Neuroblastome sind sehr heterogene embryonale Tumoren des sympathischen



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Transkript:

Zusammenfassung Neuroblastome sind sehr heterogene embryonale Tumoren des sympathischen Nervensystems. Der klinische Verlauf dieser Krebserkrankung reicht von fatalem Progress zu spontaner Regression oder Differenzierung in benigne Ganglioneurome und Ganglioneuroblastome. Während klinische Faktoren, wie das Alter der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose und das Stadium der Krankheit, sowie genetische Aberrationen, wie eine Amplifikation des Protoonkogens MYCN oder ein Verlust des Chromsomenarms 11q, bestimmten Phänotypen des Neuroblastoms zugeschrieben werden, verbleiben die molekulare Pathogenese und die der Krankheit zugrundeliegenden genetische Ereignisse weitgehend enigmatisch. In dieser Arbeit validierten wir zuerst somatische Mutationen in bona fide Krebsgenen, welche mittels Hochdurchsatz-Technologien in Hochrisiko-Neuroblastomen identifiziert wurden und bestimmten deren Häufigkeit in einer größeren Kohorte von MYCNamplifizierten Neuroblastomen. Wir identifizierten in 10 von 13 MYCN-amplifizierten Neuroblastomen sogenannte Driver Mutationen in verschiedenen Krebs-assoziierten Genen, inkl. ALK, RAS und TP53. Wir bestimmten die Frequenz solcher aktivierenden Mutationen in einer weiteren Kohorte von primären MYCN-amplifizierten Neuroblastomen und fanden entsprechende Prävalenzen für ALK: 18.9% (14/74), RAS: 4.0% (3/74) und TP53: 4.1% (3/73). Das Auftreten von Mutationen in diesen Genen in MYCN-amplifizierten Neuroblastompatienten korreliert signifikant mit einem früh-progressiven und fatalen Krankheitsverlauf der Patienten, was indiziert dass MYCN mit aberranter RAS Aktivierung und p53 Antwort in diesen Hochrisiko Tumoren kooperiert. Weiterhin beschreibt diese Arbeit eine umfassende Studie über das Auftreten chimärer Transkripte in primären Neuroblastomen. Mittels Transkriptom-Sequenzierung von 498 primären Tumoren wurden putative chimäre Transkripte identifiziert und folgend per RT- PCR und Sanger-Sequenzierung validiert. Insgesamt wurden 97 chimäre Transkripte (mit

169 betroffenen Gene) in 78 Neuroblastomen validiert. 37 der chimären Transkripte hatten ein intaktes Leseraster des offenen Leserahmens und kodieren somit potentiell für Fusionsproteine. Im Gegensatz gab es bei 55 chimären Transkripten eine Leserasterverschiebung. In weiteren fünf Fällen war der 5' untranslatierte Bereich des 5'- Fusionspartners an den vollständigen offenen Leserahmen des 3'-Fusionspartners fusioniert. Die genomischen Positionen der betroffenen Fusiongene implizieren, dass 64 chimäre Transkripte aus intra-chromosomalen und 33 aus inter-chromosomalen Translokationen resultieren könnten. Weiterhin zeigen unsere Ergebnisse, dass Fusionspartner nicht zufällig über das Genom verteilt sind, sondern gehäuft die Chromosomen 2 (15,3%), 11 (8,2%), 17 (17.7%) und 12 (11,2%) involvierten von denen die ersten 3 bekanntermaßen rekurrent mit Verlust oder Zugewinn genetischen Materials beim Neuroblastom auftreten. Die Präsenz chimärer Transkripte korreliert zudem mit ungünstigen prognostischen Markern und ungünstigem Krankheitsverlauf der Neuroblastompatienten. Zusammenfassend zeigen wir, dass chimäre Tranksripte in etwa 16% der primären Neuroblastome auftreten und liefern somit Ansätze für die Evaluation ihrer funktionellen Relevanz in der Neuroblastompathogenese. Im letzten Teil der Arbeit verwendeten wir Microarray-Genexpressionsdaten von 649 primären Tumoren, um das Expressionsmuster des Transkriptionsfaktor TFAP2B zu evaluieren, welcher ein essentieller Faktor in der Entwicklung des sympathischen Nervensystems ist. Wir fanden, dass niedrige TFAP2B Expression signifikant mit ungünstigen prognostischen Markern und ungünstigem Krankheitsverlauf assoziiert ist. Niedrige TFAP2B Expression in Hochrisiko-Neuroblastomen war stark mit Methylierung von CpG Stellen am TFAP2B Lokus assoziiert. Demethylierung mit 5-Aza-2'- desoxycytidin erhöhte die TFAP2B Expression in IMR-32 Zellen, was darauf hindeutet, dass die Methylierung der CpG Stellen am TFAP2B Lokus mit für die reduzierte TFAP2B Expression in Hochrisiko-Tumoren verantwortlich ist. Re-Expression von TFAP2B in Neuroblastom-Zelllinien beeinträchtigt erheblich deren Proliferation und fördert G1-Phase- Arrest, der zu neuronaler Differenzierung von IMR-32 Zellen und Seneszenz in SH-EP-Zellen

führt. Im Gegenzug dazu beeinträchtigt der Knock-down von TFAP2B effektiv die Retinsäure-induzierte neuronale Differenzierung von zwei untersuchten Neuroblastomzelllinien. Unsere Ergebnisse zeigen, dass niedrige TFAP2B Expression ein ungünstiger prognostischer Marker in primären Neuroblastomen ist und verweisen auf eine wesentliche Rolle von TFAP2B während der Neuroblastomdifferenzierung mit und ohne Retinsäure. Zusammenfassend tragen die Ergebnisse dieser Arbeit zur Charakterisierung genetischer Veränderungen bei primären Neuroblastomen bei, welche Ansatzpunkte zur Aufklärung der Mechanismen von Tumorprogression, Regression und Differenzierung bietet. Ein vertieftes Verständnis der molekularen Pathogenese des Neuroblastoms wird letztendlich zu verbesserter diagnostischen Evaluation und therapeutischen Strategien bei dieser tödlichen pädiatrischen Krebserkrankung führen.

Abstract Neuroblastoma, an embryonic tumor of the sympathetic nervous system, is a highly heterogeneous disease. The clinical course may range from fatal progression to spontaneous regression or differentiation into benign ganglioneuroma or ganglioneuroblastoma. While clinical variables, such as age at diagnosis or stage of disease, and genetic aberrations, such as amplification of the proto-oncogene MYCN or loss of chromosome 11q, have been described to be associated with the particular phenotypes of neuroblastoma, the molecular pathogenesis and the underlying genetic events have remained largely enigmatic. In this study, we first validated somatic mutations of bona fide cancer genes identified by high-throughput technologies in high-risk neuroblastoma, and determined their frequency in a large cohort of MYCN-amplified neuroblastoma. We found that 10 out of 13 MYCNamplified primary neuroblastomas bear driver mutations in various additional cancer associated genes, including ALK, RAS and TP53. We determined the frequency of activating ALK, RAS and TP53 mutations in an additional set of primary MYCN-amplified neuroblastomas and found that their prevalence was 18.9% (14/74), 4.0% (3/74), and 4.1% (3/73), respectively, The presence of mutations in these genes in MYCN-amplified neuroblastoma patients was significantly associated with early disease progression and death of neuroblastoma patients, suggesting that MYCN cooperates with aberrant RAS or p53 signaling in these high-risk tumors. We also performed a comprehensive survey on the spectrum of chimeric transcripts occurring in primary neuroblastoma. We used massive parallel transcriptome sequencing data of 498 primary tumors to identify putative chimeric transcripts, and validated the candidates by RT-PCR and Sanger sequencing. We found that a total of 97 chimeric transcripts were validated in 78 neuroblastomas involving 169 individual genes. We found that 37 chimeric transcripts were in-frame and may thus encode fusion proteins, while 55 chimeric transcripts were out-of-frame. In five cases, the 5 -UTR of the 5 -fusion partner was

coupled to the full reading frame of the wild type 3 -fusion partner. In these cases, we noticed that the expression of the 3 partner gene was substantially elevated in comparison to the median expression levels of this gene in the entire cohort, suggesting that the juxtaposed promoter of the 5 gene is altering the regulation of the 3 fusion partner. The genomic locations of the genes involved in chimeric transcripts suggested that 64 chimeric transcripts resulted from intra-chromosomal and 33 transcripts from inter-chromosomal rearrangements. Furthermore, we noticed that fusion partners were not randomly distributed throughout the genome, but were enriched on chromosomes 2 (15.3%), 11 (8.2%), 17 (17.7%) and 12 (11.2%). Interestingly, the chromosomes 2, 11 and 17 are known to be affected regularly by segmental genomic aberrations in neuroblastoma, resulting in partial chromosomal losses or gains. We also found that the presence of chimeric transcripts was associated with unfavorable prognostic markers and adverse patient outcome. Together, we here demonstrate that chimeric transcripts occur in roughly 16% of primary neuroblastomas, and provide starting points for the evaluation of their functional relevance in neuroblastoma pathogenesis. We finally utilized microarray gene expression data of 649 primary tumors to evaluate the expression patterns of the transcription factor activating protein 2 beta (TFAP2B) gene, which is a key factor in the sympathetic nervous system development. We found that low TFAP2B expression was significantly associated with unfavorable prognostic markers and poor outcome. Low TFAP2B expression was strongly correlated with methylation of CpG sites associated with the TFAP2B locus in high-risk neuroblastoma. In IMR-32 cells, demethylation of CpGs with 5-Aza-2 -deoxyctidine increased TFAP2B expression, suggesting that methylation of the CpG sites associated with the TFAP2B locus may contribute to down-regulation of TFAP2B expression in high-risk tumors. Re-expression of TFAP2B significantly impaired proliferation and led to G1-arrest in neuroblastoma cells, and led to neuronal differentiation of IMR-32 cells and senescence in SH-EP cells. In line with this finding, we observed that knock-down of TFAP2B effectively abrogated retinoic acid-induced neuronal differentiation in two neuroblastoma cell lines. Our results indicate that low TFAP2B

expression is an unfavorable prognostic marker in primary neuroblastoma and point towards a crucial role of TFAP2B in neuroblastoma differentiation both in the presence and absence of retinoic acid. Collectively, the data presented in this study contribute to the characterization of the genetic alterations in primary neuroblastoma, which may represent entry points for elucidating the mechanisms of tumor progression, regression and differentiation. A deeper understanding of the molecular pathogenesis of neuroblastoma will ultimately lead to improved diagnostic assessments and therapeutic strategies in this deadly pediatric malignancy.