aktuelle stellungnahme 7/11 vom 14. November 2011

Ähnliche Dokumente
Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Was meinen die Leute eigentlich mit: Grexit?

Persönliche Zukunftsplanung mit Menschen, denen nicht zugetraut wird, dass sie für sich selbst sprechen können Von Susanne Göbel und Josef Ströbl

Sehr geehrter Herr Präsident [Prof. Dr. Dr. h.c. Greipl], meine sehr geehrten Damen und Herren!

infach Geld FBV Ihr Weg zum finanzellen Erfolg Florian Mock

SICHERN DER FAVORITEN

Die Gesellschaftsformen

Was ist Sozial-Raum-Orientierung?

BUCHHALTUNG BUCHFÜHRUNG WO IST ER EIGENTLICH? - DER UNTERSCHIED?

Wichtig ist die Originalsatzung. Nur was in der Originalsatzung steht, gilt. Denn nur die Originalsatzung wurde vom Gericht geprüft.

RECHT AKTUELL. GKS-Rechtsanwalt Florian Hupperts informiert über aktuelle Probleme aus dem Beamten- und Disziplinarrecht

Alle gehören dazu. Vorwort

Außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung. Stellungnahme zu den Fristen bzw. Fristverkürzung im Beteiligungsverfahren. Jürgen Jendral (HMAV)

Lösung Fall 8 Anspruch des L auf Lieferung von Panini á 2,-

Elternzeit Was ist das?

Rechtliche Informationen zu Hochwild-Hegegemeinschaften. von LJV-Justiziar Rechtsanwalt Klaus Nieding

Mehr Geld verdienen! Lesen Sie... Peter von Karst. Ihre Leseprobe. der schlüssel zum leben. So gehen Sie konkret vor!

1. Einführung. 2. Weitere Konten anlegen

Was ich als Bürgermeister für Lübbecke tun möchte

Catherina Lange, Heimbeiräte und Werkstatträte-Tagung, November

«Eine Person ist funktional gesund, wenn sie möglichst kompetent mit einem möglichst gesunden Körper an möglichst normalisierten Lebensbereichen

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Die neue Aufgabe von der Monitoring-Stelle. Das ist die Monitoring-Stelle:

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

Anleitung zur Daten zur Datensicherung und Datenrücksicherung. Datensicherung

Landtag Brandenburg Drucksache 5/ Wahlperiode

Lösungsstichworte zu den Handelsregister-Fällen. Zu Fall 1: Anspruch des K gegen V auf Lieferung des Safts ( 433 I BGB)

Telearbeit - Geltungsbereich des BetrVG

Qualitätsbedingungen schulischer Inklusion für Kinder und Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung

Wie oft soll ich essen?

In diesem Tutorial lernen Sie, wie Sie einen Termin erfassen und verschiedene Einstellungen zu einem Termin vornehmen können.

Herrn Dr. Theodor Windhorst Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe Gartenstraße Münster

1. Die Vereinigungsfreiheit ist gesetzlich anerkannt und zwar in Kapitel 2, Artikel 2 und 20 der Verfassung von 1974.

Deine Meinung ist wichtig. Informationen für Kinder und Jugendliche zur Anhörung

geben. Die Wahrscheinlichkeit von 100% ist hier demnach nur der Gehen wir einmal davon aus, dass die von uns angenommenen

Inhalt. Basiswissen Gesellschaftsrecht. I. Grundlagen 7

Leichte-Sprache-Bilder

Nicht über uns ohne uns

Charakteristikum des Gutachtenstils: Es wird mit einer Frage begonnen, sodann werden die Voraussetzungen Schritt für Schritt aufgezeigt und erörtert.

! " # $ " % & Nicki Wruck worldwidewruck

BERECHNUNG DER FRIST ZUR STELLUNGNAHME DES BETRIEBSRATES BEI KÜNDIGUNG

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Die Notare. Reform des Zugewinnausgleichsrechts

I. Vereinbarungen zwischen Geschäftsführer und GmbH: Wer vertritt wen und wie?

Bitte beantworten Sie die nachfolgenden Verständnisfragen. Was bedeutet Mediation für Sie?

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 17/ Wahlperiode

Ein Spiel für 2-3 goldhungrige Spieler ab 8 Jahren.

Qualität und Verlässlichkeit Das verstehen die Deutschen unter Geschäftsmoral!

Fotostammtisch-Schaumburg

Ziel- und Qualitätsorientierung. Fortbildung für die Begutachtung in Verbindung mit dem Gesamtplanverfahren nach 58 SGB XII

Die Post hat eine Umfrage gemacht

Aufhebung von Verwaltungsakten. 1. Überblick. Auf welche Weise kann ein Verwaltungsakt (VA) aufgehoben werden? auf drei Arten:

Wichtige Forderungen für ein Bundes-Teilhabe-Gesetz

Geld Verdienen im Internet leicht gemacht

DNotI. Fax - Abfrage. GrEStG 1 Abs. 3 Anteilsvereinigung bei Treuhandverhältnissen. I. Sachverhalt:

Risikomanagement Gesetzlicher Rahmen SAQ Sektion Zürich: Risikomanagement ein Erfolgsfaktor. Risikomanagement

Niedersächsisches Kultusministerium. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur inklusiven Schule. - Leichte Sprache - Niedersachsen

Fachanwältin für Familienrecht. Mietverhältnis

Privatrecht I. Jur. Assessorin Christine Meier. Übung Privatrecht I

Kurzanleitung für eine erfüllte Partnerschaft

Keine Grundlage für erweiterte Speicherung von Handy- und Internetdaten

Befragung zum Migrationshintergrund

40-Tage-Wunder- Kurs. Umarme, was Du nicht ändern kannst.

Kostenstellen verwalten. Tipps & Tricks

Meet the Germans. Lerntipp zur Schulung der Fertigkeit des Sprechens. Lerntipp und Redemittel zur Präsentation oder einen Vortrag halten

ACHTUNG: Voraussetzungen für die Nutzung der Funktion s-exposé sind:

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Richtlinie für Zuwendungen/Geschenke von Dritten

NKR in Schleswig-Holstein Was hat sich geändert und was kommt noch?

Ist Fernsehen schädlich für die eigene Meinung oder fördert es unabhängig zu denken?

1.1 Bitte geben Sie an, wie wichtig Ihnen die im Folgenden genannten Merkmale unabhängig von Ihrem Arbeitsplatz sind!

Im Folgenden werden einige typische Fallkonstellationen beschrieben, in denen das Gesetz den Betroffenen in der GKV hilft:

Diese Ansicht erhalten Sie nach der erfolgreichen Anmeldung bei Wordpress.

Ein Betriebsrat. In jedem Fall eine gute Wahl.

BESCHLUSSEMPFEHLUNG UND BERICHT

Das Leitbild vom Verein WIR

a) Bis zu welchem Datum müssen sie spätestens ihre jetzigen Wohnungen gekündigt haben, wenn sie selber keine Nachmieter suchen wollen?

Datensicherung. Beschreibung der Datensicherung

V ist reicher Erbe und verwaltet das von seinem Vater geerbte Vermögen. Immobilien oder GmbH-Anteile gehören nicht hierzu.

Inhalt. Einführung in das Gesellschaftsrecht

Hinweise in Leichter Sprache zum Vertrag über das Betreute Wohnen

Verwaltungsgebührensatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Nieplitz. 1 Gebührenpflichtige Amtshandlungen und sonstige Tätigkeiten

Sicher auf Erfolgskurs. Mit Ihrem Treuhand-Betriebsvergleich

Dow Jones am im 1-min Chat

Verjährungsfalle Gewährleistungsbürgschaft. -Unterschiedliche Verjährungsfristen für Mängelansprüche und Ansprüche aus der Gewährleistungsbürgschaft

ZfP-Sonderpreis der DGZfP beim Regionalwettbewerb Jugend forscht BREMERHAVEN. Der Zauberwürfel-Roboter. Paul Giese. Schule: Wilhelm-Raabe-Schule

Gemeinsame Erklärung zur inter-kulturellen Öffnung und zur kultur-sensiblen Arbeit für und mit Menschen mit Behinderung und Migrations-Hintergrund.

2.1 Erstellung einer Gutschrift über den vollen Rechnungsbetrag

Informationen zum Ambulant Betreuten Wohnen in leichter Sprache

Das große ElterngeldPlus 1x1. Alles über das ElterngeldPlus. Wer kann ElterngeldPlus beantragen? ElterngeldPlus verstehen ein paar einleitende Fakten

Gesprächsführung für Sicherheitsbeauftragte Gesetzliche Unfallversicherung

Die richtige Rechtsform im Handwerk

Favoriten sichern. Sichern der eigenen Favoriten aus dem Webbrowser. zur Verfügung gestellt durch: ZID Dezentrale Systeme.

Es gilt das gesprochene Wort. Anrede

Datenschutz im Unternehmen. Was ist Datenschutz, und weshalb betrifft er unser Unternehmen?

Achten Sie auf Spaß: es handelt sich dabei um wissenschaftliche Daten

Weltweite Wanderschaft

Abschrift. Zur Optionspflicht, welche für Sie am eingetreten ist, weisen wir Sie auf folgendes hin:

Wir machen neue Politik für Baden-Württemberg

Transkript:

aktuelle stellungnahme 7/11 vom 14. November 2011 Aktuelle Entwicklungen des IHK-Kooperationsrechts ( 10 IHKG) 1. Einführung Die IHKs nehmen seit jeher Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung wahr darunter zahlreiche hoheitliche Aufgaben, wie zum Beispiel die Abnahme von Prüfungen und die Bestellung von Sachverständigen. Diese Aufgaben haben in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. Dabei haben sich zwei Probleme gezeigt: Einmal ist es besonders für kleine IHKs manchmal schwer, Personal mit ausreichenden Spezialkenntnissen vor zu halten und den wechselnden Arbeitsanfall abzufedern. Und zum zweiten wird heute von den IHKs selbstverständlich erwartet, dass Bundesgesetze bundeseinheitlich ausgeführt werden. Teilweise ist den IHKs auch die Führung von Registern übertragen worden, die für das gesamte Bundesgebiet relevant sind. Es gab und gibt daher schon Spezialregelungen wie etwa im Umweltauditgesetz, im Berufsbildungsgesetz und in der Bewachungsverordnung, die den IHKs für bestimmte gesetzlich definierte Aufgaben die gegenseitige Aufgabenübertragung ermöglichen. 2. Die Kooperationsklausel: 1 Abs. 4a IHKG Im IHKG-Änderungsgesetz 1998 wurde dann in 1 Abs. 4a IHKG eine generelle Regelung eingeführt, und zwar betreffend die Übertragung von einzelnen Aufgaben auf eine andere IHK und die Übertragung von einzelnen Aufgaben auf zu diesem Zweck gebildete öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse die ich im Folgenden kurz ÖRZ nennen werde. Es zeigte sich allerdings sehr bald, dass der neue 1 Abs. 4a IHKG Defizite hatte: Von Dr. Jürgen Möllering Einige Kammern wollten die Möglichkeit der Aufgabenübertragung gern auch für gesamte Aufgabenblöcke beispielsweise die Aufgaben der Rechtsabteilung nutzen. Das ging aber nicht, da ja nur einzelne Aufgaben übertragen werden konnten. Auch taugte 1 Abs. 4a nicht als Rechtsgrundlage für die Kooperation mit IHKs aus anderen Bundesländern oder für eine Kooperation mit anderen Kammerorganisationen. Und schließlich enthielt 1 Abs. 4a keine Regelung betreffend die Rechtsnatur und die Organisation des ÖRZ. In der Praxis gab es daher kaum Fälle, in denen von den Möglichkeiten des 1 Abs. 4a Gebrauch gemacht wurde. 3. Die Nachbesserung: 10, 11 IHKG Eine Nachbesserung war dringend notwendig, die dann im Dezember 2008 durch das 4. VwVfÄndG erfolgte. An die Stelle des 1 Abs. 4a traten 10 und 11 Abs. 2a und 2b IHKG: sie erweiterten den Kreis der Kooperationspartner und Aufgaben, sie regelten die Organisation des ÖRZ, insbesondere durch Verweis auf die relevanten Vorschriften für die IHKs, und sie führten eine umfassende staatliche Aufsicht ein. Die Erweiterung des Kreises der Kooperationspartner erfolgte indes nur teilweise: Ermöglicht wurde die Kooperation zwischen IHKs in verschiedenen Bundesländern. Die IHKs können jetzt sogar Ländergrenzen überschreitend einen ÖRZ gründen. Für die Kooperation mit anderen Kammerorganisationen (etwa den Handwerkskammern) geben allerdings auch die neuen Vorschriften keine ausreichende gesetzliche Grundlage her. Betreffend die kooperationsgeeigneten Aufgaben sollte eine Erweiterung dadurch erreicht Institut für Kammerrecht e.v. Universitätsplatz 10a, 06099 Halle Fon: ++49 345 5523223 Fax: ++49 345 5527293 Web: www.kammerrecht.de - mail: kammerrecht@jura.uni-halle.de

aktuelle stellungnahme 7/11 Seite: 2 werden, dass es jetzt nicht mehr einzelne Aufgaben, sondern nur noch Aufgaben heißt. Allerdings ist die praktische Bedeutung dieser Änderung gering. Das kooperationsgeeignete Aufgabenspektrum umfasst zwar grundsätzlich sämtliche IHK-Aufgaben, aber es gibt auch weiterhin Aufgaben, die nicht oder nur eingeschränkt delegiert werden können. So bleibt etwa eine Delegation von so genannten Existenzaufgaben auf eine andere IHK oder einen ÖRZ notwendigerweise ausgeschlossen. Das steht zwar nirgendwo, ist aber selbstverständlich. Keine IHK kann beispielsweise für eine andere IHK Vollversammlungswahlen durchführen oder die Wirtschaftssatzung verabschieden. Auch ein ÖRZ kann das nicht. Auch die Delegation der Interessenvertretung stößt schnell an rechtliche Grenzen. Die IHKs können sich zwar zur überregionalen Vertretung des von ihnen ermittelten Gesamtinteresses ihrer jeweiligen Mitgliedsunternehmen einer gemeinsamen Institution bedienen aber sie selbst bleiben dabei weiter in der Pflicht. Eine überwälzende Übertragung der Vertretung des Gesamtinteresses ist nicht möglich. Und schließlich bietet auch der neue 10 IHKG noch keine Rechtsgrundlage für die Übertragung von ganzen Bereichen. Ich widerspreche hier jetzt meiner eigenen Kommentierung aber aus gutem Grund: Es gibt bei den IHKs keine einheitliche Definition von Bereichen oder Abteilungen. In der einen IHK wird beispielsweise die Aufgabe der Erteilung der Erlaubnis für Versicherungsvermittler in der Abteilung Recht und Fair Play und in einer anderen im Bereich Dienstleistungsgewerbe wahrgenommen. Eine Übertragung der Aufgaben von Bereichen oder Abteilungen würde daher zu einem grotesken Kompetenzwirrwarr führen. Es bleibt also dabei: Die zu übertragenden Aufgaben müssen im Einzelnen genau definiert sein. 4. Die Rechtsnatur der ÖRZ Nicht abschließend geklärt ist ferner die Frage der Rechtsnatur des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses. Eine ausdrückliche Regelung im IHKG gibt es auch nach dem 4. VwVfÄndG nicht. Theoretisch sind für den ÖRZ zwei Varianten denkbar: einmal die (nicht rechtsfähige) Arbeitsgemeinschaft und zum zweiten die (rechtsfähige oder wenigstens teilrechtsfähige) Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die zuerst genannte Variante ist unproblematisch. Sie reicht aber für die Delegation hoheitlicher Aufgaben nicht aus. Denn dabei wird die Zuständigkeit für eine bestimmte Aufgabe voll von einer IHK auf eine andere oder eben auf den ÖRZ übertragen. Das ist nur möglich, wenn die empfangende Institution eine eigene Rechtsperson ist. Es ist auch im Interesse klarer Kompetenzen unverzichtbar. Die Frage ist also: Kann der ÖRZ als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet werden? Ich meine: ja! Dagegen spricht zwar der bereits erwähnte Mangel einer ausdrücklichen Regelung. Für die Errichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bedarf es eines staatlichen Hoheitsaktes. In den allermeisten Fällen legt der Gesetzgeber im Gesetz fest, wenn eine bestimmte Institution eine Körperschaft sein soll so beispielsweise auch in 3 Abs. 1 IHKG für die Industrie- und Handelskammern. Die Errichtung der einzelnen Kammer erfolgt dann durch nachgeordnetes Landesgesetz, Rechtsverordnung oder Verwaltungsakt. Gegen den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts spricht insbesondere, dass 10 Abs. 4 IHKG zwar auf alle möglichen Vorschriften des IHKG verweist, aber dabei den eben genannten 3 Abs. 1 IHKG gerade nicht erwähnt. Aber es gibt auch gewichtige Argumente für die Körperschaft des öffentlichen Rechts: Der ÖRZ erfüllt alle Merkmale einer Körperschaft des öffentlichen Rechts: Er hat die Struktur einer Korporation. Er wird auf Grund eines Gesetzes errichtet, das zwar nicht den Status erwähnt, aber detailliert den Gründungsakt und die staatliche Mitwirkung daran regelt. Letztere erfolgt hier durch aufsichtsbehördliche Genehmigung. Die amtliche Verkündung des Gründungsaktes ist ebenfalls vorgeschrieben. Auch der Vergleich mit dem kommunalen Zweckverband spricht dafür, dass der ÖRZ als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet werden kann. Von seinem Wesen her ist der ÖRZ ja ein Zweckverband des Kammerrechts und in einer früheren Regelung im preußischen IHKG wurde er auch als Zweckverband bezeichnet. Kommunale Zweckverbände sind von der Rechtsprechung selbst dann als Körperschaft des öffentlichen Rechts angesehen worden, wenn in dem zugrunde liegenden Gesetz eine ausdrückliche Regelung des Rechtsstatus fehlte. Nach dem Sächsischen OVG Bautzen soll schon der Begriff Zweckverband als eine der klassischen Formen der kommunalen Zusammenarbeit diesen Status signalisieren.

aktuelle stellungnahme 7/11 Seite: 3 Nun wäre es sicher gewagt, allein aus diesen Überlegungen den Rechtsstatus Körperschaft des öffentlichen Rechts abzuleiten. Aber es gibt auch noch weitere Argumente: So heißt es etwa in der Begründung zu dem einschlägigen Art. 7 Nr. 4 des Entwurfs eines 4. VwVfÄndG wörtlich: Soweit die Satzung dies vorsieht, ist der öffentlich-rechtliche Zusammenschluss rechtsfähig und kann Dienstherrenfähigkeit besitzen. Das ist in dem konkreten rechtlichen Umfeld aber nur möglich, wenn er als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet wird. Das entscheidende Argument dürfte im Sinn und Zweck der Vorschrift liegen: Schon 1 Abs. 4a IHKG wurde vornehmlich zu dem Zweck eingeführt, den IHKs die überwälzende Übertragung von hoheitlichen Aufgaben gegenseitig oder auf gemeinsame Institutionen zu ermöglichen. Bei gemeinsamen Institutionen geht das aber nur, wenn diese über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügen. Daran hat auch die Überführung in den 10 IHKG durch das 4. VwVfÄndG nichts geändert. Geht man also davon aus, dass der ÖRZ auch als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet werden kann, so stellt sich allerdings weiter die Frage, ob die Wahl dieser Rechtsform nun völlig in das Belieben der IHKs gestellt ist. M. E. ist das nicht der Fall. Dafür spricht schon, dass letztlich das ausschlaggebende Argument für die Körperschaft des öffentlichen Rechts die Übertragungsmöglichkeit für hoheitliche Aufgaben war. Für andere IHK- Aufgaben braucht man in aller Regel keinen rechtsfähigen ÖRZ. Auch in der Literatur zum kommunalen Zweckverband werden der Gründung rechtsfähiger Körperschaften Grenzen gesetzt so etwa von Oebbecke unter Bezugnahme auf das Übermaßverbot. Danach sind unter anderem die Erforderlichkeit zu prüfen und die Vor- und Nachteile der Errichtung einer neuen juristischen Person gegeneinander abzuwägen. Hierbei fällt ins Gewicht, dass die Verlagerung von Aufgaben auf eine Meta- Ebene nicht nur ein Eingriff in die Zuständigkeitsordnung ist beim grenzüberschreitenden ÖRZ auch in die föderale Zuständigkeitsordnung. Es besteht zudem stets die Gefahr einer Verdünnung der Partizipation der Betroffenen und damit der Legitimation des kameralen Handelns. Dazu werde ich gleich noch kommen. Hier kann ich aber schon sagen, dass ich eine ausdrückliche Regelung der Rechtsstatusfrage im Text des IHKG sehr begrüßen würde. Angesichts der ganz erheblichen Konsequenzen für Mitarbeiter, Sachinvestitionen und besonders natürlich für die von dem ÖRZ erlassenen Verwaltungsakte sollte ein Höchstmaß an Rechtssicherheit herrschen. 5. Das Verfahren zur Errichtung eines ÖRZes Im Gesetz sehr ausführlich geregelt ist demgegenüber schon heute die Errichtung und die Organisation des ÖRZ: Zur Errichtung sind erforderlich: die Erarbeitung der ÖRZ-Satzung und Verabschiedung durch die Vollversammlungen aller beteiligten IHKs; die Genehmigung durch die Aufsichtsbehörden aller beteiligten IHKs; eine Bekanntmachung in den Verkündungsblättern aller beteiligten IHKs. Die Organisationsstruktur des ÖRZ ist weitgehend durch den Verweis in 10 Abs. 4 IHKG vorgegeben. Die Regelungen für IHKs insbesondere betreffend die Finanzierung, die Gremien und deren Zuständigkeiten gelten entsprechend. So kann die Vollversammlung des ÖRZ etwa die Beiträge der Mitgliedskammern und die Gebühren für die Inanspruchnahme seiner Leistungen festlegen. 6. Anforderungen an die demokratische Legitimation des ÖRZ Ein Problem hat sich allerdings in der jüngsten Zeit bei der Frage der Beteiligung des Ehrenamts aufgetan. Muss die Vollversammlung des ÖRZ wie bei der IHK aus aktiven Unternehmern bestehen? Reicht eine anders konstruierte Beteiligung oder kann man ganz auf die Unternehmer verzichten? Das IHKG enthält keine ausdrückliche Regelung. Auch die Verweisung in 10 Abs. 4 IHKG lässt die Besetzung der ÖRZ-Gremien offen. Auf 5 IHKG, der die Qualität der potentiellen Vollversammlungsmitglieder nämlich aktive Unternehmer bestimmt, wird nicht verwiesen. Wenn man die Vollversammlung als Versammlung der Mitglieder begreift, dann müssen dort alle beteiligten IHKs vertreten sein. Die Vertretung richtet sich dabei nach 7 Abs. 2 IHKG, der gemeinsame Vertretung durch den Präsidenten und den Hauptgeschäftsführer der jeweiligen IHK nach näherer Bestimmung von deren Satzung vorsieht. In den IHK-Satzungen ist in aller Regel festgelegt, dass für bestimmte Geschäfte auch eine gegenseitige Bevollmächtigung möglich ist und dass bei Aufgaben der laufenden Verwaltung die Vertretungsbefugnis ausschließlich beim Hauptgeschäftsführer oder von ihm bestimm-

aktuelle stellungnahme 7/11 Seite: 4 ten Mitarbeitern liegt. Konkret könnte das bedeuten, dass die Vollversammlung eines ÖRZ nur aus Hauptgeschäftsführern oder deren hauptamtlichen Delegierten bestehen könnte. Keine Erkenntnisse können aus den gesetzlichen Regelungen zu den kommunalen Zweckverbänden gezogen werden. Diese lassen sehr vielfältige Gestaltungen zu. Kommunale Selbstverwaltung ist aber eine politische Selbstverwaltung und keine funktionale Selbstverwaltung, die von der Partizipation der Betroffenen lebt. Hier, bei der Partizipation der Betroffenen, liegt die eigentliche Legitimation der IHKs und der Pflichtzugehörigkeit zu den IHKs. Die Partizipation der Betroffenen gleicht zudem das Defizit aus, das ansonsten in Bezug auf die organisatorisch-personelle demokratische Legitimation des Handelns der Kammern wie auch anderer funktionaler Selbstverwaltungskörperschaften bestehen würde. Die besondere Bedeutung der Mitwirkung der Betroffenen im Rahmen der funktionalen Selbstverwaltung wird in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Dezember 2002 gewürdigt. Dort heißt es: Die funktionale Selbstverwaltung ergänzt und verstärkt das demokratische Prinzip. Der Gesetzgeber darf ein wirksames Mitspracherecht der Betroffenen schaffen und verwaltungsexternen Sachverstand aktivieren, einen sachgerechten Interessenausgleich erleichtern und so dazu beitragen, dass die von ihm beschlossenen Zwecke und Ziele effektiver erreicht werden. Diese Entscheidung betrifft zwar nicht die Kammern, sondern einen Wasserverband. Aber auch der IHK-Beschluss der 2. Kammer des ersten Senats vom 7. Dezember 2001 erwähnt als eine der beiden tragenden Säulen der kammerrechtlichen Konstruktion die größere Sachnähe der Entscheidungen auf dem Gebiet der Wirtschaftsverwaltung, die durch die Mitwirkung der Betroffenen erzielt wird. Weiterhin führt das Bundesverfassungsgericht aus: Die Pflichtmitgliedschaft hat überdies eine freiheitssichernde und legitimatorische Funktion, weil sie auch dort, wo das Allgemeininteresse einen gesetzlichen Zwang verlangt, die unmittelbare Staatsverwaltung vermeidet und stattdessen auf die Mitwirkung der Betroffenen setzt. Ich meine daher, dass es schon im Interesse der Kammern liegen sollte, bei Verlagerung von Aufgaben auf eine Meta-Ebene eine angemessene Beteiligung der Unternehmer sicherzustellen. Der Umstand, dass ihre Vollversammlungen an der Entscheidung über die Verlagerung mitwirken, reicht meines Erachtens nicht aus. Die bei kommunalen Zweckverbänden nicht unübliche imperative Mandatierung der in die Verbandsversammlungen entsandten Personen würde zwar auf den ÖRZ übertragen die Legitimität von rein organisatorischen Entscheidungen beispielsweise über Beiträge und Gebühren verbessern. Dass dadurch der Sachverstand der Unternehmer in die Durchführung der hoheitlichen Aufgabe eingebracht werden könnte, erscheint mir jedoch zweifelhaft. Letztendlich wäre es wohl wünschenswert, wenn der Gesetzgeber selbst diese außerordentlich wichtige Thematik explizit regeln würde. 7. Sonstige Fragen der Organisation Ansonsten gibt es eigentlich keine schwerwiegenden Probleme bei der Organisation eines ÖRZ. Wird ein ÖRZ zum Zwecke der gemeinsamen Wahrnehmung einer bestimmten hoheitlichen Aufgabe errichtet, so geht diese Aufgabe mit der Bekanntmachung der Satzung auf den ÖRZ über. Die beteiligten IHK sind dann nicht mehr selbst zuständig. Weitere Aufgaben auch nicht hoheitliche können auch später noch übertragen werden. Ein späterer Beitritt weiterer IHKs und eine Aufgabenübertragung ohne Erwerb der Mitgliedschaft sind ebenfalls möglich. Voraussetzung ist allerdings stets ein zustimmender Beschluss der Vollversammlung des ÖRZ und die Genehmigung seitens der für den ÖRZ und die beitretende bzw. übertragende IHK zuständigen Aufsichtsbehörde. Die IHKs, die sich an einem ÖRZ beteiligen oder diesem eine Aufgabe übertragen wollen, sollten sich allerdings darüber im Klaren sein, dass es keine Möglichkeit zur einseitigen Kündigung gibt. Das ist wie bei der Ehe: Durch die Mitwirkung des Staates bei der Errichtung eines ÖRZ bzw. der Übertragung von Aufgaben auf diesen ist der die Beziehung der reinen Willenssphäre der Beteiligten entzogen. Anerkannt wird aber die Möglichkeit eines Austritts aus wichtigem Grund, wobei das Interesse der austrittswilligen IHK an der Beendigung der Beziehung gegenüber dem Interesse des ÖRZ am Bestand gegeneinander abzuwägen sind. Das macht auch Sinn, denn die Übertragung einer hoheitlichen Aufgabe hat nicht nur Auswirkungen auf die beteiligten IHKs, sondern auch auf die von der Aufgabe betroffenen Personen. Daneben ist zu berücksichtigen, dass vom ÖRZ in aller Regel erhebliche personelle und sächliche Kapazitäten vorgehalten werden müssen. Vor diesem Hin-

aktuelle stellungnahme 7/11 Seite: 5 tergrund empfiehlt es sich auf jeden Fall, die Frage des Austritts und der Auseinandersetzung sorgfältig in der ÖRZ-Satzung zu regeln. Eine weitere Konsequenz der öffentlichrechtlichen Konstruktion des ÖRZ ist die Beteiligung der Aufsichtsbehörden bei allen Veränderungen der Satzung, des Mitgliederbestands und des Aufgabenspektrums und zwar nicht nur der für den ÖRZ zuständigen Behörde, sondern auch derjenigen Behörde, welche die Aufsicht über die beitretende oder austretende IHK führt. Und natürlich gibt es auch eine laufende Aufsicht über den ÖRZ. Es mag also durchaus sein, dass der ÖRZ eine Verschlankung der IHK-Organisation bewirken kann allerdings ist er selbst in eine Menge Red Tape eingewickelt. 8. Ergebisse Als Ergebnis lässt sich festhalten: Die Regelungen des 1 Abs. 4a und (nachfolgend) 10, 11 IHKG haben die Kooperationsmöglichkeiten der IHKs insbesondere bei hoheitlichen Aufgaben verbessert. Der Gesetzgeber sollte den Status des ÖRZ als Körperschaft des öffentlichen Rechts ausdrücklich im IHKG regeln. Ein Verweis auf 3 Abs. 1 reicht aus. Ich würde es auch sehr begrüßen, wenn der Gesetzgeber sich der Frage der Beteiligung des Ehrenamtes annehmen würde. Das ist ein so essentielles Thema für die Kammern, dass man dieses nicht nur dem Satzungsrecht überlassen sollte.