Abschnitt 1.2. Rechnen mit reellen Zahlen

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Transkript:

Abschnitt 1.2 Rechnen mit reellen Zahlen

Addition und Multiplikation Zwei reelle Zahlen a und b kann man zu einander addieren, d. h., den beiden Zahlen wird eine dritte Zahl, a + b, zugeordnet, welche ebenfalls eine reelle Zahl ist. Formal gesehen, handelt es sich bei der Addition also um eine Funktion +: R R R, (a, b) a + b. Ebenso kann man die reellen Zahlen a und b mit einander multiplizieren, ihnen also eine dritte Zahl, a b, zuordnen, welche ebenfalls eine reelle Zahl ist. Man hat also auch eine Funktion : R R R, (a, b) a b. Hierbei gelten die folgenden Rechenregeln:

Regeln für die Addition A 1 Für alle a, b, c R ist (a + b) + c = a + (b + c). (Assoziativgesetz der Addition) A 2 Es gibt (genau) eine reelle Zahl n, so dass für alle a R gilt a + n = a(= n + a). Diese Zahl ist die (bzw. nennt man) 0. (Neutrales Element bzgl. der Addition) A 3 Zu jedem a R gibt es (genau) eine reelle Zahl a mit a + a = 0(= a + a). Diese Zahl nennt man a. (Inverses Element bzgl. der Addition) A 4 Für alle a, b R ist a + b = b + a. (Kommutativgesetz der Addition)

Regeln für die Multiplikation M 1 Für alle a, b, c R ist (a b) c = a (b c). (Assoziativgesetz der Multiplikation) M 2 Es gibt (genau) eine von 0 verschiedene reelle Zahl e, so dass für alle a R gilt a e = a(= e a). Diese Zahl ist die (bzw. nennt man) 1. (Neutrales Element bzgl. der Multiplikation) M 3 Zu jedem a R mit a 0 gibt es (genau) eine reelle Zahl a mit a a = 1(= a a). Diese Zahl nennt man a 1 oder 1 a. (Inverses Element bzgl. der Multiplikation) M 4 Für alle a, b R ist a b = b a. (Kommutativgesetz der Multiplikation)

Verträglichkeit von Addition und Multiplikation D Für alle a, b, c R gilt a (b + c) = a b + a c (und (a + b) c = a c + b c.) (Distributivgesetz/e) Hinweis. Aus Addition, Multiplikation und den jeweiligen Inversenbildungen erhält man die restlichen beiden Grundrechenarten vermittels a b := a + ( b), c : d := c d 1 für a, b, c, d R, d 0.

Der Begriff des Körpers Die gleichen Aussagen, die oben für die Menge der reellen Zahlen R getroffen wurden, gelten wortgleich für die Menge der rationalen Zahlen Q. Definition. Ist K eine Menge, für die es zwei Funktionen +: K K K, (a, b) a +b und : K K K, (a, b) a b gibt, welche die obigen Eigenschaften A 1 A 4, M 1 M 4 und D erfüllen, so heißt K (versehen mit + und ) ein Körper.

Beispiele, 1 Die Menge R der reellen Zahlen bildet einen Körper bezüglich der bekannten Addition und Multiplikation. Die Menge Q der rationalen Zahlen bildet einen Körper bezüglich der bekannten Addition und Multiplikation. Die Menge Z der ganzen Zahlen bildet hingegen keinen Körper bezüglich der bekannten Addition und Multiplikation, da es zum Beispiel zu der Zahl 2 Z kein multiplikativ Inverses in Z gibt, die Bedingung M 3 also verletzt ist.

Beispiele, 2 Sei p N eine Primzahl (also p > 1 und nur durch 1 und sich selbst teilbar). Man setze F p := {0, 1, 2,..., p 1}. Dann bildet F p einen Körper, wenn man als Addition bzw. Multiplikation definiert und für a, b F p. a b := der Rest von a + b bei Division durch p a b := der Rest von a b bei Division durch p

Anordnung mittels < Reelle Zahlen kann man der Größe nach vergleichen mittels der Beziehung <. Für diese Anordnung gelten die folgenden Eigenschaften: Tri < Sind a, b R beliebig, so gilt entweder a < b oder a = b oder b < a. (Trichotomie) Tra < Sind a, b, c R beliebig mit a < b und b < c, so gilt auch a < c. (Transitivität) VA < Sind a, b, c R beliebig mit a < b, so gilt auch a + c < b + c. (Verträglichkeit mit der Addition) VM < Sind a, b, c R beliebig mit a < b und 0 < c, so gilt auch a c < b c. (Verträglichkeit mit der Multiplikation)

Anordnung mittels Anstelle der Beziehung < kann man auch die Beziehung kleinergleich verwenden, also bzw.. Diese hat die folgenden Eigenschaften: L Sind a, b R beliebig, so gilt a b oder b a. (Linearität) R Für jedes a R gilt a a. (Reflexivität) As Sind a, b R beliebig mit a b und b a, so gilt a = b. (Antisymmetrie) Tra Sind a, b, c R beliebig mit a b und b c, so gilt auch a c. (Transitivität) VA Sind a, b, c R beliebig mit a b, so gilt auch a + c b + c. (Verträglichkeit mit der Addition) VM Sind a, b, c R beliebig mit a b und 0 c, so gilt auch a c b c. (Verträglichkeit mit der Multiplikation)

Angeordnete Körper, 1 Alles, was bisher über die Anordnung der reellen Zahlen gesagt wurde, gilt wörtlich auch für die rationalen Zahlen. Ähnlich wie im letzten Abschnitt gibt diese Feststellung Anlass zu einer abstrakten Definition. Ein Körper, auf dem eine Anordnung < bzw. definiert ist, die den obigen Bedingungen (für < bzw. ) genügt, heißt angeordneter Körper. Beispiele für solche Körper sind Q und R; weitere werden in dieser Vorlesung nicht behandelt. Hingegen ist F p kein angeordneter Körper, egal welche Primzahl p man wählt.

Angeordnete Körper, 2 Es ist egal, ob man im Folgenden den Körper R der reellen Zahlen durch < oder durch anordnet. Der Einfachheit halber werden daher beide Schreibweisen gleichzeitig verwendet, wobei zudem noch die Umkehrungen a > b für b < a und a b für b a benutzt werden. Weiterhin kann man die beiden Aussagen zu der Ungleichungskette a < b und b < c a < b < c zusammenfassen, entsprechend für, > und.

Das archimedische Axiom In R (und damit automatisch in Q) gilt das Archimedische Axiom. Sind a, b R mit a > 0 und b > 0, so gibt es ein n N mit na > b. Definition. Ein angeordneter Körper, in dem das archimedische Axiom gilt, heißt archimedisch angeordnet. Beispiele für archimedisch angeordnete Körper sind R und Q. (Alle weiteren liegen zwischen diesen beiden.)

Dichtheit der ratonalen Zahlen Sind a, b beliebige rationale Zahlen, so ist ihr arithmetisches Mittel (a + b) eine rationale Zahl, die zwischen a und b liegt. 1 2 Beweis: Mit a, b Q ist auch 1 2 (a + b) Q. Für a = b ist alles klar. Ist jedoch a < b, so ist auch 1 2 a < 1 2b, also a = 1 2 a + 1 2 a < 1 2 b + 1 2 a = 1 2 (a + b) und 1 2 (a + b) = 1 2 a + 1 2 b < 1 2 b + 1 2 b = b. Entsprechend sieht man die Behauptung im Fall b < a. Diese Beobachtung hat zur Konsequenz, dass bereits die rationalen Zahlen so liegen, dass sie in jedem noch so kleinen Abschnitt der Zahlengeraden vertreten sind. Würde man also jede von ihnen durch einen Punkt (endlicher Dicke) kennzeichnen, so würde das Bild die ganze Zahlengerade überdecken und von dem entsprechenden Bild für die reellen Zahlen nicht zu unterscheiden sein.

Definition des (Absolut)Betrages Mit Hilfe der Anordnung kann man den Betrag einer reellen Zahl erklären: Definition: Für a R beliebig heißt { a, falls a 0, a := a, falls a < 0, der (Absolut)Betrag von a. Der Betrag misst also den Abstand des Punktes a vom Nullpunkt 0 auf der Zahlengeraden. Speziell gilt stets a = a und a a. Weiterhin folgt für alle a, b R mit b > 0 aus dass gilt a = b, a = b oder a = b.

Eigenschaften des Absolutbetrags, 1 Charakterisierung. Ist ε R mit ε > 0 beliebig, so gilt für x R genau dann x < ε, wenn ε < x und x < ε ist, also ε < x < ε. Die analoge Aussage gilt, wenn man überall < durch ersetzt.

Eigenschaften des Absolutbetrags, 2 Beweis: Man kann sich die Aussage aufgrund des eben Gesagten am Zahlenstrahl veranschaulichen oder nachrechnen, wie es im folgenden für die Fassung mit < geschehen soll: 1. Fall: Es sei x 0. Dann ist x = x und stets ε < x. Also gilt dann die Äquivalenz. 2. Fall: Es sei x < 0. Dann ist x = x und stets x < ε. Also gilt dann x < ε genau dann, wenn x < ε ist. Aus den Eigenschaften der Anordnung folgt aber, dass x < ε gleichbedeutend ist mit x + ( ε) < ε + ( ε) = 0 und dies mit ε = x + ( ε) + x < 0 + x = x. Also gilt auch in diesem Falle die Äquivalenz.

Eigenschaften des Absolutbetrags, 3 Folgerung. Ist ε R mit ε > 0 und c R beliebig, so gilt für x R genau dann x c < ε, wenn c ε < x und x < c + ε ist, also c ε < x < c + ε. Die analoge Aussage gilt, wenn man überall < durch ersetzt. Der Beweis dieser Folgerung ergibt sich, indem man in der obigen Charakterisierung x durch x c ersetzt.

Eigenschaften des Absolutbetrags, 4 Der Absolutbetrag ist in folgender Weise mit Addition und Multiplikation verträglich: Dreiecksungleichung: Seien a, b R beliebig. Dann gilt a + b a + b. Produktregel: Seien a, b R beliebig. Dann gilt a b = a b.

Beweis der Dreiecksungleichung Für alle a, b R gilt a a und b b, also a + b a + b a + b. Andererseits gilt auch a a = a und b b = b, also (a + b) = ( a) + ( b) ( a) + b a + b und daher ( a + b ) = ( a + b ) + (a + b) (a + b) ( a + b ) + (a + b) + a + b = a + b. Aufgrund der obigen Charakterisierung folgt hieraus zusammen die Dreiecksungleichung.

Beweis der Produktregel Man kann diesen Beweis ähnlich wie den der Dreiecksungleichung auf die Charakterisierung zurückführen, indem man sowohl a b a b als auch a a b b 1 nachweist. Unmittelbarer ist es jedoch, wenn man die vier verschiedenen Fälle einzeln untersucht, die sich ergeben, je nachdem a bzw. b größergleich oder kleiner als Null ist.

Intervalle Im Zusammenhang mit der Charakterisierung des Absolutbetrags tauchten Mengen aller Zahlen x auf, für die gilt bzw. ε < x < ε c ε < x < c + ε, entsprechend mit an Stelle von <. Für die Mengen der reellen Zahlen, die derartige Ungleichungsketten erfüllen, führt man spezielle Namen und Symbole ein:

Definition eigentlicher Intervalle Seien a, b R mit a b. Dann heißt die Menge [a, b] := {x R: a x b} ein abgeschlossenes Intervall, die Menge ein offenes Intervall, die Menge ]a, b[:= {x R: a < x < b} [a, b[:= {x R: a x < b} ein (rechts) halboffenes Intervall und die Menge ]a, b] := {x R: a < x b} ein (links) halboffenes Intervall. In jedem dieser Fälle wird b a als die Länge des Intervalls bezeichnet. Die Punkte a und b heißen Endpunkte des Intervalls.

Definition uneigentlicher Intervalle Weiterhin definiert man auch die Intervalle [a, [ := {x R: x a}, ]a, [ := {x R: x > a}, ], b] := {x R: x b}, ], b[ := {x R: x < b}. Hinweise. Stets gilt a [a, b], a ]a, b], a ]a, b[; im Falle a < b gilt auch a [a, b[. Entsprechende Aussagen gelten für b. In einigen Texten wird statt ]a, b[ geschrieben (a, b), entsprechend für halboffene Intervalle.

Beschränkte Mengen Definition: Sei M eine Teilmenge der reellen Zahlen. 1. Die Menge M heißt nach oben beschränkt, wenn es eine reelle Zahl s gibt, so dass für alle x M gilt x s. In dieser Situation nennt man s eine obere Schranke von M. 2. Die Menge M heißt nach unten beschränkt, wenn es eine reelle Zahl t gibt, so dass für alle x M gilt t x. In dieser Situation nennt man t eine untere Schranke von M. 3. Die Menge M heißt beschränkt, wenn sie sowohl nach oben als auch nach unten beschränkt ist.

Beispiele Die Mengen R, Q und Z sind weder nach oben noch nach unten beschränkt, also auch nicht beschränkt. Die Menge N 0 ist nicht nach oben beschränkt, aber nach unten: Jede nichtpositive Zahl ist eine untere Schranke. Die Menge {..., 3, 2, 1, 0} ist nicht nach unten beschränkt, aber nach oben: Jede nichtnegative Zahl ist eine obere Schranke. Die Intervalle der Typen [a, b], ]a, b[, [a, b[, ]a, b] mit a, b reelle Zahlen, a b, sind sowohl nach oben als auch nach unten beschränkt (z. B. durch b bzw. a), also beschränkt. Hingegen sind die Intervalle der Typen [a, [, ]a, [ nicht nach oben beschränkt und die der Typen ], b], ], b[ nicht nach unten beschränkt, also allesamt nicht beschränkt.

Charakterisierung der Beschränktheit Hilfssatz. Sei M eine Teilmenge von R. Dann ist M genau dann beschränkt, wenn es eine reelle Zahl k gibt, so dass für alle x M gilt x k. Beweis: Sei zunächst M als beschränkt vorausgesetzt. Dann gibt es reelle Zahlen s und t, so dass für alle x M gilt t x und x s. Wähle nun k so groß, dass k s und k t ist (zum Beispiel kann man k gleich der größeren der beiden Zahlen s und t setzen). Dann gilt für jedes x M, dass k t x und x s k ist und daher x k aufgrund der Charakterisierung über den Absolutbetrag. Gibt es umgekehrt ein k R mit x k für alle x M, so gilt aufgrund der genannten Charakterisierung k x für alle x M und x k für alle x M. Damit ist k eine untere und k eine obere Schranke von M, also M beschränkt.

Maximum und Minimum Definition: Sei M eine Teilmenge der reellen Zahlen. 1. Eine reelle Zahl t heißt Maximum oder auch größtes Element von M, wenn gilt t M und: Für jedes x M gilt x t (d. h., t ist eine obere Schranke von M). 2. Eine reelle Zahl s heißt Minimum oder auch kleinstes Element von M, wenn gilt s M und: Für jedes x M gilt x s (d. h., s ist eine untere Schranke von M). Anmerkung. Eine Teilmenge M der reellen Zahlen kann höchstens ein Maximum bzw. Minimum haben. Also kann man im Falle der Existenz von dem Maximum bzw. dem Minimum einer Menge M sprechen und dafür das Symbol max M bzw. min M einführen.

Beispiele max R, max Q, max Z und min R, min Q, min Z sind nicht definiert. max N 0 und max N sind nicht definiert, min N 0 = 0, min N = 1. max{..., 3, 2, 1, 0} = 0; min{..., 3, 2, 1, 0} ist nicht definiert. Für a, b R mit a b ist max[a, b] = b, min[a, b] = a, max]a, b[ nicht definiert, min]a, b[ nicht definiert, max[a, b[ nicht definiert, min[a, b[= a, falls a < b, max]a, b] = b, falls a < b, min]a, b] nicht definiert, max[a, [ nicht definiert, min[a, [= a, max]a, [ nicht definiert, min]a, [ nicht definiert, max], b] = b min], b] nicht definiert, max], b[ nicht definiert, min], b[ nicht definiert.

Kleinste obere und größte untere Schranke Besitzt eine Menge M ein Maximum, so ist max M die kleinste obere Schranke von M: Nach Definition ist es eine obere Schranke, und, wenn l irgendeine obere Schranke von M ist, so muss l max M sein, da max M M gilt. Entsprechend überlegt man sich, dass das Minimum einer Menge M, falls es existiert, die größte untere Schranke dieser Menge ist. Das Phänomen der kleinsten oberen bzw. größten unteren Schranke wird durch eine Definition herausgestellt:

Supremum und Infimum, 1 Definition. Sei M eine Teilmenge der reellen Zahlen. 1. Eine reelle Zahl s heißt Supremum von M, wenn sie die kleinste obere Schranke von M ist, d. h., wenn gilt s ist obere Schranke von M und: Für jede obere Schranke x von M gilt x s. Anders formuliert: Ein Supremum von M ist ein Minimum der Menge aller oberen Schranken von M. 2. Eine reelle Zahl t heißt Infimum von M, wenn sie die größte untere Schranke von M ist, d. h., wenn gilt t ist untere Schranke von M und: Für jede untere Schranke y von M gilt y t. Anders formuliert: Ein Infimum von M ist ein Maximum der Menge aller unteren Schranken von M.

Supremum und Infimum, 2 Anmerkung. Ähnlich wie eben bei Maximum und Minimum überlegt man sich, dass eine Teilmenge M der reellen Zahlen höchstens ein Supremum bzw. Infimum haben kann. Daher führt man im Falle der Existenz dafür die Symbole sup M bzw. inf M ein. Bemerkung. Sei M eine Menge. Bereits bemerkt wurde, dass (im Falle der Existenz) das Maximum von M auch das Supremum von M ist. Umgekehrt ist (wieder im Falle der Existenz) das Supremum von M gleich dem Maximum von M, falls es zu M gehört, da eine zu M gehörende obere Schranke von M automatisch die kleinste obere Schranke von M ist. Entsprechendes gilt für Minimum und Infimum.

Beispiele Da im Falle der Existenz sup M eine obere Schranke von M ist, können nur nach oben beschränkte Mengen ein Supremum besitzen, entsprechend nur nach unten beschränkte ein Infimum. Es zeigt sich, dass zum Beispiel bei den Intervallen einige ein Supremum besitzen, die kein Maximum haben, entsprechend für Infimum und Minimum. So ist zwar (im Falle a < b) max]a, b[ nicht definiert, aber sup]a, b[= b, min]a, b[ nicht definiert, aber inf]a, b[= a, max[a, b[ nicht definiert, aber sup[a, b[= b, min]a, b] nicht definiert, aber inf]a, b] = a, min]a, [ nicht definiert, aber inf]a, [= a, max], b[ nicht definiert, aber sup], b[= b. Andererseits hat die leere Menge kein Supremum und auch kein Infimum.