Rechtssubjekte selbst.

Ø Fortführung und Abgrenzung von der Lehre Hobbes` Im Gegensatz zu Thomas Hobbes sieht Rousseau den Staatsschluss nicht als ein eher ungewolltes, aber notwendiges Abtreten von Freiheiten an, um mit einem autoritären Staat das kleinere Übel als den Naturzustand zu erreichen. Bei Rousseau treten die Menschen vielmehr freiwillig zu einem vertragsbasierten Staatsschluss zusammen, der auf dem Gemeinwillen basiert, die individuellen Verhältnisse zu verbessern.

Ø Der Naturzustand als Gedankenexperiment So wie Hobbes und Locke macht auch Rousseau ein Gedankenexperiment, indem er den Naturzustand dem gesellschaftlichen Zustand gegenüberstellt. Er kommt jedoch zu völlig anderen Schlüssen: In seinem Gedankenexperiment leben die Menschen weitgehend isoliert voneinander Die Menschen stehen im Naturzustand nicht im Krieg miteinander Die Menschen sind von Natur aus gut Sie sind im Naturzustand alle gleich und besitzlos; das ändert sich erst bei Einritt in die Gesellschaft, die Entfaltungschancen eröffnet Das Recht entsteht bei Rousseau erst mit der Errichtung der Gesellschaft. Vorstaatliche Rechte gibt es nicht und damit auch kein Naturrecht.

ØDer gesellschaftliche Zustand Negativer Einfluss der Gesellschaft: Alles ist gut, wie es aus den Händen des Schöpfers kommt; alles entartet unter den Händen des Menschen. (Rousseau, Emile, S. 9) Die Zufälle sind imstande ein Wesen böse zu machen, indem sie es gesellig machten (Rousseau, Diskurs über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen Ungleichheit, S. 167) Der Mensch gerät durch den verfehlten Fortschritt in Schwierigkeiten, wenn er sich zu sehr von seinen Ursprüngen entfremdet.

Ø Der gesellschaftliche Zustand Negativer Einfluss der Gesellschaft: In dem Maß, in dem unsere Wissenschaften und Künste zur Vollkommenheit fortschritten, sind unsere Seelen verderbt geworden. In dem Maße, wie sich der Verstand entwickle, pervertiere der Selbsterhaltungstrieb des von Natur aus guten Menschen zum rücksichtslosen Egoismus. Es ist der Verstand, der die Selbstsucht erzeugt. Sie ist es, die den Menschen sich auf sein Ich zurückziehen lässt. Sie ist es, die ihn vereinzelt. Sie ist daran schuld, dass er beim Anblick eines leidenden Menschen heimlich sagt: stirb, wenn du willst; ich bin in Sicherheit. (Rousseau, Diskurs über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen)

ØDer gesellschaftliche Zustand Negativer Einfluss der Gesellschaft: Rousseaus Zivilisationskritik bestand darin, dass die Vernunft zum Egoismus führt, sobald sich der Mensch von seinen natürlichen Wurzeln entfernt. Keine aufrichtigen Freundschaften mehr, kein wirkliches Ansehen, kein gegründetes Vertrauen. Verdächte, Argwohn, Furcht, Kälte, Reserve, Hass, Verrat verbergen sich ständig unter dem gleich aussehenden und scheinheiligen Schleier der Höflichkeit hinter jener so gepriesenen Urbanität, die wir der Aufklärung unseres Jahrhunderts verdanken. (Rousseau, Abhandlung über die Wissenschaften und Künste)

ØDer gesellschaftliche Zustand Verlassen die Menschen den Naturzustand und treten in eine Gesellschaft miteinander ein, beginnt nach Rousseau der Krieg aller gegen alle. Gegenseitige Abhängigkeit, Kampf um die Vorherrschaft, Vergleich mit den anderen etc. sind die Folge. Der Verlust des einen schafft fast immer den Wohlstand des anderen. Der Wilde lebt in sich selbst; der gesellige Mensch weiß, immer außer sich, nur in der Meinung des anderen zu leben; und sozusagen aus ihrem Urteil allein schöpft er das Gefühl seiner eigenen Existenz. Der Schönste, der Stärkste, der Gewandteste oder der Eloquenteste wurde zum Geachtetsten; und das war der erste Schritt zur Ungleichheit und gleichzeitig zum Laster. (Rousseau, Diskurs über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen, 189, 269)

ØDer gesellschaftliche Zustand Die Einführung des Privateigentums führt zu reich und arm, die Einsetzung einer Gewalt es zu regulieren führt zu Mächtigen und Schwachen und die Verwandlung dieser legitimen Gewalt in eine willkürliche zu Herren und Sklaven. Die Folge ist Despotismus. Wie kann die Despotie gestürzt werden? Wie kommt man wieder in den Naturzustand zurück?

Ø Zurück zur Natur? Eine Rückkehr in einen Naturzustand schließt Rousseau ausdrücklich aus. Hier wurde er häufig missverstanden wie z.b. von Voltaire: Ich habe, mein Herr, Ihr neues Buch gegen die menschliche Gattung erhalten [ ] Niemand hat es mit mehr Geist unternommen, uns zu Tieren zu machen, als Sie; das Lesen ihres Buches erweckt in einem das Bedürfnis, auf allen Vieren herumzulaufen.

Was dann? Der Mensch ist frei geboren, und überall ist er in Ketten Ø Wie hat sich diese Umwandlung zugetragen? Ich weiß es nicht. Was kann ihr Rechtmäßigkeit verleihen? Diese Frage glaube ich beantworten zu können. (Rousseau, Gesellschaftsvertrag, I 2, S. 5) Ø Vorausgehende Annahmen: - Jeder ist nur verpflichtet, der rechtmäßigen Gewalt Gehorsam zu leisten und Stärke gewährt kein Recht. Ø Erklärung für die Rechtmäßigkeit des In-Ketten-Legen : Wie findet man eine Gesellschaftsform, die mit der ganzen gemeinsamen Kraft die Person und das Vermögen jedes Gesellschaftsmitglieds verteidigt und schützt, und kraft deren jeder einzelne, obgleich er sich mit allen vereint, gleichwohl nur sich selbst gehorcht und so frei bleibt wie vorher? Dies ist die Hauptfrage, deren Lösung der Gesellschaftsvertrag gibt. (Rousseau, Gesellschaftsvertrag, I 6, S. 17).

Ø Der Gesellschaftsvertrag Aufgabe des Gesellschaftsvertrags, den Menschen aus dem Naturzustand in ein soziales Wesen zu transformieren. Jeder von uns stellt gemeinschaftlich seine Person und seine ganze Kraft unter die oberste Leitung des allgemeinen Willens, und wir nehmen jedes Mitglied als untrennbaren Teil des Ganzen auf. (Rousseau, Gesellschaftsvertrag, I 6, S. 18). Jeder Vertragspartner hat eine doppelte Rolle als Bürger und als Staatsoberhaupt. Entscheidend ist der allgemeine Wille (volonté générale). Damit ist nicht zwingend der Wille der Mehrheit gemeint und auch nicht die Summe einzelner Willensmeinungen, sondern der auf das allgemeine Wohl gerichtete Wille, der entsteht, wenn man die einzelnen divergierenden Sonderinteressen der Einzelnen abzieht,

Ø Wie ist der allgemeine Wille zu organisieren? Grundannahme: Jeder der den staatlichen Anordnungen folgt, soll in möglichst weitem Umfang nur sich selbst gehorchen. Nur das Volk kann sagen, was es will. Eine Vertretung wird dem nicht gerecht. Legitim ist daher nur eine unmittelbare, nicht repräsentative Demokratie. Bürger sollen nicht nur ihren Privatangelegenheiten nachgehen, sondern öffentliche Funktionen und Ämter wahrnehmen.

Ø Wie ist der allgemeine Wille zu organisieren? Keine Repräsentanten und keine Parteien, die unterschiedliche Sonderinteressen durchsetzen würden. Durch den Gesellschaftsvertrag könne jeder gezwungen werden, den allgemeinen Willen zu befolgen und jeder der ihn befolgt, gehorcht nur sich selbst.

ØGegenstand des allgemeinen Willens Allgemeine und keine Einzelfallgesetze Wichtig ist dass das Gesetz die Untertanen insgesamt und die Handlungen an sich ins Auge fasst, dagegen nie einen Menschen als einzelnen und ebenso wenig eine besondere Handlung. (Rousseau, Gesellschaftsvertrag, II 6, S. 42) ØWo alle Gewalt vom Volk ausgeht, kann es auch gegen das, was alle gemeinsam wollen, keine höhere Instanz geben. Dieses Demokratieverständnis ist vom Rechtsstaatsverständnis abzugrenzen, das den Gesetzgeber als dem Bürger übergeordnet einstuft.

Ø Voraussetzungen zur Durchsetzung des allgemeinen Willens Unterschiede des Besitzes sollen ausgeglichen werden: Gesetzgebung soll darauf hinwirken, dass kein Staatsbürger so reich sein darf, um sich einen anderen kaufen zu können, noch so arm, um sich verkaufen zu müssen. (Rousseau, Gesellschaftsvertrag, II I1, S. 59) Alle Bürger sollen der Religion folgen d.h. das Dasein einer allmächtigen, weisen, wohltätigen Gottheit, einer alles umfassenden Vorsehung, ein zukünftiges Leben, die Belohnung der Gerechten und Bestrafung der Gottlosen, die Heiligkeit des Gesellschaftsvertrages und der Gesetze. Bei den Andersdenkenden bleibe keine andere Wahl, als sie zu bekehren oder zu peinigen. (Rousseau, Gesellschaftsvertrag, IV 8, 156)

Ø Voraussetzungen zur Durchsetzung des allgemeinen Willens Einführung der Zensur Die Zensur erhält die Sittlichkeit, indem sie Meinungen vor Verschlechterung bewahrt, ihre Lauterkeit durch weise Anwendung der Gesetze erhält, ja ihnen bisweilen sogar, wenn sie noch schwankend sind, eine bestimmte Richtung gibt. (Rousseau, Gesellschaftsvertrag, IV 7, S. 144) è Rousseau bestimmt damit indirekte Vorkehrungen, welche die Bildung des allgemeinen Willens in die richtige Richtung lenken.

ØBewertung Rousseaus Rousseau versucht die Richtigkeit des Rechts durch die Gestaltung des Rechtssetzungsverfahrens zu garantieren. Während Hobbes den Gesellschaftsvertrag als einseitigen Unterwerfungsakt unter einen absoluten Herrscher (Staat) verstanden hat, und Locke den Gesellschaftsvertrag als ungeschriebene Vereinbarung zwischen dem Individuum und der Gemeinschaft gesehen hat, lässt Rousseau den Gesellschaftsvertrag vom allgemeinen Willen abhängen, der über den Individuen steht. Obgleich liberal, birgt dieser Gedanke auch die Gefahr eines Missbrauchs durch den Totalitarismus, der im Sinne eines selbst definierten Gemeinwillens über die wahren Interessen der Bürger hinweg geht.

ØBewertung Rousseaus Rousseau`s Einfluss auf die Pädagogik, politische Philosophie und politische Theorie des späten 18., 19. und 20. Jahrhunderts war in ganz Europa, dass sein Werk unlösbarer Bestandteil der französischen und europäischen Literatur- und Geistesgeschichte wurde.