Existenzgründung - Gründermagazin



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Transkript:

Angebot des Bundeswirtschaftsministeriums für Existenzgründer http://www.existenzgruender.de/gruendermagazin/experteninterviews/tipps-gmbh_ug/index.php Im Internet von Oktober 2008 bis Mai 2011 vom Bundeswirtschaftsministerium eingestelltes Interview Existenzgründung - Gründermagazin "Tipps für Gründerinnen und Gründer zur GmbH-Reform und der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)" Interview mit Dr. Babette Gäbhard, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der Rechtsanwaltskammer München. Frau Dr. Gäbhard, im Rahmen der GmbH-Novelle hat der Gesetzgeber auch Musterunterlagen für die Gründung einer GmbH oder einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) geschaffen, die Existenzgründern zur Verfügung stehen. Welche Muster sind das und was ist ihr Zweck? Dr. Gäbhard: Der Gesetzgeber hat Musterprotokolle geschaffen, mit denen Gesellschaften nach dem neuen GmbH-Gesetz (GmbHG) gegründet werden können. Vorformuliert sind als Anlage 1 a) zum GmbH-Gesetz das Musterprotokoll für die Gründung einer Einpersonengesellschaft und als Anlage 1 b) zum GmbH-Gesetz das Musterprotokoll für die Gründung einer Mehrpersonengesellschaft mit bis zu drei Gesellschaftern. Im Protokoll enthalten ist dabei neben der Gesellschafterliste und der Bestellung des Geschäftsführers die Mustersatzung. Unter der Satzung versteht man den Gesellschaftsvertrag, mit dem die Gesellschaft gegründet wird und der auch später immer die Grundlage der Gesellschaft bilden wird. In der Satzung sind alle wichtigen Themen geregelt wie die Firma, also der Name der Gesellschaft, der Sitz, der Gegenstand der Gesellschaft, die Höhe des Stammkapitals, Angaben, welcher Gesellschafter Geschäftsanteile, also Anteile des Stammkapitals, in welcher Höhe hält, und die Festlegung, wer zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt wird. Ergänzend zur Satzung gelten dann nachrangig die Regelungen des GmbH-Gesetzes und je nach dem Bereich weitere Vorschriften aus anderen Gesetzen. Mit den Musterprotokollen will der Gesetzgeber die Gründung von GmbHs und Unternehmergesellschaften (haftungsbeschränkt) erleichtern. Auch eine klassische GmbH mit 25.000 Euro Stammkapital oder mehr kann mittels des Musterprotokolls errichtet werden. Der Gründer, der das Musterprotokoll verwendet, kann alle individuellen Angaben zu seiner Gesellschaft allein in die Lückentexte einfügen. In welchen Fällen sollte oder könnte vom Musterprotokoll mit der Mustersatzung Gebrauch gemacht werden und wann würden Sie eher abraten, diese Vorlagen zu verwenden?

Dr. Gäbhard: Die Hauptfunktion des Musterprotokolls sehe ich im schnellen, sicheren und kostengünstigen Einstieg für Existenzgründer ins Geschäftsleben. Wer das Musterprotokoll verwendet, hat den großen Vorteil, dass er in gesetzeskonformer Weise seine Gesellschaft wirksam gründet. Wenn sich das Unternehmen dann später gut entwickelt und sich weitere Themen stellen, die richtigerweise im Gesellschaftsvertrag zu regeln sind, kann der Unternehmer jederzeit zu einem Rechtsanwalt oder zu einem Notar gehen, sich gründlich beraten lassen und die Satzung dann im Rahmen einer notariellen Beurkundung erweitern lassen. Wichtig ist es für Existenzgründer und Kleinunternehmer jedoch, sich Rechtsrat zu holen, soweit es um die Festlegung der Firma als Namens des Unternehmens und den Unternehmensgegenstand geht. Das Musterprotokoll erlaubt hier dem Existenzgründer und Kleinunternehmer, frei zu formulieren. Die Wahl einer erlaubten Firmierung als Namensgebung für die Gesellschaft ist jedoch mitunter sehr schwierig, denn eine Firma als Name des Unternehmens muss Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft besitzen. Auch darf die Firma nicht irreführend im Hinblick auf geschäftliche Verhältnisse sein, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind. Mit der Firma dürfen auch nicht Rechte Dritter verletzt werden. Auch darf es keine identische Firma eines anderen Unternehmens geben. In der Regel bedarf es zur Klärung dieser Problematik einer umfassenden Recherche im Handelsregister und beim Deutschen Patent- und Markenamt sowie einer Anfrage bei der zuständigen Industrie- und Handelskammer. Gleiches gilt für die Definition des Gegenstandes des Unternehmens: In den Musterprotokollen ist offen gelassen, wie der Gegenstand zu definieren ist. In der Praxis kann dies zur unklaren, missverständlichen oder auch unzulässigen Formulierungen der Existenzgründer führen. Auch ist denkbar, dass der Unternehmensgegenstand nicht vorausschauend genug festgelegt wird. Daher sollte man als Existenzgründer in diesem Bereich fachkundigen Rat einholen. Folgendes ist auch wichtig zu wissen für Existenzgründer und Unternehmer: Sofern von der Mustersatzung im Musterprotokoll auch nur minimal abgewichen wird oder Ergänzungen gewünscht sind, bedarf es stets der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrages im Ganzen. Damit fallen wiederum die höheren notariellen Beurkundungsgebühren an. Wird von der Mustersatzung abgewichen und es erfolgt keine notarielle Beurkundung, sondern nur die notarielle Unterschriftsbeglaubigung, ist der Gesellschaftsvertrag nichtig. Existenzgründern und Unternehmern, die von Vornherein eine klassische GmbH gründen können, weil sie das notwendige Kapital zur Verfügung haben und auch einsetzen wollen, würde ich empfehlen, nicht mit dem Musterprotokoll zu arbeiten. Im Rahmen eines individuellen maßgeschneiderten Gesellschaftsvertrages können so folgende Themen von Vornherein passend gestaltet werden: Form und Mehrheiten bei der Beschlussfassung der Gesellschafter. Kündigungsrechte. Gründe für das Ausscheiden eines Gesellschafters oder einer Gesellschafterin. Gründe für den Ausschluss eines Gesellschafters oder einer Gesellschafterin durch die Mehrheit der übrigen Gesellschafter, z.b. wenn eine Fortsetzung der Gesellschaft mit dem betreffenden Gesellschafter oder der betreffenden Gesellschafterin für die übrigen Gesellschafter nicht zumutbar ist (z.b. bei der rechtskräftigen Verurteilung wegen schwerer Straftaten/Verbrechen u.v.m.). Zwangseinziehung von Geschäftsanteilen. Verkauf von Gesellschaftsanteilen, dabei Regelung von Vorkaufsrechten der übrigen Gesellschafter. Rechtsfolgen beim Tod eines Gesellschafters oder einer Gesellschafterin.

Rechtsfolgen bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters oder einer Gesellschafterin. Rechtsfolgen bei der Zwangsvollstreckung gegen einen Gesellschafter oder eine Gesellschafterin in den Gesellschaftsanteil. Einzelheiten zur Berechnungsweise der Abfindung beim Ausscheiden eines Gesellschafters oder einer Gesellschafterin. Kapitalerhöhung oder Kapitalherabsetzung. Bildung eines neuen Geschäftsanteils. Bestellung von mehr als einem Geschäftsführer. Richtlinien für die Vergütung der Geschäftsführer. Für wen ist die neue Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) geeignet und für wen nicht? Dr. Gäbhard: Die neue Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), bei der das Stammkapital bei der Gründung niedriger als 25.000 Euro sein darf, ist nach der Begründung des Gesetzgebers vor allem geeignet für Existenzgründer und Kleinunternehmer, deren Unternehmen mit geringem Kapital auskommen. Ein entscheidender Faktor bei der Gesamtbetrachtung ist dabei die Frage, ob das Stammkapital der neuen Gesellschaft zur Art der getätigten Geschäfte in einem angemessenen Verhältnis steht. Werden also zum Beispiel Dienstleistungen erbracht, bei denen keinen Vorausinvestitionen auf beiden Seiten notwendig sind, ist das Fehlen eines größeren Stammkapitals nicht weiter problematisch. Anders ist es, wenn beide Seiten im Vertrauen auf die Durchführung der vereinbarten Geschäfte große Ausgaben tätigen und hohe Risiken auch gegenüber Dritten haben. Können Geschäftspartner und Kunden im Geschäftsverkehr erkennen, wie hoch das Stammkapital einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) oder einer klassischen GmbH ist? Dr. Gäbhard: Nach 35 a GmbHG sind Angaben zur Höhe des Stammkapitals auf den Geschäftspapieren weiterhin freiwillig. Werden allerdings hierzu Angaben gemacht, was bei einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit einem relativ hohen Stammkapital sicher sinnvoll wäre, gilt nach 35 a Absatz 1 Satz 2 GmbHG weiterhin folgendes: Werden Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht, so müssen in jedem Fall das Stammkapital sowie, wenn nicht alle in Geld zu leistenden Einlagen eingezahlt sind, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen angegeben werden. Zu bedenken ist weiterhin, dass jeder, der einen Zugang zum elektronischen Handelsregister unter www.handelsregister.de hat, die Höhe des Stammkapitals einsehen kann. Auch von Wirtschaftsauskunfteien können derartige Angaben sofort abgefragt werden. Ist es tatsächlich ratsam, mit nur einem Euro Einlage eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) zu starten? Wie vermeidet man gegebenenfalls den Eindruck der Unseriosität?

Dr. Gäbhard: Einen Start in eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit nur einem Euro Einlage halte ich im Rechtsverkehr für sehr problematisch. Das fängt bereits damit an, dass die Banken sich weigern können, ein Geschäftskonto für eine so unzureichend ausgestattete Gesellschaft zu eröffnen. Banken sind nur gegenüber Verbrauchern unter besonderen Umständen im Rahmen der Selbstverpflichtung der Banken zum Konto für Jedermann verpflichtet, den Abschluss zumindest eines Girokontos zu ermöglichen. Entwickelt wurde dieser Quasi-Kontrahierungszwang (Vertragsabschlusszwang) zum Schutz von sozial sehr schwachen Bürgern, damit diese die Sozialhilfeleistungen überwiesen erhalten können. Eine Bank ist aber nicht verpflichtet, mit einer juristischen Person wie einer Gesellschaft nach dem GmbH-Gesetz eine Geschäftsbeziehung einzugehen. Denn wenn jedenfalls anfangs nur ein oder wenige Euro Stammkapital vorhanden sind, hat die Bank ja nicht einmal die Sicherheit, dass die Kontoführungsgebühren für dieses Geschäftskonto gedeckt sind. Aus der Praxis der Beratung von zahlreichen Unternehmen kann ich feststellen, dass auch größere Unternehmen zwar bereit sind, Geschäfte einzugehen mit Niedrighaftungsgesellschaften wie bisher vor allem mit in Deutschland ansässigen englischen Limited-Gesellschaften, allerdings erfolgt dies nur in sehr kleinem und überschaubaren Umfang, weil im Vordergrund die Sorge steht, ob die Rechnungen ausgeglichen werden oder im Schadensfall der Ausgleich gezahlt werden kann. Bei der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) wird sich jeder Geschäftspartner vorab informieren wollen, wie hoch das Stammkapital ist, da dieses ja variabel zwischen einem Euro und 24.999 Euro angesetzt sein kann. Ein Anbieter, der mit einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) am Rechtsverkehr teilnimmt, wird sich bei einem sehr niedrigen Stammkapital wohl schwer gegen etablierte Wettbewerber, die in der Rechtsform einer klassischen GmbH, einer Aktiengesellschaft oder einer Personengesellschaft auftreten, durchsetzen können. Um den Eindruck von Unseriosität zu vermeiden und positive Imagearbeit zu leisten, sollte die persönliche vertrauensbasierte Dienstleistung oder das persönliche Stehen hinter den verkauften Produkten betont werden. Indem der Existenzgründer oder die Existenzgründerin sich persönlich um die Einzelheiten der Geschäfte kümmert und ein präsenter und freundlicher Ansprechpartner ist, wird es gelingen, dass der Nachteil der möglicherweise erheblichen Haftungsbeschränkung im Denken der Geschäftspartner in den Hintergrund tritt. Zu beachten ist dabei jedoch, dass der Unternehmer oder die Unternehmerin stets immer nur unter der gewählten Rechtsform auftritt (Geschäftspapiere aller Art, Produktkennzeichnungen, Homepage, E-Mail-Signatur etc.) und seine oder ihre Persönlichkeit nicht garantieartig hervorhebt, da sonst die Gefahr besteht, dass er oder sie bei Problemen persönlich in Anspruch genommen werden. Zu diesem Thema ist das Einholen einer qualifizierten anwaltlichen Beratung sicher empfehlenswert. Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) wird auch gerne als GmbH-Light bezeichnet. Tatsächlich beinhaltet sie aber doch dieselben Pflichten wie die klassische GmbH, oder? Dr. Gäbhard: Ja light ist eigentlich nur die Höhe des Stammkapitals! Tatsächlich treffen den Gründer einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) sogar in noch viel umfangreicherem Maße gesetzliche Pflichten. Anders als bei einer klassischen GmbH darf beispielsweise die Anmeldung der Gesellschaft beim Handelsregister nach 5 a Absatz 2 GmbHG in Verbindung mit 7 Absatz 2 GmbHG erst erfolgen, wenn das Stammkapital voll eingezahlt ist. Außerdem sind anders als bei der klassischen GmbH Sacheinlagen

ausgeschlossen. Zum Schutz der Gläubiger wurde nach 5a Absatz 4 GmbHG zusätzlich die Pflicht eingeführt, bei drohender Zahlungsunfähigkeit unverzüglich eine Versammlung der Gesellschafter einzuberufen. Bei einer klassischen GmbH hingegen muss die Versammlung der Gesellschafter nach 49 Absatz 3 GmbHG erst unverzüglich einberufen werden, wenn sich aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz ergibt, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. Der größte Unterschied zwischen der klassischen GmbH und der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ist jedoch die im neuen 5 a Absatz 3 GmbHG vorgeschriebene Pflicht, eine gesetzliche Rücklage zu bilden, in die 25 % des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen ist. Diese 25 Prozent des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses müssen so lange in die gesetzliche Rücklage fließen, bis das Mindeststammkapital von 25.000 Euro aufgebracht ist. Wie hat man sich das praktisch in der Buchführung vorzustellen? Wer überprüft das? Dr. Gäbhard: Die Regelung zur Bildung der gesetzlichen Rücklage nach 5a Absatz 3 GmbHG gilt zum Vorteil der Existenzgründer auf unbegrenzte Zeit. Sofern es also nicht gelingt, Gewinne zu erwirtschaften, die jedes Jahr weitere Einzahlungen in die Rücklage möglich machen, wie dies gesetzlich vorgeschrieben ist, kann die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) weiterhin auf der Grundlage des möglicherweise sehr niedrigen Anfangsstammkapitals fortgesetzt werden. Die Buchführung ist wie bei einer klassischen GmbH nach den 242 ff Handelsgesetzbuch in Verbindung mit den 264 ff Handelsgesetzbuch durchzuführen, wozu der oder die Geschäftsführer der GmbH nach 41 GmbHG verpflichtet sind. Dies beinhaltet neben der korrekten Buchführung ab dem Gründungsdatum der Gesellschaft jedes Jahr die korrekte Aufstellung des Jahresabschlusses mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung. Zu empfehlen ist unbedingt die Unterstützung durch eine qualifizierte Steuerberaterkanzlei, die auch prüfen wird, ob im Einzelfall aufgrund besonders niedriger Umsätze Sonderregelungen für Kleinunternehmer zum Tragen kommen. Grundsätzlich gilt jedoch: Im Rahmen der korrekten Erstellung des Jahresabschlusses und der Bilanz muss die gesetzlich vorgeschriebene Rücklage bei der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) nach 5 a Absatz 3 GmbHG sofort gebildet werden. Bei der Prüfung der Jahresabschlüsse und Bilanzen durch die Finanzämter werden Verstöße gegen die gesetzlichen Vorschriften beanstandet und ziehen entsprechende Konsequenzen nach sich. Denken Sie, dass weiterhin Existenzgründer und Kleinunternehmer die Rechtsform der englischen Limited Company wählen werden, wie dies eine Zeitlang praktiziert wurde? Dr. Gäbhard: Die englische Limited Company hatte immer große Nachteile für deutsche Unternehmer. Zwar kann sie über Dienstleister für wenige englische Pfund in sehr kurzer Zeit beim Handelsregister in Cardiff in England errichtet werden, allerdings müssen sämtliche Gründungsunterlagen in englischer Sprache eingereicht werden. Gleiches gilt für die gesamte Buchführung, die Bilanzen und alle weiteren Steuerunterlagen. Hinzu kommt, dass die Buchführung sowohl nach den englischen Buchführungsvorschriften vorzunehmen ist als auch nach dem deutschen Buchführungssystem. Beide Systeme weichen stark voneinander ab. Daher ist die Unterhaltung einer Limited sehr aufwändig und kostspielig.

Hinzu kommen zusätzliche Kosten durch die Pflicht, in Großbritannien ein "registered office" zu unterhalten, das als offizieller Zustellungsort gilt und mehr als ein Briefkasten sein muss. Streitigkeiten der Gesellschafter richten sich stets nach englischem Recht, so dass englische Anwälte zu beauftragen sind, wenn die Limited Company mehrere Anteilseigner hat. Weitere wesentliche Nachteile der Limited Company sind auch die Skepsis der deutschen Geschäftspartner sowie zahlreiche Unsicherheiten und Rechtsprobleme, die sich im Geschäftsalltag in Deutschland ergeben. Daher gehe ich davon aus, dass die deutschen Existenzgründerinnen und -gründer sich zukünftig für die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) entscheiden werden. Wie lautet Ihre abschließende Einschätzung zum Nutzen der GmbH-Reform für Existenzgründer? Dr. Gäbhard: Die GmbH-Reform ist sehr zu begrüßen, weil mit der in der Stammkapitalhöhe variablen Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) in Deutschland ein sehr gutes Instrument geschaffen wurde, das es Existenzgründern ermöglicht, individuell passend zu ihrer Geschäftsidee einen rechtlichen Rahmen zu wählen, der den deutschen Gesetzen unterliegt, das Privatvermögen der Gesellschafter schützt und ohne großen Kostenaufwand in die Praxis umgesetzt werden kann. Eine Initiative des Bundes für Wirtschaft und Technologie - BMWi BMWi