Die Lebensversicherung als kollektiver Sparprozess: Langfristige Sicherheit ohne langfristige Zinsgarantien



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Alternative Zinsgarantien in der Lebensversicherung, Köln, 1. Juni 2012 Die Lebensversicherung als kollektiver Sparprozess: Langfristige Sicherheit ohne langfristige Zinsgarantien Prof. Dr. Oskar Goecke Fachhochschule Köln, Institut für Versicherungswesen 1

Überblick Motivation etwas Theorie Beispiele 2

Versicherung = Risikoausgleich + Risikosteuerung Risikoausgleich im Kollektiv Risikoausgleich in der Zeit 3

Hat das Spar- und Entspargeschäft in der Lebensversicherung etwas mit Versicherung bzw. Risikoausgleich im Kollektiv/ in der Zeit zu tun? 4

Risikoausgleich bei Kapitalmarktrisiken Mischung (der Anlagearten) Streuung (der Schuldner) Aber: Das systematische Risiko (Marktrisiko) kann nicht diversifiziert werden! 5

Kollektiver Risikoausgleich Asset- Management Liability- Management 6

Fonds: Individualprinzip Klassische Lebensvers.: Kollektivprinzip kollektive Guthaben Eigenkapital Das gesamte Vermögen ist in jedem Zeitpunkt auf alle Anteilseigner verteilt. Gesamtvermögen = Summe der individuellen Ansprüche Das gesamte Vermögen teilt sich auf: individuelle Ansprüche (Deckkap.) kollektive Ansprüche (RfB) 7

Überblick Motivation etwas Theorie Beispiele 8

Theorie des kollektiven Sparens vereinfachte Bilanz Assets kollektive Reserve individuelle Guthaben Asset-Management: Wahl des Anlagerisikos/ Aktienquote Liability-Management: Wahl der Deklaration/ Reservepolitik 9

ALM-Steuerung Deklaration η reserveneutrale Deklaration Reserveabbauend Reserveaufbauend σ Anlagerisiko 10

Zeitstetiges lineares ALM-Modell: Kapitalmarktdrift: Assets (Portfolio): Liabilities (VersGuthaben): log. Reservequote: 2 µσ ( ): = µ sicher + rsr σ σ ( ) 1 2 ( µσ σ ) dp() t = P() t () t dt + () t dwt dv () t = V () t η() t dt Pt () ρ( t) : = ln Vt () ( ) ( ) ( ) σ(): t = ˆ σ + a ρ() t ρziel η (): t = µσ() t + b ρ() t ρziel 11

Zeitstetiges lineares ALM-Modell: ( ) ( ) ( ) σ(): t = ˆ σ + a ρ() t ρziel η (): t = µσ() t + b ρ() t ρziel Falls a 2 < 2b konvergieren die stoch. Prozesse σ(), t ρ(), t η() t in Verteilung. Die Dichten der Grenzverteilungen lassen sich explizit angeben. vgl. Goecke: Sparprozesse mit kollektivem Risikoausgleich, FaRis 1/2011, www.fh-koeln.de/faris 12

() t ρziel Grenzverteilung von ( ) ρ a = -0.2,, 0.8 b = 0.4 13

Welchen Vorteil hat der Sparer, wenn er sich an einem kollektiven Sparprozess beteiligt? 14

Überblick Motivation etwas Theorie Beispiele 15

Fallstudie 1967-2012 (543 Monate) Investition in den DAXP (korr. Werte bis 1987) Investition in den REXP kollektives Sparen 16

Anlageerfolg verschiedener Sparergenerationen 17.702 (~15,5%) 1.666 (~ 5,0%) Wertzuwachs bei einem jeweils 20-jährige Anlagehorizont und 1000 Einmalanlage in den DAXP/ REXP. Quelle: Bundesbank, Goecke: Die Lebensversicherung eigene als kollektiver Berechnungen Sparprozess 17

Anlageerfolg verschiedener Sparergenerationen Wertzuwachs bei einem jeweils 20-jährige Anlagehorizont und 1000 Einmalanlage in den DAXP/ REXP/ kollektives Sparen. Quelle: Bundesbank, Goecke: Die Lebensversicherung eigene als kollektiver Berechnungen Sparprozess 18

Kollektives Sparen (1967-2012) 19

Kollektives Sparen (1967-2012) 20

Anlegerstress (1967-2012) Volatilität (Schwankung) der Zinsentwicklung Maximum Drawdown (maximaler erlittener Wertverlust) Maximum Recovery Time (längste Phase ohne Wertzuwachs) REXP DAXP koll. Sparen Ziel-AQ=50% Volatilität (p.a.) 3,7% 20,0% 1,6% maxdrawdown -7,0% -68,3% -0,1% maxrecoveryt 18 Mon. 86 Mon. 8 Mon. erforderliche anfänglich Reserve-Quote = 13,2% 21

Monte-Carlo-Simulationen Illustration der Kapitalmarktentwicklung 10.000 Simulationen verschiedene Anlagestrategien (CM, Buy&Hold, CPPI) Kollektives Sparen 22

Rendite-Risiko-Profile: Standardabweichung der Ablaufrendite (T = 20 Jahre) 23

Standardabweichung der Ablaufrendite in Abhängigkeit von der Restlaufzeit 24

Rendite-Risiko-Profile: Pfad-Volatilität (T = 20 Jahre) 25

Rendite-Risiko-Profile: max. Drawdown (T = 20 Jahre) 26

Rendite-Risiko-Profile: längste Erholungsphase (T = 20 J.) 27

Offene Fragen rechtlicher Rahmen/ Organisationsform Wie wird die kollektive Reserve aufgebaut? Was ist ein fairer Rückkaufswert? Entlohnung des Unternehmens/ Rolle des Eigenkapitals Erkennt der Verbraucher den Nutzen? 28

Thesen zum Abschluss Die Lebensversicherung mit ewigen Zinsgarantien ist nicht mehr wettbewerbsfähig. Der derzeitige Kapitalanlage-Mix der deutschen LVU ist erzwungen, aber nicht zielführend. 29

Kapitalanlage der deutschen Lebensversicherer Quelle: GDV 2011 30

FaRis. und woanders Quelle: Finansdepartementet, press conference 30.3.2012 Quelle: Norway 2.Government Fund Global, Annual Report 2010. FaRis & DAV Pension Symposium 31

Thesen zum Abschluss Die Lebensversicherung mit ewigen Zinsgarantien ist nicht mehr wettbewerbsfähig. Der derzeitige Kapitalanlage-Mix der deutschen LVU ist erzwungen, aber nicht zielführend. Fondsgebundene LV, CPPI-Lösungen, Variable Annuity-Produkte sind reine Kapitalmarktprodukte; die Lebensversicherung ist hier nur Verpackung! Garantien, die durch Kapitalmarktinstrumente oder durch Hinterlegung von Eigenkapital dargestellt werden, sind teuer und belasten die Rendite. 32

Thesen zum Abschluss Die neue klassische LV mit kollektivem Risikoausgleich könnte eine zukunftstaugliche Lösung bieten: Das Schwankungsrisiko wird im Kollektiv ausgeglichen und nicht durch Kapitalmarktinstrumente. Erlaubt ein höheres Maß an Realinvestitionen und eine faire Teilhabe am Produktionsfaktor Kapital. Es handelt sich um ein adaptives System. erfordert aber auch einen grundlegenden Umbau der rechtlichen Rahmenbedingungen! 33

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Kontaktdaten: Prof. Dr. Oskar Goecke Institut für Versicherungswesen Claudiusstraße 1 50678 Köln oskar.goecke@fh-koeln.de 34