Langtext 1. Sittenwidrigkeit der Haftungsübernahme



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Transkript:

Titel RISIKO ANGEHÖRIGENBÜRGSCHAFT: SCHLAGLICHTER AUS JUDIKATUR UND KSCHG-NOVELLE Autor Thomas Rabl Norm KSchGNov. 98 EheG. Rechtsgebiet ZIVILRECHT UND HANDELSRECHT Fundstelle ecolex 1996, 443 Schlagwort Bürgschaft. Kurztext Familiärer Druck veranlaßt vermögensschwache Angehörige häufig, für Kreditschulden von Verwandten gutzustehen, ohne zu wissen, daß die Inanspruchnahme den eigenen wirtschaftlichen Ruin zur Folge hätte. Sowohl die Legislative als auch die Rsp haben sich dieses Problems angenommen. Der Beitrag stellt neue Entwicklungen auf dem Sektor vor. Langtext 1. Sittenwidrigkeit der Haftungsübernahme Seit dem grundlegenden Beschluß des BVerfG vom 19. 10. 1993 (FN 1), ist es nunmehr einheitliche strsp des BGH, daß in gewissen Fällen der Verbürgung durch vermögenschwache Angehörige, vor allem bei strukturellem Ungleichgewicht der Vertragspartner, das Sicherungsgeschäft sittenwidrig sein kann (FN 2). Indizien hierfür sind alle im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erkennbaren Umstände, die vermuten lassen, daß die im Hinblick auf die Vermögensschwäche so wichtige Fähigkeit des Interzedenten zu eigenverantwortlicher Entscheidung beeinträchtigt ist, wie vor allem die familiäre Drucksituation, geschäftliche Unerfahrenheit und wirtschaftliche Abhängigkeit vom Hauptschuldner. Nicht bloß das krasse Mißverhältnis der Leistungen und die ungleich höhere Verhandlungsstärke der, die Sicherung fordernde, Bank für sich alleine machen die Mithaftung schon sittenwidrig, erst das Zusammenspiel mit Umständen, die zu einer "Verdünnung" der Willensfreiheit beim Interzedenten geführt haben, kann die Unwirksamkeit der Mithaftung zur Folge haben. Jüngst hat sich der OGH dieser Ansicht angeschlossen (FN 3).

Es gibt jedoch auch Fallkonstellationen, wo vom BGH nicht nur auf die Umstände im Vertragschlußzeitpunkt abgestellt wird, sondern wo der Wegfall der Angehörigeneigenschaft ausnahmsweise quasi als Wegfall der Geschäftsgrundlage des Interzessionsgeschäfts betrachtet wird. In BGH WM 1995, 237 = WuB I F 1a - 4.95 (P. Bydlinski) beabsichtigte die Gläubigerbank, durch die Mithaftung der Ehegattin eine eventuelle Verschiebung des Haftungsfonds ihres Schuldners, des Ehemanns, auf die Ehefrau zu unterlaufen. Sie wollte verhindern, daß sich ihr Schuldner durch "geschicktes Jonglieren mit den Vermögensgegenständen" der Rückzahlung des Kredits entzieht. Da aber die befürchtete Vermögensverschiebung nicht stattfand, und die Ehe im Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Frau durch die Bank geschieden war, meinte der BGH, daß eine volle Haftung der Ex-Ehefrau den Grundsätzen von Treu und Glauben widerspreche, und mäßigte die Bürgschaftsverbindlichkeit auf einen beträchtlich niedrigeren Betrag, als es die ursprüngliche Verpflichtung vorsah (FN 4). Damit ist die Ehe - in Abweichung von der Vorjudikatur (FN 5) - in gewisser Weise als "Geschäftsgrundlage" anerkannt. Vertrauensgesichtspunkte spielten offensichtlich keine Rolle. 2. Neues zu 98 EheG Nach 98 EheG hat das Scheidungsgericht auf Antrag mit der Wirkung für die Gläubiger auszusprechen, daß derjenige Ehegatte, der im Innenverhältnis zur Zahlung verpflichtet ist, Hauptschuldner der Verbindlichkeit, der andere Ehegatte Ausfallsbürge wird. Dieses Privileg reicht nicht sehr weit, da im Fall der Zahlungsunfähigkeit des nunmehrigen Hauptschuldners der Kreditverbindlichkeit der Ausfallsbürge ohnedies belangt werden kann (FN 6). Immerhin ist damit infolge der nachträglichen Korrektur des Schuldverhältnisses auch hier die Ehe partiell als dessen "normative Geschäftsgrundlage" anerkannt. Der Eingriff in bestehende Verträge hält sich in Grenzen, da der Gläubiger bei Kreditierung sich der Existenz des 98 EheG und der Möglichkeit der Ehescheidung bewußt ist, also sein Risiko überblicken kann. Eine aktuelle E (FN 7) versetzt 98 EheG nun aber faktisch den Todesstoß, da der OGH dort zuläßt, daß ein sich nach 1358 ABGB regressierender (dritter) Mitbürge beim zum Ausfallsbürgen mutierten Ex-Ehegatten voll Regreß nehmen kann, ohne den Einschränkungen des 98 EheG unterworfen zu sein. Dagegen spricht schon in formaler Hinsicht, daß der Eintritt des Mitbürgen in die Gläubigerrechte gem 1358 ABGB grundsätzlich nicht zu einer Ausdehnung des Umfangs dieser Rechte führen kann. Der Gläubiger selbst hätte seine Ansprüche - Legalzession - nur in dem nach 98

EheG beschränkten Umfang geltend machen können (FN 7a). Das vom OGH für schutzwürdig erachtete Vertrauen des Mitbürgen in die "Sach- und Rechtslage", wonach dieser "davon ausgehen konnte", daß er bei jedem der damaligen Mitschuldner Regreß nehmen könne, kann die Ansicht des OGH, wie so eben angedeutet, nicht rechtfertigen: Erstens hatte der Mitbürge die Bürgschaft zu einem Zeitpunkt (11. 8. 1989!) übernommen, als der 98 schon längst Bestandteil der Rechtordnung war, zweitens sind Ehescheidungen heutzutage nicht wirklich unüblich, und drittens werden Bürgen normalerweise gerade wegen der Zahlungsunfähigkeit des/der Hauptschuldner in Anspruch genommen, und ein späterer erfolgreicher Regreß gegen diese bleibt idr erfolglos (Abhilfe schafft dabei 1359 ABGB: Regreß gegen die Mit-Interzedenten). Eine Beschränkung des Regreßrechts widerspricht auch nicht, wie der OGH glaubt, den 894 und 896 letzter Satz ABGB, wonach die Position eines "Mitschuldners" (hier Bürge und Zahler) im Regreß nicht durch eine Befreiung eines anderen verschlechtert werden kann: Diese Normen stehen nur einer privatautonomen Haftungsbefreiung entgegen (Verbot des "Vertrags zu Lasten Dritter") (FN 8), während nach überwiegender L und Rsp gesetzliche Haftungsprivilegien (zb 333 ASVG und 67 Abs 2 VersVG) diesen Normen auch für den Regreß derogieren (FN 9). Der von den Ehegatten autonom geschlossene Scheidungsvergleich regelt nun aber die Haftungsfrage bloß im Innenverhältnis, ohne daß dadurch Außenwirkungen geschaffen würden. Erst der Ausspruch des Gerichts im Verfahren nach 98 EheG erzielt Drittwirkung, sodaß eben ein ebenso gesetzliches Haftungsprivileg entsteht. Der OGH macht nun den Fehler, durch "Hineindenken" der Wertungen der 894, 896 ABGB (Gleichheit aller Schuldner) die Wertung des 98 EheG (Privilegierung) unterlaufen zu wollen. Wenn 98 EheG dem einen Gatten eine Haftungserleichterung bringen will, so muß die Norm, will sie sich nicht unterlaufen lassen, dieselbe Erleichterung auch dem Mitschuldnerregreß zubilligen und folglich die Mitschuldnergleichbehandlung hier gerade verlassen. 98 kann daher nicht mit dem Argument angegriffen werden, daß er sich gegen diesen Grundsatz wende. Man hätte vielmehr darzutun, daß die beabsichtigte Privilegierung sachlich nicht gerechtfertigt und daher gleichheitswidrig sei. Daß aber das Ende der Angehörigeneigenschaft in diesen Fällen, wo die Verbürgung oftmals aus eben dem Motiv der aufrechten Ehe heraus passiert, keine iusta causa der Verschiedenbehandlung von Sachverhalten sei, wird man angesichts des einen Gesetz auch unter der Herrschaft des Gleichheitssatzes zuzubilligenden Ermessensspielraums nicht sagen können. 3. KSchG-Novelle

Zwar ist es das erklärte Ziel des Ministerialentwurf zur KSchG-Novelle (FN 10), des Problems der Mithaftung von vermögenslosen Angehörigen Herr zu werden, jedoch soll 31a KSchG durch Hinzufügen der Abs (3) - (6) (FN 11) ganz allgemein ein verbraucherfreundlicheres Gesicht bekommen; eine Einschränkung der Neuregelung auf den "familiären" Bereich ist nämlich nicht vorgesehen. a) Erfaßte Geschäfte - Hinweispflicht Nach 31a Abs (3) des Entwurfs ist der potentielle Interzedent vom Gläubiger, sofern dieser Unternehmer ist, auf die "wirtschaftliche Lage des Schuldners" hinzuweisen, wenn der Gläubiger "nach den Umständen Grund zur Annahme hat, daß der Schuldner seine Verpflichtung nicht oder nicht vollständig erfüllen wird." Eine Unterlassung der Aufklärung führt zu einer Haftungsbefreiung, wenn sich der Interzedent nach vollständiger Information nicht verpflichtet hätte - ein Beweislastproblem, das, wenn es nach den Erl geht, den Gläubiger treffen soll. Die Neuregelung soll bloß Bürgschafts- und Mitschuldnerverträge erfassen. Garanten sind, obwohl die Garantie zu Interzessionszwecken auch im Bereich der Verbrauchergeschäfte immer gebräuchlicher wird (FN 12), nicht erfaßt (FN 13). Schon seit einiger Zeit verpflichtet der OGH den Gläubiger in bestimmten Fällen zur entsprechenden Aufklärung; dann nämlich, wenn der Gläubiger Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit bzw von dem unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruch des Schuldners hat und dem Schuldner gerade wegen der vom Bürgen geleisteten Sicherheit noch einmal Kredit gewährt, und ihm erkennbar war, daß der Hauptschuldner mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Kredit nicht zurückzahlen kann, oder wenn er sonst eine für den Bürgen gefährliche Situation erkennen mußte (FN 14). Der Unterschied der geplanten Regelung zur bestehenden Rsp liegt vor allem darin, daß den Gläubiger nun "sicherheitshalber" jedenfalls Aufklärungspflichten treffen sollen, auch wenn der potentielle Interzedent von den zu erteilenden Informationen bereits Kenntnis hat, während bisher die Gläubiger nur dann zu warnen hatten, wenn sie damit rechnen mußten, daß den Interzedenten die "gefährlichen Umstände" nicht ebenfalls bewußt sind (FN 15). b) Problem Bankgeheimnis

Da die neue Regelung vor allem für Kreditinstitute bedeutsam sein wird, stellt sich sofort die Frage, ob der Aufklärungspflicht das Bankgeheimnis entgegensteht. Der Entwurf scheint das prinzipiell zu bejahen, meint aber, daß die Ausnahme des 38 Abs 2 Z 6 BWG (Zulässigkeit "banküblicher Auskünfte" bis zum Widerspruch) für die Warnpflicht genug Raum bietet. Habe aber der Hauptschuldner die Auskunft untersagt, so sei der Pflicht zur "Aufklärung" entsprochen, wenn der Gläubiger diese unter Hinweis auf die Geheimhaltung unterläßt. Aber erstens gilt die Ausnahme des 38 Abs 2 Z 6 BWG nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage von Unternehmern und nicht auch von Privatpersonen (FN 16) und zweitens ist das Bankgeheimnis nicht nur durch die Ausnahme im BWG selbst eingeschränkt, wie der Entwurf offenbar meint. In SZ 57/70, wo es um den Konflikt zwischen einer bestehenden Warnpflicht der Bank gegenüber einem Bürgen hinsichtlich der Gefahren der Haftungsübernahme und der Wahrung des Bankgeheimnisses gegenüber dem Hauptschuldner ging, wurde vom OGH eine Interessenabwägung vorgenommen, die das Geheimhaltungsinteresse des Schuldners und die Interessen des Bürgen gegenüber stellte, und in diesem Fall das Zurücktreten des Bankgeheimnisses hinter die Warnpflicht zur Folge hatte (FN 17). Nähme man den Entwurf beim Wort, so wäre das Ergebnis grotesk: Für Verbrauchergeschäfte hätte die alte Rsp keine Bedeutung mehr, dh daß bei Widerspruch des Hauptschuldners gegen die Auskunftserteilung, die Geheimhaltungspflicht jedenfalls prävalieren würde, während bei reinen Unternehmergeschäften die in der Rsp entwickelte Interessenabwägung weiter vorzunehmen wäre, und über die Geltung der Geheimhaltungspflicht jeweils im Einzelfall zu entscheiden wäre - eine merkwürdige Benachteiligung des Verbrauchergeschäfts. c) Richterliches Mäßigungsrecht Nach 31a Abs (4) und (5) des Entwurfs soll der Richter die Verbindlichkeit des Interzedenten im Einzelfall mäßigen bzw sogar ganz erlassen können, sofern diese in einem unter Berücksichtigung aller Umstände unbilligen Mißverhältnis zur Leistungsfähigkeit des Interzedenten steht. Voraussetzung dafür ist, daß für den Gläubiger beim Eingehen des Vertragsverhältnisses die Umstände, die das Leistungsmißverhältnis begründen, sowie die Tatsache, daß der Verbraucher bloß Interzedent ist, erkennbar waren. Außerdem sind nach Abs (5) vom Richter insbesonders das Interesse des Gläubigers an der Haftung des Interzedenten, das Verschulden des Interzedenten an den das Mißverhältnis herbeiführenden bzw begründenden Umständen, der Nutzen des Interzedenten an der Leistung des Gläubigers und der Leichtsinn, die Zwangslage, die Gemütsaufregung oder die

Abhängigkeit des Interzedenten vom Hauptschuldner zu berücksichtigen. Wie schon erwähnt, hat der Entwurf dabei trotz seiner weiten Fassung vor allem die Angehörigenmithaftung im Auge. Für diesen Bereich stellt sich sofort die Frage, in welchem Verhältnis das neue richterliche Mäßigungsrecht zu der oben referierten "Sittenwidrigkeits"-Judikatur (FN 18) stünden (FN 19). Nach dieser Rsp stellt ein bloßes "Leistungsmißverhältnis" alleine noch keinen ausreichenden Grund für die Sittenwidrigkeit und somit zum Haftungsentfall dar; erst Umstände wie zb familiärer Druck, Abhängigkeit vom Hauptschuldner etc können zu der völligen Beseitigung der Mithaftung führen. Für die richterliche Mäßigung nach 31a Abs (4) wäre aber vor allem das Mißverhältnis der Bürgschaftshaftung zur Leistungsfähigkeit des Interzedenten maßgebend; die in Abs (5) bei der Mäßigung zu berücksichtigenden Umstände wie beispielweise die Unerfahrenheit bzw die Abhängigkeit des Interzedenten sind den von der Rsp aufgestellten Grundsätzen teilweise sehr ähnlich, die Aufzählung ist aber weder taxativ noch ist ihr Vorliegen bei Vertragsabschluß Voraussetzung für die Mäßigung. Liegen also die gravierenden von der Rsp herausgearbeiteten Umstände für die Sittenwidrigkeit von Haftungsübernahmen vor, so kann das me weiterhin den völligen Entfall der Mithaftung zur Folge haben, während in weniger graviererenden Fällen der Angehörigenmithaftung, wo ein - wenn auch nicht sittenwidriges - Mißverhältnis der Mithaftung zur Leistungsfähigkeit des Interzedenten vorliegt, die Anwendung der Mäßigungsvorschrift zu prüfen wäre. Fußnoten 1) WM 1993, 2199 = WuB I F 1a - 4.94 (P. Bydlinski) = ZIP 1993, 1775 (Loewe); bestätigt durch BVerfG WM 1994, 1837 = WuB I F 1a - 11.94 (P. Bydlinski). 2) Vgl dazu Rehbein, Bürgschaften mittelloser Angehöriger, ÖBA 1996, 25 mwn, und zuletzt BGH ZIP 1996, 495. 3) ecolex 1995, 638 = ÖBA 1995, 804 = JBl 1995, 651 (Mader) = ÖJZ 1995/156 (EvBl) = ZIK 1995, 124; vgl dazu die Aufsätze von P. Bydlinski, Die Sittenwidrigkeit von Haftungsverpflichtungen, ZIK 1995, 135; G. Graf, Verbesserter Schutz vor riskanten Bürgschaften, ÖBA 1995, 776; Marwan-Schlosser, Sittenwidrigkeit der Haftungsübernahme durch vermögenslose Angehörige, RdW 1995, 373. 4) Krit Reinicke - Tiedtke, Bürgschaft und Wegfall der Geschäftsgrundlage, NJW 1995, 1449 mwn.

5) Nw bei P. Bydlinski in der Anm zu WuB I F 1a - 4.95, und bei Horn, Bürgschaften und Garantien, 6. Auflage, (1995) 46 ff; vgl auch OGH JBl 1971, 257. 6) Die Rsp (vgl EvBl 1994/14, EvBl 1994/34) hält außerdem die von 98 Abs (2) EheG grundsätzlich geforderten vorgeschalteten Exekutionsmaßnahmen gegen den Hauptschuldner ohnehin nicht für nötig, wenn diese von vornherein aussichtslos sind. 7) Abgedruckt in ecolex 1996, 452; außerdem dazu Iro, RdW 1996, 155. 7a) Vgl schon Gamerith, Die Kredithaftung geschiedener Ehegatten nach 98 EheG, RdW 1987, 183 (188). 8) Vgl Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I, 2. Auflage, (1980) 308. 9) Nw bei Gamerith in Rummel I, 2. Auflage, Rz 8 zu 896, und bei Kletecka, Solidarhaftung und Haftungsprivileg, ÖJZ 1993, 785 (786). 10) Dazu schon Wilhelm, Der Konsumentenschutz expandiert, ecolex 1995, 613. 11) Der "alte" Abs 3 soll durch Übernahme in das ABGB ( 1364 Abs 2) allgemein verbindlich werden. 12) Vgl nur den Fall von ecolex 1995, 638. 13) Krit dazu P. Bydlinski, ZIK 1995, 139, und G. Graf, ÖBA 1995, 781. 14) SZ 57/70; SZ 58/153; WBl 1987, 211; ÖBA 1993, 61; zuletzt ÖBA 1995, 909 ua. 15) Vgl OGH ÖBA 1993, 61. 16) G. Graf aao 782. 17) Vgl auch Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Auflage, (1988) Rz 60. Zum kontroversiellen Thema der Kollision Bankgeheimnis - Aufklärungspflicht bei finanzierter Vermögensanlage vgl nun statt aller Wilhelm, ecolex 1996, 157 mwn.

18) Siehe oben unter 1.). 19) Dazu schon P. Bydlinski aao 140 und G. Graf aao 786 f. Glosse Sowohl für den Gesetzgeber als auch für die Rsp gilt in zunehmendem Maß, daß die "Angehörigeneigenschaft" des Sicherungsgebers als rechtserheblicher Umstand angesehen wird, auch wenn der OGH vor kurzem 98 EheG faktisch seine Schutzwirkung genommen hat.