Positionsbestimmung: Wo stehen wir in puncto Demenzforschung?



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Transkript:

Positionsbestimmung: Wo stehen wir in puncto Demenzforschung? Eske Christiane Gertje, M. Sc. Universitätsklinik für Neurologie, European Medical School Oldenburg Groningen

Inhalt 1. Demenz in der Gesellschaft 2. Alzheimer-Krankheit 3. Diagnostik der Alzheimer-Krankheit in der Forschung 4. Demenz Prävention in der Forschung 5. Fazit

1. Demenz in der Gesellschaft Demenz und bekannte Persönlichkeiten Immanuel Kant Ronald Reagan Demenz mit Lewy-Körpern Alzheimer Demenz

1. Demenz in der Gesellschaft Steigende Prävalenz World Alzheimer Report, 2009

1. Demenz in der Gesellschaft Alter als Risikofaktor Barkhof, F. et al., 2011, Neuroimaging in Dementia

1. Demenz in der Gesellschaft Die Entdeckung der Alzheimer Erkrankung Alois Alzheimer 1901 Auguste Deter, 50 Jahre alt Präsenile Demenz erste pathologische Entdeckungen 51-jährige Patientin mit Wahnvorstellungen und rasch zunehmender Gedächtnisschwäche. Sie konnte sich in ihrer Wohnung nicht mehr orientieren, räumte Gegenstände um und glaubte, man wolle sie umbringen. Auguste Deter

1. Demenz in der Gesellschaft Einteilung Demenzen Alzheimer -Krankheit (AD) Risikofaktoren: >, Alter, erblich (ca. 5-6%) Beta-Amyloid und Tau Ablagerungen CT/MRT: Atrophie der Hirnrinde Gedächtnisstörungen, Sprachstörungen, Störung räumlich-visueller Leistungen, Verhaltensveränderungen Vaskuläre Demenz Risikofaktoren: chronische art. Hypertonie CT/MRT: Mikroangiopathie und Marklagerdemyelinisierung Persönlichkeitsveränderung und Gedächtnisstörung Häufig als Mischform mit der AD Frontotemporale Demenzen (FTD) MRT/CT: Frontotemporale Atrophie Frontale Störungen, weniger Gedächtnisprobleme am Anfang In Kombination mit akinetischem Parkinson-Syndrom Demenz mit Lewy-Körpern PET: Perfusionsminderung parietooccipital Frontal-exekutive Störungen In Kombination mit rigidem Parkinson- Syndrom

2. Die Alzheimer-Krankheit Neurodegenerative Erkrankung ca. 65% aller Demenzerkrankungen Risikofaktoren: >, Alter, erblich (ca. 5-6%) Klinische Symptome: Gedächtnisstörungen (Kurzzeitgedächtnis) Sprachstörungen (Wortfindungsstörungen, verminderte Spontansprache) Gestörte Exekutivfunktionen (Planen von Handlungsabläufen, Verlust von automatisierten Handlungsabläufen) Störung räumlich-visueller Leistungen (Orientierungsverlust) Agnostische Störungen (Wiedererkennen von bekannten Personen und Objekten) Verhaltensveränderungen (soz. Rückzug, Misstrauen, aggressives Verhalten) Affektive Störungen Kognitive/ neuropsychologische Testung

3. Diagnostik der Alzheimer-Krankheit in der Forschung Asymptomatisch Subjektive kognitive Milde kognitive Alzheimer Demenz Einschränkung (SCI) Einschränkung (MCI) --------------- --------------- Prodromale Phase --------------------------- ------ Diagnose: Autopsie Entwicklung diagnostischer Methoden (Biomarkern): Bildgebende Verfahren Liquor/Serum Diagnostik

3. Diagnostik der Alzheimer-Krankheit in der Forschung Amyloid Hypothese Atrophie anatomisch kleiner Gebiete im Medialen Temporallappen: Hippocampus Enterorhinale Rinde Perirhinale Rinde

3. Diagnostik der Alzheimer-Krankheit in der Forschung Liquor Diagnostik Andere Erkrankungen ausschließen Diagnose Alzheimer-Krankheit unterstützen Neurodegenerationsmarker: beta-amyloid-1-42 Tau-Protein

3. Diagnostik der Alzheimer-Krankheit in der Forschung Prozesse auf Zellebene Intrazelluläre Fibrillen und extrazelluläre Plaques Nordberg, A., 2015, Nature Reviews Neurology

3. Diagnostik der Alzheimer-Krankheit in der Forschung Bildgebung: PET Scan. Glucose Metabolismus Amyloid Plaques Cohen et al., 2014, Neurobiology of disease

3. Diagnostik der Alzheimer-Krankheit in der Forschung Volumenminderung Leben mit Alzheimer Der lange Weg zur Diagnose, Focus 9/2015

3. Diagnostik der Alzheimer-Krankheit in der Forschung Atrophie der Hippocampi Sakretz M et al., 2014, DNP

3. Demenzdiagnostik in der Forschung Automatische Segmentation im Strukturellen MRT Automatische Segmentation kleiner Strukturen im medialen Temporallappen: Hippocampus Enterorhinale Rinde Perirhinale Rinde Yushkevich P., Pluta J. et al., 2015, Neuroimage

3. Diagnostik der Alzheimer-Krankheit in der Forschung Pathologisches Kaskadenmodell der AD Biomarker Jack et al., 2013, Lancet

4. Demenz Prävention in der Forschung FINGER Study (Finnish Geriatric Intervention Study to Prevent Cognitive Impairment and Disability) Lancet June 2015 Risikofaktoren für AD: geringe Bildung, Bluthochdruck im mittleren Alter, Übergewicht, Diabetes Mellitus, Bewegungsmangel, Rauchen, Depressionen Interventionsgruppe verglichen mit Kontrollgruppe Bewegung, Ernährung, Kognitives Training, Kardiovaskuläres Monitoring (2 Jahre lang) Positiver Effekt der Intervention auf kognitive Funktionen!

Zusammenfassung Alzheimer Demenz häufigste Demenzform Stark ansteigende Prävalenz weltweit Kombination der Biomarker bei Früherkennung: molekulare und bildgebenden Marker Erfolgversprechende Medikamente sind in der Erprobung

Er wurde alt Er wurde alt und vergaß was ist Er wurde alt und wusste nur noch was früher gewesen Er wurde alt und vergaß was früher gewesen Er wurde alt und vergaß vorgestern sich selbst Er wurde jung jetzt da er auch das vergessen vergaß Text Kurt Marti; Bild Hermann van Hogdalem. Gezichten van Dementie. WBOOKS, Zwolle; 2012.

Referenzen Cohen AD, Klunk WE. Early detection of Alzheimer's disease using PiB and FDG PET. Neurobiology of disease. 2014;72 Pt A:117-22. Ngandu T, Lehtisalo J, Solomon A, Levalahti E, Ahtiluoto S, Antikainen R, et al. A 2 year multidomain intervention of diet, exercise, cognitive training, and vascular risk monitoring versus control to prevent cognitive decline in at-risk elderly people (FINGER): a randomised controlled trial. Lancet. 2015;385(9984):2255-63. Hacke W. Neurologie. Springer 2010. Jack CR, Jr., Knopman DS, Jagust WJ, Petersen RC, Weiner MW, Aisen PS, et al. Tracking pathophysiological processes in Alzheimer's disease: an updated hypothetical model of dynamic biomarkers. The Lancet Neurology. 2013;12(2):207-16. Nordberg A. Dementia in 2014. Towards early diagnosis in Alzheimer disease. Nature reviews Neurology. 2015;11(2):69-70. Sakretz M, et al. Welche bildgebenden Verfahren sind in der Demenzdiagnostik sinnvoll? DNP. October 2014, Volume 15, Issue 10, pp 38-492014. World Alzheimer Report, 2009 Yushkevich PA, Pluta JB, Wang H, Xie L, Ding SL, Gertje EC, et al. Automated volumetry and regional thickness analysis of hippocampal subfields and medial temporal cortical structures in mild cognitive impairment. Human brain mapping. 2015;36(1):258-87.