Artenschutzrechtliche Prüfung (Fledermäuse) zum Bauvorhaben im Innenbereich an der Osterupganter Straße 60 / Gemeinde Marienhafe

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Transkript:

Artenschutzrechtliche Prüfung (Fledermäuse) zum Bauvorhaben im Innenbereich an der Osterupganter Straße 60 / Gemeinde Marienhafe Matthias Bergmann, Dipl.-Ing. Landespflege Krummackerweg 16 a, 26605 Aurich / Ostfriesland August 2016

Auftragnehmer: Büro für Ökologie und Landschaftsplanung Dipl.-Ing. Matthias Bergmann Krummackerweg 16 a 26605 Aurich Tel. 04941 6046010 Mobil 0152-533 98 203 bergmann@natur-ostfriesland.de www.bergmann-landschaftsplanung.de Inhalt 1. Einleitung 3 2. Ergebnisse der Bestandserfassung 4 3. Artenschutzrechtliche Prüfung 8 4. Literatur 9 2

1. Einleitung In der Gemeinde Marienhafe, Samtgemeinde Brookmerland, ist an der Osterupganter Straße 60 die Überbauung eines Wohn- und Hofgebäudes inklusive Gartengrundstückes geplant. Da dieser Bereich planerisch als Bebauungsplan der Innenentwicklung nach 13a Nds. Baugesetzbuch eingestuft wird, ist keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich. Da sich auf dem Grundstück jedoch ein altes Gebäude und einige ältere Bäume befinden, hat der Landkreis Aurich, Untere Naturschutzbehörde, eine artenschutzrechtliche Prüfung in Bezug auf Fledermausvorkommen eingefordert. Im Abschnitt 3 des Bundesnaturschutzgesetzes von 2009, welches am 01.03.2010 in Kraft trat, sind die Bestimmungen zum Schutz und zur Pflege wild lebender Tier- und Pflanzenarten festgelegt. Neben dem allgemeinen Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen ( 39) sind im 44 strengere Regeln zum Schutz besonders und streng geschützter Arten festgelegt. In diesem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag werden die Bestimmungen des besonderen Artenschutzes nach 44 Abs. 1 BNatSchG behandelt. Nach 44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten (Zugriffsverbote) 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 4.wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören. Sofern die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätte oder der Standorte wild lebender Pflanzen im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werden kann, führt dies zu einer Teilfreistellung von den Verboten des 44 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG. Ein Verstoß gegen das Verbot liegt nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungsund Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. In so einem Fall würde entsprechend auch keine artenschutzrechtliche Ausnahme nach 45 erforderlich. Von Bedeutung ist, dass die Funktion der Lebensstätte für die Populationen der betroffenen Arten kontinuierlich erhalten bleibt. Kann dies bestätigt werden oder durch Vermeidungsmaßnahmen oder vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen erreicht werden, ist keine Ausnahmegenehmigung erforderlich. Geht die Funktion der Lebensstätte dauerhaft verloren oder wird sie zeitlich begrenzt derart unterbrochen, dass dies für die Populationen der relevanten Arten nicht tolerabel ist, ist von einem Verbotstatbestand auszugehen. Kann die Lebensstätte als solche ihre Funktion bei einer Beschädigung weiter erfüllen, weil nur ein kleiner, unerheblicher Teil einer großräumigen Lebensstätte verloren geht ohne dass dieses eine erkennbare Auswirkung auf die ökologische Funktion bzw. auf die Population haben wird, ist keine Ausnahmegenehmigung erforderlich. 3

2. Ergebnisse der Bestandserfassung Zu berücksichtigende Arten Im Rahmen dieser artenschutzrechtlichen Prüfung wird nur die Gruppe der Fledermäuse (Anhang IV der FFH-Richtlinie) betrachtet. Zu berücksichtigende Lebensstätten von Fledermäusen Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermäusen sind ihre Quartiere. Die potenziellen Tagesquartiere von Spalten bewohnenden Arten gelten nach der derzeitigen Diskussion nicht als zentrale Lebensstätten und damit nicht als Fortpflanzungs- und Ruhestätten im Sinne des 44 BNatSchG, denn sie sind i.d.r. so weit verbreitet, dass praktisch immer ausgewichen werden kann. Jagdgebiete gehören nicht zu den in 44 aufgeführten Lebensstätten, jedoch können sie für die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungsstätten Bedeutung erlangen. Das trifft dann zu, wenn es sich um besonders herausragende und für das Vorkommen wichtige limitierende Nahrungsräume handelt. Linde Eiche Abb. 1: Lage der Eingriffsfläche an der Osterupganter Straße mit markanten Großbäumen In Abb. 1 ist erkennbar, dass es sich bei dem überplanten Bereich um eine alte Hofstelle inmitten z.t. neuer Bebauung handelt. Das östlich angrenzende Neubaugebiet ist inzwischen auch vollständig bebaut. Der ehemalige Gulfhof ist seit ca. drei Jahren unbewohnt und das 4

Gartengrundstück entsprechend brachgefallen. Dabei sind wie im Luftbild erkennbar auch großkronige Bäume vorhanden, die neben dem Gebäude als Quartier und Lebensraum von Fledermäusen potentiell geeignet sind. Das Gebäude selbst könnte im Eingangsbereich mit einem Wintergartenanbau und einigen Verschalungen Quartiermöglichkeiten bieten. Die Gulfhofscheune selbst ist aufgrund des offenen Innenraumes wenig geeignet. Da es nur sehr kleine Einschlupflöcher in das Gebäude gibt (offene Fensterscheiben), konnten auch keine Rauchschwalben beobachtet werden. Eulen, Schleiereule im Gebäude und Waldohreule in den hohen Tannen, konnten bei der Begehung am 16. August ebenfalls nicht beobachtet werden. Bei den betroffenen Gehölzen handelt es sich vor allem um Hecken, Ziersträucher und diverse Koniferen, die als Fledermausquartiere nicht geeignet sind (Abb. 2+3). Abb. 2: Blick in den stark mit Koniferen bewachsenen Vordergarten. Am 16. August wurde das Plangebiet von 21.00 23.00 Uhr bei Windstille und ca. 18 C mit einem Detektor Petterssen D240x verhört und nach ausfliegenden Tieren beobachtet. Es konnte lediglich um 21.30 Uhr kurz eine Breitflügelfledermaus bei der Nahrungssuche im vorderen Garten beobachtet werden. Woher sie einflog, konnte leider nicht beobachtet werden. Am Gebäude konnten keine Fledermäuse verhört werden. Auf dem Grundstück stehen u.a. auch zwei über 100 jährige Bäume: eine alte, ausgewachsene Linde (Abb. 4) und auf der südöstlichen Grundstücksecke eine mächtige Stieleiche (Abb. 5). Aufgrund der Größe und Belaubung konnten zumindest auf Sicht von unten keine Höhlungen erkannt werden. Trotzdem ist davon auszugehen, dass insbesondere diese beiden Bäume Quartiermöglichkeiten für Fledermäuse bieten können. 5

Abb. 3: Blick in den vorderen Garten mit hohen Tannen Abb. 4: Ausgewachsene alte Kopflinde 6

Abb. 5: Über 100jährige Stieleiche Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) Die Breitflügelfledermaus hat ihre Jagdhabitate meist im Offenland. Sie bestehen oft aus baumbestandenen Weiden, Gärten, Parks, Hecken und Waldränder (SCHMIDT 2000, SIMON et al. 2003). Auch jagen sie im Siedlungsbereich oft um Straßenlaternen (BAAGOE 2001, SI- MON et al. 2003). Ihre Nahrung besteht größtenteils aus großen Schmetterlingen und Käfern sowie Zweiflüglern (z.b. Fliegen) (CATTO et al. 1994, 1996). Die Breitflügelfledermaus ist typischerweise gebäudebewohnend. Sie nutzt Spalten an und in Gebäuden für ihre Wochenstuben z.b. versteckte und unzugängliche Mauerspalten, Holzverkleidungen, Dachüberstände oder Zwischendächern (BAAGOE 2001, SIMON et al. 2003). Vorteilhaft sind strukturierte Quartiere, in denen die Tiere je nach Witterung ihren Aufenthaltsort wechseln können, um dass jeweils für sie günstigste Mikroklima zu nutzen (KUTZE 1991, BAAGOE 2001). Die Art ist ortstreu. Gelegentlich treten Ausbreitungsflüge auf. Die Distanzen zwischen Sommer- und Winterquartieren liegen häufig unter 40-50 km (BAGGOE 2001). Mit der Breitflügelfledermaus ist von Frühjahr bis Herbst im Betrachtungsgebiet zu rechnen. 7

3. Artenschutzrechtliche Prüfung Durch das Vorhaben geht keine potenzielle Fortpflanzungs- und Ruhestätte von Fledermäusen verloren. Es gehen keine Nahrungsräume in so bedeutendem Umfang verloren, dass es zum Funktionsverlust eventuell vorhandener, benachbarter Fortpflanzungsstätten kommt. Prüfung des Eintretens der Verbote nach 44 Die zutreffenden Sachverhalte werden dem Wortlaut des 44 (1) BNatSchG stichwortartig gegenübergestellt. Nach 44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten (Zugriffsverbote) 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, a. Dieses Verbot wird im Hinblick auf Fledermäuse nicht verletzt, da für die Bebauung keine Fledermäuse getötet, verletzt oder gefangen werden. Allerdings können einzelne Vorkommen in dem leer stehenden Wohngebäude nicht ausgeschlossen werden. Beim Abbruch ist daher entsprechend Rücksicht zu nehmen. 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, b. Dieses Verbot wird hinsichtlich der Fledermäuse nicht verletzt, da keine Quartiere durch das Vorhaben beeinträchtigt werden. Auch ist nicht mit einer erhöhten Störung durch die neue Bebauung während der Zugzeit zu rechnen. Das Nahrungsangebot wird durch die Überbauung des Gartens allerdings eingeschränkt. Außerdem ist darauf zu achten, dass die direkt angrenzend wachsenden alten Buchen nicht beeinträchtigt werden. Hier dürfen insbesondere keine Schädigungen und Bodenveränderungen im Kronenbereich vorgenommen werden. 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, c. (Potenzielle) Fortpflanzungs- oder Ruhestätten von Fledermäusen sind an den Bäumen nicht betroffen. Das leer stehende Wohngebäude ist als potentielles Quartier durchaus geeignet. 4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören. d. hier nicht betrachtet. Durch die geplante Bebauung im Betrachtungsgebiet sind wahrscheinlich keine Verluste aktueller Quartiere zu erwarten. Allerdings können im leer stehenden Wohngebäude und den beiden Großbäumen sich zumindest zeitweise Fledermäuse aufhalten. Durch die Beseitigung des Gartens mit dem Baumbestand kommt es zu einer Beeinträchtigung der bestehenden Jagdhabitate der Breitflügelfledermaus. Allerdings dürfte dieser Verlust nicht zu einer wesentlichen Einengung des Nahrungsgebietes führen. Bei der Bebauung ist allerdings Sorge zu tragen, dass die beiden Großbäume nicht beeinträchtigt werden. Beim Abriss des Gebäudes sollten zuerst die Anbauten am Vorderhaus und Eingangsbereich von Hand entfernt werden, 8

um prüfen zu können, ob hier nicht doch Fledermäuse Unterschlupf gefunden haben. Aus gutachterlicher Sicht steht unter diesem Vermeidungsaspekt der geplanten Bebauung nichts entgegen. Somit kommt es hinsichtlich der Fledermäuse nicht zum Eintreten der Verbote nach 44 (1) BNatSchG. Damit wird zur Verwirklichung des Vorhabens keine Ausnahme nach 45 (7) BNatSchG erforderlich. 4. Literatur BAAGOE, H. J. (2001): Eptesicus serotinus (Schreber, 1774) Breitflügelfledermaus. In: Krapp, F. [Hrsg.]: Handbuch der Säugetiere Europas, Band 4: Fledertiere, Teil I: Chiroptera I. Wiebelsheim (Aula-Verlag) S. 519-559. BREUER, W. (1994): Naturschutzfachliche Hinweise zur Anwendung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung. - Inform. d. Naturschutz Niedersachs. 14(1): 1-60. BRINKMANN, R. (1998): Berücksichtigung faunistisch-tierökologischer Belange in der Landschaftsplanung. Inform.d. Naturschutz Niedersachs. 4/98: 57-128. DIETZ, C., von HELVERSEN, O. & NILL, D. (2007): Handbuch der Fledermäuse Europas und Nordwestafrikas. - Stuttgart (Franckh-Kosmos) 399 S. GEBHARD, J. & BOGDANOWICZ, W. (2004): Nyctalus noctula (Schreber, 1774) Großer Abendsegler. - In: Krapp, F. [Hrsg.]: Handbuch der Säugetiere Europas, Band 4: Fledertiere, Teil II: Chiroptera II. Wiebelsheim (Aula-Verlag) S. 605-694. KURTZE, W. (1991): Die Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) in Nordniedersachsen. Naturschutz Landschaftspfl. Niedersachsen 26: 12-19. MEINIG, H, P. BOYE & R. HUTTERER (2009): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands, Bearbeitungsstand Oktober 2008. Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (1):115-153 PETERSEN, B., ELLWANGER, G., BLESS, R., BOYE, P., SCHRÖDER, E. & SSYMANK, A. (2004): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Band 2: Wirbeltiere. Bundesamt für Naturschutz Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69: 1-693. SCHMIDT, C. (2000): Jagdgebiete und Habitatnutzung der Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) in der Teichlausitz (Sachsen). Säugetierkundliche Informationen 4, H. 23/24: 497-504. SCHOBER, W. & GRIMMBERGER, E. (1998): Die Fledermäuse Europas. Stuttgart (Franckh- Kosmos) 222 S. SIMON, M., HÜTTENBÜGEL, S. & SMIT-VIERGUTZ, J. (2003): Ökologie und Schutz von Fledermäusen in Dörfern und Städten. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 76. SKIBA, R. (2003): Europäische Fledermäuse. - Die Neue Brehm-Bücherei Bd. 648, Westarp Wissenschaften, Hohenwarsleben. 9