Top-Athleten auf dem Acker. Prof. Achim Walter, Institut für Agrarwissenschaften, ETH Zürich



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Transkript:

Top-Athleten auf dem Acker Prof. Achim Walter, Institut für Agrarwissenschaften, ETH Zürich

Wieviele Menschen kann unsere Erde ernähren? 4-8 Mio Menschen: vor Beginn der Landwirtschaft Heute: ca. 7 000 Mio (Faktor 1 000-2 000) Morgen: 9-13 Mrd??

Vor 10 000 Jahren: Domestikation von Pflanzen und Tieren Seitdem: Sesshafte Lebensweise, grössere Populationen möglich Ackerbau und Viehhaltung als Basis unserer Gesellschaft

Domestikation der meisten Kulturpflanzen vor 10 000 bis 4 000 Jahren Fruchtbarer Halbmond Purugganan & Fuller, 2009

Pflanzen sind Grundlage unserer Ernährung Photosynthese Wachstum Produktion spezieller Inhaltsstoffe Konsum Unterschiedliche pflanzliche Systeme Direkter Verzehr Weitere Verarbeitung Nutztiere ernähren

Welches sind unsere wichtigsten Top-Athleten?

Eigentlich suchen wir die eierlegende Wollmilchsau

Welche sind unsere wichtigsten Kulturpflanzen? Vor allem die Getreide: Mais Weizen Weizen Mais Reis Probleme 1. Handel / Zugang zu d. Produkten 2. Krankheiten / Epidemien 3. Klimawandel 4. Ausbeutung von Ressourcen Hafer Reis Roggen Gerste Hirse Gemeinsam: Drei Arten sorgen für 56% der Gesamtproduktion d. Nahrungsmittel Alle Getreide: Gräser aus der Familie der Poaceae. Wortstamm althochdt. Getregede = alles, was der Acker trägt

Vergleich Hauptkulturen Welt EU CH Getreide dominiert den Ackerbau in der Welt und in der Schweiz Walter, Grieder, Last, Keller, Hund, Studer (2014) Agrarforschung Schweiz 5, 366-373 10

Warum sind die Getreide so erfolgreich?

1.) Wichtige Inhaltsstoffe Photosynthese Kohlendioxid (CO 2 ) Kohlenhydrate Stärke Quelle: SBKV

2.) Könige der Anpassung und Effizienz

3.) Bearbeitung und Ernte sind einfach

Domestikation am Beispiel Weizen: Anpassung einer Wildpflanze an uns durch Selektion und Züchtung

Schritte der Entwicklung

Weizen: Heute ein global player Herkunft Anbau Anbau weltweit auf nährstoffreichen Böden, v.a. in gemässigten Zonen

Wild Einkorn Triticum boeticum Genom: diploid AA 2n = 14 Foto: Ernst Merz, Sortengarten Eschikon 2007

Kultur Einkorn Triticum monococcum Genom: diploid AA 2n = 14 Foto: Ernst Merz, Sortengarten Eschikon 2007

Hybridisierung: Die kompletten Genome zweier Arten werden vereinigt Emmer entsteht Triticum monococcum: Genom AA (2 x 7 Chromosomen) Aegilops speltoides: Genom BB (2 x 7 andere Chromosomen) Zwei diploide Pflanzen spannen zusammen AA BB AA BB

Wild Emmer Triticum dicoccoides Genom: tetraploid AA BB 2n = 28 Foto: Ernst Merz, Sortengarten Eschikon 2007 Hybridisierung von Genomen: Die kompletten Genome von zwei Arten wurden zusammengefügt!

Kultur Emmer Triticum dicoccum weisser Emmer Fotos: Ernst Merz, Sortengarten Eschikon 2007 Wichtigstes Getreide im alten Rom blauer Emmer Genom: tetraploid AA BB 2n = 28

Hybridiserung Reloaded: Weizen & Dinkel aus drei mach eins Eine Wildform des Emmers (AA BB) und diploide Wildart Aegilops squarrosa (DD): Weichweizen Triticum aestivum (AA BB DD, 42 Chromosomen) bzw. Dinkel (Triticum aestivum ssp. spelta, AA BB DD) Grosse Genome: Enorme Flexibilität für Anpassungen AA BB DD AA BB AA BB DD

Weichweizen Triticum aestivum Triticum aestivum, gewöhnlicher Weizen, hexaploid, 2n = 6x = 42, Genom AABBDD, Sorte Probus Foto: Ernst Merz, Sortengarten Eschikon 2007 Hybridisierung von 3 Arten

Dinkel Triticum aestivum ssp. spelta Triticum aestivum ssp. spelta, Dinkel, hexaploid, 2n = 6x = 42, Genom AABBDD, Sorte Oberkulmer Rotkorn Foto: Ernst Merz, Sortengarten Eschikon 2007 Hybridisierung von 3 Arten

Genome: Mensch & Getreide Mensch: diploid 46 Chromosomen 23 700 Gene 3,2 Giga-Basenpaare Weizen: hexaploid 42 Chromosomen Fünfmal grösser Mais: tetra-/diploid 20 Chromosomen Etwa gleich gross Reis: diploid 24 Chromosomen 1/8 so gross

Wie haben wir die Getreide trainiert?

Moderne Ertragssteigerungen durch: 1.) Optimierung von Fruchtfolgen Zeit Fruchtfolgen: Ab 800 n.chr. Dreifelderwirtschaft Ab 1800 komplexe Fruchtfolgen; optimale Ressourcen-Ausnutzung Typ. Getreide-Erträge: 0,2 t/ha 1 t/ha

Ertrag (kg/ha) 2.) Anbau: Empfänglich für mehr Input Grüne Revolution: Düngung Bewässerung Herbizide Züchtung Norman Borlaug Quelle: FAO

3.) Moderne Züchtung: Optimierung auf niedrigen Wuchs & hohen Ernte-Index Ernteindex: Verhältnis aus Korngewicht und gesamter Spross-Biomasse zum Zeitpunkt der Ernte

Mais Zea mays Herkunft: Mittelamerika Kolben zerbricht nicht Flexibles Genom aus 70% Transposons (können Ort wechseln)

Wildform: Teosinte

Kreuzungen zwischen Teosinte und Zea Teosinte Teosinte x Maislandrasse Maishybrid

Reis Oryza sativa Herkunft: Indien / China Wichtigster Kalorienlieferant Entwicklung von Golden Rice an ETH Zürich (Prof. Potrykus)

Zuckerrohr (Saccharum sp.) Familie: Poaceae Ursprung: Südostasien Anbau auf 24 Mio ha Ertrag: 1 700 Mio t Hauptproduzent: Brasilien (700 Mio t, v.a. Bioethanol) 80% allen Zuckers weltweit C 4 -Pflanze, hohe Photosynthese 35

Zentrale Inhaltsstoffe unserer Nahrung 1.) Kohlenhydrate 2.) Eiweisse (Proteine) 3.) Fette und/oder Öle 4.) Vitamine Photosynthese Kohlendioxid (CO 2 ) Kohlenhydrate Stärke 5.) Sekundäre Inhaltsstoffe (Phenole, Anthocyane, ) 6.) Ballaststoffe 7.) Mineralstoffe

Zentrale Inhaltsstoffe unserer Nahrung 1.) Kohlenhydrate 2.) Eiweisse (Proteine) 3.) Fette und/oder Öle 4.) Vitamine Luft-Stickstoff Ammonium (NH 4+ ) Aminosäuren Proteine 5.) Sekundäre Inhaltsstoffe (Phenole, Anthocyane, ) 6.) Ballaststoffe 7.) Mineralstoffe

Proteingewinnung aus Leguminosen Rhizobien-Symbiose: Bakterien vergesellschaften sich mit Wurzel N 2 der Luft in Bodenporen wird von Bakterien zu NH + 4 metabolisiert Ammonium wird von Pflanze für Aminosäuren-Aufbau genutzt Proteine werden aus Aminosäuren zusammengesetzt Gute Energiequelle für Fabaceen-Samen (Bohnen, Erbsen, Soja, )

Leguminose Soja Glycine max

Entwicklung Sojaproduktion (Mio t)

Globale Verteilung der Sojaprodukion Quelle: FAOSTAT & Agro-MAPS

Zentrale Inhaltsstoffe unserer Nahrung 1.) Kohlenhydrate 2.) Eiweisse (Proteine) 3.) Fette und/oder Öle 4.) Vitamine Photosynthese Kohlenhydrate Glycerin + Fettsäuren Energiereichster Speicherstoff 5.) Sekundäre Inhaltsstoffe (Phenole, Anthocyane, ) 6.) Ballaststoffe 7.) Mineralstoffe

Raps Brassica napus

Ursprung und Verbreitung von Raps Herkunft Anbau

Andere Zwecke: Honigproduktion Aus 1 ha Raps können bis zu 50 kg Rapshonig produziert werden.

Andere Zwecke: Biodiesel

Kartoffel Zuckerrübe Maniok

Graslandwirtschaft in der Schweiz Angaben zur idealen Zusammensetzung; Quelle: Prof. Andreas Lüscher, Agroscope Reckenholz

Was hat bestimmte Pflanzen so interessant gemacht, dass sie unsere Haupt- Kulturpflanzen wurden? Interessante Inhaltsstoffe für Ernährung (oder technische Zwecke) Möglichkeiten der Weiterentwicklung konnten realisiert werden: Grössere Früchte, höherer Ertrag Anpassung an verschiedene Bedingungen (sicherer Ertrag) Ernte in grossem Stil ermöglichen Züchtung, Kreuzung musste mit diesen Arten möglich sein Anpassungsprozess dauerte lange Pflanzenarten, die mit kaltem Winter & trockenem Sommer zurecht kommen, wurden bevorzugt

Kurzer Einblick in meine eigene Forschung an der ETH Zürich 62

Pflanzen wachsen höchst dynamisch!

Phänotypisierung: Besser verstehen, wie Pflanzen wachsen Walter et al. (2002, Functional Plant Biology)

Monokotyle & Dikotyle wachsen unterschiedlich Mais, Eschikon, Juni 2012

Monokotyle & Dikotyle wachsen unterschiedlich Kartoffel, Eschikon, Mai 2012

Monokotyle & Dikotyle wachsen unterschiedlich Sojabohne, Eschikon, Juli 2012

Monokotyle & Dikotyle wachsen unterschiedlich Buchweizen, Eschikon, Juni 2012

Neben den Sportlern

Danke für Ihre Aufmerksamkeit 74 Arbeitsgruppe Prof. Walter, Sommer 2013