Telemedizinische Kontrolle von implantierbaren Geräten in der Kardiologie 04.05.2013 Peter Lercher Klinische Abteilung für Kardiologie Medizinische Universität Graz
Die Gerätetherapie in der Kardiologie hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. So wurden in Österreich im Jahre 2011 insgesamt 987 Schrittmacher und 300 Kardioverter-Defibrillatoren (ICD) pro Million Einwohner implantiert (1). Durch die Ausweitung der Richtlinien zur Gerätetherapie (2) ist in den nächsten Jahren mit einer weiteren Steigerung zu rechnen. Regelmäßige Gerätekontrollen sind integraler Bestandteil und Grundvoraussetzung im Patientenmanagement. Die Richtlinien fordern bei Geräten mit kardialer Resynchronisationstherapie und ICD Geräten eine Kontrolle alle 3 bis 6 Monate und bei Schrittmachersystemen eine jährliche Kontrolle, bei beginnender Batterieerschöpfung in kürzeren Abständen (3). Dies führt folglich zu einer außerordentlichen Arbeitsbelastung für die nachsorgenden Zentren. Seit mehreren Jahren besteht nun auch die Möglichkeit einer telemedizinischen Gerätenachsorge, wobei hier drei Arten einer telemedizinischen Kontrolle unterschieden werden: 1. telemedizinische Nachsorge Die Daten des implantierten Gerätes werden zu einem genau festgelegten Zeitpunkt übertragen. Dies dient in erster Linie zur Geräteüberprüfung und ersetzt weitestgehend eine Klinikkontrolle. 2. patienteninitiierte Nachsorge Die Datenübertragung wird vom Patienten veranlasst und erfolgt hauptsächlich bei Beschwerden der Patienten, um vorzeitig mögliche Ursachen erkennen zu können. 3. telemedizinisches Monitoring Die Daten werden hier automatisch in regelmäßigen Abständen, zumeist täglich übertragen. Durch die kontinuierliche Datenübertragung ist eine stete Überwachung gewährleistet. Die Datenübertragung erfolgt über ein Interface, entweder per Telefon Standleitung oder über ein GSM Netz, an das Servicecenter der Gerätefirma. Dort erfolgt die Aufbereitung der Daten, die dann vom Nachsorgezentrum über eine Internetplattform abberufen werden können (Abb. 1). Eine Geräteprogrammierung auf telemedizinischer Basis ist aus sicherheitstechnischen und rechtlichen Gründen jedoch nicht möglich. Abbildung 1 remote Monitoring Technologie In zahlreichen Untersuchungen konnte die Sicherheit und Effektivität der telemedizinischen Nachsorge von Patienten mit implantierten Geräten nachgewiesen werden, sodass diese Art der Nachsorge als Standard in den Richtlinien zur Gerätenachsorge implementiert wurde (3). Alle 5 Gerätehersteller bieten telemedizinische Nachsorgesysteme an, die jeweiligen Konzepte sind jedoch unterschiedlich (Abb. 2). Peter Lercher 2
Abbildung 2 Vergleich der remote Monitoring Systeme (4) Vorteile der telemedizinischen Nachsorge Patienten o Reduktion der Klinikkontrollen Anstelle zwei bis vier Klinikkontrollen im Jahr ist nur mehr eine jährliche Kontrolle im Nachsorgezentrum notwendig. Dies führt zu einer signifikanten Zeit- und Kostenersparnis für die Patienten. In einer eigenen Untersuchung an 170 Patienten konnte dadurch eine Zeitersparnis um 159 Minuten pro telemedizinischer Nachsorge und eine Kostenersparnis um 61% pro Jahr erreicht werden (5). o erhöhte Patientensicherheit Durch das regelmäßige Monitoring können geräte- und sondenspezifische Probleme vorzeitig erkannt werden. In einer Analyse von über 11.000 Patienten mit implantierten Schrittmacher und ICD Geräten wurde gezeigt, dass im Vergleich zu einem routinemäßigen Nachsorgeintervall alle 3 Monate im Nachsorgezentrum relevante Ereignisse (Gerätedysfunktion, klinische Ereignisse) durch telemedizinisches Monitoring durchschnittlich 62 bis 73 Tage früher erkannt und behoben werden können (6). Durch die vorzeitige Erkennung von Vorhofflimmern kann frühzeitig eine Thrombembolieprophylaxe eingeleitet und dadurch das Risiko eines Schlaganfalles signifikant reduziert werden (7). o hohe Patientenakzeptanz des telemedizinischen Nachsorgekonzepts (5). Peter Lercher 3
Nachsorgezentrum o Zeitersparnis in der Nachkontrolle Durch eine telemedizinische Nachsorge kann der Zeitaufwand pro Nachsorgepatient im Schnitt um 28 Minuten reduziert werden (5). o optimale Patientenversorgung Durch das telemedizinische Monitoring können klinische und gerätespezifische Probleme vorzeitig erkannt werden und frühzeitig entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Umsetzung der telemedizinischen Nachsorge an der Kardiologie in Graz In der Rhythmusambulanz der Klinischen Abteilung für Kardiologie wird seit Jahren standardmäßig eine telemedizinische Nachsorge von ICD Patienten durchgeführt. Als rechtliche Basis fungieren Verträge zwischen den Geräteherstellern und der Krankenhausverwaltung (KAGES). Nach entsprechender Aufklärung und bei gegebener Einwilligung erhalten die Patienten einen Patientenmonitor, der entweder per GSM Netz bzw. bei älteren Geräten über eine Festnetzverbindung die entsprechenden Daten überträgt. Die telemedizinische Nachsorge erfolgt alle 3 bis 4 Monate, eine ambulante Klinikkontrolle wird einmal jährlich durchgeführt. Unterstützt werden die Ärzte in ihrer telemedizinischen Nachsorgetätigkeit durch speziell ausgebildete Schwestern. Die Datenabfrage erfolgt täglich (montags bis freitags) von 08:00 bis 08:30, um bei entsprechenden Alarmen vorzeitig, jeweils am gleichen Tag reagieren zu können. Zusammenfassend ist die telemedizinische Nachsorge bzw. das telemedizinische Monitoring mittlerweile Standard bei Patienten mit implantiertem Kardioverter-Defibrillator und wird bei Schrittmacherpatienten, speziell bei Patienten mit kardialer Resynchronisationstherapie, immer öfter eingesetzt. Peter Lercher 4
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