Predigtreihe zum Johannesevangelium, Teil 2: Die Ich bin-worte (8/8)

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1 Predigttext Johannes 10,11-18: Predigtreihe zum Johannesevangelium, Teil 2: Die Ich bin-worte (8/8) Predigt vom Sonntag, 29. Dezember 2013 über Johannes 10,11-18: Jesus ist mein guter Hirte Das Bild wurde aus Urheberrechtsgründen für die Onlineversion entfernt. 11 Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. 12 Der Mietling aber, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht - und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie -, 13 denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe. 14 Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, 15 wie mich mein Vater kennt und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe. 16 Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden. 17 Darum liebt mich mein Vater, weil ich mein Leben lasse, dass ich's wieder nehme. 18 Niemand nimmt es von mir, sondern ich selber lasse es. Ich habe Macht, es zu lassen, und habe Macht, es wieder zu nehmen. Dies Gebot habe ich empfangen von meinem Vater.

2 Predigt Ich hätt grossi Lust. Ich hätt grossi Lust, die Predigt für einisch mit de Wort Mini liebe Schaf aaz foh. Aber ich tue s ned. Ich bi sicher, dass das einigi gar ned toll würde finde. Wer wott denn scho es Schaf sii! Es blökends, ghorsams und liecht dümmlichs Wese! So viel de Mensche zu de Ziit vo Jesus de Vergliich mit emne Schaf au no gseit het hüt würd me mit somene Vergliich wohl chuum meh die gross Begeisterig erzüüge. Also: Liebi Gmeind D Red vom Hirt und de Schaf isch verbii. Wil mir ja chuum meh Schafherde und Hirte kenne bi öis. Und wil s öis ned sehr attraktiv schiint, es Schaf z sii. Das allerdings seit öis ja de hütig Predigttext au ned. Wie alli Ich bin -Wort vo Jesus isch au das Wort vom guete Hirt und de Schaf es bildhafts Wort. Es Wort, wo dur nes Bild, dur ne Vergliich, ja, me cha säge, dur nes Gliichnis öisi Beziehig zu Gott, beziehigswiis zu Jesus Christus usdrückt. Das isch bi allne andere Ich bin -Wort au so gsi, wo mir i de vergangene Wochene scho behandlet händ: D Wort vom Wiistock und de Rebe, vo Weg, Wahrheit und Lebe, vo de Türe, vo de Uferstehig und vom Lebe, vom Brot vom Lebe und vom Liecht vo de Welt. Jesus seit also ned: Dihr Mensche sind Schaf! Sondern er seit: Öisi Beziehig mitenand loht sich vergliiche mit ere Beziehig zwüsche Hirt und Schaf. Und zwar zwüsche guetem Hirt und Schaf. Grad die Ergänzig vom Wort guet darf ned überhört werde. Denn Hirte het s Volk Israel scho vieli erlebt. Einigi gueti und vieli schlechti. Gueti Hirte sind biispielswiis de Mose, de David oder de Josia gsi. Schlechti Hirte vor allem die gottlose Könige wie de Ahab, de Joram oder de Ahasja, und wie sie alli gheisse händ. Aber au die falsche Prophete und zur Ziit vo Jesus au d Pharisäer und die Schriftglehrte, wo s Volk zu piinlicher Gsetzlichkeit statt zu Liebi und Barmherzigkeit aaghalte händ. Vom ne guete Hirt redt de Prophet Hesekiel i sinere berüehmte Verheissig im Kapitel 34 vo sim Buech: Und ich will ihnen einen einzigen Hirten erwecken, der sie weiden soll, nämlich meinen Knecht David. Der wird sie weiden und soll ihr Hirte sein. (Hes 34,23) Vomne guete Hirt redt au de David selber i sim no berüehmtere 23. Psalm: Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. (Ps 23,1) Uf ne guete Hirt het s Volk vo de Jude gwartet. Uf ne Hirt, wo Gott ihne schickt. Jesus seit: Ich bi dä Hirt. Ich und kei andere. Ich eleigge. A was erkenne mir, dass Jesus würklich öise guet Hirt isch? Ich denke, a drü Sache: 1. Jesus versorget mich. 2. Jesus kennt mich. 3. Jesus beschützt mich. 1. Jesus versorget mich. De Hirt zur Ziit vo Jesus het e herte Job gha. Nüt vo idyllischer Hirteromantik, nüt vo Schäferstündchen. Tag für Tag isch er mit sinere Herde unterwegs gsi, über Fels und Stei, dur Steppe und Dorne, immer unterwegs, uf de Suechi nach saftige Weide und frischem Wasser. De Hirt het zu sine Schaf gluegt, het sie bhüetet und druuf gachtet, dass keis verlore goht. Jedes Schaf het instinktiv gwüsst: Am beste goht s mir i de Herde bim Hirt. Hüt chunnt e Mensch au problemlos ohni Gott durs Lebe. Nahrig und z trinke händ mir i de Fülli, und au de Lebenssinn und sini Befriedigung cha me i andere Bereiche als i de Religion und i de Chile sueche. Und trotzdem: Jesus versorget mich. Wie vieli Mensche händ das scho erlebt, dass sie nur bi Jesus wahre Trost, wahri Aanahm, wahri Vergebig, wahri Liebi gfunde händ. Jesus versorget öis mit dem, wo mir öis ned selber chöne gäh und wo öis au süsch niemer cha gäh. Mit dem, wo en ewige Wert het. Jesus isch de guet Hirt.

3 Erstuunlicherwiis wird de Begriff Hirt allerdings scho im Nöie Testament und denn au im Lauf vo de Chilegschicht uf die übertreit, wo i Gottes Name als sogenannti Hirte i de Chile aagstellt sind. I de katholische Chile isch de Papst de Oberhirt und i de Freichilene wird de Gmeindsleiter hüütig als Pastor bezeichnet: Das isch eifach s latiinische Wort für Hirt. Aber au im Volksmund redt me devo, dass de Pfarrer de Seelehirt isch und zu sine Schäfli luegt. Die Überträgig vom Hirtebild vo Jesus uf de Pfarrer macht mir, ehrlich gseit, Müeh. Ich bi froh, dass mi offiziell Titel en andere isch. Mi offiziell Titel und das wüsse wohl nur die wenigste unter ihne isch: Verbi divini minister : Diener am göttlichen Wort. Scho die ungschützt und eigentlich inoffiziell Bezeichnig Pfarrer hingege leitet sich vermuetlich vomene dütsche Wort ab, wo so öppis wie eingehegter Platz bedüütet, Pferch nämlich, oder Färech, wie mir im Dialekt säge also de Platz, wo ebe d Schaf ghüetet werde. Au da isch de Hirt also scho wieder dinne. Sigs als Pastor oder als Pfarrer: S Hirtebild isch also immer präsent. Und das füehrt zun ere grosse Gfahr, zu de Gfahr nämlich vo de Verwechslig zwüschem richtige Hirt und em Pastor. Ich wott das churz erkläre: Au wenn de Pfarrer hüt nümm i so höchem Aasehe stoht wie no vor hundert Jahr, so isch er doch no öppis bsonders, meine d Mensche. E Bsuech vom Pfarrer wird no vo vielne mit spezieller Sorgfalt vorbereitet, demit de Pfarrer au ja e guete Iidruck het. Wenn de Pfarrer persönlich verbii chunnt, so isch das vorwiegend für älteri Persone e bsondere Moment. Ich ha s scho mitübercho, dass es zum Gsprächsthema i de Nachbarschaft worden isch, wenn e Pfarrerbsuech aakündiget gsi isch. Wüsse Sie, ich ha nüt degege, wenn me am Pfarrer e gwüsse Respekt entgegebringt. Und dass me Fröid het, wenn er chunnt. Aber bitte kei Verehrig. Und vor allem darf eis ned passiere: Dass me überem Pfarrer de guet Hirt vergisst. E Bsuech vom Pfarrer ersetzt ned die persönlich Audienz bim guete Hirt, bi Jesus Christus. Darum müend mir dä Unterschied ganz klar vürehebe: De Pfarrer isch ned de würklich Hirt. Er isch ned dä, wo öis versorget. Er isch au ned si Stellvertreter da uf der Erde. Es git nur ei guete Hirt: Jesus Christus. Er versorget öis. Ohni ihn sind mir verlore. 2. Jesus kennt mich. Spätistens i dem zweite Punkt, wo mir dra erkenne, dass Jesus öise guet Hirt isch, cha de Pfarrer nümm mithalte. Denn de Pfarrer kennt nie alli sini Gmeindsglieder. Und sogar bi dene, won er kennt, vergisst er mängisch de Name. Ganz andersch de guet Hirt: Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich. (V.14) Jesus kennt sini Schaf. Jedes einzelne. Im bekannte Gliichnis vom verlorene Schaf goht eis vo hundert Schaf verlore. De Hirt merkt s. Er goht sim Schaf noche, suecht s unablässig, ohni Rueh, bis er s gfunde het. Wil er s gern het. Jesus kennt sini Schaf. Er kennt dich. Er merkt, wenn s dir ned guet goht. Er merkt, wenn du truurig und verzwiiflet bisch. Er gspürt, was dir uf em Herz liit. All das cha e Pfarrer ned oder nur sehr begrenzt. Aber Jesus cha s. Das isch trostriich und git Muet. Er isch würklich der einzig guet Hirt. Doch ned nur Jesus kennt sini Schaf, sondern au sini Schaf kenne ihn. Die Meinen kennen mich. Dä churz Satz wird schnell überlese oder überhört. Wiiter vore redt Jesus devo, dass d Schaf d Stimm vo ihrem Hirt kenne. Die erstuunlich Tatsach füehrt dezue, dass d Schaf nur ihrem eigete Hirt folge und ned amne andere. Da müend mir öis scho d Frag stelle: Kenne mir Jesus? Ja, was heisst das überhaupt, ihn kenne? Wenn ich Sie würd frage: Kenne Sie de Bundesrat Maurer? Oder kenne Sie de Roger Federer?, so würde Sie wohl mit Ja antworte. Mir alli händ so berüehmti Persone scho im Fernseh oder i de Ziitig gseh. Es paar vo öis händ sie vilicht scho mit eigete Auge gseh, i Usnahmefäll. Aber isch das würklich es Kenne?

4 Genau gliich mit Jesus. No hüt meine wohl die meiste Mensche i de Schwiiz, dass sie Jesus kenne, denn sie händ dä Name scho ghört, Gschichte vo Jesus vernoh oder Bilder vo ihm gseh. Aber sie kenne Jesus ned würklich. Jesus chöne mir nur kenne, wenn mir ihn kenne lehre. Und das wiederum isch e Prozess, wo e Willensentscheidig erforderet. Jesus lehre mir kenne, idem mir vo ihm lese i de Bible, idem mir zu ihm rede im Gebet, idem mir öises Lebe nach sim Wille usrichte. Denn erfahre mir ihn als de guet Hirt, wo ned nur selber öis kennt, sondern wo au mir ihn kenne. 3. Jesus beschützt mich. Das händ wohl scho vieli vo öis erlebt: Dass Gott öis i bestimmte Situatione vom Lebe bewahrt und beschützt het. Au dur das erwiist sich Jesus als öise guet Hirt. Im Predigttext wird die Gfahr dur de Wolf dargstellt: Der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie. (V.12) Jesus degege isch de guet Hirt, wo de Wolf vertriibt und öis vor ihm beschützt. Warum het Jesus aber i dem Bild de Wolf gwählt? Im Alte Testament chunnt nämlich hüüfiger de Löi vor, wo Mensche aagriift. Au de David seit vor em König Saul, er heig sini Schafherde vor em Löi und vor em Bär beschützt (1Sam 17,34ff), vom Wolf degege stoht nüt! Verwiist Jesus mit em Wolf eventuell ufs Römische Riich? Die historisch Interessierte wüsse, dass gmäss de Gründigssag vo de Stadt Rom die beide Brüedere Romulus und Remus von ere Wölfin ufzoge worde sind. De Wolf Rom het Israel im Jüdische Chrieg verwüestet und s Land bsetzt. Rom isch de Hauptfeind vo de Jude gsi zur Ziit vo Jesus. Wiist Jesus mit em Bild vom Wolf scho voruus, dass unter de Herrschaft vo de Römer au vieli vo sine Schaf werde umcho? De Petrus und de Paulus, aber au unzähligi namelosi Christe, wo i de grosse Christeverfolgige unter de brutale römische Kaiser Nero oder Domitian hiigrichtet worde sind. Der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie. Tatsächlich. Das isch passiert. Und trotzdem händ d Christe grad i de Verfolgigsziite au immer de Schutz vom guete Hirt erlebt. Grad i de Verfolgig sind d Gmeinde gstärcht worde und gwachse. Allgemein cha de Wolf da ned nur fürs Römische Riich, sondern für jedi staatlich Macht stoh. Vielne Regime isch im Lauf vo de Gschicht de christlich Glaube e Dorn im Aug gsi. Mir denke a die rote und bruune Diktature vom vergangene Jahrhundert. Sie händ die Schaf wölle vernichte. Aber de guet Hirt het sie, trotz allem, bewahrt. Und ned selte het die Schafherde, het d Chile im Lauf vo de Jahrhundert d Gfahr, wo vom Wolf usgoht, ned erkennt. Im Gegeteil: Sie het mit dem Wolf tanzet. Sie isch ihrem Hirt untröi worde und het de prophetisch Protest gege Gwalt und Unrecht loh verstumme us Egoismus, Angst oder Nachlässigkeit. D Folge sind verheerend gsi. Jesus beschützt mich. Er seit s da ganz klar: Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. (V.11) Sein Leben die Wort wiise natürlich voruus uf de Tod vo Jesus am Chrüüz: Det, won er sis Lebe gloh het für alli Mensche. Für dich und für mich. Die, wo scho i de letschte Predigte über die Ich bin -Wort debii gsi sind, erinnere sich, dass ich scho mehrmals über das Wort Leben gredt ha. Ich ha erklärt, dass es im Griechische zwei Wörter defür git:, s natürliche Lebe, und, s ewige Lebe. Da aber stoht im Griechische keis vo dene beide, sondern es dritts Wort:. Au das Wort kenne mir vo Fremdwörter: Psychologie, Psychiater, psychisch. heisst eigentlich Seele und meint öises ganze Lebe. Im Zämehang vom Predigttext chöne mir darum verstoh: Er lässt sein Leben für die Schafe : Jesus setzt alles für öis ii, ned nur dur si Tod, sondern au dur sis Lebe und Wirke, dur sis Rede und Heile. Und wenn Jesus einigi Kapitel später ganz ähnlich zu sine Jünger seit: Niemand hat grössere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine

5 Freunde. (Joh 15,13), so chöne mir au dä Satz richtigerwiis so verstoh, dass mir mit allem, wo mir händ, öis für öisi Fründe sölle iisetze. Jesus beschützt mich mit allem, won er seit und tuet. Für sini Schaf git er alles. Sogar wenn ich s einzige Schaf wär, würd er alles für mich gäh. Bis hii zum Tod am Chrüüz. Au dodra erkenne mir, dass Jesus de guet Hirt isch. Jesus isch de guet Hirt: Er versorget mich, kennt mich, beschützt mich. I mim erste Lager überhaupt, won ich als chliine Bueb teilgnoh ha, het s Thema De guet Hirt gheisse: Es Sonntigsschuellager uf em Rügel isch das gsi. Dodebii isch mir öppis bliebe, au wenn s scho fasch 30 Jahr her isch. Mir händ a de Hand, a de föif Finger, folgende Satz uswendig glehrt: Jesus isch mi guete Hirt. Föif Wort, föif Finger. Und denn het de Gruppeleiter gfragt: Weles Wort vo dene föif isch s wichtigste? Jesus!, het öpper spontan gantwortet. Doch de Leiter het de Chopf gschüttlet. Wiiteri Vorschläg sind gfalle. Alli Wort sind denk wichtig!, het öpper anders gmeint. Am Schluss het de Leiter s Rätsel glöst: S wichtigste Wort isch s mittlere Wort: Mi! Amen Pfarrer Christian Bieri