Suchmaschinen zwischen Medienrecht, -politik und Technik: Ein Blick auf die digitalen Gatekeeper VIII. Symposium Datenschutz bei der Telekommunikation und im Internet des Bundesbeauftragten für f r den Datenschutz und die Informationsfreiheit Bonn, 6. November 2007 Seite 1
Übersicht 1. Wer hat die Macht der Auswahl? Journalismus und Nachrichtenauswahlforschung 2. Parallelen zu Internet-Suchmaschinen 3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung 4. Konsequenzen für f r Medienschaffende 5. Zusammenfassung: Klassische Herausforderungen an die Medienpolitik erscheinen in neuem Lichte Seite 2
1. Wer hat die Macht der Auswahl? Journalismus und Nachrichtenauswahlforschung Seite 3
1. Wer hat die Macht der Auswahl?? Journalismus und Nachrichtenauswahlforschung Funktionen des Journalismus Herstellen von Öffentlichkeit Seite 4
1. Wer hat die Macht der Auswahl?? Journalismus und Nachrichtenauswahlforschung Funktionen des Journalismus Herstellen von Öffentlichkeit Organisieren von Öffentlichkeit / Strukturieren großer Informationsmengen Seite 5
1. Wer hat die Macht der Auswahl?? Journalismus und Nachrichtenauswahlforschung Nachrichtenwerttheorie Nachrichtenfaktoren eines Ereignisses Hypothesen zum Zusammenspiel der Faktoren Seite 6
1. Wer hat die Macht der Auswahl?? Journalismus und Nachrichtenauswahlforschung Journalismus Vermehrte Suche nach Online-Quellen Internet-Suchmaschinen Seite 7
2. Parallelen zu Internet- Suchmaschinen Seite 8
2. Parallelen zu Internet-Suchmaschinen Parallelen zwischen Suchmaschinen und Journalisten Suchmaschinen nehmen mit ihrer zentralen Gatekeeper- Funktion im globalen Internet eine ähnliche Rolle ein wie der Journalismus. Beide haben die Aufgabe, Informationen zu sammeln, aus der großen Menge an weltweit verfügbaren Informationen zu selektieren und die ausgewählten Inhalte nach ihrer Wichtigkeit zu präsentieren sentieren. Ähnlich wie der Journalismus besitzen Suchmaschinen daher einen erheblichen Einfluss darauf, welche Informationen die Menschen überhaupt wahrnehmen können. Seite 9
2. Parallelen zu Internet-Suchmaschinen Journalistische Auswahl und Suchmaschinen-Selektion Selektion im Vergleich Suchmaschinen versuchen ähnlich wie in der Nachrichtenwerttheorie veranschaulicht, die Relevanz einer Internetseite über verschiedene Faktoren zu bestimmen. Je mehr und je intensiver diese Ranking-Faktoren zutreffen, desto höher h her wird eine Internetseite in der Ergebnisliste einer Suchmaschine platziert. Der Unterschied zur journalistischen Auswahl ist jedoch, dass die Rankingfaktoren keine originär r inhaltlichen Kriterien sind, sondern formale Faktoren (Häufigkeit und Platzierung der Suchworte, Aktualität t des Dokuments, Verlinkungshäufigkeit). ufigkeit). Seite 10
2. Parallelen zu Internet-Suchmaschinen Neue Auswahlforschung: Ranking-Theorie Rankingfaktoren von Suchmaschinen Such-Algorithmus Seite 11
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Seite 12
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Marktanalyse - Befragung aller Suchmaschinen im deutschsprachigen Raum Leistungsvergleich - identische Suchanfragen an verschiedene Suchmaschinen und Inhaltsanalyse der Websites der Trefferliste Nutzerbefragung - repräsentative Telefonbefragung unter 1.000 Internetnutzern Laborexperiment - Beobachtung des tatsächlichen Verhaltens von Suchmaschinennutzern Seite 13
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Prof. Dr. Christoph Neuberger (Uni Münster) M Dr. Wolfgang Schweiger (Uni München) M Prof. Dr. Werner Wirth (Uni Zürich) Z Seite 14
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Anteil der Suchmaschinennutzer an Internetnutzern keine Nutzer: 8,8% Suchmasc hinen- Nutzer: 91,2% Seite 15
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Marktanteile von Suchmaschinenanbietern in Deutschland Lycos 5% Yahoo 10% sonstige 16% Google 69% Seite 16
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Nutzung von Haupt- und Nebensuchmaschinen Meistgenutzte Suchmaschine gesamt 77,1% Zweitmeistgenutzte Suchmaschine 3% 8% 14% 14% gesamt 39,3% Drittmeistgenutzte Suchmaschine Viertmeistgenutzte Suchmaschine 3% 7% gesamt 11,0% gesamt 2,3% sehr oft oft gelegentlich selten 0% 20% 40% 60% 80% N=1.000 Internetnutzer Seite 17
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Quelle: www.suchfibel.de; ; Stand: 17.12.2004 Seite 18
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Anteil valider Trefferseiten pro Suchmaschine im Leistungsvergleich (Themenfeld Arbeitslosigkeit ) AOL Google 40% 40% Yahoo Web.de AltaVista Fireball 34% 32% 30% 29% MSN Lycos T-Online MetaGer 23% 22% 22% 19% N=205-260 0% 10% 20% 30% 40% 50% Seite 19
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Bedeutung der Eigenschaften eines Dokuments für r das Ranking der Suchmaschine Häufigkeit der Suchwörter 74% Aktualität des Dokuments Position der Suchwörter Zahl der Links auf das Dokument Linkbezeichnung Bezahlung für das Ranking Wichtigkeit der Links Nutzungshäufigkeit des Dokuments 33% 30% 26% 19% 44% 48% 52% N=27 Seite 20 0% 20% 40% 60% 80%
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Häufigkeit von Spam-Methoden Spam-Methode Wörter werden unzutreffend zur Charakterisierung der Seite verwendet (z.b. als Keywords) 87% Mehrfach-Anmeldung von Seiten 82% Brückenseiten ( Doorway pages ) 77% Häufige Wiederholung von Wörtern 74% Netz von Seiten, um die Page Rank -Technologie zu beeinflussen (Linkfarmen) Unsichtbarer Text (in gleicher Farbe wie der Hintergrund) Netz von Seiten mit dem Suchwort in der Linkbezeichnung Cloaking (unterschiedliche Seitenversionen für Robots und Nutzer) N=58-62 59% 59% 54% 53% Seite 21
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Suchmaschinenbetreiber: Zunahme des Spammings im letzten Jahr Die Zahl gespamter Seiten... hat stark zugenommen 57% hat etwas zugenommen 25% ist ungefähr gleich geblieben 18% (hat etwas/stark abgenommen: jeweils 0%) 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% N=63 Seite 22
Search Engine Optimizers (SEOs): Das deutsche BVDW-Zertifikat Seite 23
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Wie finanzieren sich Suchmaschinen? Einschätzungen der Suchmaschinennutzer: Anteil der Suchmaschinennutzer, die folgende Quellen als wichtige Einnahmequelle im Gegensatz zu unwichtige Einnahmequelle beurteilten... Suchmaschinen sammeln Daten ihrer Nutzer und verkaufen sie weiter (N=706) Suchmaschinen finanzieren sich über kostenpflichtige Premium-Dienste (N=638) Anbieter von Webangeboten bezahlen Geld dafür, dass sie in der Trefferliste besonders auffällig angezeigt werden (N=723) 41,3% 54,6% 52,7% Anbieter von Webangeboten bezahlen Geld dafür, dass sie in der Trefferliste überhaupt angezeigt werden (N=709) 39,1% Anbieter von Webangeboten bezahlen Geld dafür, dass sie in der Trefferliste weiter oben aufgelistet werden (N=716) 36,2% Internetprovider finanzieren Suchmaschinen als zusätzlichen Service für ihre Kunden (N=707) 24,8% Sie finanzieren sich durch Werbeeinblendungen und Sponsoren (N=759) 8,8% Seite 24 0% 20% 40% 60%
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Tatsächliche Einnahmen der Suchmaschinen Verkauf ihrer Suchmaschinentechnik 35% E-Commerce-Einnahmen 24% Dienstleistungen für Website-Anbieter (sogenannte bezahlte Treffer ) 27% Werbeeinnahmen 62% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% Seite 25
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Beispiel unzureichender Kennzeichnung bezahlter Treffer Seite 26
Keyword Advertising Normale Ergebnisse Seite 27
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Fehlbedienungen in der Suchanfrage Tippfehler (abgeschickt) Tippfehler (vor dem Abschicken korrigiert) Tippfehler (trotz Korrektur abgeschickt) Suchanfrage in falschem Suchfenster (z.b. ebay) Anteil an Suchanfragen... N Insgesamt Novizen Experten 123 9,2% 7,2% 10,9% 222 16,6% 16,4% 16,8% 25 1,9% 1,3% 2,4% 27 2,0% 2,5% 1,6% Seite 28
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Tippfehler und Extremseiten Beispiel Brithney Spears Falsche Eingabe: Brithney statt Britney Seite 29
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Treffer Nr. 1 bei Lycos,, Suchbegriff Britney Spers Seite 30
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Beispiel Recherche: Treffer Nr. 1 bei Google (Suchbegriff NSDAP ) [bis Sommer 2004] Seite 31
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Google Suche nach Gaskammern ergab vier revisionistische Angebote: Seite 32
Censorship of search engines: an Asian example In China, search engines filter their contents. Google and Yahoo have been attacked for too easily accepting Beijing s position. Exploratory experiment at the Nanyang Technological University: The China version and the Singapore version of Google, Yahoo and MSN were tested with the search term "Taiwan Indepence" in April 2007: Google.cn displays highly biased results according to China government s position. Google.sg is neutral. Yahoo.cn shows obvious bias, the content is different from yahoo.com.sg. It provides the web links that tell the opposition view from yahoo.com.sg Seite 33 MSN is almost neutral (since it does not have any agreement with the Chinese government?)
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Ein Wort zu Weblogs Seite 34
Google schätzt bei der Informationslage über die 15 in den Iran entführten Soldaten ein persönliches Weblog als höchst relevant ein. Seite 35
3. Befunde der Suchmaschinen-Forschung Suchmaschinen zum Organisieren von Öffentlichkeit ffentlichkeit zu verwenden ist problematisch, weil Nutzung nicht adäquat geschieht Marktkonzentration auch hinter den Kulissen besteht Manipulation stattfindet Quellen mitunter zweifelhaft sind Seite 36
4. Konsequenzen für f Medienschaffende Seite 37
4. Konsequenzen für f r Medienschaffende Medienkompetenz und Journalisten Technologische Kompetenz Informationskompetenz Kreative Kompetenz Soziale Kompetenz und Verantwortlichkeit Seite 38
4. Konsequenzen für f r Medienschaffende Medienkompetenz und Journalisten Technologische Kompetenz Informationskompetenz Kreative Kompetenz Soziale Kompetenz und Verantwortlichkeit Seite 39
4. Konsequenzen für f r Medienschaffende Technologische Kompetenz Notwendigkeit eines tieferen technischen Wissens für f r Journalistinnen und Journalisten Sensibilisierung für f r die Hintergründe nde von Suchmaschinen Effektive Benutzung von Suchmaschinen Seite 40
4. Konsequenzen für f r Medienschaffende Strategien bei der Suche Mehrwortsuche Suche mit booleschen Operatoren ( +, -, ) Erweiterte Suche Suche in Webkatalogen, Verzeichnissen, Linklisten Seite 41
4. Konsequenzen für f r Medienschaffende Medienkompetenz und Journalisten Technologische Kompetenz Informationskompetenz Kreative Kompetenz Soziale Kompetenz und Verantwortlichkeit Seite 42
4. Konsequenzen für f r Medienschaffende Informationskompetenz Interpretation von visuellen Informationen Prüfung auf Qualität t und Authentizität Einschätzen der Relevanz Seite 43
4. Konsequenzen für f r Medienschaffende Recherche nach Martin Luther King Suchbegriff: martin luther king Seite 44
4. Konsequenzen für f r Medienschaffende Treffer zur Suche martin luther king Stand 6.Oktober 2005 Position 7 bei Google: martinlutherking.org 2,770,000 Treffer Datum: 11. Mai 2007 Position 19 bei Google Seite 45
4. Konsequenzen für f r Medienschaffende Beispiel: www.martinlutherking.org Seite 46
4. Konsequenzen für f r Medienschaffende Beispiel: www.martinlutherking.org Service-Provider Rechtsradikale Propaganda! Seite 47
5. Zusammenfassung: Klassische Herausforderungen Medienpolitik erscheinen in neuem Lichte Seite 48
5. Zusammenfassung Hauptproblemfelder der Suchmaschinennutzung... Tippfehler / Manipulation / Extremseiten Bezahlte Treffer / Werbung / PR Google-Monopol Geringes Wissen der Nutzer Gatekeeper-Funktion Seite 49
5. Zusammenfassung...betreffen klassische Herausforderungen für r die Medienpolitik Tippfehler / Manipulation / Extremseiten Propaganda Bezahlte Treffer / Werbung / PR Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt Medienpolitik Google-Monopol Marktkonzentration Medienkompetenz für f Journalisten Geringes Wissen der Nutzer publizistische Macht / Recherchemöglichkeiten Gatekeeper-Funktion Seite 50
5. Zusammenfassung Funktionen des Journalismus: Herstellen von Öffentlichkeit Organisieren von Öffentlichkeit / Strukturieren großer Informationsmengen Evaluieren und Orientieren Seite 51
5. Zusammenfassung Funktionen des Journalismus: Herstellen von Öffentlichkeit Organisieren von Öffentlichkeit / Strukturieren großer Informationsmengen Evaluieren und Orientieren Rechtliche und kommunikationswissenschaftliche Beratung für die Medienpolitik Seite 52
Vielen Dank für f r Ihre Aufmerksamkeit, MPA (Harvard) Universität t Leipzig Lehrstuhl für f r Journalistik II Burgstraße e 21 04109 Leipzig Telefon: 0341 97 35758 Fax: 0341 97 39330 E-Mail: machill@uni-leipzig.de leipzig.de http://www.uni www.uni-leipzig.de/journalistik2 Seite 53