13.02.2009 Dr. Ernst Ulrich Dobler Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwalt Fachanwalt für Steuerrecht Klausur Bilanzkunde WS 2008/2009 Beantworten Sie alle der folgenden Fragen durch Ankreuzen der zutreffenden Antwort oder Ausfüllen von Textlücken. Mehrfachantworten sind möglich. Die Anzahl der pro Aufgabe insgesamt zu vergebenden Punkte präjudiziert nicht die Anzahl der zutreffenden Antworten. Die Bearbeitungszeit beträgt 45 Minuten. Bitte unterschreiben Sie Ihre Arbeit an der dafür vorgesehenen Stelle. Nachname: Vorname: Matr.-Nr.: Unterschrift: Zulässige Hilfsmittel: Unkommentierte Textausgabe HGB oder Schönfelder Deutsche Gesetze. Viel Erfolg!
1. Welche der folgenden Aussagen zur Inventur (5 Punkte) Jeder Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes und eines jeden Geschäftsjahres eine Inventur durchzuführen und ein Inventar zu erstellen. Die Inventur ist eine (körperliche) Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände, einschließlich der Grundstücke und Forderungen, sowie der Schulden am Bilanzstichtag. Der Bilanzstichtag kann für jedes Geschäftsjahr vom Kaufmann frei gewählt werden, die Dauer des Geschäftsjahres darf dabei aber zwölf Monate nicht überschreiten. Die handelsrechtliche Verpflichtung zur Inventur ergibt sich aus 240 Abs. 1 und 2 HGB. Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Inventur ergibt sich aus 40, 41 AO. Die Inventur führt zum Inventar, welches auch immaterielle Vermögensgegenstände beinhaltet. 2. a) Welche der folgenden Aussagen zur Buchführung (6 Punkte) Buchführung ist die Dokumentation von Geschäftsvorfällen durch jährliche und systematische Eintragung in Handelsbücher. Nur Handelsgesellschaften sind zur Buchführung verpflichtet. Die Buchführung kann in jeder beliebigen lebenden Sprache erfolgen. Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) sind von jedem Kaufmann zu beachten. Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass der Buchhalter jederzeit einen Überblick über die Lage des Unternehmens hat. Im System der doppelten Buchführung wird jeder Geschäftsvorfall sowohl auf einem Bestands- wie auch auf einem Erfolgskonto gebucht. Jede Buchung erfolgt nach dem Schema per Haben an Soll, Betrag. Erfolgs- und Passivkonten nehmen im Haben, Aktivkonten im Soll zu. b) Aus einem Warenverkauf erhalten Sie 100,-- in bar (Annahme: Keine Umsatzsteuer). Die Anschaffungskosten der Ware betrugen 80,--. Wie und mit welchen bilanziellen Auswirkungen buchen Sie diesen Geschäftsvorfall? (3 Punkte) Buchungssatz: Per Kasse 100,-- an Eigenkapital 20,--, Warenbestand 80,-- Buchungssatz: Per Warenbestand 80,--, Eigenkapital 20,-- an Kasse, 100,-- Buchungssatz: Per Warenbestand 80,-- an Eigenkapital 20,--, Kasse, 100,-- Bilanzielle Auswirkung: Bilanzverlängerung um 20,-- Bilanzielle Auswirkung: Bilanzverkürzung um 20,-- 2
3. Welche der folgenden Aussagen zur Kaufmannseigenschaft (5 Punkte) Jede Handelsgesellschaft ist ein Kaufmann. Jeder Gewerbetreibender ist ein Kaufmann. Jede Art der Vermögensverwaltung begründet die Kaufmannseigenschaft. Aktiengesellschaften sind stets Kaufleute kraft Rechtsform. Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind stets Kaufleute kraft Rechtsform. Gesellschaften bürgerlichen Rechts sind stets Kaufleute kraft Rechtsform. Rein steuerrechtlich kann ein Nichtkaufmann nicht zur Buchführung verpflichtet werden. 4. a) Welche der folgenden Aussagen zur Bilanzierung (6 Punkte) Gegenstand der Bilanzierung ist die Aufstellung des Jahresabschlusses. Die Erfolgsbilanz ist eine Gegenüberstellung von Vermögen und Kapital in Kontoform zu einem bestimmten Stichtag. Die Aktivseite der Bilanz folgt dem Gliederungsprinzip der nach unten zunehmenden Liquidität, die Passivseite dem der nach unten späteren Fälligkeit. Der Jahresabschluss einer Aktiengesellschaft besteht grundsätzlich aus Inventar. Bilanz. Gewinn- und Verlustrechnung. Anhang. Lagebericht. Der Jahresabschluss einer Kommanditgesellschaft besteht im Regelfall aus Inventar. Bilanz. Gewinn- und Verlustrechnung. Anhang. Lagebericht. b) Der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft hat unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln, HGB. (1 Punkt) 3
5. Welche der folgenden Aussagen zur handels- und steuerrechtlichen Gewinnermittlung (6 Punkte) Als Jahresüberschuss wird der handelsrechtliche Gewinn vor Steuern und Zinsen bezeichnet. Der Jahresüberschuss wird durch Entnahmen reduziert und durch Einlagen erhöht. Kapitalgesellschaften stellen ein Ertragsteuersubjekt dar. Personengesellschaften stellen ein Ertragsteuersubjekt dar. Der Jahresüberschuss einer Kapitalgesellschaft ist bei ihren Gesellschaftern in dem Kalenderjahr zu besteuern, in welchem er als Dividende ausgeschüttet wird. Gewerbetreibende, welche nicht zur Buchführung verpflichtet sind, können ihren steuerlichen Gewinn entweder durch Einnahmenüberschussrechnung oder durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln. 6. a) Welche der folgenden Aussagen zu den bilanziellen Ansatzvorschriften (6 Punkte) Ansatzvorschriften bestimmen die Bilanzierung der Höhe nach. Man unterscheidet zwischen Bilanzierungsgeboten, Bilanzierungsverboten und Bilanzierungswahlrechten. Wirtschaftliches Eigentum ist die grundlegende Voraussetzung für den bilanziellen Ansatz von Vermögensgegenständen. Aktivposten sind, soweit möglich, mit Passivposten zu verrechnen. In der Bilanz sind das Anlagevermögen, das Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Schulden und die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern. Anlage- und Umlaufvermögen stehen auf der Aktiv-, Eigen- und Fremdkapital auf der Passivseite der Bilanz. Zum Eigenkapital zählen auch die Rückstellungen. b) Beim Anlagevermögen sind nur die Gegenstände auszuweisen, die dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen, HGB (1 Punkt) c) Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden, HGB (1 Punkt) d) Ist der Rückzahlungsbetrag einer Verbindlichkeit höher als der Ausgabebetrag, so darf der Unterschiedsbetrag in den Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite aufgenommen werden, HGB (1 Punkt) 4
7. Welche der folgenden Aussagen zu den bilanziellen Bewertungsvorschriften (9 Punkte) Die Bewertungsgrundsätze sind kodifizierter Bestandteil der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung. In Einzelfällen können sich die Wertansätze zwischen Schlussbilanz des alten und Eröffnungsbilanz des neuen Geschäftsjahres unterscheiden. Bei Bewertung von Vermögensgegenständen ist es irrelevant, ob von einer Fortführung des Unternehmens ausgegangen wird oder nicht. Das Realisationsprinzip ist das dominierende Prinzip in der Handelsbilanz. Nach dem Realisationsprinzip sind Verluste erst dann in der Bilanz zu berücksichtigen, wenn sie auch tatsächlich angefallen sind. Aufgrund des gemilderten Niederstwertprinzips besteht für Vermögensgegenstände des Finanzanlagevermögens ein Abschreibungswahlrecht bei voraussichtlich vorübergehender Wertminderung. Selbsterstellte materielle Vermögensgegenstände sind handelsrechtlich mindestens mit ihren Material- und Fertigungseinzelkosten sowie den Fertigungssonderkosten zu aktivieren. Vertriebskosten dürfen nicht in den Herstellungskosten berücksichtigt werden und gehen daher stets als Aufwand in die GuV. Verbindlichkeiten werden handelsrechtlich grundsätzlich mit ihrem Nettorückzahlungsbetrag bewertet. 8. Welche der folgenden Aussagen zum Referentenentwurf des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) (4 Punkte) Der Grundsatz der handelsrechtlichen Maßgeblichkeit soll aufgegeben werden. Die Passivierungswahlrechte im Bereich der Rückstellungen sollen eingeschränkt werden. Kleine Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften sollen von der handelsrechtlichen Buchführungspflicht befreit werden. Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften sollen künftig grundsätzlich von der Buchführungspflicht befreit werden. (54 Punkte insgesamt) 5