Information. Ideenmanagement. Stand: Juni 2012 www.baymevbm.de/sc/awi



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Information Ideenmanagement Stand: Juni 2012 www.baymevbm.de/sc/awi

Vorwort X Vorwort Das Kapital der Ideen nutzen Deutschland gilt als Land der Ideen und das zu Recht. Laut aktuellem Ideen-Report des Deutschen Instituts für Betriebswirtschaft (dib) wurden 2011 in den befragten Firmen 1,4 Millionen Ideen eingereicht. Der Gesamtnutzen bezifferte sich auf 1,46 Milliarden Euro. Beim Branchenvergleich lagen die Elektroindustrie, der Maschinen- und Anlagenbau sowie die metallverarbeitende Industrie weit vorne. In unserer Broschüre haben wir für Sie wichtige Aspekte rund um das Ideenmanagement zusammengestellt: das klassische Betriebliche Vorschlagswesen (BVW) wird ebenso thematisiert wie der prozessorientierte Kontinuierliche Prozessverbesserungsprozess (KVP). Die Erfolgsfaktoren für ein Ideenmanagement werden beleuchtet und auch die Praxis kommt nicht zu kurz: bayerische M+E Betriebe stellen in einem Best Practice Bericht ihre Ideenmanagementsysteme vor und geben Tipps für den Erfolg. Ein vielbeachtetes Zitat von Robert Bosch lautet: "Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein." Ich hoffe in diesem Sinne, dass Ihnen die Broschüre viele Anregungen bietet, wie Sie das Kapital nutzen können, das in den Ideen Ihrer Mitarbeiter steckt. Bertram Brossardt 16. Juni 2012

Inhalt X Inhalt 1 Das Potenzial der Mitarbeiterideen... 1 1.1 Kleine Verbesserungen mit großer Wirkung... 1 1.2 Ansätze zur Nutzung des Ideenpotenzials... 2 2 Ideenmanagement im Überblick... 4 2.1 Überblick... 4 2.2 Prämierung... 7 2.2.1 Prämierung von KVP-Aktivitäten... 7 2.2.2 Prämierung im Betrieblichen Vorschlagswesen... 8 2.2.3 Nicht-monetäre Honorierung... 9 2.3 Rechtliche Aspekte... 10 2.3.1 Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats... 11 2.3.2 Mitbestimmungsfreier Bereich... 12 2.3.3 Ausgestaltung der Betriebsvereinbarung... 12 2.3.4 Kündigung der Betriebsvereinbarung... 15 2.4 Aufbau und Einführung des Ideenmanagements... 15 2.4.1 Aufbau... 15 2.4.2 Einführung von Ideenmanagement... 17 2.4.3 Führungskultur... 20 2.4.4 Transparenz und Nachvollziehbarkeit... 20 2.4.5 Controlling... 22 2.4.6 Nachhaltigkeit... 23 2.4.7 Erfolgsbilanzierung... 24 2.4.8 Marketing... 24 2.4.9 Schnelligkeit des Prozesses... 25 2.4.10 Qualifikation und Weiterbildung... 25 2.4.11 Zusammenarbeit und Vernetzung... 26 2.4.12 Offenheit... 26 3 Best Practice in der M+E Industrie... 27 3.1 DECKEL MAHO Pfronten GmbH... 27 3.1.1 Ausgangssituation und Intention... 28 3.1.2 Aufbau und Ablauf des Ideenmanagementsystems... 28 3.1.3 Marketing... 29 3.1.4 Erfolgsfaktoren... 30 3.2 MAN Diesel & Turbo SE... 30 3.2.1 Ausgangssituation und Intention... 31

Inhalt X 3.2.2 Aufbau und Ablauf des Ideenmanagementsystems... 31 3.2.3 Marketing... 31 3.2.4 Erfolgsfaktoren... 32 3.3 Siemens AG Standort Amberg... 32 3.3.1 Ausgangssituation und Intention... 32 3.3.2 Aufbau und Ablauf des Ideenmanagementsystems... 33 3.3.3 Marketing... 34 3.3.4 Erfolgsfaktoren... 34 3.4 ZF Friedrichshafen AG Standort Passau... 36 3.4.1 Ausgangssituation und Intention... 36 3.4.2 Aufbau und Ablauf des Ideenmanagementsystems... 37 3.4.3 Marketing... 38 3.4.4 Erfolgsfaktoren... 39 Glossar... 40 Literaturverzeichnis... 41 Abbildungsverzeichnis... 42 Anhang... 43 Ansprechpartner / Impressum... 51

Das Potenzial der Mitarbeiterideen 1 1 Das Potenzial der Mitarbeiterideen Ideenmanagement im Überblick 1.1 Kleine Verbesserungen mit großer Wirkung Verbesserungsmöglichkeiten sind an vielen Stellen im Unternehmen zu entdecken: von der gesamten Unternehmensorganisation her über den Fertigungs- und Logistikprozess bis hin zu einzelnen Abläufen und Handgriffen. Erfolgreich ist, wer diese Möglichkeiten erkennt und nachhaltig nutzt. Wie Abbildung 1 zeigt, gibt es nicht nur die schwer erreichbaren großen Verbesserungen, sondern viele kleine aber dafür leichter erreichbare Verbesserungsmöglichkeiten. Oft werden im betrieblichen Alltag diese kleinen Verbesserungen übersehen. Dadurch bleiben enorme Optimierungspotenziale ungenutzt. Nicht selten handelt es sich dabei um diejenigen Potenziale, welche die Wettbewerbsfähigkeit steigern können. Dabei bietet sich eine einfache Lösung an, dieses Potenzial zu heben: die breite Heranziehung Ihrer Mitarbeiter, die Entfesselung des oftmals organisatorisch blockierten Ideenflusses. Mit vielen Mitarbeitern lassen sich viele Verbesserungen finden. Dies ist ein großartiger Hebel. Abbildung 1 Das Potenzial der vielen Ideen Große Verbesserungen sind meist schwer zu erreichen und erfordern einen hohen Aufwand. Kleine Verbesserungen sind leicht zu entdecken, es gibt sie in großer Anzahl. Wenn es gelingt, dass sich viele Mitarbeiter an der Erschließung dieses in Summe riesigen Verbesserungspotenzials beteiligen ist der Nutzen entsprechend groß. Quelle: Fischer & Scheibeler, 2003 Der Wert des Ideenmanagements lässt sich in Zahlen fassen Tabelle 1 zeigt den errechenbaren Nutzen aus Verbesserungsvorschlägen in 2010 für ausgewählte Unternehmen:

Das Potenzial der Mitarbeiterideen 2 Tabelle 1 Errechenbarer Nutzen aus Verbesserungsvorschlägen 2010 M+E Unternehmen Unternehmen Mio. Euro Robert Bosch GmbH 221 Siemens AG 189 Volkswagen AG 94 BMW Group 67 Audi AG 63 Daimler AG 59 Infineon Technologies AG 29 Quelle: Deutsches Institut für Betriebswirtschaft, 2010 / 2011 Die meisten Vorschläge reichten 2011 die Mitarbeiter der metallverarbeitenden Industrie mit 3,7 Vorschlägen pro Mitarbeiter ein. Über dem Schnitt von 0,8 Vorschlägen pro Mitarbeiter liegen die Automobilzulieferer (2,5) und die Elektroindustrie (1,3). Beteiligten sich im Jahr 2010 nur 21 Prozent der Belegschaft am Ideenmanagement, stieg der Anteil im Jahr 2011 auf 32 Prozent. Die Realisierungsquote stieg im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozent auf 71 Prozent (2011). 1.2 Ansätze zur Nutzung des Ideenpotenzials Das heutige Verständnis von Ideenmanagement ist geprägt durch verschiedene, teils parallele, Entwicklungen in der Vergangenheit. Seit der Industrialisierung sind vor allem in Mitteleuropa und (etwas später) in Japan verschiedene Ansätze entstanden, Anregungen und Vorschläge der Mitarbeiter zu Verbesserungen zu nutzen. Seit dieser Zeit hat sich in einem Großteil der deutschen Unternehmen ein Betriebliches Vorschlagswesen (BVW) entwickelt, dessen Grundlagen Alfred Krupp bereits 1872 umrissen hatte: das Ideenpotenzial aller Mitarbeiter soll genutzt werden, indem die spontane Ideenfindung durch einen bestimmten Bearbeitungsablauf gelenkt, kontrolliert und organisiert wird. Ein anderer Ansatz zur partizipativen Optimierung stellt die japanische Kaizen- Philosophie (japanisch Kaizen = Veränderung zum Besseren) dar. Bekannt geworden ist diese Grundhaltung als Element des Toyota-Produktionssystems Anfang der 90er Jahre (vgl. Abbildung 2). Sie stellt das Engagement und den Ideenfindungsreichtum der Mitarbeiter in den Mittelpunkt und ist eine der Hauptursachen für die damalige

Das Potenzial der Mitarbeiterideen 3 Überlegenheit von Toyota hinsichtlich Qualität, Kosten, Produktivität und Lieferfähigkeit. Abbildung 2 Das Toyota Produktionssystem Quelle: Womack & Jones, 1990 Die westliche Umsetzung dieser Grundhaltung stellt der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) dar: Verbessern, Problemlösen und Eliminieren von Verschwendung unter Beteiligung der Mitarbeiter in kontinuierlicher Teamarbeit. KVP bildet heute die Basis von nahezu jedem Produktionssystem und stellt darüber hinaus den Grundsatz des Qualitätsmanagements nach ISO 9001 dar.

Ideenmanagement im Überblick 4 2 Ideenmanagement im Überblick Erfolgsfaktoren, Prämierung und rechtliche Aspekte 2.1 Überblick In vielen Unternehmen existiert bereits ein Ideenmanagement. Es bezieht sich auf das Fördern, Organisieren, Lenken und Anerkennen von sowohl spontaner als auch zielgerichteter Ideenfindung. Im Fokus stehen neben der Optimierung und Einsparung auch mitarbeiterbezogene Interessen des Unternehmens. Das Einbringen eigener Ideen fördert nicht nur die Motivation der Mitarbeiter, sondern kann auch dazu beitragen, die Identifikation mit dem Unternehmen zu erhöhen. Sowohl KVP als auch BVW sind feste Bestandteile des modernen Ideenmanagements, das alle Aktivitäten zur Aktivierung der Mitarbeiterkreativität und zur Nutzung des Ideenpotenzials umfasst. Es kristallisieren sich also zwei unterschiedliche Bereiche als Bausteine des modernen Ideenmanagements heraus, die sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich differenziert werden können. Abbildung 3 Bausteine des Ideenmanagements Ideenmanagement Betriebliches Vorschlagwesen Kontinuierlicher Verbesserungsprozess Quelle: bayme vbm, 2005 BVW und KVP unterscheiden sich in verschiedenen Aspekten, die in Tabelle 2 aufgeführt sind:

Ideenmanagement im Überblick 5 Tabelle 2 Unterscheidung BVW und KVP Kriterium Rechtliche Aspekte Betriebliches Vorschlagswesen (BVW) Mitbestimmungspflichtig; Betriebsvereinbarung erforderlich Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) Nicht geregelt Prämierung Ja Optional: Berücksichtigung im leistungsabhängigen Entgelt (z. B. Leistungsbeurteilung) Prozess Freiwillige Zusatzleistung Teil der Arbeitsaufgabe Spontane Ideenfindung Erarbeitung außerhalb der Arbeitszeit Gelenkte Ideenfindung Erarbeitung innerhalb der Arbeitszeit Da das Engagement im BVW über die Arbeitsaufgabe hinausgeht, ist die Abgrenzung zur Arbeitsaufgabe zu überprüfen. In der Praxis sind solche Fälle nicht immer eindeutig zu beurteilen. Es empfiehlt sich daher bei Grenzfällen die Prämierung entsprechend anzupassen. Die wichtigsten Kriterien können in einem Abgrenzungsraster zusammengestellt werden, das eine schnelle und einfache Handhabung in der Praxis ermöglicht (siehe Anhang S. 43). Dabei hat sich bewährt, die Einschätzung anhand des Rasters vom Einreicher selbst unmittelbar bei Abgabe seines Vorschlags vornehmen zu lassen. Beim BVW erarbeitet der Mitarbeiter üblicherweise in seiner Freizeit aus einer Idee einen Verbesserungsvorschlag und reicht diesen beim Unternehmen ein. Er erhält im Gegenzug eine Prämierung, falls der Vorschlag für das Unternehmen einen mittelbaren oder unmittelbaren Nutzen darstellt. Im BVW wird also eine freiwillige Sonderleistung des Mitarbeiters honoriert, die über seine eigentliche Arbeitsaufgabe hinaus geht. Während Verbesserungsvorschläge früher klassischerweise auf Formularen eingereicht wurden, setzt sich in den letzten Jahren immer mehr die Nutzung des Intranets durch. Ideal ist es, wenn beide Möglichkeiten nebeneinander angeboten werden, um den Mitarbeitern das Einreichen von Vorschlägen zu erleichtern. Hierbei ist es wichtig, eine effiziente Ablauforganisation zu schaffen; von der einfachen Einreichung über die schnelle Bearbeitung bis zur unkomplizierten Anerkennung des Verbesserungsvorschlags. Vor allem eine insgesamt kurze Bearbeitungszeit ist wichtig, da lange Wartezeiten ohne Informationen über den Bearbeitungsstand für den Einreicher demotivierend wirken.

Ideenmanagement im Überblick 6 Als westliche Adaption der Kaizen-Philosophie hat der KVP dieselbe Intention: kein Tag soll ohne Verbesserungen im Unternehmen und am Arbeitsplatz vergehen. Das zentrale Anliegen ist es, jede Art von Verschwendung aufzuspüren und zu reduzieren, sowie die Wertschöpfung durch das Entschlacken und Vereinfachen der Prozesse zu verbessern. Die ständige Verbesserung wird nicht als Methode betrachtet, die ein- oder mehrfach auf eine Problematik angewendet wird, sondern vielmehr als eine prozessorientierte Denk- und Verhaltensweise der kontinuierlichen Teamarbeit. Der KVP kann also nicht nur als Gruppenarbeitskonzept, sondern auch als Unternehmensphilosophie angesehen werden. Grundlegende Vorgehensweise des KVP ist der ursprünglich vom Qualitätspapst W. E. Deming entwickelte PDCA-Zyklus. Er bildet einen Problemlösungs- beziehungsweise einen Verbesserungszyklus 1 ab, der vier Phasen beinhaltet: Im ersten Schritt Plan (Planen) werden dabei Verbesserungen entwickelt und geplant. Im zweiten Schritt Do (Tun, Durchführen) erfolgt die Umsetzung. Im dritten Schritt Check (Überprüfen, Checken) erfolgt die Überprüfung, ob die umgesetzten Verbesserungsmaßnahmen nachhaltig wirken. Im vierten Schritt Act (Handeln, Agieren) erfolgt gegebenenfalls eine Nachbesserung sowie die Festlegung als neuer Standard, d. h., die Sicherstellung der nachhaltigen Wirkung der Verbesserungsmaßnahmen. Der neue Standard bildet zugleich den Ausgangspunkt für nachfolgende Verbesserungen. Diese vier Schritte können zur weiteren Detaillierung noch entsprechend untersetzt werden. Der Ablauf eines KVP folgt dem Schema in Abbildung 4. 1 Quelle: Kostka & Kostka, 2011

Ideenmanagement im Überblick 7 Abbildung 4 PDCA-Zyklus Quelle: Kostka & Kostka, 2011 Die Verbindung von BVW und KVP zu einem runden, unbürokratischen, die Mitarbeiter aktivierenden Prozess, ist wesentlicher Teil einer Verbesserungs- und Lernkultur. 2.2 Prämierung Wie bereits erwähnt unterscheiden sich BVW und KVP hinsichtlich der Frage, ob die Aktivitäten Bestandteil der Arbeitsaufgabe sind. Da das Engagement des Mitarbeiters im Vorschlagswesen eine freiwillige Sonderleistung darstellt, verdient er eine Prämierung über sein Entgelt hinaus. 2.2.1 Prämierung von KVP-Aktivitäten Da der KVP Teil der Arbeitsaufgabe des Mitarbeiters ist, können diese im leistungsabhängigen Entgelt berücksichtigt werden. Eine Möglichkeit dazu bietet beispielsweise die tarifliche Leistungsbeurteilung, die im EntgeltRahmenAbkommen (ERA) vorgesehen ist. Im Leistungsbeurteilungsbogen wird in der Kategorie Einsatz das Einbringen beziehungsweise Umsetzen von Ideen und Anregungen explizit erwähnt (siehe Abbildung 5).

Ideenmanagement im Überblick 8 Abbildung 5 Der tarifliche Leistungsbeurteilungsbogen Quelle: bayme vbm, 2005 2.2.2 Prämierung im Betrieblichen Vorschlagswesen Die Beteiligung am BVW verdient eine besondere Anerkennung, da sie über die mit dem Entgelt abgegoltene Arbeitsaufgabe hinausgeht. Als Beteiligung am bewirkten Erfolg stellen Prämien eine formelle Anerkennung des Vorschlags und seiner Ergebnisse dar. Die Berechnung und Vergabe von Prämien ist davon abhängig, ob der Nutzen der Maßnahme quantifizierbar ist: Quantifizierbarer Nutzen In den meisten Unternehmen wird die Prämie anhand des Netto-Nutzens ermittelt. Als Prämie bietet sich ein festgelegter Prozentsatz des Netto-Nutzens im ersten Jahr nach der Umsetzung (Jahresnettonutzen) an. Es ist auch möglich, längere Zeiträume zugrunde zu legen (maximal über die Laufzeit des Vorschlags), um z. B. Produktionsschwankungen zu berücksichtigen. Der Prämiensatz sollte dann entsprechend verringert und am Ende eines jeden Jahres oder des Berechnungszeitraums eine Nachprämierung anhand des tatsächlich erzielten Nutzens vorgenommen werden.

Ideenmanagement im Überblick 9 Prämienhöhe Die Prämienleistung bei berechenbaren Leistungen variiert erheblich, z. B. zwischen einem Prozent 2 und 25 Prozent der Einsparung. Nicht quantifizierbarer Nutzen Für Vorschläge, deren Nutzen nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand berechnet werden kann, legt man eine Prämie entweder pauschal (z. B. als Einheitsprämie für alle nicht rechenbaren Vorschläge) fest, oder ermittelt sie mit Hilfe von Punktsystemen. Nach einer Einteilung in geringen, mittleren oder großen Nutzen können z. B. die Breite der möglichen Anwendung, die Einführungsreife und der Aufwand für die Umsetzung des Vorschlags als Parameter für weitere Abstufungen dienen. Eine weitere Möglichkeit der Prämierung von Verbesserungsvorschlägen ist die Vergabe von Sachprämien, wie beispielsweise Waren- und Tankgutscheine. 2.2.3 Nicht-monetäre Honorierung Neben der monetären Honorierung ist die Anerkennung und Wertschätzung der Leistung des Mitarbeiters ein Erfolgskriterium des Ideenmanagements. In den verschiedenen Phasen des Ideenmanagements (vgl. Abbildung 4) kann dies durch folgende Aktivitäten realisiert werden: Information und Rückmeldung Anerkennung und Wertschätzung beginnen bereits damit, dass der Einreicher innerhalb weniger Tage eine (schriftliche) Eingangsbestätigung erhält, verbunden mit dem Dank für sein Engagement. Auch die umgehende Information bei Fristüberschreitungen und Verzögerungen der Bearbeitung ist ein Ausdruck von Anerkennung. Persönliche Ansprache Für das Engagement des Einreichers kann die Anerkennung in einer persönlichen Rücksprache z. B. durch den Vorgesetzten oder eines Beauftragten im Ideenmanagement zum Ausdruck kommen. Gezielte Nachfragen zum Anlass der Idee und nach Details zum Vorschlag können dies bekräftigen. 2 Quelle: Deutsches Institut für Betriebswirtschaft e. V., 2011

Ideenmanagement im Überblick 10 Besondere Würdigung Eine Anerkennung für besonders gute Vorschläge kann außerdem darin bestehen, dass der Einreicher von höherer Stelle gewürdigt wird, indem der Abteilungsleiter, Geschäftsführer oder Vorstand den umgesetzten Vorschlag besichtigt und lobt. Auch die namentliche Bekanntmachung an einem schwarzen Brett oder in einer Betriebs- beziehungsweise Mitarbeiterzeitung ist eine weitere Form der Anerkennung. Einige Unternehmen küren und ehren den Einreicher des Monats. Große Unternehmen haben beispielsweise einen Club der Denker oder einen Einreicher- Stammtisch initiiert, deren Mitglieder besondere Aufmerksamkeit erhalten, wie z. B. die Teilnahme an Incentive-Veranstaltungen. Leistungsbeurteilung sowie Aufstiegs- und Karrierechancen Bei Beurteilungsgesprächen mit dem Mitarbeiter kann beispielsweise dessen Vorschlagsaktivität berücksichtigt werden. Der durch Vorschläge bewirkte Beitrag zur Weiterentwicklung des Unternehmens sollte erwähnt werden und gegebenenfalls darüber hinaus durch erhöhte Aufstiegs- und Karrierechancen für erfolgreiche Einreicher gewürdigt werden. Schnelle Umsetzung Die größte Art der nicht-monetären Anerkennung ist die schnelle Umsetzung des Vorschlags. Maßnahmen bei Nicht-Umsetzung von Vorschlägen Auch wenn ein Vorschlag nicht umgesetzt wird, verdient der Einreicher für sein Engagement und seine Mühe Anerkennung. Die Verbesserung, die mit dem Vorschlag bezweckt wird, ist in der Regel sinnvoll und tatsächlich erstrebenswert. Die Gründe für die Nicht-Umsetzung sollten dem Einreicher verständlich und in einer Form erklärt werden, die Frustration und Demotivation vermeidet. Gerade bei der Vermittlung von Anerkennung und bei der Erklärung von Gründen für eine Nicht- Umsetzung ist das persönliche Gespräch unabdingbar. Die Erklärung sollte Gründe anführen, die weder in der Person des Einreichers liegen noch als unveränderliche Rahmenbedingungen auch zur Ablehnung anderer Vorschläge führen würden. 2.3 Rechtliche Aspekte Während es für KVP-Aktivitäten keinerlei rechtliche Regelungen gibt, sind beim BVW verschiedene rechtliche Aspekte zu betrachten. Zur besseren Verständlichkeit sind die Begrifflichkeiten im Rahmen des Themenkreises Verbesserungsvorschlag in Tabelle 3 abgegrenzt:

Ideenmanagement im Überblick 11 Tabelle 3 Begrifflichkeiten im Betrieblichen Vorschlagswesen Begriff Definition Gesetzliche Regelung Verbesserungsvorschlag Liegt vor, wenn Anregungen und Ideen dazu beitragen, den bisher bestehenden betrieblichen Ist-Zustand durch die Umstellung oder Veränderung bestehender Systeme oder Methoden derart zu verbessern, dass hieraus wirtschaftliche oder sonstige Vorteile für die Gesellschaft oder ihre Mitarbeiter resultieren Keine gesetzliche Definition, aber Mitbestimmungsrecht in 87 Abs. I Nr. 12 BetrVG geregelt. Qualifizierter technischer Verbesserungs vorschlag Arbeitnehmererfindung Liegt vor, wenn er dem Arbeitgeber eine ähnliche Vorzugsstellung wie ein gewerbliches Schutzrecht (Patent oder Gebrauchsmuster) gewährt und ihm hierbei die tatsächliche Möglichkeit bietet, den Gegenstand des Vorschlags unter Ausschluss der Konkurrenz alleine zu verwerten ( 20 Abs. I ArbNErfG). Jede technische Neuerung, die in Form entweder eines Patents oder eines Gebrauchsmusters schutzfähig ist. Keine Mitbestimmung; gesetzlich geregelt im Arb- NErfG. Keine Mitbestimmung; gesetzlich geregelt im Arb- NErfG. 2.3.1 Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats Der Betriebsrat hat ein (eingeschränktes) Initiativrecht zur Einführung eines BVW durch Betriebsvereinbarung. Dieses Initiativrecht besteht nur wenn dafür ein Bedürfnis besteht (Urteil des Bundesarbeitsgericht, Az.: 1 ABR 53/79). Dieses Bedürfnis ist im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen. Das Mitbestimmungsrecht ist also eingeschränkt, soweit die konkrete Ausgestaltung des BVW die Grenze der Erforderlichkeit überschreitet. Hinweis In kleinen Betrieben ein bürokratisch-detailliertes System zu errichten, dürfte wohl nicht erforderlich sein. Hier bestünde insoweit kein Initiativrecht des Betriebsrats.

Ideenmanagement im Überblick 12 Nach 87 I Nr. 12 BetrVG unterliegen (nur) die Grundsätze über das BVW der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats. Gemeint sind damit allgemein-generelle Richtlinien zur Behandlung von Verbesserungsvorschlägen, über Organisation und Verfahren Grundsätze der Vergütung für verwertete Verbesserungsvorschläge Das Bundesarbeitsgericht hat die Vorgabe gemacht, dass eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden soll. Durch dieses Vorgehen soll der Ablauf des Vorschlagswesens so geordnet werden, dass es in vorhersehbaren und nachprüfbaren Bahnen verläuft. Hinweis Im Anhang, S.44, finden Sie ein Muster für eine Betriebsvereinbarung zum BVW. 2.3.2 Mitbestimmungsfreier Bereich Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist durch die Unternehmerfreiheit begrenzt. Der Arbeitgeber entscheidet alleine und mitbestimmungsfrei in folgenden Fällen: Verwertung von Verbesserungsvorschlägen Festlegung des Dotierungsrahmens für eine eventuelle Prämierung Eigenständige Bewertung der Vorschläge nach den Regelungen der Betriebsvereinbarung Einführung einer Vergütung für nicht verwertete Verbesserungsvorschläge 2.3.3 Ausgestaltung der Betriebsvereinbarung 2.3.3.1 Persönlicher Geltungsbereich Im Rahmen der Betriebsvereinbarung zum BVW wird im persönlichen Geltungsbereich der prämienberechtigte Personenkreis festgelegt. Vom Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung können Arbeitnehmer ausgeschlossen werden, deren arbeitsvertragliche Aufgabe die Verbesserung von Betriebsabläufen ist. Diese Arbeitnehmer erbringen sogenannte dienstliche Verbesserungsvorschläge. Leitende Angestellte sind von vornherein aus dem Anwendungsbereich der Betriebsvereinbarung zum BVW ausgenommen, da sie nicht dem BetrVG unterfallen (vgl. 5 Absatz III BetrVG).

Ideenmanagement im Überblick 13 Hinweis Ausnahmsweise unterliegt beim BVW auch die Festlegung des Geltungsbereichs in der Betriebsvereinbarung dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Grundsätzlich sind lohnpolitische Entscheidungen des Arbeitgebers über das ob immer mitbestimmungsfrei. Diese Besonderheit beim betrieblichen Vorschlagswesen resultiert aus dem Bestehen des Initiativrechts des Betriebsrats. Es ist umstritten, ob das Mitbestimmungsrecht auch für Zeitarbeitnehmer gilt. Dies ist wohl zu verneinen. 2.3.3.2 Organisation und Verfahren Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich auch auf die Aufbauorganisation und das Verfahren des BVW. Insbesondere besteht ein Mitbestimmungsrecht dahingehend, ob bestimmte Stellen eingerichtet werden, nach welchen abstrakten Kriterien diese zu besetzen sind und welche Aufgaben sie wahrnehmen. Hinweis Der Betriebsrat muss bei der Ausgestaltung der Organisation allerdings die betrieblichen Verhältnisse berücksichtigen (Erforderlichkeit). Es ist also denkbar, dass bestimmte anfallende Arbeiten auf bereits vorhandene Stellen übertragen werden. Die konkrete personelle Besetzung der Stellen ist mitbestimmungsfrei (zu beachten ist jedoch gegebenenfalls ein Mitbestimmungsrecht aus 99 I BetrVG). Es kann vereinbart werden, dass ein sogenannter Bewertungsausschuss die Verwertbarkeit und Prämierung von Verbesserungsvorschlägen überprüft. Dieser Bewertungsausschuss ist häufig paritätisch aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzt. Dies ist aber keine gesetzliche Vorgabe. Eine andere Besetzung ist rechtlich zulässig. Der Betriebsrat kann nur abstrakt-generelle Bewertungsrichtlinien verlangen. Er kann aber nicht verlangen, dass der Bewertungsausschuss über Be- und Verwertung eines Verbesserungsvorschlags abschließend befindet (Urteil des Bundesarbeitsgerichts, Az. 1 ABR 53/79). Auf freiwilliger Basis können Arbeitgeber und Betriebsrat dem Ausschuss weitere Befugnisse geben.

Ideenmanagement im Überblick 14 Bezüglich des Verfahrens besteht ein Mitbestimmungsrecht insbesondere bezüglich folgender Fragen: Wann gilt ein Verbesserungsvorschlag als eingereicht? Bei wem muss er eingereicht werden? In welcher Form muss er eingereicht werden? Wodurch ist ein Verbesserungsvorschlag angenommen und verwertet? Festlegung von Bearbeitungs- und Entscheidungsfristen der eingerichteten Organe? 2.3.3.3 Grundsätze der Vergütung Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei den Grundsätzen und Methoden für die Bemessung der Vergütung ( 87 I Nr. 10, 11, 12 BetrVG). Dies betrifft insbesondere folgende Regelungsbereiche: Wahl des Vergütungssystems Methoden der Prämienbemessung Bewertungsgrundsätze / Wie ist der Nutzen des Verbesserungsvorschlags zu ermitteln? Festlegung der Prämienart (Sachleistung oder Geld) Prämienbemessung, wenn kein konkreter Nutzen vorliegt Hinweis Grundsätzlich mitbestimmungsfrei ist die lohnpolitische Entscheidung, ob, wofür und wenn ja in welcher Gesamthöhe (Volumen!) Leistungen gewährt werden. Dabei handelt es sich um den sogenannten Dotierungsrahmen. Grundsätzlich mitbestimmungspflichtig ist die Art und Weise der Ermittlung des Arbeitsentgelts (das wie ), also nach welchen abstrakten Grundsätzen die jeweilige Prämienhöhe bemessen wird. Hinweis Beim BVW besteht aber die Besonderheit, dass der Betriebsrat auch bei der Festlegung des persönlichen Geltungsbereichs mitbestimmt (s. o.). Dies ist eigentlich auch eine lohnpolitische Entscheidung (s. o.). Das Gesetz legt dies aber bewusst so fest, da sichergestellt werden soll, dass alle Bereiche in die Betriebsvereinbarung einbezogen werden können.

Ideenmanagement im Überblick 15 2.3.4 Kündigung der Betriebsvereinbarung Soll eine Betriebsvereinbarung zum BVW beendet werden, muss dies fristgerecht durch Kündigung geschehen ( 77 Absatz V BetrVG). Die Wirkungen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung ( 88 BetrVG) enden mit Ablauf der Kündigungsfrist. Eine auf zwingender Mitbestimmung ( 87 Absatz I Nr. 12 BetrVG) beruhende Betriebsvereinbarung wirkt hingegen nach. Ihre Rechtswirkungen enden erst, wenn es gelingt, die Betriebsvereinbarung durch eine andere Regelung zu ersetzen ( 77 Absatz VI BetrVG). Bei Betriebsvereinbarungen zum BVW ergibt sich das Problem, dass sie in der Regel teilmitbestimmt sind. Die Nachwirkung einer solchen Betriebsvereinbarung richtet sich danach, ob der nachwirkende mitbestimmte Teil vom freiwilligen Teil getrennt werden kann und eine aus sich heraus handhabbare Regelung verbleibt (BAG). Eine Aufteilung ist bei der Organisation wohl möglich, beim Entgelt nicht. 2.4 Aufbau und Einführung des Ideenmanagements 2.4.1 Aufbau Es existieren verschiedene Organisationsmodelle für das Ideenmanagement. Die ursprüngliche Integrationsform des Ideenmanagements in die Aufbauorganisation des Unternehmens ist das zentrale Modell. In diesem Modell ist eine Stabsstelle für die Sammlung und Bewertung von Vorschlägen und Ideen verantwortlich. Die Bearbeitung erfolgt also über die Hierarchieebenen hinweg. Da dieses Modell einen hohen bürokratischen Aufwand mit sich bringt, haben sich bei vielen Unternehmen eher dezentrale Strukturen entwickelt. Beim integrierten Modell übernehmen Führungskräfte die Aufgaben des Ideenmanagers für ihren Bereich. Der direkte Vorgesetzte wird zur ersten Anlaufstelle für alle Verbesserungsvorschläge, berät den Einreicher und trifft die Entscheidung bezüglich Annahme oder Ablehnung. Durch die eigenständige Bearbeitung und Umsetzung von Vorschlägen innerhalb eines Bereichs wird die Verwaltung vereinfacht und die direkte Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten gefördert. Das hybride Modell stellt eine Mischform beider Organisationsmodelle dar, bei denen einfachere Ideen durch den unmittelbaren Vorgesetzten des Mitarbeiters bearbeitet werden und Vorschläge mit größerer Tragweite zentral gesammelt und bewertet werden (vgl. Abbildung 6).

Ideenmanagement im Überblick 16 Abbildung 6 Organisationsmodelle für das Ideenmanagement Zentrales Modell - Zentrale Stabsstelle sammelt Verbesserungsvorschläge und bewertet diese - Vorschläge werden über Hierarchieebenen hinweg gesammelt - Weiterleitung an betroffene Abteilungen und Entscheider Integriertes Modell - Jede Führungskraft ist für eigenes Ideenmanagement in ihrem Bereich zuständig - Mitarbeiter reichen Vorschläge direkt bei zuständigen Führungskraft ein Hybrides Modell - Verschiedene Einreichwege, je nach Tragweite und Umfang der Idee - Enge Abstimmung zwischen verschiedenen Ebenen - Entscheidungsverantwortung geteilt zwischen verschiedenen Stellen Quelle: Deutsches Institut für Betriebswirtschaft e. V., 2011 In größeren Unternehmen kann für die Organisation des Ideenmanagements ein Ideenmanager eingesetzt werden, der folgende Aufgaben, entweder eigenständig oder als Koordinator übernimmt: Bearbeiten von KVP-Vorschlägen und Organisation von KVP-Workshops Bearbeiten von Ideen im BVW Zusätzlich zu diesem regulären Ideenprozess können gezielt KVP-Workshops initiiert werden. In Teamarbeit werden Lösungen entwickelt und umgesetzt. Diese Arbeitsoder Wertschöpfungsgruppen werden kurz geschult und können beispielsweise durch Fertigungsplaner oder Instandhaltungsfachleute ergänzt werden. Moderatoren begleiten den KVP-Workshop und ziehen gegebenenfalls weitere Spezialisten zur Unterstützung hinzu. Voraussetzung für erfolgreiche KVP-Aktivitäten sind im Problemlösen qualifizierte, erfahrene und engagierte Mitarbeiter.

Ideenmanagement im Überblick 17 Typische Gestaltung 3 von KVP-Workshops - Fünf bis acht Teilnehmer kommen in regelmäßigen Abständen für eine bestimmte Zeit zusammen, um Probleme zu diskutieren und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten (z. B. alle 14 Tage). - Die Treffen finden während der Arbeitszeit oder unmittelbar im Anschluss statt. - Die Arbeitszeit wird bezahlt. - Das Ergebnis der Sitzungen wird schriftlich festgehalten und an die betroffenen Vorgesetzten weitergeleitet. - Die Umsetzung wird entweder von den betroffenen Vorgesetzten initiiert, oder (bei weitgehend autonomen KVP-Gruppen) von der Gruppe selbst. Ideen im BVW hingegen müssen nach dem Einreichen geprüft werden, vor allem hinsichtlich der Umsetzung und Prämierung. Um eingereichte Ideen im Rahmen des BVW zu bewerten, kann eine Kommission installiert werden. Die Kommission hat die Aufgabe, die ihm von dem Beauftragten für das BVW vorgelegten Verbesserungsvorschläge zu prüfen. Die Kommission schlägt der Geschäftsleitung die Annahme, Anerkennung oder Ablehnung der Verbesserungsvorschläge sowie im Falle der Annahme eine Vorschlagsprämie vor; für den Fall der Anerkennung empfiehlt sie eine Anerkennungsprämie oder Sachzuwendung. Eine weitere Möglichkeit zur Bewertung eingereichter Ideen ist die Berufung eines Gutachters. Gutachter werden vom Ideenmanager berufen und können aus verschiedenen Personenkreisen, sowohl intern als auch extern, rekrutiert werden. Der Betriebsrat hat ein eingeschränktes Initiativrecht zur Einführung eines BVW sowie ein Mitbestimmungsrecht bei den Grundsätzen des BVW alles rund um die Rechte des Betriebsrats sowie die Grenzen der Mitbestimmung sind im Kapitel 2.3 zu finden. 2.4.2 Einführung von Ideenmanagement Die Einführung und nachhaltige Förderung von Ideenmanagement im Unternehmen lässt sich anhand des sogenannten Vier-Phasen-Modells 4 beschreiben. Dieses Modell dient lediglich als allgemeiner Leitfaden für die nachhaltige Einführung eines Verbesse- 3 Quelle: Deutsches Institut für Betriebswirtschaft e.v., 2011 4 Quelle: Kostka & Kostka, 2011

Ideenmanagement im Überblick 18 rungsprozesses und muss den unternehmensspezifischen Gegebenheiten angepasst werden. 2.4.2.1 Sensibilisierungsphase Bevor es zu konkreten Tätigkeiten der Einführung kommt, bedarf es der Entscheidung der Unternehmensleitung über die Implementierung eines Ideenmanagements. Dafür müssen sowohl allgemeine Ziele und Vorgehensweisen verinnerlicht, als auch übergeordnete Unternehmensziele definiert werden. Darüber hinaus finden in der Sensibilisierungsphase die Planung des Ressourcenbedarfs und die grobe Zeitplanung mit Meilensteinen statt. Das Ziel des ersten Schrittes ist also die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen. Darüber hinaus ist es wichtig, sachlich zu beurteilen, wie bereits heute mit Mitarbeiterinitiativen umgegangen wird und wie stark sich Mitarbeiter und auch Führungskräfte, an der Entwicklung des Unternehmens beteiligen. 2.4.2.2 Startphase Nach der Bestandsaufnahme und der Entscheidung für die Einführung eines Ideenmanagements folgt im zweiten Schritt nun die detaillierte Konzeption und Entwicklung. Die Personalbesetzung ist ebenfalls zu entscheiden d. h., welche Stelle(n) wird im Ideenmanagement geschaffen. Im zweiten Schritt werden die benötigten Mitarbeiter ausgewählt und über ihre zukünftige Aufgabe im Rahmen des Ideenmanagements informiert. Dafür eignen sich ein- bis zweitägige Schulungen, an denen Führungskräfte und zukünftige Ideenmanager teilnehmen. Mit einer Auftaktveranstaltung beginnt die offensive Kommunikation zum Thema Ideenmanagement im Unternehmen und fällt der Startschuss zur Implementierungsphase. 2.4.2.3 Implementierungsphase Sobald das System fertig entwickelt ist, folgt die Implementierung im Unternehmen. Je nach Betriebsgröße macht es Sinn, dafür einen oder mehrere Pilotbereiche zu definieren, in denen die Bausteine des Ideenmanagements erstmals installiert werden. Nach Ablauf einer Testphase kann das System bei Bedarf nochmals angepasst und dann flächendeckend im Unternehmen implementiert werden. Außerdem ist es sinnvoll, alle Mitarbeiter z. B. im Rahmen von Kurzschulungen über die wesentlichen Grundzüge des Ideenmanagements zu informieren. Das Ideenmanagement muss dabei nicht im Detail erläutert werden. Die zentrale Botschaft sollte sein, dass alle Mitarbeiter mitwirken können und sollen.

Ideenmanagement im Überblick 19 2.4.2.4 Stabilisierungsphase In dieser Phase soll das Ideenmanagement zu einem festen Bestandteil des täglichen Arbeitsalltags werden und ständig weiterentwickelt werden. Dazu sind zum einen die Motivation und die Begeisterung der Mitarbeiter aus der Implementierungsphase aufrecht zu erhalten und zum anderen bereits erreichte Lösungen zu Standards zu machen. Erfolgsfaktoren im Ideenmanagement Um langfristig Erfolg zu haben, muss das Ideenmanagement im Unternehmen aktiv gelebt werden. Welche Erfolgsfaktoren dazu beitragen wurde in einer Benchmark- Studie zum Ideenmanagement untersucht. Diese wurde vom dib unter Beteiligung der Unternehmensberatung Prof. Fließ & Partner erstellt. Auf Basis von Unternehmensumfragen wurden acht Erfolgsfaktoren identifiziert, die eine Schlüsselrolle im Ideenmanagement spielen. An der Studie waren 176 Unternehmen aus 18 Branchen mit rund zwei Millionen Beschäftigten beteiligt. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren sind in Abbildung 7 dargestellt die Nummerierung weist auf die Wichtigkeit des jeweiligen Faktors hin die Führungskultur eines Unternehmens hat also die größte Bedeutung für den Erfolg des Ideenmanagements. Abbildung 7: Erfolgsfaktoren im Ideenmanagement 1 8 Offenheit des Ideenmanagements Führungskultur 2 Transparenz & Nachvollziehbarkeit 7 Zusammenarbeit & Vernetzung Erfolg im Ideenmanagement 3 Controlling 6 Qualifikation & Weiterbildung 5 Schnelligkeit des Prozesses 4 Nachhaltigkeit Quelle: Deutsche Institut für Betriebswirtschaft e. v., Unternehmensberatung Prof. Fließ & Partner, 2011

Ideenmanagement im Überblick 20 2.4.3 Führungskultur Das Ideenmanagement braucht den Rückhalt der Führungskräfte und der Geschäftsleitung. Dies trägt maßgeblich zum nachhaltigen Erfolg bei. Ideenmanagement in der Zielvereinbarung Eine Möglichkeit, das Engagement der Führungskräfte für das Ideenmanagement zu stärken ist es, Kennzahlen des Ideenmanagements in die Zielvereinbarungen der Führungskräfte zu integrieren. Im Kapitel 2.4.5, S. 22, sind mögliche Kennzahlen aufgeführt. Eine starke Innovationskultur im Unternehmen beflügelt das Ideenmanagement. Ein weiterer wichtiger Faktor ist eine gute abteilungsübergreifende Zusammenarbeit. Zusätzlich sollten die Mitarbeiter motiviert werden, Vorschläge einzureichen. Eine Unternehmenskultur, in der alle Ideen wertgeschätzt und gewürdigt werden, stützt das Ideenmanagement. Dies gilt auch dann, wenn die Ideen nicht umgesetzt werden wichtig ist es, zu zeigen, dass es auf das Einbringen ankommt. 2.4.4 Transparenz und Nachvollziehbarkeit Als zweitwichtigster Faktor für ein erfolgreiches Ideenmanagement ist in der Studie die Transparenz und Nachvollziehbarkeit des Systems genannt worden. Das bezieht sich zum einen auf das Prämiensystem: es sollte gerecht, transparent und nachvollziehbar sein. Außerdem sollte es auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Interessen der Beschäftigten abgestimmt werden, so dass jeder eine Prämie erhält, die für ihn von persönlichem Wert ist. Hier macht es Sinn, auf das Spektrum der in Kapitel 2.2 genannten Formen von Prämierungen zurückzugreifen und die Bandbreite von monetärer und nicht-monetärer Prämierung zu nutzen. Die zweite Säule ist der Einreichungs- und Bewertungsprozess: dieser sollte einfach, gut verständlich und transparent gestaltet sein. Eine Möglichkeit, mehr Transparenz zu schaffen, ist die Visualisierung des Ideenmanagements. Über den Stand der Vorschlagsaktivitäten sollten sich alle Mitarbeiter ständig informieren können. Zusätzlich sollten wichtige Informationen immer wieder aktiv an die Mitarbeiter herangetragen werden. Im Folgenden werden angelehnt an den Leitfaden für ein erfolgreiches Vorschlagswesen in mittelständischen Unternehmen aktive und passive Ansätze für die Information und Visualisierung zitiert: Attraktiv gestaltete Informationstafeln, an denen aktuelle Kennzahlen ausgehängt werden.

Information Ideenmanagement Ideenmanagement im Überblick 21 Die Kennzahlen sollten nicht (nur) tabellarisch bereitgestellt, sondern als Diagramme visualisiert werden (Trendlinien, Säulendiagramme, Vorschlagsbarometer ). Wichtige Daten sollten mindestens monatlich aktualisiert werden (Anzahl der eingereichten Vorschläge, Stand der Bearbeitung). Zusätzlich kann der Weg eines Vorschlags an einem konkreten Beispiel veranschaulicht werden (Bild des vorherigen Zustands, Kopie des Vorschlags, Konstruktionszeichnungen, Bewertungsunterlagen, Bild des verbesserten Zustands, Kosten-Nutzen-Rechnung mit Prämiennachweis). Abbildung 8: Beispiele für Visualisierung Quelle: AWF Arbeitsgemeinschaften für Vitale Unternehmensentwicklung e. V.

Ideenmanagement im Überblick 22 Bekanntgabe der tagesaktuellen Zahl der seit Jahresbeginn eingereichten Vorschläge in an einer großen Anzeige beim Pförtner. Bereitstellung von aktuellen Kennzahlen und grundlegenden Hintergrundinformationen im Intranet der Firma. Aktuelle Daten der Aushänge kann man in einer Mitarbeiter- oder Betriebszeitung nochmals übersichtlich zusammenstellen. Hier können auch regelmäßig beispielhafte Vorschläge und / oder deren Einreicher vorgestellt und Sonderaktionen angekündigt werden. Verteilung von Flyern, Broschüren usw. mit grundlegenden Informationen zum Ideenmanagement oder mit beispielhaften Vorschlägen Neue Mitarbeiter sollte man bereits in der Einarbeitungsphase mit dem Ideenmanagement vertraut machen. Nach der Einarbeitung (z. B. nach sechs Wochen) kann die Ansprache (z. B. mit einem kurzen Anschreiben) wiederholt werden. Nicht zuletzt sollte man auch Auszubildende systematisch informieren, um so potenzielle zukünftige Mitarbeiter frühzeitig an das Ideenmanagement heranzuführen. 2.4.5 Controlling Das Controlling des Ideenmanagements ist ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor: das Ideenmanagement muss im Sinne der zu erreichenden Ziele gesteuert werden. D. h, dass es klare Zielvorgaben für das Ideenmanagement gibt, anhand derer Effizienz und Effektivität ermittelt werden können. Mögliche Kennzahlen 5 für die Leistungsfähigkeit des Ideenmanagements sind Beteiligungsquote (Anzahl der Vorschläge pro Mitarbeiter und Jahr) Annahmequote (Anteil der von der Kommission beziehungsweise der Unternehmensleitung angenommenen Vorschläge bezogen auf alle Vorschläge) Durchführungsquote (Anteil der tatsächlich umgesetzten Vorschläge, ist auch ein Maßstab für Widerstände im Unternehmen, da bei einer geringen Durchführungsquote davon auszugehen ist, dass Verbesserungen nicht umgesetzt beziehungsweise blockiert werden) Effektivität des BVW (Kosten des BVW / erzielte Einsparsumme) Effizienz des BVW, z. B. Bearbeitungsdauer (Zeit vom Einreichen bis zur Umsetzung des Vorschlags) KVP-Beteiligung (Anzahl involvierter Mitarbeiter) Es sollten nur die Kennzahlen verwendet werden, die für die Unternehmenssituation individuell Sinn machen. Sobald Kennzahlen ausgewählt werden, müssen diese dann regelmäßig kontrolliert, gemessen und gesteuert werden. Die Ergebnisse des Controllings können als Grundlage für die Weiterentwicklung des Ideenmanagements dienen. 5 Quelle: Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (IfaA)

Ideenmanagement im Überblick 23 Benchmarking Ideenmanagement im Vergleich Ein Benchmarking, also der Vergleich mit anderen Unternehmen, im Bereich des Ideenmanagements ist sinnvoll. Das Deutsche Institut für Betriebswirtschaft (dib) in Frankfurt veröffentlicht jährlich eine Statistik zum Ideenmanagement diese Zahlen können beispielsweise zum Vergleich herangezogen werden, um die Leistungsfähigkeit des eigenen Ideenmanagements einzuschätzen. Last but not least, sollten alle Mitarbeiter regelmäßig über die Erfolge des Ideenmanagements und die Umsetzung von Ideen informiert werden. 2.4.6 Nachhaltigkeit Die Nachhaltigkeit des Ideenmanagements ist ein zentraler Erfolgsfaktor. Um einen nachhaltigen Ansatz zu stabilisieren, sind verschiedene Maßnahmen wichtig. Ein Punkt ist es dabei, ein ausreichend großes Budget zur Verfügung zu stellen, sodass die angestrebten Ziele tatsächlich erreicht werden können. Darüber hinaus muss das Ideenmanagement regelmäßig auf den Prüfstand gestellt und weiter entwickelt werden. Mögliche Fragestellungen können dabei sein: Ideenmanagement auf dem Prüfstand - Fragestellungen 6 - Wurden die früheren Entscheidungen tatsächlich umgesetzt? - Wie wurden die damaligen Maßnahmenpläne realisiert? - Wie wurde aus falschen Entscheidungen gelernt? - Was sind die typischen Hemmnisse, an denen die Umsetzung von positiven Ideen gescheitert sind? - Welche Lösungsansätze sind denkbar? - Was sind Ressourcen und Wirkfaktoren, die zu einer erfolgreichen Umsetzung beigetragen haben? - Wie können vorhandene Stärken noch besser genutzt werden? - Wie haben sich die Arbeitshilfen in der Praxis bewährt? - Welche Verbesserungen wurden entwickelt? 6 Quelle: SCIENTIFIC CONSULTING Dr. Schulte-Hillen GmbH, Bonn

Ideenmanagement im Überblick 24 Alle zwei Jahre sollte man ein Fazit aus den Arbeiten ziehen und feststellen, in welchem Ausmaß Ziele erreicht wurden. Dabei können Mitarbeiterbefragungen aufzeigen, inwieweit die Mitarbeiter die geplanten Veränderungen wahrgenommen haben. Statt einer Vollerhebung mit Fragebogen können auch Einzelinterviews mit repräsentativ ausgewählten Personen durchgeführt werden. 2.4.7 Erfolgsbilanzierung Die Erfolgsbilanzierung und Weiterentwicklung der strategischen Zielsetzungen ist vor allem Aufgabe der Unternehmensleitung und des Top-Managements. Das geeignete Instrument hierfür ist ein halbtägiger Statusworkshop für die oberste Führungsebene, an dem auch der Betriebsratsvorsitzende und der Ideenmanager teilnehmen. Es sollten folgende Inhalte 7 bearbeitet werden: Bestandsaufnahme, Zwischenstand: derzeitiger Stand des Vorschlagswesens, Ergebnisse der zweiten Mitarbeiterbefragung, Überprüfung der Zielerreichung Prozessanalyse, Resümee: Rückblick auf den Prozessablauf, Bewertung (Was war gut / nicht gut?), Erfolgsfaktoren, Hemmnisse Planung, Vorausschau: Ziele für die kommenden zwei Jahre, Ansätze für weitere Maßnahmen, Vorgehensweise, Klärung von Verantwortlichkeiten, Vereinbarung nächster Schritte, Zeitplan Hieraus ergeben sich dann Ziele und Maßnahmen für eine nächste Periode, die wiederum auf zwei Jahre angelegt werden sollte. Ein nächster Verbesserungszyklus für das Ideenmanagement kann beginnen. Der Meilenstein der Erfolgsbilanzierung sollte für alle Mitarbeiter erkennbar sein, damit in der Belegschaft nicht der Eindruck entsteht, wieder einmal sei ein Vorhaben mit großem Elan begonnen worden und dann im Sande verlaufen. Deshalb sollten die Mitarbeiter darüber informiert werden, dass eine Zäsur gesetzt wird, wie die Ergebnisse der vorangegangenen Arbeitsphase ausgefallen sind, wie sie von der Geschäftsleitung bewertet werden und wie es weitergehen soll. 2.4.8 Marketing Wichtig für die Nachhaltigkeit ist außerdem, dass das Ideenmanagement durch interne Marketingmaßnahmen unterstützt wird. Hier ist eine ganze Bandbreite an Optionen denkbar. Es können beispielsweise Kennzahlen kommuniziert werden. Dabei sind beispielsweise die höchste Prämie oder die gesamte Einsparsumme interessant. Besondere Bedeutung für die Mitarbeiter haben vor allem die Annahmequote und die Bear- 7 Quelle: SCIENTIFIC CONSULTING Dr. Schulte-Hillen GmbH, Bonn

Ideenmanagement im Überblick 25 beitungsdauer wenn bei ihnen der Eindruck entsteht, dass die Verbesserungsvorschläge angenommen und zügig umgesetzt werden, wird das die Motivation und die Bereitschaft zu weiteren Vorschlägen erhöhen. Weitere Ansatzpunkte sind die Beschreibung der Funktionsweise und der laufenden Aktivitäten im Ideenmanagement. Aktuelle Themen und Initiativen sollten regelmäßig dargestellt werden. Als mögliche Werbeträger bieten sich folgende Optionen 8 an: Broschüren, Faltblätter, attraktive Werbeplakate Persönliche Briefe Hinweise in der Betriebszeitung Beilagen in der Lohn- und Gehaltsabrechnung BVW-Informationen für ausländische Beschäftigte Beiträge / Bekanntmachungen am schwarzen Brett (Halb-) Jahresberichte auf Mitarbeiterversammlungen, Konferenzen, Mitarbeitergesprächen Incentive-Aktionen, Wettbewerbe mit zusätzlichen Anreizen / Preisen Informationsgespräche, persönliche Gespräche Ersteinreichergeschenke Hinweise bei Fort- und Weiterbildungen Überbetriebliche Informationen 2.4.9 Schnelligkeit des Prozesses Bei der schnellen Umsetzung von Vorschlägen ist insbesondere darauf zu achten, dass die Vorschläge konsequent realisiert werden und es eine zügige Rückmeldung zu eingereichten Verbesserungsvorschläge gibt. Falls es doch zu Verzögerungen kommt, sollten diese gegenüber dem Mitarbeiter begründet werden. Sobald die Entscheidung für die Umsetzung einer Idee gefallen ist, sollten auch die entsprechenden Prämien zeitnah ausgezahlt werden. Sofern das Ideenmanagement IT-basiert ist, sollte selbstverständlich die IT den gesamten Ideenmanagementprozess unterstützen und beschleunigen. 2.4.10 Qualifikation und Weiterbildung Für den Erfolg des Ideemanagements spielt die Qualifikation und Weiterbildung eine Rolle. Hier sind insbesondere drei Punkte zu nennen, die das Ideenmanagement fördern: 8 Quelle: Küfner, Genz, & Kummer, 2008

Ideenmanagement im Überblick 26 Die Verantwortlichen im Ideenmanagement sind qualifiziert. Es finden regelmäßig Weiterbildungen für die Verantwortlichen des Ideenmanagements statt. Es werden regelmäßig Weiterbildungsmaßnahmen für die Einreicher durchgeführt. 2.4.11 Zusammenarbeit und Vernetzung Das Ideenmanagement ist insbesondere in Unternehmen erfolgreich, die gut vernetzt sind. D. h., beispielsweise, dass eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit selbstverständlich ist. Darüber hinaus sind die Mitarbeiter des Unternehmens gut miteinander vernetzt und kommunizieren offen miteinander, sowohl über eingebrachte Vorschläge und Ideen sowie über mögliche Probleme. 2.4.12 Offenheit Als letzter und dennoch wichtiger Punkt ist die Offenheit des Ideenmanagements zu nennen. Hilfreich ist es, einen Ansprechpartner für alle Mitarbeiter bezüglich aller Fragen rund um das Ideenmanagement zu benennen in der Regel die Person des Ideenmanagers. Bei einem offenen Ideenmanagement gilt außerdem: alle Vorschläge und Ideen dürfen eingereicht werden.

Best Practice in der M+E Industrie 27 3 Best Practice in der M+E Industrie Ideenmanagement in der Praxis Viele bayerische Metall- und Elektrounternehmen haben bereits ein innovatives und erfolgreiches Ideenmanagement etabliert. Nachfolgend stellen die Deckel Maho Pfronten GmbH, MAN Diesel & Turbo SE, die Siemens AG (Standort Amberg) und ZF Friedrichshafen AG (Standort Passau) ihr Ideenmanagement vor. 3.1 DECKEL MAHO Pfronten GmbH Die DECKEL MAHO Pfronten GmbH ist eine 100prozentige Tochter der GILDEMEIS- TER Aktiengesellschaft in Bielefeld und beschäftigt in Pfronten inklusive der Auszubildenden ca. 1.000 Mitarbeiter. Zusätzlich sind ca. 200 Leiharbeiter tätig (Stand: Oktober 2011). Die DECKEL MAHO Pfronten GmbH entwickelt und produziert hochwertige und innovative universelle Fräsmaschinen und Bearbeitungszentren und erstellt auf Wunsch die gesamte Frästechnologie für Kundenanwendungen. Im Bereich der 5-Seiten und 5-Achsen-Komplettbearbeitung sind die Produkte der DECKEL MAHO Pfronten GmbH richtungsweisend. Das modulare Maschinenkonzept der Baureihen und der technologischen Lösungen im Soft- und Hardwarebereich bieten dem Kunden eine individuell nach seinen Erwartungen zusammengestellte Maschine. Anwender dieser Produkte sind in der Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt, Formenbau, Medizintechnik, Energiegewinnung, Schiffbau, Motorsport, Lebensmittelindustrie und im Maschinenbau zu finden. Ideenmanagement der DECKEL MAHO Pfronten GmbH in Zahlen: Anzahl Ideen / Mitarbeiter (pro Jahr): 5,9 Stück Umgesetzte Ideen / Mitarbeiter (pro Jahr): 4,8 Stück Einsparung in Euro (soweit möglich zu beziffern): 904.200 Euro

Best Practice in der M+E Industrie 28 3.1.1 Ausgangssituation und Intention Das Betriebliche Vorschlagswesen wurde bei DECKEL MAHO in Pfronten im Jahr 1972 eingeführt und fand, speziell in den Rezessionsjahren Anfang der 90er Jahre, nur geringes Interesse. Mit Zunahme des Wettbewerbsdrucks und der Entwicklungsgeschwindigkeit wurde es gleichzeitig immer wichtiger, das Wissen der Mitarbeiter in allen Ebenen besser zu nutzen. Dabei ging es nicht nur um innovative Ideen, sondern um das Verbessern vieler kleiner Themen. Des Weiteren sollte die Aufmerksamkeit auch verstärkt auf die Beseitigung von Fehlern, wie z. B. Zeichnungs- und Stücklistenkorrekturen, und auf Ablaufverbesserungen im eigenen Aufgabenbereich gelegt werden. Um die Motivation nachhaltig zu steigern, beziehungsweise später auch auf einem hohen Niveau zu halten, war die schnelle Rückmeldung der Ideenergebnisse Voraussetzung. Die Einbindung der Vorgesetzten als Coach, die Aufhebung der Anonymität, die Installation eines hauptamtlichen BVW-Beauftragten (Ideenmanager) sowie eine grundlegende Änderung des Ablaufs waren Schlüssel einer erfolgreichen Entwicklung. Das im Jahr 1995 eingeführte dezentrale Formular (mit fortlaufender Nummer und Durchschlägen für die Bearbeitung) wurde im Jahr 2001 durch die Onlineeingabe und die Onlinebearbeitung abgelöst. Die Gründung eines Arbeitskreises unter Beteiligung weiterer namhaften Firmen und der Softwarefirma Persis, gewährleistet die Weiterentwicklung der Software. Mit Einführung der Gruppenarbeit im Jahr 2000, erfolgte auch die Installation des Mitarbeiter-KVPs. Ziel war es, möglichst alle Mitarbeiter in den Verbesserungsprozess einzubinden. So ist nahezu jeder Mitarbeiter, auch im administrativen Bereich, einem KVP-Team zugeordnet. Meist handelt es sich dabei um die eigene Arbeitsgruppe oder um die eigene Abteilung. In den einzelnen Gruppen sollen monatlich die Probleme und Verbesserungsmaßnahmen besprochen und Maßnahmen zur Verbesserung eingeleitet werden. Die KVP- Sitzungen werden von einem aus jeder Gruppe gewählten Moderator geleitet und sollen auch der Regelkommunikation dienen. 3.1.2 Aufbau und Ablauf des Ideenmanagementsystems BVW und Mitarbeiter-KVP bilden das Ideenmanagement und kann als Hybridmodell bezeichnet werden. Die Ideen können von jedem Mitarbeiter (auch Leiharbeiter) über das firmeneigene Intranet an jedem PC online eingegeben und nahezu an jedem administrativen Mitarbeiter direkt zur Bearbeitung gesendet werden. Vorgesetzte und Ideenmanagement sind ebenso als Ansprechpartner wählbar. Dieser dezentrale Prozess hat durchaus zwei Seiten: