Geheimhaltungsvereinbarungen



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Transkript:

Geheimhaltungsvereinbarungen von Rechtsanwältin Katja Schubert Karsten+Schubert Rechtsanwälte Stand: 2007

Geheimhaltungsvereinbarungen 1. Einleitung... 2 2. Häufige Anwendungsfälle für eine Geheimhaltungsvereinbarung... 2 3. Zulässige und unzulässige Geheimhaltungsvereinbarungen... 3 4. Nachvertragliche Geheimhaltungspflichten... 4 5. Kundenschutzvereinbarung... 5 6. Geheimhaltungsvereinbarungen durch Schutzhüllenvertrag?... 6 www.karstenundschubert.de 1

1. Einleitung Eine Geheimhaltungsvereinbarung dient zum einen der tatsächlichen Geheimhaltung, indem sie den Vertragspartner von der Preisgabe von Know-how und Informationen durch Schadensersatzverpflichtungen und eventuelle Vertragsstrafen abschreckt. Eine Geheimhaltungsvereinbarung ist auch unter den Begriffen Non Disclosure Agreement, NDA oder Vertraulichkeitsvereinbarung oder Verschwiegenheitsverpflichtung bekannt. Eine wirksame Geheimhaltungsvereinbarung dient darüber hinaus dem Nachweis, dass das betreffende Know-how und die betreffenden Informationen vom Inhaber als Geschäftsgeheimnis behandelt worden. Ohne diesen Nachweis kann sich der Inhaber des Know-hows später nicht auf die Schutzrechtsnormen aus 17, 18 UWG berufen, wenn das Know-how vom Empfänger verwertet wird. Auch in kartellrechtlicher Hinsicht sind Geheimhaltungsvereinbarungen von essentieller Bedeutung: Das Bundeskartellamt erkennt das lizenzierte Know-how bei fehlender Geheimhaltungsverpflichtung nicht als geheimes Know-how an, mit der Folge, dass ein Know-how-Lizenzvertrag als wettbewerbsbeschränkende Lizenzvereinbarung angesehen werden kann. Diese Auffassung entspricht auch der Verordnung Nr. 772/04 der Europäischen Kommission vom 7. April 2004 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag auf Gruppen von Technologietransfer- Vereinbarungen. 2. Häufige Anwendungsfälle für eine Geheimhaltungsvereinbarung Geheimhaltungsverpflichtungen sind in sämtlichen Verträgen zu finden, bei denen es um die Übermittlung von Know-how und Informationen geht und bei denen zumindest eine Partei mit einem Geschäfts- und Betriebsgeheimnis der anderen Partei in Berührung kommt: www.karstenundschubert.de 2

Letter of Intent (=Vertrag, der die Prüfungs- und Informationssituation im Vorfeld eines Vertragsverhältnisses, etwa eine Betriebsübernahme oder eine Kooperation regelt) Arbeits- und Mitarbeiterverträge Kooperationsvertrag Lizenzverträge Technologietransfer-Verträge Franchise-Verträge Outsourcing-Verträge Beraterverträge für sensible Geschäftsbereiche 3. Zulässige und unzulässige Geheimhaltungsvereinbarungen Einerseits muss eine Geheimhaltungsvereinbarung das geheim zu haltende Knowhow weitreichend abdecken um einen lückenlosen Schutz zu gewährleisten. Andererseits legt die Rechtsprechung an die Wirksamkeit einer Geheimhaltungsvereinbarung einen hohen Maßstab an. Allzu weitreichende Geheimhaltungsverpflichtungen beschränken die Handlungs- und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Vertragspartners unangemessen stark und sind daher unwirksam. Bei Arbeitnehmern gilt, dass sie während ihres Arbeitsverhältnisses auch ohne ausdrückliche Geheimhaltungsvereinbarung zur Verschwiegenheit über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verpflichtet sind. Diese Pflicht ergibt sich als Nebenpflicht zum Arbeitsvertrag. Eine Vereinbarung, die zur Verschwiegenheit über weitere Umstände und Tatsachen verpflichtet, ist in Arbeitsverhältnissen nur dann zulässig, wenn berechtigte betriebliche Interessen die Geheimhaltung rechtfertigen. Die häufig in Geheimhaltungsvereinbarungen anzutreffende allumfassende Verschwiegenheitsverpflichtung, wonach über sämtliche während der Tätigkeit bei einem Unternehmen bekannt werdenden Geschäftsvorgänge Stillschweigen zu bewahren ist, geht auf jeden Fall zu weit und ist unwirksam. Der zur Geheimhaltung Verpflichtete wäre hierdurch faktisch daran gehindert überhaupt mit jemandem über das Unternehmen zu sprechen, einschließlich Standort der Firma, Namen der Geschäftsführer, Speiseplan der Betriebskantine, Farbe der Büroeinrichtung etc. Eine derart allumfassende Geheimhaltungsvereinbarung ist nach der Rechtsprechung unwirksam. Der Vertragswww.karstenundschubert.de 3

partner ist durch die vertragliche Vereinbarung nicht gebunden, muss aber gleichwohl die gesetzlich vorgesehen Geheimhaltungspflichten (Nebenpflichten aus Vertrag, standesrechtliche Schweigepflichten) beachten. Unwirksam können insbesondere folgende Geheimhaltungspflichten sein: umfassende Geheimhaltungspflicht für allgemeine betriebliche Interna, Geheimhaltungspflicht, die dem Vertragspartner faktisch eine Ausübung seines Berufs unmöglich macht (Verwertung von Erfahrungswissen) Geheimhaltungspflicht, die durch ein schützenswertes Interesse des Unternehmens nicht mehr gedeckt ist Geheimhaltungspflicht, die faktisch einem Wettbewerbsverbot gleichkommt und keine Karenzentschädigung vorsieht. Bei einer wirksamen Geheimhaltungsvereinbarung ist daher der Gegenstand der Geheimhaltungspflichten klar zu definieren. Darüber hinaus empfehlen sich auch Öffnungsklauseln, die eine Ausnahme von der Geheimhaltungsverpflichtung für solche Informationen vorsehen, die zum Zeitpunkt des Empfangs der Information dem Vertragspartner bereits bekannt oder allgemein zugänglich waren oder die später, ohne Verschulden des Empfängers zugänglich werden oder die unabhängig beim Empfänger entwickelt werden. 4. Nachvertragliche Geheimhaltungspflichten Der Know-how-Inhaber kann sich nicht ohne weiteres darauf verlassen, dass über die Beendigung des Vertragsverhältnisses hinaus eine Geheimhaltungspflicht besteht. Ein Arbeitnehmer ist nach dem Ausscheiden aus einem Beschäftigungsverhältnis in der Weitergabe und Verwertung der dort redlich erlangten Betriebsgeheimnisse grundsätzlich frei. Nur wenn die Weitergabe oder Verwertung von besonderen unlauteren Umständen begleitet wird, beinhaltet sie einen Verstoß gegen das Wettwww.karstenundschubert.de 4

bewerbsgesetz oder gegen die noch bestehenden Treuepflichten aus dem Vertragsverhältnis. 1 Daher sollte die vertragliche Geheimhaltungspflicht auf den nachvertraglichen Zeitraum erstreckt werden. Hierbei ist allerdings auch wieder zu beachten, dass die Geheimhaltungspflicht nicht zu weit gefasst sein darf. Sie darf nicht dazu führen, dass der ehemalige Arbeitnehmer sein beruflich erworbenes Erfahrungswissen nicht mehr nutzen kann und die Geheimhaltungsverpflichtung für ihn die Wirkung eines faktischen Wettbewerbsverbots hat. Hier bietet sich in der Vertragsgestaltung eine Öffnungsklausel an, welche eine Freistellungspflicht für den Know-how-Inhaber in Fällen der unangemessenen beruflichen oder wirtschaftlichen Behinderung des Vertragspartners durch die Verschwiegenheitsverpflichtung vorsieht. 5. Kundenschutzvereinbarung Einen guten Kunden will man nicht verlieren schon gar nicht an die eigenen Freelancer, Kooperationspartner oder Subunternehmer, die man für die Durchführung des Kundenauftrages eingeschaltet hat. Aber auch eine Kundenschutzvereinbarung ist letztlich eine Geheimhaltungsvereinbarung oder ein Wettbewerbsverbot und hat unterliegt einem strengen Zulässigkeitsmaßstab. Daher stellt sich die Frage, wie weit ein Schutz des eigenen Kundenstammes vertraglich geregelt werden kann. Was muss eine wirksame Kundenschutzvereinbarung enthalten? Besonders eng sind die rechtlichen Grenzen einer Kundenschutzvereinbarung, wenn diese in standardisierten, einseitig gestellten Formularverträgen (allgemeinen Geschäftsbedingungen) die nicht in individuell mit dem Vertragspartner ausgehandelt werden, verankert sind. In einem Formularvertrag kann nicht ausbedungen werden, dass der Vertragspartner keine Aufträge des Kunden annimmt ( passives Eindringen in den Kundenstamm ). Eine solche Klausel kann nämlich den Kunden benachteiligen, der ein Interesse daran haben kann, vertraglich nur mit dem Subunternehmer verbunden zu sein, der bisher die Leistungen unmittelbar ausgeführt hat, oder den 1 Vgl. BGH, Urteil vom 03.05.2001, Az. BGH I ZR 153/99 Spritzgießwerkzeuge. www.karstenundschubert.de 5

Kostenanteil zu sparen, den unter Umständen die Agentur oder ein Generalunternehmer vereinnahmt hat. 2 Prinzipiell möglich ist es hingegen, das aktive Abwerbens von Kunden vertraglich zu verbieten. Wenn zuvor eine Arbeitsteilung in der Weise stattgefunden hat, dass der eine Vertragsteil die Akquisition von Kunden und der andere Vertragsteil die Durchführung des Kundenauftrages geleistet hat, kann es durchaus gerechtfertigt sein, wenn sich der akquirierende Teil vor der illoyalen Ausnutzung seiner Leistungen durch den anderen Vertragsteil schützt. 3 In jedem Fall muss eine Kundenschutzvereinbarung räumlich, gegenständlich und zeitlich beschränkt werden. Aus der Kundenschutzvereinbarung muss klar und detailliert hervorgehen, welche Handlungen, in Bezug auf welche Kunden innerhalb welchen Gebietes und für welchen Zeitraum untersagt sind. Eine pauschale und uferlose Kundenschutzvereinbarung ist hingegen sittenwidrig, da sie den Vertragspartner in seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit übermäßig beschränkt und über die schützenswerten Interessen der Agentur oder des Unternehmens hinausgeht. Generell zulässig ist es allerdings, den Vertragspartner zur Verschwiegenheit über Kundenadresslisten, die als Geschäftsgeheimnis behandelt werden, zu verpflichten und ihm die Mitnahme von Gegenständen zu untersagen, auf denen die Kundenadressen verkörpert sind. Dazu zählen neben papiernen Unterlagen und Datenträgern auch das Notebook des Vertragspartners oder Mitarbeiters, auf das die Daten zuvor mit Zustimmung des Unternehmens abgespeichert worden sind. 4 6. Geheimhaltungsvereinbarungen durch Schutzhüllenvertrag? In vielen Situationen fehlt die Möglichkeit, im Vorfeld der Übergabe von Know-how eine schriftliche Geheimhaltungsvereinbarung zu treffen. Dies ist etwa bei der Präsentation von Konzepten und Entwürfen der Fall, wo der Vertragspartner erst einmal etwas sehen möchte, aber keine Verpflichtung eingehen will. 2 3 4 Vgl. BGH, Urteil vom 12.05.1998, Az. KZR 18/97 Subunternehmervertrag. Vgl. BGH, Urteil vom 12.05.1998, Az. KZR 18/97 Subunternehmervertrag. Vgl. etwa BGH, Urteil vom 27.04.2006, I ZR 126/03 Kundendatenprogramm. www.karstenundschubert.de 6

Hier stellt sich die Frage, ob man die Übergabe von Dokumenten und Datenträgern, die das Know-how und die grundlegenden Ideen verkörpern nicht mit einem sog. "Schutzhüllenvertrag" verknüpfen kann. Ursprünglich stammt der Begriff des Schutzhüllenvertrages aus der Softwarebranche. Software wird oftmals in einer Schutzverpackung vertrieben, wobei der Käufer durch einen Aufdruck auf der Schutzhülle darauf hingewiesen wird, dass das Öffnen der Verpackung seine Zustimmung zu den auf der Verpackung aufgedruckten Vertragsbedingungen beinhaltet. Ob ein solcher Schutzhüllenvertrag rechtlich wirksam ist, ist heftig umstritten. Für einen (konkludenten) Vertragsschluss kommt es nämlich darauf an, ob man dem Verhalten des anvisierten Vertragspartners einen rechtlichen Erklärungsinhalt entnehmen kann. Die Frage lautet also: Bedeutet die Öffnung eines Dokuments, auf dem geschrieben steht wer dies öffnet, erkennt meine Konditionen an ein Ja, ich erkenne die Konditionen an? Nach der Rechtsprechung kann sich aus einer bloßen Handlung nur dann eine Erklärungswirkung und rechtliche Verbindlichkeit ergeben, wenn der Handelnde nach Treu und Glauben verpflichtet wäre, einen abweichenden Willen ausdrücklich zu äußern. Einem Verbraucher, der sich im Kaufhaus eine Software kauft, wird man kaum die Verpflichtung zusprechen können, dass er sich vor dem Aufreißen der bereits gekauften Verpackung mit dem Softwarehersteller über die Nutzungs-rechte an der Software einigt. Packt er die Software aus, schließt er damit keinen Lizenzvertrag ab. Aber bei der Präsentation von Konzepten, Ideen und Entwürfen? Die Präsentationsunterlagen sind schließlich auf die Interessen des Gegenübers maßgeschneidert, es herrscht gerade nicht die Situation der Anonymität, die für den Kauf von Massenartikeln typisch sind, wo ein Adressat für die Erklärung des Nichteinverstandenseins mit den Schutzhüllenbedingungen gar nicht erreichbar ist. Bei höchstpersönlichen und exklusiven Leistungen, bei denen ein Kontaktsituation zwischen Know-how-Inhaber und Know-how-Empfänger bereits besteht, dürfte das Unternehmen nach Treu und Glauben verpflichtetet sein, einen entgegenstehenden Willen klar zum Ausdruck bringen oder auf den Empfang der Konzepte, Ideen und Entwürfe zu verzichten. www.karstenundschubert.de 7

2010 Karsten+Schubert Rechtsanwälte info@karstenundschubert.de www.karstenundschubert.de fon: +49 (0)30 69517378 fax: +49 (0)30 69517379 Schlesische Str. 26 D-10997 Berlin www.karstenundschubert.de 8