Kapitel 1. Körper und Zahlen. 1.1 Mengen

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1 Kapitel 1 Körper und Zahlen 11 Mengen 12 Das Prinzip der vollständigen Induktion 13 Körper 14 Geordneter Körper 15 Reelle Zahlen 16 Komplexe Zahlen 11 Mengen Dieser Abschnitt gibt eine kurze Einführung in die Grundbegriffe der Mengenlehre Dabei verzichten wir auf eine exakte (nicht ganz unkritische Definition des Mengenbegriffs und gehen davon aus, dass intuitiv klar ist, was unter einer Menge zu verstehen ist Beispiele sind etwa die Menge aller Einwohner Würzburgs oder die Menge aller Mathematik Studierenden an der Universität Würzburg oder die Menge aller unter deutscher Flagge fahrenden Handelsschiffe Von besonderer Bedeutung sind die folgenden Mengen von Zahlen, die deshalb ein eigenes Symbol erhalten: Die Menge der natürlichen Zahlen N := {1, 2, 3, }, natürlichen Zahlen mit Null N 0 := {0, 1, 2, }, ganzen Zahlen Z := {0, ±1, ±2, ±3, }, rationalen Zahlen Q := { } p q p, q Z, q 0, reellen Zahlen R Im Gegensatz zu den natürlichen, ganzen und rationalen Zahlen haben wir die Menge der reellen Zahlen R in der obigen Aufzählung nicht formal definiert Wir werden dies später nachholen (siehe Abschnitt 15 und zunächst davon ausgehen, dass die reellen Zahlen, mit denen wir im täglichen Leben stets rechnen, bekannt sind 1

2 2 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN Sei nun M eine beliebige Menge Wir schreiben x M, wenn x ein Element der Menge M ist Hingegen bedeutet x / M, dass x kein Element der Menge M ist Beispielsweise ist 1 Z und 1 / N Die aufzählende Charakterisierung M = { x, y, z, } einer Menge M bedeutet, dass M aus den Elementen x, y, z, besteht Diese Beschreibung einer Menge haben wir weiter oben bereits für N, N 0 und Z verwendet Oft wird auch die beschreibende Charakterisierung M = { x x hat die Eigenschaft E } einer Menge M benutzt, wonach M gerade die Menge aller Elemente x ist, welche die Eigenschaft E besitzen Auf diese Weise haben wir beispielsweise die Menge Q eingeführt Definition 11 Seien M 1 und M 2 zwei beliebige Mengen (a M 1 ist Teilmenge von M 2 (Schreibweise: M 1 M 2, wenn jedes Element von M 1 auch ein Element von M 2 ist (b M 1 und M 2 heißen gleich (Schreibweise: M 1 = M 2, wenn sowohl M 1 M 2 als auch M 2 M 1 gelten, M 1 und M 2 also dieselben Elemente enthalten; anderenfalls sind M 1 und M 2 ungleich oder verschieden (Schreibweise: M 1 M 2 (c M 1 heißt echte Teilmenge von M 2 (Schreibweise: M 1 M 2, wenn M 1 M 2 und M 1 M 2 gelten (d Ist M 1 keine Teilmenge von M 2, so schreiben wir M 1 M 2 Aus der Definition 11 ergeben sich unmittelbar die folgenden Eigenschaften: Für jede Menge M ist M M (Reflexivität Für drei Mengen M 1, M 2, M 3 mit M 1 M 2 und M 2 M 3 gilt M 1 M 3 (Transitivität Wir führen als Nächstes die wichtigsten Mengenoperationen ein Definition 12 Seien M 1 und M 2 zwei beliebige Mengen (a Die Vereinigung von M 1 und M 2 ist (b Der Durchschnitt von M 1 und M 2 ist M 1 M 2 := { x x M 1 oder x M 2 } M 1 M 2 := { x x M 1 und x M 2 }

3 11 MENGEN 3 (c Die Differenz von M 1 und M 2 ist M 1 \M 2 := { x x M1, x / M 2 } Gilt hierbei M 2 M 1, so wird M 1 \M 2 auch als das Komplement von M 2 in M 1 bezeichnet (Schreibweise: C M1 (M 2 Eine Illustration der gerade eingeführten Begriffe findet man in der Abbildung 11 M 1 und M 2 : M 1 M 2 Vereinigung M 1 M 2 : M 1 M 2 Durchschnitt M 1 M 2 : M 1 M 2 Differenz M 1 \ M 2 : M 1 M 2 Abbildung 11: Vereinigung, Durchschnitt und Komplement von zwei Mengen M 1 und M 2 Manchmal tritt der Fall auf, dass eine Menge kein Element besitzt Diese Menge bezeichnen wir als leere Menge und schreiben hierfür Beispielsweise ist M\M = für jede beliebige Menge M Ebenso gilt M 1 M 2 = für M 1 := {1, 2, 3} und M 2 := {5, 6, 7} Für die Vereinigung und den Durchschnitt von Mengen gelten die folgenden Rechenregeln Satz 13 ( Rechenregeln für Vereinigung und Durchschnitt von Mengen Seien M 1, M 2, M 3 beliebige Mengen Dann gelten

4 4 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN (a die Kommutativgesetze M 1 M 2 = M 2 M 1 und M 1 M 2 = M 2 M 1 (b die Assoziativgesetze M 1 (M 2 M 3 = (M 1 M 2 M 3 und M 1 (M 2 M 3 = (M 1 M 2 M 3 (c die Distributivgesetze M 1 (M 2 M 3 = (M 1 M 2 (M 1 M 3 M 1 (M 2 M 3 = (M 1 M 2 (M 1 M 3 und Beweis: Wir beweisen hier nur eines der Distributivgesetze Der Nachweis der übrigen Behauptungen kann auf analoge Weise geschehen Es gilt x M 1 (M 2 M 3 x M 1 und x M 2 M 3 x M 1 und (x M 2 oder x M 3 (x M 1 und x M 2 oder (x M 1 und x M 3 x M 1 M 2 oder x M 1 M 3 x (M 1 M 2 (M 1 M 3 Also haben wir M 1 (M 2 M 3 = (M 1 M 2 (M 1 M 3 Aufgrund der Assoziativgesetze können wir einfach M 1 M 2 M 3 und M 1 M 2 M 3 (11 für die Vereinigung und den Durchschnitt von drei Mengen schreiben Ebenso können auch die Vereinigung und der Durchschnitt von beliebig vielen Mengen genommen werden Sind M i für jedes i aus einer so genannten Indexmenge I beliebige Mengen, so setzen wir M i := { x x Mi für mindestens ein i I } i I für die Vereinigung und M i := { x } x M für alle i I i I für den Durchschnitt dieser Mengen Speziell für I = {1, 2, 3} erhalten wir auf diese Weise wieder die beiden Mengen (11 Eine wichtige Regel für die Komplementbildung von Vereinigungen und Durchschnitten ist in dem nachstehenden Satz enthalten

5 12 DAS PRINZIP DER VOLLSTÄNDIGEN INDUKTION 5 Satz 14 ( Regeln von De Morgan Seien M eine Menge und M i M für alle i aus einer Indexmenge I Dann gelten: (a Es ist C M ( i I M i = i I C M(M i (b Es ist C M ( i I M i = i I C M(M i Beweis: Wir beweisen hier lediglich die Aussage (a Teil (b kann entsprechend verifiziert werden Zunächst bemerken wir, dass aus M i M für alle i I auch i I M i M folgt, weshalb wir insbesondere das Komplement dieser Vereinigungsmenge in M betrachten dürfen Aufgrund der Äquivalenzen ( x C M M i i I x M\ i I M i x M und x / M i i I x M und x / M i für alle i I x C M (M i für alle i I x C M (M i i I gilt die Behauptung (a Die Abbildung 12 veranschaulicht die Aussage (a des Satzes 14 für den Spezialfall von zwei Mengen M 1 und M 1 12 Das Prinzip der vollständigen Induktion Die vollständige Induktion ist ein sehr wichtiges Hilfsmittel, das häufig bei folgendem Problem angewandt wird: Es sei n 0 Z eine ganze (oft eine natürliche Zahl und A(n für jede ganze Zahl n n 0 eine Aussage Es soll bewiesen werden, dass die Aussage A(n für alle n n 0 wahr ist Dazu benutzt man das folgende Prinzip der vollständigen Induktion: Induktionsanfang: Man zeigt, dass die Aussage A(n 0 richtig ist Induktionsschritt: Man verifiziert für ein beliebiges n n 0, dass mit A(n auch die Aussage A(n + 1 wahr ist Im Induktionsschritt wird die Gültigkeit von A(n oft als Induktionsvoraussetzung bezeichnet

6 6 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN M 1 C M (M 1 M 2 : M M 2 CM (M 1 : M M 1 M 2 C M (M 2 : M 1 M M 2 Abbildung 12: Veranschaulichung der ersten Regel von De Morgan Hat man sowohl den Induktionsanfang als auch den Induktionsschritt bewiesen, so gilt die Aussage A(n offenbar für alle n n 0, denn zunächst ist A(n 0 aufgrund des Induktionsanfangs richtig Anwendung des Induktionsschrittes mit n = n 0 liefert anschließend die Gültigkeit der Aussage A(n Erneute Anwendung des Induktionsschrittes mit n = n ergibt dann, dass die Aussage A(n gilt Wiederholte Verwendung des Induktionsschrittes zeigt, dass auch die Aussagen A(n 0 + 3, A(n 0 + 4, wahr sind Wir illustrieren das Prinzip der vollständigen Induktion in diesem Abschnitt an mehreren Beispielen Dabei benutzen wir insbesondere die Notation n a k := a m + a m a n k=m für die Summe von gewissen Zahlen a m, a m+1,,a n, wobei wir im Fall n < m von der Konvention n a k := 0 für n < m (leere Summe k=m Gebrauch machen Ebenso schreiben wir n a k := a m a m+1 a n k=m

7 12 DAS PRINZIP DER VOLLSTÄNDIGEN INDUKTION 7 für das Produkt der Zahlen a m, a m+1,,a n, wobei auch hier die Konvention n a k := 1 k=m für n < m (leeres Produkt gelte Unser erstes Resultat gibt einen geschlossenen Ausdruck für die Summe der ersten n natürlichen Zahlen an Satz 15 Für alle n N gilt n k = k=1 n(n + 1 (12 2 Beweis: Der Beweis erfolgt durch vollständige Induktion nach n Betrachten wir den Induktionsanfang n = 1, so gilt einerseits 1 k = 1 k=1 und andererseits auch 1(1 + 1 = 1, 2 so dass die Aussage für n = 1 bewiesen ist Die Behauptung (12 möge nun für ein n 1 gelten (Induktionsvoraussetzung Zu zeigen ist dann die Gültigkeit für n + 1 (Induktionsschluss, also die Gleichheit n+1 (n + 1(n + 2 k = 2 k=1 k=1 k=1 Unter Verwendung der Induktionsvoraussetzung sieht man dies wie folgt ein: ( n+1 n n(n + 1 (n + 1(n + 2 k = k + (n + 1 = + (n + 1 = 2 2 Damit ist alles bewiesen Bevor wir zu unserem nächsten Resultat kommen, betrachten wir als Motivation eine Menge, die aus drei Elementen bestehen möge, etwa X = {x 1, x 2, x 3 } Nun kann man die Elemente natürlich auch in einer anderen Reihenfolge anordnen, nämlich X = {x 1, x 3, x 2 } X = {x 2, x 1, x 3 } oder oder

8 8 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN X = {x 2, x 3, x 1 } X = {x 3, x 1, x 2 } X = {x 3, x 2, x 1 } oder oder Damit haben wir sechs verschiedene Anordnungen der Menge X gefunden, und dabei handelt es sich offenbar auch um alle denkbaren Anordnungen Schreiben wir n n! := k k=1 (sprich: n Fakultät für die so genannte Fakultät einer Zahl n N (gemäß Konvention zum leeren Produkt ist insbesondere 0! = 1, so hat die 3 elementige Menge X also 3! = = 6 verschiedene Anordnungen Diese Beobachtung lässt sich auf allgemeine n übertragen Satz 16 Die Anzahl der verschiedenen Anordnungen einer n elementigen Menge X = {x 1, x 2,,x n } ist gleich n! Beweis: Der Beweis erfolgt wieder durch vollständige Induktion nach n Für n = 1 ist n! = 1 per Definition der Fakultät Ferner besitzt eine einelementige Menge offenbar auch nur eine mögliche Anordnung ihrer Elemente Damit ist der Induktionsanfang bewiesen Der Satz möge nun für n elementige Mengen gelten (dies ist wieder die Induktionsvoraussetzung Wir betrachten dann eine beliebige (n+1 elementige Menge {x 1,,x n, x n+1 } Analog zu dem obigen Beispiel mit drei Elementen zerfallen die möglichen Anordnungen unserer (n + 1 elementigen Menge in die folgenden Klassen K k, k = 1, 2,, n + 1: Die Anordnungen der Klasse K k haben das Element x k an erster Stelle, wobei die übrigen n Elemente in beliebiger Reihenfolge auftreten können Nach Induktionsvoraussetzung besteht jede Klasse K k somit aus n! verschiedenen Anordnungen Die Gesamtzahl aller Anordnungen von {x 1,,x n+1 } ist also gleich (n + 1n! = (n + 1! Für zwei natürliche Zahlen n, k N 0 mit k n heißt ( n n! n (n 1 (n k + 1 := = k k!(n k! 1 2 k (sprich: n über k der Binomialkoeffizient von n über k (für k > n wird ( n k := 0 gesetzt Einige elementare Eigenschaften des Binomialkoeffizienten sind in der nachstehenden Bemerkung zusammengefasst Bemerkung 17 (a Wegen 0! = 1 ist ( n = n! 0 0!n! = 1 und ( n = n! n n!0! = 1 für alle n N 0

9 12 DAS PRINZIP DER VOLLSTÄNDIGEN INDUKTION 9 (b Aus der Definition des Binomialkoeffizienten folgt sofort die Symmetrie Eigenschaft ( ( n n = k n k für alle n N 0 und alle k {0, 1,, n} (c Es gilt die Rekursionsformel ( n + 1 = k ( n + k 1 ( n k 1 k n, die sich unmittelbar mittels vollständiger Induktion verifizieren lässt Die in Bemerkung 17 (c genannte Rekursionsformel für die Binomialkoeffizienten erlaubt die sukzessive Berechnung dieser Zahlen: Sind die Werte von ( n k für ein n N0 und alle 1 k n bekannt, so lassen sich unter Berücksichtigung der Randwerte ( ( n 0 = n n = 1 aus Bemerkung 17 (a alle Binomialkoeffizienten ( n+1 k für 1 k n+1 berechnen durch Summation der beiden vorhergehenden Werte ( ( n k 1 und n k Man kann sich diese Rekursionsformel leicht merken, indem man die Binomialkoeffizienten in Form des so genannten Pascalschen Dreiecks anordnet: ( 0 ( ( 1 1 ( 2 0 ( 2 1 ( 2 2 ( 3 0 ( 3 1 ( 3 2 ( 3 3 ( 4 0 ( 5 1 ( 4 1 ( 5 2 ( 4 2 ( 5 3 ( 4 3 ( 5 4 ( 4 4 ( 5 5 ( 5 0 Numerisch erhält man im Pascalschen Dreieck folgende Werte:

10 10 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN ց ւ ց ւ ց ւ Die hiermit eingeführten Binomialkoeffizienten treten in verschiedenen Zusammenhängen auf, so beispielsweise bei der Fragestellung, wie viele k elementige Teilmengen man aus einer n elementigen Menge auswählen kann Dabei sollen verschiedene Anordnungen einer k elementigen Teilmenge nicht gesondert gezählt werden Betrachten wir beispielsweise wieder eine dreielementige Teilmenge X = {x 1, x 2, x 3 }, so besitzt diese offenbar die folgenden drei zweielementigen Teilmengen: {x 1, x 2 }, {x 2, x 3 } und {x 1, x 3 } Mit n = 3 und k = 2 sind dies genau ( 3 2 Stück Dieses Beispiel gilt ebenfalls allgemeiner Satz 18 Die Anzahl der k elementigen Teilmengen einer n elementigen Menge ist (ohne Berücksichtigung der Anordnung der Elemente gegeben durch ( n k Beweis: Wir betrachten zunächst alle möglichen Kombinationen von k Elementen mit Berücksichtigung der Anordnung Dann haben wir zur Auswahl des ersten Elements n Möglichkeiten, danach bleiben zur Auswahl des zweiten Elements noch n 1 Möglichkeiten usw, bis man zur Auswahl des k-ten Elements noch n k + 1 Möglichkeiten hat Die Gesamtzahl der möglichen Kombinationen von k Elementen mit Berücksichtigung der Anordnung beträgt somit n (n 1 (n k + 1 Legen wir auf die Anordnung keinen Wert, so fallen alle Kombinationen zusammen, bei denen es sich nur um Umordnungen der Elemente handelt Wegen Satz 16 sind dies genau k! Die Zahl der k elementigen Teilmengen einer n elementigen Menge beträgt somit n (n 1 (n k + 1 k! = n! k!(n k! = ( n k, was zu beweisen war

11 12 DAS PRINZIP DER VOLLSTÄNDIGEN INDUKTION 11 Die Anzahl der 6 elementigen Teilmengen von 49 Elementen beträgt somit ( = = Die Chance, beim Lotto 6 aus 49 die richtige Kombination zu erraten, ist also etwa 1:14 Millionen Die bereits im Satz 18 aufgetretenen Binominalkoeffizienten verdanken ihrem Namen der Tatsache, dass sie im binomischen Lehrsatz als Koeffizienten auftreten, den wir in dem folgenden Resultat formulieren Satz 19 ( Binomischer Lehrsatz Für beliebige x, y Q und jedes n N 0 gilt (x + y n = n k=0 Beweis: Wir beweisen zunächst den Spezialfall (1 + x n = n k=0 ( n x k = k ( n + 0 ( n x n k y k k ( n x + 1 ( n x ( n x n (13 n Für n = 0 ist (13 offenbar richtig (Induktionsanfang Die Gleichheit (13 gelte nun für ein beliebiges n (Induktionsvoraussetzung Multiplizieren wir (13 mit x, so folgt ( ( ( n n n x(1 + x n = x + x x n n Addiert man diese Gleichung zu (13, so folgt (1 + x n+1 = (1 + x(1 + x n = (1 + x n + x(1 + x n [( ( ] [( ( ] n n n n = x + + x [( ( ] n n + + x n + x n+1 n 1 n Zusammen mit den Beziehungen aus der Bemerkung 17 ergibt sich hieraus unmittelbar die Gültigkeit von (13 für n + 1 Zum Nachweis der eigentlichen Behauptung ersetzen wir x durch x/y (falls y 0 gilt, sonst ist die Aussage trivial wegen 0 0 = 1 und multiplizieren die entstehende Gleichung (13 anschließend mit y n

12 12 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN Im Satz 19 waren x und y beliebige rationale Zahlen Der Beweis ist identisch, wenn man x, y aus der Menge der reellen Zahlen R oder sogar aus der Menge der komplexen Zahlen C wählt Der einzige Grund, warum das Resultat nur für x, y Q formuliert wurde, liegt darin, dass uns die rationalen Zahlen bereits bekannt sind, die reellen und komplexen Zahlen jedoch erst noch eingeführt werden und von daher im Moment nicht zur Verfügung stehen Aufgrund des binomischen Lehrsatzes lauten die ersten Potenzen von (x + y n für n = 0, 1, 2, 3, 4, 5 somit (man verwende hierbei die numerischen Werte aus dem Pascalschen Dreieck: (x + y 0 = 1 (x + y 1 = x + y (x + y 2 = x 2 + 2xy + y 2 (x + y 3 = x 3 + 3x 2 y + 3xy 2 + y 3 (x + y 4 = x 4 + 4x 3 y + 6x 2 y 2 + 4xy 3 + y 4 (x + y 5 = x 5 + 5x 4 y + 10x 3 y x 2 y 3 + 5xy 4 + y 5 Als einfache Konsequenz aus dem binomischen Lehrsatz erhalten wir das nachstehende Resultat, bei dem wir mit 2 M := {N N M} die so genannte Potenzmenge von M bezeichnen Die Potenzmenge ist also gerade die Menge aller Teilmengen von M (inklusive der leeren Menge sowie der Menge M selbst Satz 110 ( Mächtigkeit der Potenzmenge Sei X eine beliebige Menge mit n Elementen Dann besitzt X genau 2 n Teilmengen, es gilt also 2 X = 2 n Beweis: Offenbar gilt Menge aller Teilmengen von X = Menge aller Teilmengen von X mit 0 Elementen +Menge aller Teilmengen von X mit 1 Element +Menge aller Teilmengen von X mit 2 Elementen +Menge aller Teilmengen von X mit n Elementen Wegen Satz 18 ist die Anzahl der k elementigen Teilmengen von X gegeben durch ( n k Damit folgt n ( n 2 X = = 2 n, k k=0 wobei sich die zweite Gleichheit aus dem binomischen Lehrsatz 19 mit x = y = 1 ergibt

13 12 DAS PRINZIP DER VOLLSTÄNDIGEN INDUKTION 13 Das vorige Resultat motiviert nachträgliche die Verwendung der Schreibweise 2 M für die Potenzmenge einer gegebenen Menge M Zum Abschluss dieses Abschnitts beweisen wir noch das folgende Resultat Satz 111 ( Geometrische Summenformel Für jedes x 1 und jede natürliche Zahl n N 0 gilt n k=0 x k = 1 xn+1 1 x Beweis: Der Beweis erfolgt wieder durch vollständige Induktion Für n = 0 ist 0 k=0 x k = 1 = 1 x0+1 1 x Die Aussage gelte jetzt für ein beliebiges n N 0 Dann folgt ( n+1 n x k = x k + x n+1 = 1 xn+1 1 x + xn+1 = 1 x(n+1+1, 1 x k=0 k=0 womit der Induktionsschritt bewiesen ist Die Gültigkeit von Satz 111 lässt sich auch anders einsehen: Um die Behauptung 1 + x + x x n = 1 xn+1 1 x zu verifizieren, multipliziert man diese Gleichung mit 1 x und beachtet, dass sich auf der linken Seite dann fast alle Terme wegheben Der Satz 111 besitzt eine wichtige Rolle in der Zinsrechnung, wofür wir an dieser Stelle kurz ein Beipiel angeben wollen Beispiel 112 Auf ein Konto wird am Anfang eines jeden Jahres ein Betrag von 5000e eingezahlt Die Verzinsung beträgt 45% pro Jahr, als Laufzeit werden 5 Jahre gewählt Am Ende des ersten Jahres beträgt das Guthaben dann 5000e + 0, e = 1, e = 5225, 00e Im zweiten Jahre werden diese 5225,00e wiederum mit 45% verzinst, außerdem die neu eingezahlten 5000 e Zum Ende des zweiten Jahres verfügt man somit über ein Guthaben von 1, , 00e + 1, e = 1, e + 1, e = 10685, 12e

14 14 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN Im dritten Jahr wird wiederum dieser Betrag verzinst sowie zusätzlich die neu eingezahlten 5000e Am Ende des dritten Jahres beträgt das Guthaben somit 1, , 12e + 1, e = 1, e + 1, e + 1, e = 16390, 96e So fortfahrend, erhält man am Ende der Laufzeit offenbar einen Betrag von 1, e + 1, e + 1, e e e = 28584, 46e (die Endbeträge sind jeweils gerundet Im Hinblick auf den Satz 111 können wir die obige Formel auch viel schneller berechnen: 1, e + 1, e + 1, e e e = 1, 045 ( 1, , , , e 1 1, 0455 = 1, , e = 28584, 46e 13 Körper Die Menge der rationalen Zahlen Q sowie die später noch einzuführenden Mengen der reellen Zahlen R und komplexen Zahlen C haben allesamt die gemeinsame Struktureigenschaft, dass es sich um einen Körper handelt Aus diesem Grund führen wir in diesem Abschnitt den Begriff des Körpers formal ein und untersuchen anschließend eine Reihe von Eigenschaften, die allen Körpern gemein ist Definition 113 Ein Körper ist eine nichtleere Menge K, auf der zwei Operationen + (als Addition bezeichnet und (als Multiplikation bezeichnet definiert sind, so dass die folgenden Eigenschaften gelten: (A Axiome der Addition: (A1 Für alle x, y K ist auch x + y K (Abgeschlossenheit der Addition (A2 Für alle x, y K ist x + y = y + x (Kommutativgesetz der Addition (A3 Für alle x, y, z K ist (x+y+z = x+(y +z (Assoziativgesetz der Addition (A4 Es gibt ein Element 0 K mit 0 + x = x für alle x K (Existenz eines Nullelements

15 13 KÖRPER 15 (A5 Zu jedem x K existiert ein Element x K mit x + ( x = 0 (Existenz eines negativen Elements (M Axiome der Multiplikation: (M1 Für alle x, y K ist auch x y K (Abgeschlossenheit der Multiplikation (M2 Für alle x, y K ist x y = y x (Kommutativgesetz der Multiplikation (M3 Für alle x, y, z K ist (x y z = x (y z (Assoziativgesetz der Multiplikation (M4 Es gibt ein Element 1 K mit 1 0 und 1 x = x für alle x K (Existenz eines Einselements (M5 Zu jedem x K mit x 0 gibt es ein Element x 1 K mit x x 1 = 1 für alle x K (Existenz eines inversen Elements (D Distributivgesetz: Für alle x, y, z K gilt x (y + z = x y + x z Die Eigenschaften (A1 (A5 besagen, dass die Menge K bezüglich der Addition eine kommutative (oder abelsche Gruppe bildet (ohne das Kommutativgesetz (A2 würde man nur von einer Gruppe sprechen Entsprechend bedeuten die Axiome (M1 (M5, dass K := K \ {0} auch bezüglich der Multiplikation eine kommutative Gruppe darstellt Statt x y für zwei Elemente x, y eines Körpers K schreiben wir im Folgenden oft nur xy Ebenso werden wir für das nach (M5 existierende Element statt x 1 häufig 1 x schreiben, wie man dies beispielsweise von den rationalen Zahlen her gewöhnt ist Beispiel 114 (a Die Mengen N und Z der natürlichen und ganzen Zahlen, jeweils versehen mit der üblichen Addition und Multiplikation, bilden keinen Körper, da beispielsweise die Eigenschaft (M5 verletzt ist (b Die Menge der rationalen Zahlen versehen mit der Addition und der Multiplikation Q = { x x = p q, p, q Z, q 0}, p 1 q 1 + p 2 q 2 := p 1q 2 + p 2 q 1 q 1 q 2 p 1 p2 := p 1p 2, q 1 q 2 q 1 q 2 bildet offenbar einen Körper, den Körper der rationalen Zahlen Man beachte, dass die Darstellung der Elemente aus Q nicht eindeutig ist Beispielsweise gilt 2 = Allgemein sind zwei rationale Zahlen gleich, also p 1 = p 2, q 1 q 2 wenn p 1 q 2 = p 2 q 1 gilt

16 16 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN (c Die zweielementige Menge K := {0, 1} mit den Rechenvorschriften und bildet einen Körper, wie man unmittelbar durch Verifikation aller Körperaxiome einsieht (das negative Element von 1 ist beispielsweise die 1 Wir formulieren zunächst einige Konsequenzen aus den Axiomen der Addition Satz 115 ( Eigenschaften der Addition Aus den Axiomen der Addition folgen: (a Die Zahl 0 ist eindeutig bestimmt (b Das negative Element einer Zahl x K ist eindeutig bestimmt (c Es gilt 0 = 0 (d Die Gleichung a+x = b (mit a, b K hat eine eindeutig bestimmte Lösung x = b a in K, wobei wir b a := b + ( a gesetzt haben (e Für jedes Element x K ist ( x = x (f Für alle x, y K ist (x + y = x y ( := ( x + ( y Beweis: Zum Beweis der Aussagen (a (f benutzen wir ausschließlich die Eigenschaften (A1 (A5 Insbesondere gelten die Aussagen (a (f daher in jeder Menge, auf welcher eine Addition mit den Eigenschaften (A1 (A5 definiert ist (das heißt, die Aussagen gelten letztlich in jeder kommutativen Gruppe (a Sei 0 K ein weiteres Element mit 0 + x = x für alle x K Dann gilt insbesondere = 0 Andererseits ist = 0 nach (A4 Aus dem Kommutativgesetz (A2 folgt daher 0 = = = 0 und somit die behauptete Eindeutigkeit des Nullelements (b Sei x K beliebig gegeben Wegen (A5 existiert ein Element x K mit x+( x = 0 Sei x K ein weiteres Element mit x + x = 0 Addition von x auf beiden Seiten liefert ( x + (x + x = ( x + 0 Das Assoziativgesetz (A3 und die Eigenschaft (A4 ergeben daher ( ( x + x + x = x

17 13 KÖRPER 17 Mit (A2 und (A5 erhalten wir somit was zu zeigen war x = 0 + x = ( ( x + x + x = x, (c Nach (A4 ist = 0 Hingegen gilt 0 + ( 0 = 0 nach (A5 Wegen (b ist das negative Element von 0 aber eindeutig bestimmt, so dass wir unmittelbar 0 = 0 erhalten (d Wir zeigen zunächst, dass x = b a := b + ( a die Gleichung a + x = b löst Unter Verwendung der Axiome der Addition folgt nämlich a + x = a + (b a = a + ( b + ( a (A2 = a + ( ( a + b (A3 = ( a + ( a + b (A5 = 0 + b (A4 = b Damit ist noch die Eindeutigkeit der Lösung zu zeigen Sei y K ein beliebiges Element mit a + y = b Addition von a auf beiden Seiten ergibt ( a + (a + y = ( a + b, also ( ( a + a + y = b + ( a nach (A2 und (A3 Nun ist aber y (A4 = 0 + y (A5 = ( ( a + a + y = b + ( a = b a = x und damit auch die Eindeutigkeit bewiesen (e Sei x K beliebig gegeben Wegen (A5 existiert dann ein Element x mit x+( x = 0 Die Definition des negativen Elements liefert außerdem ( x + ( ( x = 0 Zusammen mit (A2 folgt ( x + x = 0 = ( x + ( ( x Aus Teil (b ergibt sich daher x = ( x wegen der Eindeutigkeit des negativen Elements (f Die Definition des negativen Elements von x + y liefert (x + y + ( (x + y = 0 Addition von x auf beiden Seiten ergibt y + ( (x + y = x wegen (A3 und (A5 Andererseits hat die Gleichung y + z = x nach Teil (d die eindeutig bestimmte Lösung z = x y Daher folgt (x + y = x y Entsprechende Folgerungen lassen sich aus den Axiomen der Multiplikation herleiten

18 18 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN Satz 116 ( Eigenschaften der Multiplikation Aus den Axiomen der Multiplikation folgen: (a Die Zahl 1 ist eindeutig bestimmt (b Das inverse Element einer Zahl x K mit x 0 ist eindeutig bestimmt (c Die Gleichung ax = b (mit a, b K, a 0 hat eine eindeutig bestimmte Lösung x = b a in K, wobei wir b a := a 1 b gesetzt haben Beweis: Die Teile (a und (b lassen sich in Analogie zu den entsprechenden Aussagen des Satzes 115 beweisen, so dass wir hier nur die Behauptung (c verifizieren Seien dazu a, b K mit a 0 beliebig gegeben Wir zeigen zunächst, dass x = a 1 b die Gleichung ax = b löst Dies folgt aus a(a 1 b (M3 = (aa 1 b (M5 = 1 b (M4 = b Zum Beweis der Eindeutigkeit sei y K ein beliebiges Element mit ay = b Multiplikation mit a 1 von links liefert a 1 (ay = a 1 b Nun ist aber a 1 (ay = (a 1 ay = 1 y = y und daher y = a 1 b = x Die Aussage (b des Satzes 116 macht klar, warum es zum Nullelement kein inverses Element geben kann Ansonsten beachte man, dass der Beweis des Satzes 116 ausschließlich die Axiome (M1 (M5 der Multiplikation verwendet Daher gelten alle Aussagen des Satzes 116 in einer beliebigen Menge, auf welcher eine Multiplikation mit den Eigenschaften (M1 (M5 definiert ist Wir notieren als Nächstes eine Reihe von Folgerungen, die sich insbesondere durch Anwendung des Distributivgesetzes ergeben Satz 117 ( Rechenregeln in Körpern Sei K ein Körper Dann gelten die folgenden Aussagen: (a Für alle x, y, z K ist (x + yz = xz + yz (b Für alle x K ist x 0 = 0 (c Für x, y K ist xy = 0 genau dann, wenn x = 0 oder y = 0 (d Für alle x, y K ist ( xy = (xy (e Für alle x K ist ( 1x = x (f Für alle x, y K ist ( x( y = xy (g Für alle x K mit x 0 ist (x 1 1 = x (h Für alle x, y K mit x 0 und y 0 ist (xy 1 = x 1 y 1

19 13 KÖRPER 19 Beweis: (a Unter Verwendung des Distributivgesetzes und des Kommutativgesetzes der Multiplikation folgt (x + yz = z(x + y = zx + zy = xz + yz für alle x, y, z K (b Wegen 0 = nach (A4 folgt aus dem Distributivgesetz x 0 + x 0 = x (0 + 0 = x 0 Andererseits ist x = x 0 wiederum nach (A4 Wegen Teil (d des Satzes 115 erhalten wir hieraus x 0 = 0 (c Zum Beweis der behaupteten Äquivalenz müssen wir zwei Richtungen zeigen, nämlich einmal, dass aus xy = 0 tatsächlich x = 0 oder y = 0 folgt, und einmal, dass umgekehrt aus x = 0 oder y = 0 bereits xy = 0 folgt Sei zunächst xy = 0 Gilt dann x = 0, so sind wir fertig Sei daher x 0 vorausgesetzt Wegen Teil (c des Satzes 116 ist die eindeutig bestimmte Lösung der Gleichung xy = 0 dann gegeben durch y = x 1 0 Mit Teil (b folgt somit y = 0 Also ist wenigstens eine der beiden Zahlen x oder y gleich 0 Gilt umgekehrt x = 0 oder y = 0, so folgt die Behauptung xy = 0 unmittelbar aus der Aussage (b (evtl unter Berücksichtigung des Kommutativgesetzes der Multiplikation (d Seien x, y K beliebig gegeben Dann ist einerseits also 0 y (A5 = ( x + ( x y (a = xy + ( xy, 0 (b = y 0 (M2 = 0 y = xy + ( xy Andererseits ist xy + ( (xy = 0 Aus der Eindeutigkeit des negativen Elements gemäß Satz 115 (b folgt daher ( xy = (xy (e Setzt man y = 1 in Teil (d und berücksichtigt die Eigenschaft (M4, so folgt ( 1x = (1 x = x (f Seien x, y K beliebig Nach Teil (d gilt Andererseits folgt aus Teil (d auch Zusammen ergibt dies ( x( y = ( x( y x( y = (xy ( x( y = ( (xy Die Behauptung folgt daher aus dem Teil (e des Satzes 115

20 20 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN (g, (h Der Nachweis der Aussagen (g und (h kann analog zu den Teilen (e und (f des Satzes 115 erfolgen Die Addition von mehr als zwei Elementen eines Körpers K wird durch Klammerung auf die Addition von jeweils zwei Summanden zurückgeführt: x 1 + x x n := ( ( (x 1 + x 2 + x xn für beliebige x 1, x 2,,x n K Man beweist jedoch durch wiederholte Anwendung des Assoziativgesetzes der Addition, dass jede andere Klammerung zum selben Resultat führt (allgemeines Assoziativgesetz der Addition Entsprechendes gilt für das Produkt x 1 x 2 x n für beliebige Elemente x 1, x 2,,x n K (allgemeines Assoziativgesetz der Multiplikation Sei nun (i 1,,i n eine Permutation (dh Umordnung der Zahlen (1,, n Durch wiederholte Anwendung der Kommutativgesetze für die Addition und die Multiplikation folgert man sofort die Gültigkeit der beiden Identitäten und x 1 + x x n = x i1 + x i2 + + x in x 1 x 2 x n = x i1 x i2 x in, die als allgemeines Kommutativgesetz der Addition und allgemeines Kommutativgesetz der Multiplikation bezeichnet werden Aus dem allgemeinen Kommutativgesetz der Addition folgt beispielsweise wiederum n m a ij = i=1 j=1 m n j=1 i=1 a ij für beliebige Elemente a ij K, denn auf beiden Seiten stehen offenbar dieselben (insgesamt nm Summanden, die lediglich in anderer Reihenfolge auftreten Ebenso zeigt man auch die Gültigkeit des allgemeinen Distributivgesetzes ( n ( m x i y j = i=1 j=1 n m x i y j i=1 j=1 für beliebige x i, y j K In einem beliebigen Körper K definieren wir noch die Vielfachen n x := 0 für x K, n = 0, n x := x } + x + {{ + x } für x K, n N, n-mal n x := x } x {{ x } für x K, n N n-mal

21 13 KÖRPER 21 sowie die Potenzen x 0 := 1 für x K, insbesondere also 0 0 := 1, := } x x {{ x} für x K, n N, n-mal x n := (x 1 n für x K, x 0, n N x n Einige Rechenregeln für Potenzen sind in dem nachstehenden Resultat zusammengefasst Entsprechende Ergebnisse gelten auch für die Vielfachen von Elementen eines Körpers Satz 118 ( Potenz Rechenregeln in Körpern Sei K ein Körper Dann gelten: (a x n x m = x n+m für alle x K und alle n, m Z (evtl x 0 (b (x n m = x nm für alle x K und alle n, m Z (evtl x 0 (c x n y n = (xy n für alle x, y K und alle n Z (evtl x 0, y 0 Die Zusätze x 0 oder y 0 sind hierbei nur dann relevant, wenn x oder y mit einer negativen Potenz auftritt Beweis: Wir beweisen hier nur die Aussage (c Die Teile (a und (b können aber auf analoge Weise verifiziert werden Sei zunächst n 0 Wir zeigen Teil (c durch vollständige Induktion nach n Für n = 0 ist die Behauptung offenbar richtig Für ein beliebiges n 0 gelte daher x n y n = (xy n Dann folgt x n+1 y n+1 = x n xy n y = x n y n xy = (xy n (xy = (xy n+1, so dass die Aussage (c für alle n N 0 bewiesen ist Sei nun n < 0 und m := n > 0 (sowie x 0, y 0 Dann ist x n y n = x m y m = (x 1 m (y 1 m Wegen m > 0 ergibt sich aus dem gerade betrachteten Fall aber (x 1 m (y 1 m = (x 1 y 1 m und daher unter Verwendung von Teil (h des Satzes 117 sofort x n y n = (x 1 y 1 m = ( (xy 1m = (xy m, womit Teil (c auch schon bewiesen ist

22 22 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN 14 Geordnete Körper Wir beginnen diesen Abschnitt gleich mit der zentralen Definition Definition 119 Ein Körper K heißt geordnet (oder angeordnet, wenn eine Beziehung > 0 (sprich: größer Null definiert ist mit den folgenden Eigenschaften: (O1 für jedes x K gilt genau eine der Beziehungen x = 0 oder x > 0 oder x > 0 (O2 Für alle x, y K mit x > 0 und y > 0 gilt x + y > 0 (O3 Für alle x, y K mit x > 0 und y > 0 gilt xy > 0 In einem geordneten Körper K bezeichnen wir die Elemente x K mit x > 0 als positiv und die Elemente x K mit x > 0 als negativ Zur bequemeren Schreibweise führen wir noch die folgenden Notationen ein Definition 120 Seien K ein geordneter Körper und x, y K Dann schreiben wir (a x > y (sprich: x größer y, wenn x y > 0 gilt (b x y (sprich: x größer oder gleich y, wenn x > y oder x = y gilt (c x < y (sprich: x kleiner y, wenn y > x gilt (d x y (sprich: x kleiner oder gleich y, wenn y x gilt Als unmittelbare Konsequenz der Ordnungsaxiome (O1 (O3 und der gerade eingeführten Schreibweisen erhalten wir das nachstehende Resultat Satz 121 ( Rechenregeln in geordneten Körpern Seien K ein geordneter Körper und x, y, z K gegeben Dann gelten: (a Es ist genau eine der Beziehungen x = y oder x < y oder x > y erfüllt (b Aus x < y und y < z folgt auch x < z (c Aus x < y folgt auch x + z < y + z (d Aus x < y und z > 0 folgt auch xz < yz (e Aus x < y und z < 0 folgt xz > yz (f Für jedes x K mit x 0 ist x 2 > 0 (g Ist x > 0 (bzw x < 0, so ist auch x 1 > 0 (bzw x 1 < 0 (h Aus 0 < x < y folgt x 1 > y 1 (i Es gilt 1 > 0

23 14 GEORDNETE KÖRPER 23 Beweis: (a Für das Element y x K gilt nach (O1 genau eine der Beziehungen y x = 0 oder y x > 0 oder y x < 0 Die Behauptung folgt daher aus der Definition 120 (b Aus x < y und y < z folgt y x > 0 und z y > 0 gemäß Definition 120 Mit (O2 ergibt sich hieraus z x = (z y + (y x > 0, also gerade x < z (c Aus x < y folgt (y + z (x + z = y x > 0 Dies impliziert x + z < y + z und damit die Aussage (c (d Aus x < y folgt y x > 0 Wegen z > 0 ergibt sich aus (O3 und dem Distributivgesetz daher yz xz = (y xz > 0 Folglich ist xz < yz (e Nach Voraussetzung ist y x > 0 und z > 0 Aus (O3 folgt daher zx zy = zy ( zx = ( z(y x > 0 Hieraus ergibt sich gerade die Behauptung xz > yz (f Sei x K mit x 0 gegeben Wegen (O1 gilt dann x > 0 oder x > 0 Ist x > 0, so folgt x 2 = x x > 0 direkt aus (O2 Im Fall x > 0 hingegen folgt aus Satz 117 (f und (O2 ebenfalls x 2 = x x = ( x ( x > 0 (g Gemäß Definition der Potenzen ist x 1 = x(x 1 2 Dabei ist für x 0 stets (x 1 2 > 0 wegen Teil (f Deshalb folgt die Behauptung durch Multiplikation der Ungleichung x > 0 (bzw x < 0 mit (x 1 2 > 0 aus der schon bewiesenen Aussage (d (h Da x und y beide positiv sind, folgt xy > 0 aus (O3 und daher wegen (g und den Rechenregeln für Potenzen unmittelbar x 1 y 1 = (xy 1 > 0 Multipliziert man die Ungleichung x < y daher mit x 1 y 1, so folgt wegen Teil (d y 1 = x(x 1 y 1 < y(x 1 y 1 = x 1 (i Dies folgt wegen 1 = 1 2 sofort aus dem Teil (f, denn gemäß Definition eines Körpers ist das Einselement 1 von dem Nullelement 0 verschieden Wir kennen bislang zwar noch nicht viele Körper, wollen im folgenden Beispiel (das teilweise etwas vorausgreift aber kurz darauf eingehen, welche Körper geordnet sind

24 24 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN Beispiel 122 (a Der aus dem Beispiel 114 (c bekannte Körper mit den beiden Elementen 0 (als Nullelement und 1 (als Einselement ist nicht geordnet Wäre er nämlich geordnet, so würde wegen Satz 121 (i zwangsläufig 1 > 0 gelten Wegen Satz 121 (c und der Definition der Addition in dem gegebenen Körper wäre dann auch 0 = > = 1 im Widerspruch zu 1 > 0 und Satz 121 (a (b Der Körper Q der rationalen Zahlen ist geordnet, wenn man die > 0 Beziehung durch x > 0 : pq > 0 (14 definiert, wobei x = p eine gegebene rationale Zahl bezeichnet Man verifiziert sehr q leicht, dass die drei Ordnungsaxiome (O1 (O3 erfüllt sind Wir wollen dies exemplarisch für (O2 einmal nachrechnen Seien also x > 0 und y > 0 gegeben, etwa x = p 1 q 1, y = p 2 q 2 mit p 1 q 1 > 0 und p 2 q 2 > 0 Per Definition der Addition in Q ist dann Dabei gilt x + y = p 1q 2 + p 2 q 1 q 1 q 2 (p 1 q 2 + p 2 q 1 (q 1 q 2 = (p 1 q 1 q (p 2q 2 q 2 1 > 0 wegen p 1 q 1 > 0, p 2 q 2 > 0 nach Voraussetzung und q1 2 > 0, q2 2 > 0 nach Satz 121 (f Im Hinblick auf (14 ist daher x + y > 0 und damit (O2 gültig (c Der eigentlich bekannte und später noch formal einzuführende Körper R der reellen Zahlen ist angeordnet Anschaulich ist dies klar, wenn man R mit der üblichen Zahlengeraden identifiziert Später wird R per Definition als ein angeordneter Körper eingeführt (d Der vielleicht noch nicht bekannte Körper C der komplexen Zahlen (siehe Abschnitt 16 ist nicht geordnet, denn es gilt dort i 2 = 1 für die imaginäre Einheit i, was jedoch der Eigenschaft (f aus dem Satz 121 widerspricht In einem geordneten Körper kann man den Begriff des (absoluten Betrags einführen Definition 123 Sei K ein geordneter Körper Dann heißt { x, falls x 0, x := x, falls x < 0 der absolute Betrag des Elements x K Für den Betrag eines Elements gelten eine Reihe von Eigenschaften, die wir in dem nächsten Resultat zusammenfassen

25 14 GEORDNETE KÖRPER 25 Satz 124 ( Rechenregeln des absoluten Betrags Sei K ein geordneter Körper Dann gelten: (a Es ist x 0 für alle x K (b Es ist x = 0 genau dann, wenn x = 0 gilt (c Es ist x = x für alle x K (d Es ist x x und x x für alle x K (e Es ist x y = x y für alle x, y K (f Es ist x + y x + y für alle x, y K (Dreiecksungleichung (g Es ist x + y x y für alle x, y K (inverse Dreiecksungleichung Beweis: Die Aussagen (a und (b folgen sofort aus der Definition des Betrages Zum Nachweis von (c unterscheiden wir die beiden Fälle x 0 und x < 0 Für x 0 ist x = x und x = ( x, also x = x = x Analog gilt für x < 0 gemäß Definition des Betrags einerseits x = x und andererseits x = x, also ebenfalls x = x Die Behauptung (d kann ebenso bewiesen werden, indem man die Fälle x 0 und x < 0 betrachtet Durch Abarbeitung der vier Fälle x 0, y 0 oder x 0, y < 0 oder x < 0, y 0 oder x < 0, y < 0 verifiziert man auch die Gleichheit in der Aussage (e Zum Nachweis der Dreiecksungleichung: Gilt x + y 0, so folgt aus der Definition des Betrags sowie dem schon bewiesenen Teil (d sofort x + y = x + y x + y Für x + y < 0 erhalten wir durch eine analoge Argumentation x + y = x y x + y, womit die Aussage (f bewiesen ist Hieraus wiederum folgert man Teil (g, indem man die Dreiecksungleichung auf die Elemente u := x + y und v := y anwendet, wonach u + v u + v gilt, was sich per Definition von u und v schreiben lässt als x = x + y y = u + v u + v = x + y + y = x + y + y, woraus man x y x + y erhält Durch Vertauschung von x und y folgt hieraus ( x y x + y Insgesamt ergibt sich daher die Behauptung (g

26 26 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN Induktiv folgt aus dem Satz 124 (f auch die Gültigkeit der verallgemeinerten Dreiecksungleichung x x n x x n für je endlich viele Elemente x 1,,x n eines geordneten Körpers K Wir werden diese verallgemeinerte Dreiecksungleichung später noch häufig verwenden Sind x, y Elemente eines beliebigen geordneten Körpers K mit 0 < x < y, so stellt sich oft die Frage, ob es eine Zahl n N gibt mit nx y Entgegen der Anschauung folgt dies nicht aus den Axiomen eines geordneten Körpers Wir führen daher die folgende Definition ein Definition 125 Ein geordneter Körper K heißt archimedisch, wenn zu je zwei Elementen x, y K mit x > 0 stets ein (im Allgemeinen von x und y abhängiges n N existiert mit nx y Aus der Definition eines archimedisch geordneten Körpers erhalten wir sofort die nachstehenden Eigenschaften Lemma 126 ( Eigenschaften eines archimedisch geordneten Körpers Sei K ein archimedisch geordneter Körper Dann gelten: (a Zu jedem y K existiert ein n N mit n y (b Zu jedem ε K mit ε > 0 existiert ein n N mit 1 n ε Beweis: (a Wähle x = 1 in der Definition eines archimedisch geordneten Körpers (b Setze y := 1 ε > 0 Anwendung von Teil (a liefert dann die Existenz eines n N mit n y n 1 ε ε 1 n, was zu zeigen war Wir zeigen in unserem nächsten Resultat, dass der Körper der rationalen Zahlen archimedisch geordnet ist Satz 127 Der Körper Q der rationalen Zahlen ist archimedisch geordnet Beweis: Seien x, y Q mit x > 0 beliebig gegeben Ohne Einschränkung können wir 0 < x < y voraussetzen, denn sonst würde n := 1 bereits das Gewünschte leisten Dann existieren natürliche Zahlen p 1, q 1, p 2, q 2 N mit x = p 1 q 1 und y = p 2 q 2

27 15 REELLE ZAHLEN 27 Mit p := p 1 q 2, q := q 1 p 2 und r := q 1 q 2 gilt ferner x = p r und y = q r Nun gilt p 1 und r 1, da es sich bei p und r jeweils um ein Produkt von zwei natürlichen Zahlen handelt Aus p 1 folgt zunächst pq q Ebenso erhalten wir aus r 1 auch qr q bzw q q Wählen wir nun n := r q N, so folgt r was zu zeigen war n x = r q p r = p q q q r = y, 15 Reelle Zahlen Wir geben in diesem Abschnitt eine axiomatische Einführung der reellen Zahlen Dazu beginnen wir als Motivation mit einem Resultat, wonach der Körper Q der rationalen Zahlen unvollständig ist in dem Sinne, dass die Zahl 2 sich nicht als Quadrat einer rationalen Zahl darstellen lässt Anders ausgedrückt: Die Quadratwurzel aus 2 (die aus der Schule sicherlich bekannt ist ist keine rationale Zahl Lemma 128 Es gibt keine Zahl x Q mit x 2 = 2 Beweis: Der Beweis ist ein typisches Beispiel für einen Widerspruchsbeweis, bei dem es sich um eine sehr beliebte Beweistechnik handelt: Man nimmt an, die Aussage gilt nicht, und führt diese Annahme dann zu einem Widerspruch, so dass die Aussage doch gelten muss Wir nehmen also an, dass es eine rationale Zahl x Q gibt mit x 2 = 2 Dann können wir x = p mit gewissen Zahlen p, q Z, q 0, schreiben Nun ist die Darstellung einer q rationalen Zahl zwar nicht eindeutig, durch geeignetes Kürzen können wir allerdings stets erreichen, dass p und q teilerfremd sind, also keinen gemeinsamen (von Eins verschiedenen Teiler haben Aus x 2 = 2 folgt nun p 2 = 2q 2 (15 Also ist p 2 durch 2 teilbar und somit eine gerade Zahl Dann ist aber p selbst eine gerade Zahl (denn wäre p ungerade, so wäre p 2 offenbar auch ungerade Also ist p 2 durch 4 teilbar Dann ist auch die rechte Seite in (15 durch 4 teilbar, also q 2 gerade Somit ist auch q gerade Also sind sowohl p als auch q durch 2 teilbar im Widerspruch dazu, dass beide Zahlen als teilerfremd vorausgesetzt waren Daher existiert keine rationale Zahl x Q mit x 2 = 2 Der Körper Q hat noch weitere Defizite, wie wir noch sehen werden Dazu führen wir zunächst den folgenden Begriff ein

28 28 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN Definition 129 Sei K ein geordneter Körper und M K eine gegebene Teilmenge Ein Element s K heißt Supremum von M, wenn s die kleinste obere Schranke für M ist, dh, wenn die beiden folgenden Eigenschaften gelten: (a Es ist x s für alle x M (b Es gibt kein s K mit s < s und x s für alle x M Das Element s wird als sup M bezeichnet Entsprechend definiert man das Infimum von M als größte untere Schranke von M und bezeichnet diese mit inf M Sofern existent, ist das Supremum einer Menge wegen der Eigenschaft (b offenbar eindeutig bestimmt Gleiches gilt für das Infimum Wir bringen zunächst einige Beispiele Beispiel 130 (a Wir betrachten den angeordneten Körper K = Q der rationalen Zahlen sowie die Teilmenge M := {x Q x 2 < 2} Dann besitzt M offenbar kein Supremum, denn dazu müsste offenbar ein x Q mit x 2 = 2 existieren, was nach Lemma 128 nicht sein kann Jedes x Q mit x 2 > 2 hingegen kommt nicht als Supremum in Frage, da zwar die Eigenschaft (a aus Definition 129 erfüllt ist, nicht jedoch die Eigenschaft (b, denn zu x mit x 2 > 2 existiert stets ein y < x mit y 2 > 2 (vergleiche Satz 134 (b Existiert das Supremum s = sup M einer Teilmenge M eines geordneten Körpers K, so kann s zu M gehören oder auch nicht Als Beispiel betrachten wir wieder den Körper K = Q sowie die beiden Teilmengen Dann gilt M 1 := {x Q x < 0} und M 2 := {x Q x 0} sup M 1 = 0 und sup M 2 = 0, und im ersten Fall gehört das Supremum nicht zu M 1, während es im zweiten Fall ein Element von M 2 ist (c Seien K = Q und M := { 1 } n N = {1, 12 n, 13, 14 }, Dann ist sup M = 1 und inf M = 0, wobei sup M zu M gehört und inf M kein Element von M ist Sei K ein geordneter Körper und M K eine nach oben beschränkte Teilmenge, dh, es existiert ein β K mit x β für alle x M Für solche Mengen soll stets ein Supremum in K existieren Wir führen dafür den nachstehenden Begriff ein Definition 131 Ein geordneter Körper K heißt vollständig, wenn jede nichtleere und nach oben beschränkte Teilmenge M K ein Supremum in K besitzt

29 15 REELLE ZAHLEN 29 Das Beispiel 130 (a zeigt, dass der Körper Q nicht vollständig ist Durch Erweiterung von Q erhält man jedoch einen vollständigen Körper, denn es gilt der folgende Satz, auf dessen länglichen Beweis wir an dieser Stelle verzichten Der interessierte Leser sei hierzu beispielsweise auf [11, Theorem 119] verwiesen Satz 132 ( Existenz und Eindeutigkeit der reellen Zahlen Es gibt (im Wesentlichen genau einen geordneten Körper, der vollständig ist Wir bezeichnen diesen mit R und nennen ihn den Körper der reellen Zahlen Dieser umfasst insbesondere den Körper Q Wir können an dieser Stelle auch vielen Lehrbüchern der Analysis folgen und den axiomatischen Standpunkt vertreten, bei dem man den Satz 132 als Definition der reellen Zahlen auffasst: R ist ein vollständiger geordneter Körper Die bislang bewiesenen Eigenschaften eines vollständig geordneten Körpers (also von R besagen letztlich, dass man in der Menge der reellen Zahlen so rechnen darf, wie man es vorher schon (etwa aus der Schule gewohnt war Wir zeigen als Nächstes, dass der Körper R der reellen Zahlen automatisch archimedisch geordnet ist Satz 133 Der Körper R ist archimedisch geordnet Beweis: Seien x, y R mit 0 < x < y beliebig gegeben Definiere die Menge M := { n x n N } R Wenn es kein n N mit n x y gibt, so ist y eine obere Schranke von M, die Menge M also nach oben beschränkt Da R per Definition vollständig ist, existiert das Supremum s := sup M in R Wegen x > 0 ist s x < s und daher s x keine obere Schranke für die Menge M Also existiert ein m N mit s x < mx Dies impliziert jedoch s < (m + 1x M im Widerspruch dazu, dass s eine obere Schranke von M ist Wir zeigen in dem nachfolgenden Resultat, dass zwischen zwei Elementen aus R stets eine rationale Zahl liegt Satz 134 Die Menge der rationalen Zahlen Q liegt dicht in R in dem Sinne, dass zu je zwei Zahlen x, y R mit x < y stets ein r Q mit x < r < y existiert Beweis: Wegen x < y ist y x > 0 Wegen Satz 133 ist R archimedisch geordnet Aufgrund des Lemmas 126 existiert daher ein n N mit n(y x > 1 Sei ferner m die kleinste Zahl aus Z mit m > nx, so dass insbesondere nx m 1 gilt Dann folgt x < 1 n m = m < x + (y x = y n n

30 30 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN Also hat r := m n Q die gewünschte Eigenschaft Als Ergänzung zum Satz 134 sei erwähnt, dass zwischen zwei reellen Zahlen x, y R mit x < y auch stets eine irrationale Zahl liegt, also ein s R \ Q existiert mit x < s < y Dies wird etwa im Beispiel 225 (b gezeigt Wir zeigen in dem folgenden Resultat, dass das im Lemma 128 aufgetretene Problem im Körper der reellen Zahlen nicht mehr existiert Satz 135 ( Definition von Wurzeln Für jedes x R mit x > 0 und jedes n N gibt es genau eine positive reelle Zahl y R mit y n = x Wir schreiben hierfür y = n x oder y = x 1/n und nennen y die n-te Wurzel von x Speziell für n = 2 und n = 3 sprechen wir auch von der Quadratwurzel und Kubikwurzel von x, wobei wir für die Quadratwurzel meistens x statt 2 x schreiben Beweis: Die Eindeutigkeit ist klar, da aus 0 < y 1 < y 2 auch 0 < y1 n < yn 2 Nachweis der Existenz definieren wir die Menge folgt Zum Die Menge M ist nichtleer, denn speziell für M := { t R t > 0 und t n < x } t := x 1 + x ist 0 < t < 1 und daher t n < t < x Ferner ist M nach oben beschränkt und besitzt zum Beispiel die Zahl 1 + x als obere Schranke Ist nämlich t M und wäre t 1 + x, so wäre t 1 und t x und daher t n t x im Widerspruch zu t M Da R vollständig ist, existiert somit das Supremum y := sup M in R Wir wollen jetzt zeigen, dass y n = x gilt Zu diesem Zweck führen wir jede der beiden Ungleichungen y n < x und y n > x zu einem Widerspruch, so dass die Behauptung y n = x aus den Anordnungsaxiomen bzw dem Satz 121 (a folgt Dazu benötigen wir die für alle 0 < a < b gültige Ungleichung b n a n < (b anb n 1, (16 die sich unmittelbar aus der Identität b n a n = (b a(b n 1 + b n 2 a + + a n 1 ergibt Wir nehmen zunächst an, dass y n < x gilt Wähle dann ein h mit 0 < h < 1 und h < x yn n(y + 1 n 1 Speziell für a := y und b := y + h folgt dann aus (16 (y + h n y n < hn(y + h n 1 < hn(y + 1 n 1 < x y n

31 15 REELLE ZAHLEN 31 Daher ist (y + h n < x und somit y + h M Wegen h > 0 widerspricht dies jedoch der Definition von y = sup M Wir nehmen jetzt an, dass y n > x gilt Setze dann z := yn x ny n 1 Hieraus folgt 0 < z < y Ist t y z, so ergibt sich mit (16 y n t n y n (y z n < zny n 1 = y n x und daher t n > x, also t M Folglich ist y z eine obere Schranke von M (Kontraposition Wegen y z < y steht dies jedoch erneut im Widerspruch zur Definition von y als kleinste obere Schranke von M Die übliche Schreibweise für reelle Zahlen besteht in der Form einer (im Allgemeinen nicht abbrechenden Dezimalzahl Beispielsweise gilt 2 = Wir werden diese Dezimaldarstellung zwar kaum verwenden, aber doch auf den Zusammenhang mit den reellen Zahlen R kurz eingehen Sei dazu x R beliebig gegeben und ohne Einschränkung x > 0 Wähle dann die größte Zahl n 0 N 0 mit n 0 x (diese existiert, da R archimedisch geordnet ist Induktiv fahren wir fort, indem wir zu bereits bekannten Werten n 0, n 1,,n k 1 ein n k N 0 als größte Zahl bestimmen, so dass noch n 0 + n n n k 2 10 x k gilt Mit M bezeichnen wir dann die Menge aller solcher Zahlen für k = 0, 1, 2, Setzen wir x := sup M, so lautet die Dezimaldarstellung von x offenbar x = n 0 n 1 n 2 n 3 (17 Umgekehrt kann man zu einer solchen (unendlichen Dezimaldarstellung die zugehörige Menge M definieren, die offenbar nach oben beschränkt ist, so dass x := sup M existiert und diese Zahl gerade die Dezimaldarstellung (17 besitzt Auf ähnliche Weise wie eine solche Dezimaldarstellung (mit der Basis 10 lässt sich beispielsweise auch die Binärdarstellung (mit der Basis 2 einer gegebenen Zahl bestimmen Manchmal ist es sinnvoll, den Körper R um die beiden Symbole + und zu erweitern Um die Ordnung in R zu erhalten, definieren wir < x < + für alle x R Die so erweiterte Menge bildet keinen Körper mehr, für viele Rechnungen sind jedoch die nachstehenden Konventionen nützlich: x + := + und x := x R, x := 0 und x := 0 x R, + x (+ := + und x ( := x R, x > 0, x (+ := und x ( := + x R, x < 0

32 32 KAPITEL 1 KÖRPER UND ZAHLEN Man beachte hierbei, dass ein Ausdruck der Gestalt 0 (+ oder 0 ( nicht definiert ist! Gleiches gilt für Ausdrücke der Form (+ + ( und ( + (+ Die reellen Zahlen werden meist durch die reelle Achse veranschaulicht Gewissen Teilmengen dieser reellen Achse, also der reellen Zahlen, kommt eine besondere Bedeutung zu, nämlich den (eigentlichen Intervallen: [a, b] := {x R a x b}, (a, b := {x R a < x < b}, (a, b] := {x R a < x b}, [a, b := {x R a x < b} Hierbei wird stets davon ausgegangen, dass a, b R mit a < b gegeben sind Lässt man auch an mindestens einem Ende dieser Intervalle eine unendliche Grenze zu, so erhält man die uneigentlichen Intervalle (, b := {x R x < b}, (, b] := {x R x b}, [a, + := {x R x a}, (a, + := {x R x > a} In keinem dieser Fälle gehört oder + zu einem der uneigentlichen Intervalle Prinzipiell könnte man auch noch das uneigentliche Intervall (, + definieren, das ist aber nichts anderes als R selbst 16 Komplexe Zahlen Wir geben in diesem Abschnitt eine Einführung in die Menge der komplexen Zahlen, aus der durch Einführung einer geeigneten Addition und einer geeigneten Multiplikation ein Körper wird Definition 136 Eine komplexe Zahl ist ein geordnetes Paar der Gestalt z = (x, y mit x, y R Dabei sprechen wir von einem geordneten Paar, weil (x, y und (y, x für x y als verschieden betrachtet werden Die Menge aller komplexen Zahlen wird mit C bezeichnet Sind z, w C zwei komplexe Zahlen, etwa z = (x, y und w = (u, v mit x, y, u, v R, so definieren wir eine Addition durch und eine Multiplikation durch z + w = (x, y + (u, v := (x + u, y + v (18 z w = (x, y (u, v := (xu yv, xv + yu (19

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