Fachtagung Jagd in Schutzgebieten

Ähnliche Dokumente
Rechtsgrundlagen zur Jagd in Schutzgebieten

Prädatorenmanagement als (neue) Säule des Wiesenvogelschutzes in Niedersachsen. Dr. Marcel Holy Natur- und Umweltschutzvereinigung Dümmer e.v.

Natura 2000 Ein Einblick, ein Überblick

Überschrift Unterüberschrift. Umsetzung der EU-Richtlinien "Natura 2000" in Sachsen-Anhalt

Glasbau im Schutzgebiet Muster Klagefall Drachenfelskubus

Nutzung von Bälgen: Zeitgemäß und ökologisch sinnvoll!

Jäger - kompetente Partner für Jagd, Umwelt und Natur

1. Gemeinsame Zielsetzung

Bestandsentwicklung von Wiesenlimikolen in Deutschland - gibt es sie bald nur noch an der Küste

Natura 2000 Umsetzung in Niedersachsen

Vereinbarung. der Kreisjägerschaft Hochsauerlandkreis e.v. Hochsauerlandkreis

Umsetzung Natura 2000 in Brandenburg

Informationsveranstaltung Schutzgebiete und die Landwirtschaft

Management invasiver Arten in Niedersachsen

Was sagt die FFH-Richtlinie zu Schutz, Management und Erhaltungszielen von Natura 2000?

Ohne Klappe. Wild - Biologie WIESENVOGEL-SCHUTZ

Beitrag der Niedersächsischen Landesforsten an der Sicherung der Natura 2000 Gebiete

1 23. Mai 2011 Bernd Dankert

1. Informationsveranstaltung zur Managementplanung für das FFH-Gebiet DE Müritz

Gesetzesbindung statt Abwägung? Bauleitplanung und Naturschutzrecht. Karl-Heinz Strittmatter, RP Freiburg, Referat 55 (Naturschutz, Recht)

Forum Vertragsnaturschutz zum Wohle unserer Zukunft 100 Jahre HLG, Marburg 8. Juni 2018

Jagd in Schutzgebieten

Wahlprüfsteine Fragebogen des Deutschen Jagdverbandes. Jagdrecht. Deutscher Jagdverband Persönliche Daten.

ACHTUNG NEUE ADRESSE! Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. (Ausschließlich per )

NSG, LSG, ND Was ist eigentlich was? Bedeutung der Schutzgebietskategorien für Natur und Landschaft. Reinhard Wolf Ludwigsburg, 9.

ASP-Management in Wildschweinpopulationen welchen Beitrag können die Jäger leisten

Vom Reichsjagdgesetz zu einem modernen, tierschutzgerechten und ökologischen Landesjagdgesetz Helmut Brücher

Vogelschutz-Maßnahmenplan (VMP) für das EU-Vogelschutzgebiet Medebacher Bucht. Michael Jöbges Peter Herkenrath. 1. Runder Tisch

Übersicht der Aufgabenschwerpunkte Untere Naturschutzbehörde

Unterhaltung von Gewässern III. Ordnung - fachlich gut, rechtssicherer und zu angemessenen Kosten?! Leckermühle, Bohmte

Rechtliche Rahmenbedingungen der Gewässerunterhaltung in Niedersachsen. Wolfgang Zeiler, Wasserverbandstag

Artenschutz bei der Gewässerunterhaltung

30. Januar 2013 Landratsamt Nordsachsen Dezernat Bau und Umwelt

Wiesenbrüter und Prädatorenmanagement auf den Schutzgebietsflächen des Bremer Blocklandes

Zur Bejagung überhöhter Schwarzwildbestände in Thüringen

Aktuelle Entwicklungen rund um die Verbandsbeteiligung in Nordrhein-Westfalen

Handbuch des Kreistages/Kreisrechtssammlung

Naturschutz und Klimawandel im Recht - juristische Konzepte für naturschutzfachliche Anpassungsstrategien

Schwarzkopfmöwe (Larus melanocephalus) (Stand November 2011)

Ausbilderhandbuch - Beamervortrag Rechtskunde Bayern

Managementprozesses. für das. Natura (FFH) Gebiet. NSG Ihlsee und Ihlwald

Schutzgebiete im Landkreis Stade. NATURSCHUTZAMT März 2012

Amt Am Stettiner Haff Stettiner Straße Eggesin Gemeinde Leopoldshagen

Neues Jagdrecht. Einfach für Jäger Verantwortung zutrauen Starker Naturschutz Hinwendung zum Tierschutz effiziente Jagdbehörde Weniger Bürokratie

JAGD IM UNESCO-BIOSPHÄRENRESERVAT RHÖN

WILDTIERERFASSUNG IN NIEDERSACHSEN

Das FFH-Gebiet Zwester Ohm ( ) und der Maßnahmenplan. Thema des Vortrags. Fachbereich Ländlicher Raum und Verbraucherschutz

Schutz von Wiesenbrütern an Vorpommerns Küsten. Foto: Kai Paulig

Präambel. 1 Naturschutzgebiet

Natura 2000: Umsetzungsstand in Deutschland und Rahmenbedingungen für den Wald

Chancen und Risiken im Grünlandschutz aus Sicht einer unteren Landschaftsbehörde

für den Gebietsschutz in der AWZ Fachveranstaltung des NABU zum Management von

Einleitung Übersicht über die jagdhistorische

Trassen für die Natur

Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr Dialogforum Umweltplanung. Dialogforum Umweltplanung / Umweltfachbeiträge

Managementpläne für die weit verbreiteten Arten der Unionsliste

Entwurf (zur Verbandsbeteiligung freigegeben) G e s e t z zur Änderung des Niedersächsischen Jagdgesetzes. Artikel 1

Dschungel der Begriffe und Vorschriften und: wer hat s erfunden?

Management der Natura-2000-Gebiete. Verpflichtung und aktueller Stand

Invasive Arten im Naturschutz

RJV-Fortbildung Rotwildjägervereinigung Taunus e.v. Kommunale Handlungsempfehlung

Jagd. Standortbestimmung. Friedrichstraße 185/ Berlin Telefon Telefax

Umsetzung von NATURA 2000 im Land Sachsen- Anhalt mittels Landesverordnung Themenbereich Reiter/Fahrer LVO

Designer Outlet Center Remscheid Lennep

Eigenbewirtschaftung der Jagd. Muster-Jagddienstvertrag des Gemeinde- und Städtebundes

Säbelschnäbler (Recurvirostra avosetta) (Stand November 2011)

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 15/ Wahlperiode

Stadt Einbeck. Bebauungsplan Nr. 60 Weinberg. Unterlage zur Prüfung der Verträglichkeit. mit Natura Stand 09/03

Historie der Implementierung von Natura 2000 in Rheinland-Pfalz

Landtag von Baden-Württemberg. Kleine Anfrage. Antwort. Drucksache 15 / Wahlperiode. des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP

Die Umsetzung von Natura 2000 in Rheinland- Pfalz

Definition Monitoring

Begründung zur Naturschutzgebietsverordnung Hügelgräberheide Halle-Hesingen (NSG WE 155)

Die Jagdstrecke des Jagdjahres 2009/2010

Die Aaskrähe und die Elster in Oberösterreich

Grundlagen der Forstwirtschaft

Rechtsschutzfragen im Zusammenhang mit FFH- Maßnahmen. Prof. Dr. Marian Paschke

Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen

Satzung. der Jägerschaft Rotenburg (Wümme) e.v. im Landkreis Rotenburg (Wümme) in der Landesjägerschaft Niedersachsen e.v. (LJN)

Anforderungen an Projekte zum Wiesenvogelschutz Erfahrungen aus Praxisbeispielen

Naturschutzgebiet, Biosphärenreservat, Naturerbe, Naturpark, Nationalpark Was ist was?

Mensch - Wald - Wild Der Jäger als Partner

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 17/ Wahlperiode der Abgeordneten Marlies Fritzen (Bündnis 90/Die Grünen)

Jagd und Artenschutz - ein Widerspruch?

Allgemeine Regelungen zur Umsetzung von Cross Compliance und Ausblick auf die neue Förderperiode ab 2014

Qualitative Fortschreibung des Niedersächsischen Moorschutzprogramms

Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europaischen Union und ihre Umsetzung in nationales Recht

Haselhuhn, Neunauge und Mensch Motorsportveranstaltungen und geschützte Arten

Synergien EG-WRRL mit Natura-2000

Fledermäuse sind nicht rechtlos.

Rechtsanwältin Ursula Philipp-Gerlach Fachanwältin für Verwaltungsrecht

Schutzgebiets- und Biotopverbundsystem Schleswig-Holstein-

Kann erfolgsorientierte Honorierung zur Verbesserung des Grünlandschutzes beitragen?

Friesischer Verband für Naturschutz und ökologische Jagd e. V. Gänse: Fakten & Trends

Bremer Jäger und lokale Naturschützer gemeinsam für den Artenschutz

Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet Wesertal-Süd im Bereich der Stadt Hameln, Landkreis Hameln-Pyrmont, vom

Repowering in Vogelschutzgebieten. Dr. Matthias Kaiser

Transkript:

Fachtagung Jagd in Schutzgebieten Helmut Damman-Tamke, Präsident der Landesjägerschaft Niedersachsen

Teil 1 Rechtliche Situation zur Jagd in Schutzgebieten (Gem. RdErl. D.ML u. d. MU v. 7.08.2012) 1 Falls Einschränkungen der Jagd notwendig sind so geschieht dies nach 16 Abs.n 1 NAGBNatSchG i.v.m. 23 BNatSchG sowie 9 Abs. 4 NJagdG. jagdliche Einschränken geplant, frühzeitige Beteiligung, einmonatiger Frist ( 39 Abs. 3 NJagdG) Jagd von den allgemeinen Verboten auszunehmen. In Ausnahmefällen Beschränkungen festsetzen Jagdrecht und Jagdausübungsrecht = verfassungsrechtlichen Schutz. Sie sind Eigentumsrechte.

Teil 2 Rechtliche Situation zur Jagd in Schutzgebieten (Gem. RdErl. D.ML u. d. MU v. 7.08.2012) 2 Alleinige Nennung eines Natura 2000 Gebietes = keine Rechtfertigung für Verbot Prädatoren und Schalenwildbejagung notwendig Jagdliche Einrichtungen (Hochsitz, Kirrung, Falle) notwendig Beschränkung der Jagd muss abgewogen, erforderlich und begründet sein ( 14Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 NAGBNatSchG)

Grundsätzlich ist die Jagd in Schutzgebieten demnach erlaubt: In LSG keine Jagdlichen Regelungen In NSG nur jagdliche Regelungen wenn nach Schutzzweck erforderlich Prädatoren- und Neozoenbejagung fast überall notwendig Schalenwildbejagung vor allem auch Schwarzwildbejagung = jagdliche Einrichtungen wie z.b. Hochsitz, Kirrung, Falle usw. sind für eine effektive Jagdausübung erforderlich

Schwarzwildstrecke Niedersachsen 70000 60000 50000 40000 30000 20000 10000 0 57 59 61 63 65 67 69 71 73 75 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11 13 15

Fuchsstrecke Niedersachsen 80000 70000 60000 50000 40000 30000 20000 10000 0 57 59 61 63 65 67 69 71 73 75 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11 13 15

Problemfelder bei der Jagdausübung in Schutzgebieten (1) LSG Keine jagdl. Regelungen LSG`s Emsaue und Haseniederung keine Prädatoren- / Neozoenbejagung LSG flächenmäßig großer Anteil, im Landesdurchschnitt 19,3 % (Stand 31.12.2015) In Niedersachsen stehen knapp 800 Gebiete unter Naturschutz mit einer Fläche von 3,9 % (Landesjagdbericht 2015/16) der Landesfläche mit einer Durchschnittsgröße von 259,4 ha (Stand 31.12.2015, BfN) erhebliche Verschlechterung der Prädatorensituation in NSG s

Problemfelder bei der Jagdausübung in Schutzgebieten (2) NSG räumliches u. zeitliches Jagdverbot erhebliche Beschränkung beim Bau jadl. Einrichtungen erhebliche Beschränkung bzw. Verbot Prädatorenbejagung Verbot des Jagdschutzes Wildschadenminimierung = schwierig

Beispiel 1: Prädatorenbejagung im EU-Vogelschutzgebiet Unterelbe Schützenswerte Arten: Uferschnepfe, Kiebitz, Rotschenkel, Austernfischer und Kampfläufer Lachseeschwalbenkolonie durch Prädationsdruck verlagert Habitatverbesserung führt zu steigenden Prädatorenbeständen 50 % Nestverluste auf Prädation, 82 % der prädierten Nester wurden nachts geräubert Landkreises Stade beteiligt sich zu 30%, z.b. Ankauf von 20 Betonwipprohrfallen NLWKN hatte auf Teilflächen seit 10 Jahren Schlupferfolgskontrollen durchgeführt, ein vorher - nachher Vergleich Gute Zusammenarbeit von Naturschutzbehörde, Jägerschaft und örtlichen Revierinhabern.

Streckenentwicklung der wichtigsten Prädatoren In Niedersachsen 12000 10000 Tendenz bei allen weiter deutlich steigend 8000 6000 4000 Dachs Waschbär Baummarder Steinmarder Marderhund 2000 0 57 59 61 63 65 67 69 71 73 75 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11 13 15

Betonrohrfalle ordnungsgemäß aufgestellt Foto: U. Andreas

Beispiel 2: Prädation von Wiesenlimikolen in der Dümmer Niederung (Dr. Marcel Holy) Das Osnabrücker Modell das von einer puffernden Wirkung der Mäusepopulation ausgeht (Schröpfer & Düttmann) ist fehlgeschlagen Managementmaßnahmen allein kein Erfolg Lebensraumverbesserungen führt zu höherem Bruterfolg = reicht nicht zum Arterhalt Intensives Prädatorenmanagement höhere Schlupfrate + mehr flügge Jungvögel

Daraus folgt: Lebensraumverbesserung wichtig, aber nicht ausreichend Flächenknappheit für Lebensraumverbesserung Prädatorenbejagung fördern Prädatorenbejagung auf Neozoen verstärken (Fangmethoden) Prädatorenbejagung heute: Auflagen + Fellabsatz

Folge: Jagdliche Verbote negativen Auswirkungen auf Tier u. Pflanzenwelt Unterschätzung des Prädatorenbestandes Unterschätzung der Auswirkungen der Prädatoren auf die Fauna und Flora Naturschutz und Landschaftsschutzgebiete o. Jagd = Rückzugsgebiet für Schalenwild u. Prädatoren Prädatoren ohne Ideologie bejagen! Kabinett beschließt am 22.02.2017 neue Regeln zum Schutz der Artenvielfalt vor invasiven Arten

Ergebnis: Ständig zurückgehende Fangaktivitäten Prädatorenpopulation orientiert sich am Lebensraumlimit Prädation bei Groß- und Kleinvögeln Keine bedeutende Regulation der Prädatoren untereinander fehlender Abwehrstrategie bei Bachmuschel ( Ursus crassus, FFH Art) = fast Totalverlust durch Nutria

Lebensraumgestaltung durch Neozoen aktive Lebensraumumgestaltung verändert den Lebensraum für viele Arten extrem Lebensraumverlust für heimische Arten Lebensraumveränderung = Artenschwund Verbot selbst des Lebendfanges, weil geschützte Arten mitgefangen werden könnten

Fotos: Godehard Hennies

Landesjägerschaft Niedersachsen e.v. Anerkannter Naturschutzverband Foto: Frank Seifert Foto: Frank Seifert

Streckenentwicklung Nutria in Niedersachsen 12000 10000 8000 6000 Streckenanstieg von 2001 (mit 0) 2015 (mit 10387) Tendenz weiter deutlich steigend 4000 2000 0 57 59 61 63 65 67 69 71 73 75 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11 13 15

Lösungsansatz: Keine Ideologisierungen von Seiten des Natur- und Tierschutzes, zielorientiertes Handeln Kooperativer Umgang von Natur-/Tierschützern und Landnutzern (Landwirte u. Jäger, Angler) mit einander Erhaltung aller Arten muss im Vordergrund stehen