Umsatzsteuer Wegweiser für Existenzgründer



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Transkript:

Dieses Dokument finden Sie unter www.ihk-berlin.de unter der Dok-Nr. 86518 Umsatzsteuer Wegweiser für Existenzgründer Existenzgründer betreten in der Startphase ihrer Unternehmung Neuland in vielfacher Hinsicht. Das Steuerrecht, insbesondere die Umsatzsteuer oder auch Mehrwertsteuer genannt stellt den Unternehmer vor zahlreiche Fragen, bei deren Beantwortung das folgende Merkblatt erste Hilfestellungen gewährt. Jede Warenlieferung und Dienstleistung, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, unterliegt der Umsatzsteuer. Ebenso sind die Einfuhr bzw. der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen im Inland gegen Entgelt sowie die Entnahme von Waren und Dienstleistungen aus dem Unternehmen für nicht unternehmerische Zwecke der Umsatzsteuer zu unterwerfen, soweit nicht besondere Befreiungsvorschriften anzuwenden sind. Einzelheiten regelt das Umsatzsteuergesetz (UStG). Inhalt: Wie hoch ist der Steuersatz?... 2 Die Rechnung... 2 Der Vorsteuer-Abzug... 2 Die Umsatzsteuer-Voranmeldung... 3 Fristverlängerung für die Umsatzsteuer-Voranmeldung... 3 Vereinbarte oder vereinnahmte Entgelte?... 4 Die sog. Kleinunternehmerregelung... 4 Wer ist Kleinunternehmer?... 4 Verzicht auf den Status als Kleinunternehmer (Optionsmöglichkeit)... 6 Rückkehr zur Kleinunternehmerregelung... 6 Aufzeichnungspflichten... 7 Handelsumsätze innerhalb der EU... 7 Außenhandel mit Unternehmen in Drittstaaten... 7 Ihr Ansprechpartner: Antje Maschke E-Mail: antje.maschke@berlin.ihk.de www.ihk-berlin.de 1/8

Wie hoch ist der Steuersatz? Der Regelsteuersatz ist in 12 UStG geregelt, beträgt seit dem 01.01.2007 19 % und wird berechnet auf den Netto-Rechnungsbetrag. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz beträgt 7 %. Er gilt für die Lieferung, Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb praktisch aller Lebensmittel ausgenommen Getränke und Gaststättenumsätze -, für die meisten land- und forstwirtschaftlichen Produkte, Bücher, Broschüren, Kunstgegenstände und eine Reihe weiterer Waren und bestimmte Dienstleistungen, wie z. B. Eintrittberechtigungen für Theater, Konzerte, Kinos und Museen. Seit Januar 2010 gilt außerdem für Beherbergungsleistungen von Hoteliers und Gastwirten ebenfalls der ermäßigte Steuersatz in Höhe von 7 %. Das BMF-Schreiben vom 5. August 2004 führt auf 140 Seiten Einzelheiten zu der Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände aus: http://www.ihk-berlin.de/linkableblob/816160/.4./data/bmf-schreiben_2004_08_05-data.pdf. Werden Gegenstände geliefert, die in der oben genannten Liste nicht enthalten sind, ist grundsätzlich der Regelsteuersatz anzuwenden. Die Rechnung Werden für einen anderen Unternehmer im Inland steuerpflichtige Lieferungen oder Leistungen erbracht, so wird darüber eine Rechnung erstellt, die folgende Angaben enthalten muss: Vollständiger Name und Anschrift von Leistendem und Leistungsempfänger Steuernummer oder Umsatzsteueridentifikationsnummer Ausstellungsdatum Fortlaufende Nummer Menge und Art/handelsübliche Bezeichnung Zeitpunkt der Lieferung bzw. Leistung Nach Steuersätzen und -befreiungen aufgeschlüsseltes Entgelt Im Voraus vereinbarte Minderungen des Entgelts Entgelt und hierauf entfallenden Steuerbetrag sowie Hinweis auf Steuerbefreiung Bei Kleinbetragsrechnungen bis 150 Euro (bis zum 31.12.2006 betrug die Grenze für Kleinbetragsrechnungen 100 Euro, Anhebung erfolgte mit Wirkung zum 01.01.2007 durch das am 07.07.2006 verabschiedete "Erste Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft" -sog. "Mittelstandsentlastungsgesetz") müssen der Steuerbetrag, das Nettoentgelt und die Steuernummer nicht gesondert in der Rechnung ausgewiesen werden; es genügt die Angabe des Steuersatzes und des Bruttoentgelts. Der Vorsteuer-Abzug Gegenüber dem Finanzamt kann der Unternehmer die Umsatzsteuerbeträge, die ihm von anderen Unternehmen in Rechnung gestellt wurden, von seiner eigenen Umsatzsteuerschuld als sogenannte Vorsteuer abziehen, wenn er die Voraussetzungen für den Vorsteuer-Abzug erfüllt. 2/8

Beispiel: Monatliche Angabe: Umsatz: Umsatzsteuer: Umsatz des Unternehmens: 100.000,00 19.000,00 Wareneingang 75.000,00./. 14.250,00 Zahllast Finanzamt 4.750,00 Der Unternehmer hat den Umsatzsteuer-Betrag, den er an das Finanzamt abzuführen hat (Zahllast), selber zu berechnen sowie dem Finanzamt bis zum 10. Tag des folgenden Monats eine Umsatzsteuer-Voranmeldung auf elektronischem Weg zu übermitteln und durch Zahlung auszugleichen. Die Umsatzsteuer-Voranmeldung Je nach Steuerschuldner gelten für die Umsatzsteuer-Voranmeldung folgende Erklärungs- und Zahlungsfristen: Die Voranmeldungen sind jeweils für den sog. Voranmeldungszeitraum abzugeben, und zwar bis zum 10. des nachfolgenden Monats (vgl. 18 UStG). Fällt der 10. auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, endet die Frist an dem nächsten darauffolgenden Werktag (vgl. 108 Abs. 3 AO). Bis dahin ist die Umsatzsteuer auch zu bezahlen. Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr, wenn die Umsatzsteuer des vorangegangenen Kalenderjahres nicht mehr als 7.500 Euro betrug. Für 2011 sind die Voranmeldungen bis zum 11.04., 11.07., 10.10. und 10.01.2012 abzugeben. Betrug die Umsatzsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7.500 Euro, sind die Umsatzsteuer-Voranmeldungen monatlich abzugeben. Unternehmen, die ihre berufliche oder gewerbliche Tätigkeit aufnehmen und nicht Kleinunternehmer sind, haben im Jahr der Tätigkeitsaufnahme und im Folgejahr die Umsatzsteuer- Voranmeldung ebenfalls monatlich abzugeben. Die Erstattung von Vorsteuerüberhängen kann die Finanzverwaltung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. Beispiel: Unternehmer A gründet sein Unternehmen im Januar 2010. Unternehmer B gründet sein Unternehmen im Dezember 2010. Beide Unternehmer sind zur monatlichen Umsatzsteuer- Voranmeldung bis einschließlich Dezember 2011 verpflichtet. Elektronische Umsatzsteuervoranmeldung: Seit dem 1. Januar 2005 (Steueränderungsgesetz 2003) muss die Umsatzsteuervoranmeldung nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck auf elektronischem Weg nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung übermittelt werden. Das Bundesministerium für Finanzen hat Muster für die Umsatzsteuervoranmeldungen 2008. Fristverlängerung für die Umsatzsteuer-Voranmeldung Die Fristen zur Abgabe der Voranmeldungen können auf Antrag des Unternehmers um einen Monat verlängert werden (sog. Dauerfristverlängerung). Dementsprechend verlängert sich die 3/8

Zahlungsfrist. Bei Unternehmern, die zur monatlichen Voranmeldung verpflichtet sind, wird dem Antrag auf Dauerfristverlängerung nur stattgegeben, wenn sie jedes Jahr bis zum 10.02. eine Sondervorauszahlung in Höhe von 1/11 der Vorauszahlungen für das vorangegangene Kalenderjahr anmelden und entrichten. Die Sondervorauszahlung wird i. d. R. bei der Umsatzsteuervorauszahlung für den Dezember angerechnet. Vereinbarte oder vereinnahmte Entgelte? Die Umsatzsteuer-Zahllast gegenüber dem Finanzamt hat der Unternehmer im Regelfall nach vereinbarten Entgelten zu berechnen. Danach entsteht die Umsatzsteuer grundsätzlich in dem Voranmeldungszeitraum, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Dies kann vor Rechnungserteilung und der Bezahlung sein. Vorsteuern werden grundsätzlich für den Voranmeldungszeitraum berücksichtigt, in dem die Eingangsrechnung vorliegt. Auf Antrag kann das Finanzamt jedoch gestatten, dass der Unternehmer die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten abführt. Hier entsteht die Umsatzsteuer regelmäßig mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Bezahlung. Vorsteuern werden grundsätzlich für den Voranmeldungszeitraum berücksichtigt, in dem die Eingangsrechnung vorliegt auch wenn die Bezahlung noch nicht erfolgt ist. Die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten kann beantragt werden, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt: Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr < 500.000 ; keine Buchführungspflicht nach 148 AO; die Tätigkeit ist freiberuflich i.s.v. 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die sog. Kleinunternehmerregelung Die Umsatzbesteuerung wird von vielen Unternehmen wegen ihres komplizierten Verfahrens kritisiert. Das Umsatzsteuergesetz (UStG) sieht für die sog. Kleinunternehmer jedoch Erleichterungen vor (vgl. 19 UStG). Wer ist Kleinunternehmer? Kleinunternehmer ist, wer im vorangegangenen Kalenderjahr einen (Gesamt-) Umsatz zuzüglich Umsatzsteuer von nicht über 17.500 hatte und im laufenden Kalenderjahr einen voraussichtlichen Umsatz nicht über 50.000 hat. Beginnt ein Unternehmer seinen Betrieb während des Jahres, muss der voraussichtliche Umsatz auf einen Jahresgesamtumsatz hochgerechnet werden. Da in diesem Fall kein Vorjahresumsatz vorhanden ist, gilt als Umsatzschwelle 17.500 für das Jahr des Geschäftsbeginns. Beispiel: Ein Existenzgründer hat am 1.2.2008sein Unternehmen gegründet und einen Umsatz von 14.000 Euro im Jahr 2007 erzielt. Damit hat er 15.272 Euro für das Kalenderjahr 2008 (umgerechnet auf 12 Monate) erzielt und liegt damit unter den 17.500 Euro. Im Jahr 2009 erzielt er einen 4/8

Umsatz von 32.000 Euro, also nicht über 50.000 Euro. Im Jahr 2010 erzielt er einen Umsatz von 38.000 Euro. Damit liegt er zwar unter der Grenze von 50.000 Euro, aber er hat bereits im Vorjahr (2009) die Umsatzgrenze von 17.500 Euro überschritten und ist damit umsatzsteuerpflichtig. Bei der Grenze von 50.000 kommt es darauf an, ob der Unternehmer diese Bemessungsgröße voraussichtlich nicht überschreiten wird. Ist danach ein voraussichtlicher Umsatz von nicht mehr als 50.000 zu erwarten, ist dieser Betrag auch dann maßgebend, wenn der tatsächliche Umsatz des Kalenderjahres die Grenze von 50.000 überschreitet. Der Unternehmer hat dem Finanzamt auf Verlangen die Verhältnisse darzulegen, aus denen sich ergibt, wie hoch der Umsatz des laufenden Kalenderjahres voraussichtlich sein wird. Für Kleinunternehmer gilt eine vereinfachte Aufzeichnungspflicht. Es sind nur die Einnahmen für die ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen sowie für den Eigenverbrauch aufzuzeichnen. Überschreitet der Unternehmer, der kein Existenzgründer ist, während des Kalenderjahres die Kleinunternehmergrenze von 17.500 Euro, so kann die Kleinunternehmerregelung im Folgejahr nicht mehr angewendet werden. Die Regelbesteuerung findet vielmehr Anwendung. Ein Unternehmer verliert seinen Kleinunternehmerstatus auch dann, wenn er nur einmalig über der Umsatzgrenze von 17.500 lag. Das gilt auch dann, wenn zu Beginn des Jahres feststeht, dass der Jahresumsatz wieder unter die Grenze von 17.500 fällt. Ein Existenzgründer, der im Kalenderjahr 01 die Kleinunternehmergrenze von 17.500 Euro nicht überschreitet und im Kalenderjahr 02 die Umsatzsteuergrenze von 50.000 Euro nicht überschreitet, aber im Kalenderjahr 02 die Umsatzgrenze von 17.500 Euro überschreitet, muss im darauf folgenden Kalenderjahr 03 die Regelbesteuerung anwenden. Die Umsätze eines Kleinunternehmers unterliegen keiner Umsatzsteuer. Der Kleinunternehmer darf daher keine Umsatzsteuer in seinen Rechnungen ausweisen seinen Abnehmern keine Vorsteuer vermitteln Umsatzsteuer, die ihm selbst berechnet wurde (z. B. von einem Verkäufer auf die gelieferte Ware), nicht als Vorsteuer vom Finanzamt erstattet erhalten. Im Ergebnis werden damit Kleinunternehmer wie Privatpersonen behandelt. Hinweis: Stellt ein Kleinunternehmer trotzdem Umsatzsteuer in Rechnung, so schuldet er diese Steuer und muss sie an das Finanzamt abführen. Die Steuer kann jedoch auf Antrag berichtigt werden, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt ist, d. h. die erstatteten Vorsteuerbeträge an das Finanzamt zurückgezahlt wurden. Fazit: Die Befreiung von der Umsatzsteuer ist ein Vorteil, weil der Verwaltungsaufwand so gering wie möglich gehalten wird und ein Umsatzsteuerverfahren mit dem Finanzamt entfällt. Diesem Vorteil steht jedoch als Nachteil gegenüber, dass der Kleinunternehmer die ihm selbst berechnete und von ihm gezahlte Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer erstattet erhält. Die Steuer für die Einfuhr von Gegenständen aus Drittländern und für den innergemeinschaftlichen Erwerb aus EU-Ländern hat der Kleinunternehmer hingegen abzuführen. 5/8

Verzicht auf den Status als Kleinunternehmer (Optionsmöglichkeit) Der Unternehmer kann auf die Steuerbefreiung als Kleinunternehmer auf Antrag gegenüber dem Finanzamt verzichten und sich wie ein normaler Unternehmer besteuern lassen (Option). Die Erklärung ist ohne besondere Form gegenüber dem Finanzamt abzugeben und bindet für fünf Kalenderjahre. Nach Ablauf der Fünfjahresfrist kann der Unternehmer die Erklärung jederzeit mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung kann z. B. dann sinnvoll sein, wenn aufgrund erheblicher Gründungsinvestitionen der Vorsteuer-Abzug genutzt werden soll oder wenn es sich bei dem Kundenkreis überwiegend um Unternehmer handelt, die Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis verlangen. Begründung: Zwar kann ein Kleinunternehmer seine Leistung auf den ersten Blick billiger, da steuerfrei anbieten. Er muss jedoch in seine Preiskalkulation die selbst gezahlte und - weil er Kleinunternehmer ist - nicht erstattungsfähige Umsatzsteuer einbeziehen, er wird also einen höheren Nettopreis verlangen müssen. Übt der Kleinunternehmer die Option aus, kann er die ihm berechnete Umsatzsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt erstattet bekommen und so seine Einstandskosten senken. Er kann zudem in seinen Rechnungen die Umsatzsteuer ausweisen. Abnehmer, die Unternehmer sind, können die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ihrerseits als Vorsteuer geltend machen, so dass die Umsatzsteuer für sie nur ein durchlaufender Posten, aber keine echte Belastung ist. Die Ausübung der Option sollte daher von jedem Kleinunternehmer für seinen Einzelfall geprüft werden. Rückkehr zur Kleinunternehmerregelung Möchte der Unternehmer nach der Fünfjahresfrist wieder zur Kleinunternehmerregelung zurückkehren, muss die Option nach Ablauf dieser Frist widerrufen werden. Der Verzicht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung für das betreffende Kalenderjahr zu erklären. Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer im betreffenden Kalenderjahr können nachträglich berichtigt werden. Exkurs - Lieferungen aus EU-Mitgliedsstaaten: Für Kleinunternehmer gibt es auch die Möglichkeit, bei Erwerben aus EU-Mitgliedstaaten die Erwerbsbesteuerung zu wählen, auch wenn Sie unter der Erwerbsschwelle nach 1a Abs. 3 Nr.2 UStG (12.500 Euro im Kalenderjahr) bleiben. Dabei müssen sie nicht auf den Kleinunternehmerstatus nach 19 Abs. 2 UStG verzichten. Sie müssen nur ihr Finanzamt hierüber informieren und eine Umsatzsteueridentifikationsnummer beantragen. Für die innergemeinschaftlichen Erwerbe sind sie dann 2 Jahre an die eigene Erwerbsbesteuerung gebunden. Die Umsatzsteuererklärung für die innergemeinschaftlichen Erwerbe muss nach 18 Abs. 4a UStG (Voranmeldung und Steuererklärung) vorgenommen werden. Der Voranmeldungszeitraum ist im Regelfall das Kalendervierteljahr, bei Existenzgründern der Kalendermonat. 6/8

Aufzeichnungspflichten Für Umsatzsteuerzwecke sind vorgeschriebene laufende Aufzeichnungen zu führen. Die einzelnen Unterlagen sowie die geltenden Aufbewahrungsfristen finden Sie in dem Merkblatt "Aufbewahrungsfristen". Insbesondere Rechnungen bzw. Rechnungskopien sind als Buchungsbelege zehn Jahre aufzubewahren ( 147 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Abgabenordnung). Die Zehnjahresfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Rechnung ausgestellt wurde. Darüber hinaus sind vor allem für den Waren- und Dienstleistungsverkehr mit den EU-Staaten und Drittstaaten (d. h. nicht EU-Staaten) zahlreiche besondere Vorschriften, auch hinsichtlich der Ausfuhrnachweise zu beachten. Handelsumsätze innerhalb der EU Bei Verkäufen innerhalb der EU wird unterschieden zwischen Verkäufen an Privatpersonen und gewerblichem Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen Unternehmern: Bei grenzüberschreitenden Verkäufen an Privatpersonen innerhalb der EU gilt - nach einer sogenannten Übergangsregelung aus dem Jahr 1993 - das Ursprungslandprinzip. EU-Kunden, die in Deutschland Produkte kaufen (ausgenommen neue Kraftfahrzeuge und verbrauchssteuerpflichtige Waren) werden mit deutscher Umsatzsteuer belastet. Eine Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für Lieferungen an Privatpersonen ist nur noch bei der Ausfuhr von Gegenständen in Drittstaaten möglich. Dies gilt nicht für den Versandhandel. Überschreiten hier die Lieferungen eines einzigen Lieferanten an Privatpersonen in einem anderen EU-Mitgliedsstaat die für dieses Land festgesetzte Lieferschwelle (siehe S. 6), so muss sich der Lieferer in dem anderen EU-Staat umsatzsteuerlich registrieren lassen und in seinen Versandhandelsrechnungen den Steuersatz des anderen EU-Mitgliedsstaates angeben. Im grenzüberschreitenden gewerblichen Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen Unternehmern gilt weiterhin das Bestimmungslandprinzip. Lieferungen eines deutschen Unternehmers an einen Unternehmer in einem anderen EU-Mitgliedsstaat sind von der deutschen Umsatzsteuer befreit. Für den empfangenden Unternehmer fällt die in seinem Land geltende Umsatzsteuer (sog. Erwerbssteuer) an. In der Rechnung müssen die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden und des empfangenden Unternehmers angegeben werden. Der Vorsteuerabzug ergibt sich wie bisher nach den jeweils geltenden steuerlichen Regelungen. Die Lieferung von Waren eines deutschen Unternehmers in einen anderen EU-Mitgliedsstaat wird damit vollständig von deutscher Umsatzsteuer entlastet. Ist der deutsche Unternehmer beispielsweise Empfänger einer Lieferung aus einem anderen EU-Land, so muss er die Umsatzsteuer auf diesen innergemeinschaftlichen Erwerb in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung gesondert ausweisen und abführen; er darf den Betrag jedoch gleichzeitig gesondert als Vorsteuer geltend machen, d. h. verrechnen, wenn er vorsteuerabzugsberechtigt ist. Weitere Informationen erhalten Sie in unserem Merkblatt Warenhandel zwischen Unternehmen innerhalb der EU. Außenhandel mit Unternehmen in Drittstaaten Bei der Wareneinfuhr aus Drittstaaten wird in Deutschland Einfuhr-Umsatzsteuer erhoben; es gelten die deutschen Steuersätze von 19 % bzw. 7 %. Die Einfuhr-Umsatzsteuer hat der deutsche Unternehmer an die zuständigen Zollbehörden zu zahlen; er kann sie danach, Vorsteuerabzugsberechtigung vorausgesetzt, wie eine Vorsteuer von seiner Umsatzsteuerschuld abziehen. Lieferun- 7/8

gen an Unternehmer in Drittländer sind im Regelfall in Deutschland steuerfrei; es sind vom deutschen Unternehmer jedoch besondere Vorschriften zu Ausfuhrnachweisen und sonstige buchmäßige Nachweise bei Ausfuhrlieferungen zu beachten. Dem deutschen Unternehmer steht in diesem Fall, soweit er zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, der deutsche Vorsteuerabzug aus Vorleistungen zu. Auch Ausfuhren werden damit vollständig von der deutschen Umsatzsteuer entlastet. Weitere Informationen zu diesem Thema erhalten Sie in unserem Merkblatt Warenhandel zwischen Unternehmen außerhalb der EU. Dieses Merkblatt soll erste rechtliche Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 8/8