Ich muss stehen bleiben: Schaufensterkrankheit (Teil III) *

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Transkript:

Ich muss stehen bleiben: Schaufensterkrankheit (Teil III) * Prof. Dr. med. Eike Sebastian Debus, Prof. Dr. med. Federico Tatò, Klinik und Poliklinik für Gefäßmedizin, Universitäres Herzzentrum, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Der 68-jährige ehemalige Bibliothekar Norbert Haller** hat sich während seines Berufslebens wenig körperlich bewegt. Sport gehört nicht gerade zu seinen Hobbys. Vielmehr liest er gern und ist vor allem ein leidenschaftlicher Koch, wobei er deftige Gerichte bevorzugt. Seinen beruflichen Stress hat er mit dem Griff zur Zigarette beantwortet. Bis heute hat er trotz eindringlicher Mahnungen seines Hausarztes das Rauchen nicht einstellen können. Aber er hat sich auf dessen Rat hin einen Hund zugelegt, den er täglich zweimal ausführt. Seit mehreren Monaten quälen ihn beim Gehen Schmerzen in seiner rechten Wade, die ihn zwingen, nach einer immer kürzeren Strecke stehen zu bleiben. Zunächst hören die Beschwerden nach wenigen Minuten auf, dann wird die Gehstrecke immer kürzer, und mittlerweile kann er seinen Hund nicht mehr ausführen: Ihn plagen schon ohne Belastung Schmerzen in Unterschenkel und Fuß. Vor einigen Tagen hat er sich mit seiner kleinen Zehe an der Bettkante gestoßen jetzt hat sich dort eine Wunde gebildet, die einfach nicht mehr heilen will. Nachts kann er nur noch mit aus dem Bett hängendem Bein ohne Schmerzen schlafen. Sein Hausarzt stellt fest, dass der Leisten- und Kniekehlenpuls an seinem rechten Bein fehlen und vermutet einen Gefäßverschluss. Er überweist ihn zu einem Gefäßspezialisten, der die Vermutung bestätigt: Es liegt ein vollständiger Verschluss der Oberschenkelarterie vor, und auch die Beckenschlagader hat mehrere Engstellen. Er bespricht die Situation mit * Teil I und II sind in HERZ HEUTE 3/2011 und 1/2012 erschienen. ** Name von der Redaktion geändert. Norbert Haller und schlägt ihm eine Operation vor: Er wird einen Stent in die Beckenarterie einsetzen, gleichzeitig soll ein Oberschenkelbypass angelegt werden. Norbert Haller willigt in die vorgeschlagene Behandlung ein und unterzieht sich dem Eingriff, der in Narkose durchgeführt wird. Danach wird er noch eine Woche im Krankenhaus behandelt, bevor er nach Hause gehen kann. Bereits am Operationstag kann er wieder aufstehen, in den nächsten Tagen wird er intensiv mit einer Krankengymnastin das Laufen trainieren. Sofort nach der Operation fällt ihm schon auf: Er kann wieder ohne Schmerzen schlafen, und auch sein Fuß fühlt sich wieder warm an. Nach dem Eingriff wird Norbert Haller intensiv über eine gesunde Lebensführung beraten. Er hat nun selbst erfahren, wohin das Rauchen, seine bewegungsarme Tätigkeit und seine ungesunde Ernährung führen können und nimmt sich jetzt fest vor, sein Leben zu ändern. Immerhin steht nicht nur sein Bein auf dem Spiel, sondern der ganze Organismus ist durch die Gefäßverkalkung gefährdet. Er sollte seinen Blutdruck unter 140/90 mmhg, seinen LDL-Wert unter 100 mg/dl bringen. Sein Leben lang muss er ASS 100 mg einnehmen. Lebenslang ist auch eine Überwachung seiner Krankheit durch den Arzt erforderlich. Norbert Hallers Krankheitsgeschichte hat eine glückliche Wendung genommen. Es hätte auch anders kommen können, denn Norbert Haller hat zu lange gewartet. Spätestens als die Schmerzen beim Gehen immer stärker wurden, hätte er seinen Arzt aufsuchen sollen. Gefragt, warum er es so weit habe kommen lassen, antwortete er: Ich dachte, das geht vorbei. So denken viele Patienten. Lieber nehmen sie Schmerzen und Einschränkungen 16

ihrer Beweglichkeit in Kauf, als zum Arzt zu gehen. Unbehandelt schreitet die Krankheit weiter fort und fügt ihnen mehr Schmerzen und mehr Beschwerden zu. Norbert Haller wurde durch die beiden Eingriffe vorläufig gerettet. Vorläufig, weil die Arteriosklerose, die Grunderkrankung, die die Eng- stellen in den Gefäßen verursacht hat, weiter besteht. Seine Zukunft hängt davon ab, ob er seinen Vorsatz, die Ratschläge der Ärzte konsequent zu befolgen, tatsächlich umsetzt und dadurch das Fortschreiten der Arteriosklerose aufgehalten wird. 17

Ballonaufdehnung einer hochgradigen Einengung der Oberschenkelarterie (Arteria femoralis superficialis). Ganz links ist die Engstelle zu sehen, in der Mitte der Kathetereingriff und ganz rechts die durch den Kathetereingriff wiederhergestellte Durchblutung. Eingriffe Es gibt zwei Möglichkeiten, durch Eingriffe die Durchblutung in den Gefäßen wiederherzustellen, wenn durch Engstellen in den Arterien infolge von Arteriosklerose Becken, Beine und Füße nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt werden. Kathetereingriffe Chirurgische Verfahren Diese Eingriffe sind immer angezeigt, wenn die pavk (periphere arterielle Verschlusskrank- heit, auch Schaufensterkrankheit ge nannt) so weit fortgeschritten ist, dass Schmerzen schon in Ruhe auftreten (Stadium III) oder das Absterben von Muskel gewebe und damit die Amputation droht (Stadium IV). Voraussetzung ist, dass der Eingriff technisch möglich ist und mit vertretbarem Risiko durchgeführt werden kann. Häufig kommen diese Verfahren auch bei Patienten zum Einsatz, bei denen die Krankheit sich erst im Stadium II befindet, d. h. bei Patienten, deren Beschwerden nur beim Treppen- 18

Schweregrad der Schaufensterkrankheit (pavk) Die Schaufensterkrankheit wird in vier Stadien eingeteilt: steigen oder Gehen auftreten. Das ist dann der Fall, wenn die Standardtherapie (Behandlung der Risikofaktoren und der Begleiterkrankungen, Gehtraining, Medikamente) nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führt, sodass ein hoher Leidensdruck besteht, weil die beschwerdefreie Gehstrecke zu kurz bleibt, um ein normales Leben zu ermöglichen. Welches Verfahren, Kathetereingriff oder Bypass, eingesetzt wird, hängt von dem gesundheitlichen Zustand des Patienten, aber auch von der Art und Form der Engstellen ab. Bei Eingriffen im Stadium II wird meistens die Kathetertechnik eingesetzt, weil sie weniger Risiken mit sich bringt. Häufig ist wie im Fall von Norbert Haller eine Kombination von Kathetereingriff und Bypass-Operation nötig. Beides kann in einem Eingriff vom Gefäßchirurgen durchgeführt werden. Notwendig für einen solchen Eingriff ist ein Hybrid-OP, der mit der Röntgentechnologie, die für Kathetereingriffe gebraucht wird, ausgestattet ist. Kathetertechnik Schon bevor Andreas Grüntzig 1977 die revolutionäre Ballondilatation an Herzkranzgefäßen einführte, hatten amerikanische Mediziner und er selbst diese Technik an Beinarterien erprobt. Zur Therapie der pavk wird von der Leiste ausgehend ein millimeterdünner, biegsamer Schlauch (Katheter) in die Arterie geschoben und unter Röntgenkontrolle zur Engstelle gesteuert. Dort wird ein auf dem Katheter montierter winziger Ballon vorsichtig mit hohem Druck aufgeblasen, sodass das Material, das das Gefäß verengt, in die Gefäßwand gepresst wird. Dadurch wird das Gefäß wieder geöffnet, sodass Bein und Fuß wieder ausreichend mit Blut versorgt werden können. Stadium I Stadium II Stadium III Stadium IV ohne Beschwerden Schaufensterkrankheit (IIa = Gehstrecke ohne Beschwerden über 200 m, IIb = Gehstrecke ohne Beschwerden unter 200 m) Ruheschmerz Gewebeuntergang durch die Durchblutungsstörung Wenn das Gefäß sehr verkalkt ist oder die Ballondilatation nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führt, werden Gefäßstützen, filigrane Metallgitter (Stents), eingesetzt, um das Gefäß offen zu halten. Wenn die Engstellen sehr langstreckig sind, versucht man, ohne Stents auszukommen. Neuerdings werden auch mit Medikamenten beschichtete Ballons und Stents verwandt, weil man sich davon bessere Ergebnisse verspricht. Allerdings steht für die Überlegenheit medikamentenbeschichteter Ballons und Stents der wissenschaftliche Nachweis noch aus. Das ist zurzeit Gegenstand der Forschung. Wie lange bleiben die durch einen Kathetereingriff behandelten Gefäße offen? Das hängt von der jeweiligen Situation des einzelnen Patienten ab je nachdem, wo die Engstelle liegt, welche Form, Länge und Größe sie aufweist. Auch die Risikofaktoren, das Stadium der pavk und der Zustand der anderen Gefäße bestimmen, wie lange das Gefäß offen bleibt. Im Durchschnitt sind 5 Jahre nach dem Eingriff etwa 70 % der Beckenarterien (54-78 %) und etwa 50 % der Oberschenkelarterien (38-65 %) offen. Die Ergebnisse nach 5 Jahren sind schlechter bei ausgedehnten Gefäßveränderungen und solchen, die weit von der Körpermitte liegen, bei schlechter Gefäßsituation am Unterschenkel, bei Verschlüssen, bei denen eine Amputation droht, sowie bei Diabetes 19

und bei Rauchern. Die meisten Verschlüsse entstehen in den ersten 6 Monaten nach dem Eingriff. Was sind die Risiken der Katheterbehandlung? An der Einstichstelle kann es zu Blutungen und Reizungen kommen, an der Eingriffsstelle im Gefäß in etwa 10 % der Fälle zu Einrissen, und im Zusammenhang damit zu lokalen Thrombosen. Blutungen, weil das Gefäß zerreißt, sind selten (etwa 1 % der Fälle). Sehr selten bilden sich Blutgerinnsel, die kleine und kleinste Gefäße unterhalb der Eingriffsstelle verstopfen. Bypass Schon der Name (Bypass heißt auf Englisch Umgehung) zeigt, wie die Durchblutung wiederhergestellt wird. Die Engstelle wird mit einem Stück körpereigener Vene oder mit einem künstlichen Gefäß aus Dacron überbrückt. Es wird oberhalb und unterhalb der Engstelle mit einer feinen Naht mit dem Gefäß verbunden. Sind die Beckenarterien betroffen, wird die Umgehung von der Aorta so geführt, dass sie unterhalb der Engstelle in das erkrankte Gefäß mündet. Venen werden als Material bevorzugt, weil sie weniger die Bildung von Blutgerinnseln begünstigen. Die Entnahme der Vene, möglichst an demselben Bein, kann endoskopisch vorgenommen werden, sodass nur eine sehr kleine Narbe entsteht. Bypässe zwischen Aorta und Oberschenkelgefäßen sind nach 5 Jahren noch zu 80-90 % offen. Bypässe im Oberschenkelbereich sind nach 5 Jahren, je nach verwendetem Material und Länge des Bypasses, zwischen 60 und 80 % offen. Sowohl die Ballondilatation als auch die Bypasschirurgie haben in den Unterschenkel- und Fußarterien schlechtere Langzeitergebnisse. In diesem Bereich kommen sie daher nur im Stadium III und IV der Schaufensterkrankheit zum Einsatz. Die Sterblichkeit bei der Operation wird durch die Begleiterkrankungen des Patienten, vorwiegend durch Herz erkrankungen, be- stimmt. Sie liegt unter 2 %. Wundinfektionen kommen in unter 2 % der Fälle vor, größere Blutungen und Verschlüsse sind selten. Immer wenn eine Operation oder das Einsetzen eines Stents nicht mehr möglich ist und sich ein schwerer Entzündungsprozess an den Beinen entwickelt hat, den man nicht mehr beherrschen kann, ist die Amputation die letzte Möglichkeit, das Leben des Patienten zu retten. Gängige Techniken Ballondilatation und Bypass sind die häufigsten Techniken bei Eingriffen zur Behandlung der pavk. Aber es haben sich auch andere Verfahren etabliert: Katheterverfahren: Ballondilatation (Aufdehnung der Engstelle) Einsetzen eines Stents Lokale Fibrinolyse (Auflösung von Blutgerinnseln mit Medikamenten bei akutem Verschluss) Thrombenaspiration (Absaugen von Blutgerinnseln bei akutem Verschluss) Mechanische Thrombolyseverfahren (Kombi nation von Lyse mit Absaugetechnik) Laserangioplastie (Öffnung verkalkter Gefäße mit Laser) Gefäßchirurgische Techniken: Bypass Lokale und retrograde Thrombendarteriektomie (Ausschälung verkalkter Gefäße) Patchplastik (Erweiterung eines Gefäßes mit einem Kunststoffflicken) Fogarty-Thrombembolektomie (Katheterverfahren während einer Operation zur Entfernung von Blutgerinnseln) 20

Lage, Länge und Ausmaß der Engstelle sowie der Durchmesser des Gefäßes bestimmen, zu welchem Eingriff man sich entscheidet. Dabei werden begrenzte Gefäßveränderungen bevorzugt mit Kathetertechnik behandelt, ausgedehnte Gefäßveränderungen werden dagegen eher operiert. Die Grenzen sind fließend und unterliegen, auch durch den technischen Fortschritt in der Kathetertechnik, einem kontinuierlichen Wandel. Wie geht es weiter? Nach den Eingriffen müssen die Patienten ASS 100 mg auf Dauer, d. h. lebenslang, einnehmen. Wurde ihnen ein Stent eingesetzt, müssen sie zusätzlich 75 mg Clopidogrel einnehmen, 6 Wochen lang bei unbeschichteten Stents, 6 Monate lang bei medikamtentenbeschichteten Stents. die Risikofaktoren optimal einzustellen, den Zustand der Gefäße regelmäßig beim Arzt zu kontrollierten, mit Hilfe von ABI (Knöchel-Arm-Index) und Doppler-Ultraschall (Duplexsonographie), regelmäßiges Gehtraining durchzuführen. Die beste Rehabilitation nach dem Eingriff ist ein strukturiertes Gehtraining in einer Gefäßsportgruppe. Das alles im Alltag umzusetzen, ist nicht so einfach, denkt Norbert Haller. Vor allem nicht mehr zu rauchen, fällt ihm schwer. Aber er ist dazu fest entschlossen, denn er erinnert sich an die zeit, in der er durch unerträgliche Schmerzen beim Gehen seine Wohnung nicht verlassen konnte und dadurch von der Welt abgeschnitten war. Das will er nicht wieder erleben. Trainieren in einer Gefäßsportgruppe Da es den Patienten wieder gut geht, glauben viele, dass ihre Krankheit jetzt besiegt sei. Das ist ein fataler Irrtum, denn die Arteriosklerose, die die Einengungen in den Gefäßen verursacht hat, besteht weiter. Um zu verhindern, dass wieder Engstellen entstehen, kommt es darauf an, In einer Gefäßsportgruppe werden Sie in das Gehtraining eingeführt und kontrolliert. Damit lassen sich besonders gute Erfolge erzielen. Hier die Liste der Gefäßsportgruppen nach Postleitzahlen sortiert: http://www. deutsche-gefaessliga.de/gefaesssportgruppen-liste.html 21